„Die Atmosphäre der Stadt, diesen leis fauligen Geruch von Meer und Sumpf, den zu fliehen es ihn so sehr gedrängt hatte, - er atmete ihn jetzt in tiefen, zärtlichen schmerzlichen Zügen. War es möglich, dass er nicht gewusst, nicht bedacht hatte, wie sehr sein Herz an dem allen hing?“ fragt sich Gustav Aschenbach in Thomas Manns „Tod in Venedig“. Und hat er wenig vorher festgestellt, dass „diese Stadt ihm [...] höchst schädlich war“ (43), dass sie ihn krank macht, so siegt im „Streitfall zwischen seelischer Neigung und körperlichem Vermögen“ (46) schnell die innerliche Anziehung über die Vernunft. Damit aber wird Venedig nicht nur zur Endstation seiner Reise, sondern auch zur Endstation seines Lebens. Thomas Mann benutzt Venedig als Folie für den Untergang seines Künstlers, dessen Verfall an einen dionysischen Gott und damit fortschreitender eigener Verfall Zentrum der Novelle stehen. Der Autor greift dabei auf ein Motiv zurück, das um die Jahrhundertwende in der Literatur der Décadence erscheint. Es ist das Bild der „décadenten Stadt Venedig“. Um aber Venedig als Décadence-Symbol zu verstehen, muss man zumindest die Grundmuster der literarischen Décadence kennen. Daher werde ich zunächst einen kurzen Überblick über die literarische Décadence als Literatur des „Verfalls“ geben. Danach werde ich auf die Verwendung Venedigs als literarisches Motiv der „décadenten Stadt“ eingehen und dann überprüfen, wie Thomas Mann das Décadence-Symbol Venedig in seiner Novelle literarisch nutzt. Abschließend werde ich mich der Frage zuwenden, inwieweit dieses literarische Venedig der Décadence der Realität entspricht.
Inhaltsverzeichnis
- I. Vorwort
- II. Die Verfalls-Thematik der literarischen Décadence
- III. Venedig als Symbol der Décadence
- IV. Venedig als Folie für das Schicksal Aschenbachs
- V. Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Darstellung Venedigs als Décadence-Symbol in Thomas Manns Novelle „Der Tod in Venedig“. Das Hauptziel ist es, die literarische Verwendung Venedigs als Motiv des Verfalls zu analysieren und dessen Bedeutung im Kontext der literarischen Décadence zu ergründen. Die Arbeit beleuchtet die Verbindung zwischen der historischen Entwicklung Venedigs und seiner literarischen Symbolik. Ferner wird geprüft, inwieweit das literarische Bild Venedigs der Realität entspricht.
- Die literarische Décadence als Literatur des Verfalls
- Venedig als Symbol der Dekadenz in der Literatur
- Die Funktion Venedigs als Folie für Aschenbachs Schicksal
- Der Vergleich des literarischen Bildes mit der historischen Realität Venedigs
- Die Verbindung von Schönheit und Verfall in der Darstellung Venedigs
Zusammenfassung der Kapitel
I. Vorwort: Das Vorwort führt in die Thematik ein, indem es den Konflikt zwischen Aschenbachs rationaler Erkenntnis der Gefährlichkeit Venedigs und seiner emotionalen Anziehungskraft zur Stadt beschreibt. Es wird die zentrale Rolle Venedigs als Symbol des Untergangs und Verfalls für Aschenbachs Leben und Kunst hervorgehoben und die methodische Vorgehensweise der Arbeit skizziert: Zuerst wird die literarische Décadence erläutert, dann die Verwendung Venedigs als deren Symbol, anschließend die literarische Umsetzung bei Mann und schließlich ein Vergleich mit der Realität.
II. Die Verfalls-Thematik der literarischen Décadence: Dieses Kapitel charakterisiert die literarische Décadence als Reaktion auf die bürgerliche Industriegesellschaft des späten 19. Jahrhunderts. Es betont den zentralen Aspekt der „Lust an der Darstellung des Verfalls und Untergangs“. Der „Verfall“ wird dabei sowohl als körperlicher und geistiger Niedergang, als auch als eine Form gesteigerter Sensibilität und künstlerischer Verfeinerung interpretiert. Nietzsche's Einfluss auf die „Verfalls-Psychologie“ der Epoche und die ambivalente Bewertung des „Verfalls“ als Möglichkeit der künstlerischen Überwindung der Realität werden diskutiert. Die Verbindung von Krankheit und künstlerischem Schaffen als Kennzeichen décadenter Künstler wird betont.
III. Venedig als Symbol der Décadence: Dieses Kapitel analysiert Venedig als literarisches Symbol der Décadence. Es verbindet die historische Entwicklung Venedigs mit seiner symbolischen Bedeutung als „gebrochene Existenz zwischen Schönheit und Verfall“. Der Aufstieg und Fall der Republik Venedig wird skizziert, wobei militärische Niederlagen, wirtschaftliche Schwächung und der Verlust des Welthandels als Ursachen für den Niedergang hervorgehoben werden. Diese historische Entwicklung liefert die Grundlage für die Interpretation Venedigs als Symbol der Dekadenz in der Literatur.
Schlüsselwörter
Décadence-Literatur, Thomas Mann, Der Tod in Venedig, Venedig, Verfallssymbolik, Schönheit und Verfall, Aschenbach, historische Entwicklung Venedigs, literarisches Motiv, Nietzsche.
Häufig gestellte Fragen zu Thomas Manns "Der Tod in Venedig"
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die Darstellung Venedigs als Symbol der Décadence in Thomas Manns Novelle "Der Tod in Venedig". Im Mittelpunkt steht die Untersuchung der literarischen Verwendung Venedigs als Motiv des Verfalls und dessen Bedeutung im Kontext der literarischen Décadence. Es wird die Verbindung zwischen der historischen Entwicklung Venedigs und seiner literarischen Symbolik beleuchtet, und es wird geprüft, inwieweit das literarische Bild Venedigs der Realität entspricht.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themen: Die literarische Décadence als Literatur des Verfalls; Venedig als Symbol der Dekadenz in der Literatur; die Funktion Venedigs als Folie für Aschenbachs Schicksal; der Vergleich des literarischen Bildes mit der historischen Realität Venedigs; und die Verbindung von Schönheit und Verfall in der Darstellung Venedigs.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel: Ein Vorwort, das die Thematik einführt und die methodische Vorgehensweise skizziert; ein Kapitel zur Verfalls-Thematik der literarischen Décadence; ein Kapitel zu Venedig als Symbol der Décadence; ein Kapitel zu Venedig als Folie für Aschenbachs Schicksal; und ein Schluss.
Was wird im Vorwort behandelt?
Das Vorwort beschreibt den Konflikt zwischen Aschenbachs rationaler Erkenntnis der Gefährlichkeit Venedigs und seiner emotionalen Anziehungskraft zur Stadt. Es hebt die zentrale Rolle Venedigs als Symbol des Untergangs und Verfalls für Aschenbachs Leben und Kunst hervor und skizziert die methodische Vorgehensweise: Erläuterung der literarischen Décadence, die Verwendung Venedigs als deren Symbol, die literarische Umsetzung bei Mann und ein Vergleich mit der Realität.
Wie wird die literarische Décadence charakterisiert?
Das Kapitel zur literarischen Décadence charakterisiert sie als Reaktion auf die bürgerliche Industriegesellschaft des späten 19. Jahrhunderts, mit der "Lust an der Darstellung des Verfalls und Untergangs" als zentralem Aspekt. "Verfall" wird als körperlicher und geistiger Niedergang, aber auch als gesteigerte Sensibilität und künstlerische Verfeinerung interpretiert. Nietzsches Einfluss und die ambivalente Bewertung des "Verfalls" werden diskutiert, ebenso die Verbindung von Krankheit und künstlerischem Schaffen.
Wie wird Venedig als Symbol der Décadence analysiert?
Das Kapitel zu Venedig als Symbol der Décadence verbindet die historische Entwicklung Venedigs (Aufstieg und Fall der Republik) mit seiner symbolischen Bedeutung als "gebrochene Existenz zwischen Schönheit und Verfall". Militärische Niederlagen, wirtschaftliche Schwächung und der Verlust des Welthandels werden als Ursachen für den Niedergang hervorgehoben. Diese historische Entwicklung dient als Grundlage für die Interpretation Venedigs als Symbol der Dekadenz in der Literatur.
Welche Schlüsselwörter sind relevant?
Wichtige Schlüsselwörter sind: Décadence-Literatur, Thomas Mann, Der Tod in Venedig, Venedig, Verfallssymbolik, Schönheit und Verfall, Aschenbach, historische Entwicklung Venedigs, literarisches Motiv, Nietzsche.
- Arbeit zitieren
- Lisa Sumski (Autor:in), 2004, Venedig als Décadence-Symbol in 'Der Tod in Venedig' von Thomas Mann, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49620