Gesellschaft und Politik in "Le temps de Tamango"


Seminararbeit, 2005

18 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung

2. Politik
2.1 Überblick der Politik im Senegal des 20. Jahrhunderts
2.2 Besondere Ereignisse
2.2.1 Thiaroye
2.2.2 24.Mai 1998
2.3 Président – Senghor
2.4 Missstände in der Regierung
2.5 Revolte
2.5.1 Forderungen der Streikenden
2.5.2 Beteiligte
2.5.3 Verlauf
2.6 Marxismus – Kapitalismus

3. Gesellschaft
3.1 Wichtige Faktoren
3.1.1 Religion
3.1.2 Tradition
3.2 Kolonialzeit – Probleme nach der Unabhängigkeit
3.3 Gesellschaftliche Stimmung 1960 – 2060
3.4 Stellung der Presse

4. Fazit

5. Literaturverzeichnis

1. Einführung

Als Einführung dient ein Zitat aus dem Vorwort, das den zeitlichen und räumlichen Rahmen des Romans « Le Temps de Tamango » von Boubacar Boris Diop konstituiert:

[…] l`auteur situe sa méditation à une époque où nous avons enfin conquis cette liberté si désirée. Il a imaginé [...] qu`au XXIe siècle des intellectuels d`un pays africain tentent la reconstruction d`événements qui semblent se dérouler dans les décennies soixante et soixante-dix du siècle présent.[1]

Es ist also stark anzunehmen, dass der Text die Problematik Senegals in seiner Krisenzeit von 1967-1970 aufgreift. Daher möchte ich im Folgenden auf die näheren Zeitumstände und die damit verbundene Problematik eingehen.

1968 kam es im Senegal zu schweren Studentenunruhen, die sich gegen den französischen Einfluss sowie gegen Senghors autoritären Führungsstil richteten. Daraufhin schlossen sich die Gewerkschaften mit einem Generalstreik an. Die Regierung beantwortete den Protest mit Armeeeinsatz. Doch die gewaltsame Niederschlagung konnte den Widerstand nicht unterdrücken. 1970 kam es zu einem weiteren Generalstreik, der eine teilweise Dekonzentration der Regierung zur Folge hatte. Das Premierministeramt wurde wieder eingeführt und von Abdou Diouf ausgeübt. Drei Jahre später wurde das Land von weiteren Aufständen erschüttert, die aus der Unterdrückung des Versuchs eine alternative Gewerkschaftsbewegung zu gründen resultierten. Zugleich kam es zu Konflikten zwischen den islamischen Führern und der regierenden UPS (Union Populaire Sénégalaise), denn erstere forderten den Islam zur Staatsreligion zu erklären und auch die islamische Rechtssprechung einzuführen. Immerhin seien 94% der Senegalesen Sunniten.

Schwerpunktmäßig werde ich nun auf die politische und gesellschaftliche Situation im Senegal in der beschriebenen Zeit, so, wie sie sich realiter darstellte und wie sich im Roman widerspiegelt, eingehen.

2. Politik

2.1 Überblick der Politik im Senegal des 20. Jahrhunderts

Der Beginn des 20. Jahrhunderts war gekennzeichnet von zunehmender politischer Partizipation der Senegalesen. So verringerte sich die französische Vormachtstellung, die seit 1864 – dem Jahr, in dem der Senegal eine französische Kolonie wurde – herrschte. So wurde zum einen der Senegalese Blaise Diagne 1914 als erster Schwarzafrikaner Mitglied im französischen Parlament und zum anderen gaben die Franzosen Ämter im 1920 errichteten Kolonialrat an Senegalesen ab.

In den 30er Jahren begann dann eine verstärkte Parteienbildung. 1935 gründete Amadou Lamine-Guèye die PSS (Parti Socialiste Sénégalais), die sich schon sehr bald mit weiteren politischen Vereinigungen zum Bloc Africain zusammenschloss. Von diesem spaltete sich 1947 der BDS (Bloc Démocratique Sénégalais) unter Senghor ab. Sein Konzept war nicht mehr nur auf die Intellektuellen in den Städten ausgerichtet, sondern auf die ländliche Bevölkerung fast aller Volksgruppen. Der Erfolg dieser neuen Ausrichtung zeigte sich zehn Jahre später, als der BPS (Bloc Populaire Sénégalais; Nachfolger der BDS) bei den Wahlen zum Landesparlament 78% aller Stimmen errang. 1958 erfolgte ein weiterer wichtiger Zusammenschluss, nämlich der des BPS mit der Parti Sénégalais d`Action Socialiste zur UPS, die bis zum Jahre 2000 die Regierung stellt. Seit Mitte der 70er Jahre nennt sie sich aber PS (Parti Socialiste du Sénégal).

Der wichtigste Einschnitt im 20.Jahrhundert war die Unabhängigkeit Senegals am 20.8.1960. Senghor wurde der erste Präsident und Mamadou Dia Premierminister. Gegen diesen erfolgte bereits zwei Jahre später ein Misstrauensvotum wegen seines autoritären Führungsstils und der Beschneidung von Parlamentskompetenzen. Daraufhin wurde er verhaftet und verurteilt, erreichte jedoch 1974 eine Amnestie. Außerdem kam es in dem Zusammenhang zur Abschaffung des Premierministeramts. Dass dies eine wichtige machtpolitische Frage in der Folgezeit bildete, ist daran zu erkennen, dass das Amt 1970 wiedereingeführt, 1983 wieder abgeschafft und 1991 wieder eingeführt wurde. Diese Instabilität ist ein Zeichen für die Brisanz des Amtes. Beispielsweise kam es in der Konstellation Senghor – Diouf dazu, dass letzterer zunächst Premierminister und später Präsident wurde. Folglich hatte ein Präsident immer auch die Befürchtung, sein Amt an den Premierminister zu verlieren.

Bezüglich der 60er und 70er Jahre wirkt auch die Veränderung des Parteiensystems strukturbildend. Ab 1966 ist die UPS die einzige Partei nach Absorption kleinerer. Das Einparteiensystem wird dann zehn Jahre später in ein sogenanntes Kontrolliertes Dreiparteiensystem umgewandelt. Vertretene Parteinen sind die PS, die PDS (Parti Démocratique Sénégalais) unter Abdoulaye Wade (Gründung: 1974), die den liberalen Demokratismus vertritt sowie die kommunistisch orientierte PAI (Parti Africain de l`Indépendance; Gründung: 1957, Verbot: 1960). 1978 fanden die ersten freien Parlamentswahlen statt, mit dem Ergebnis, dass die PS 82% und die PDS 18% der Stimmen gewann, wodurch erstmals seit 1959 wieder eine Oppositionspartei im Parlament vertreten war. Ein Jahr später wurde dann mit dem Mouvement Républicain Sénégalais auch eine vierte Partei zugelassen.

Der weitere politische Verlauf war geprägt von dem Rücktritt Senghors 1980 wegen fehlenden Rückhalts in der Bevölkerung und der Wahl des neuen Präsidenten Abdou Diouf, der seit 1970 das wiedereingeführte Premierministeramt inne hatte. Dieser ging jedoch die nötigen Strukturreformen nicht an und so gewann 2000 Abdoulaye Wade, der Vorsitzende der PDS die Präsidentenwahl. Damit vollzog sich auch ein Wechsel der regierenden Partei. Ministerpräsident wurde Moustapha Niasse aus der AFP (Alliance des Forces du Progrès).[2]

Zwei Ereignisse aus Senegals politischer Geschichte im 20.Rahrhundert finden auch in « Le Temps de Tamango » ihren Niederschlag.

2.2 Besondere Ereignisse

2.2.1 Thiaroye

Thiaroye ist der der Name eines Lagers bei Dakar, in das 1944 afrikanische Soldaten aus verschiedenen französischen Kolonien nach ihrer Rückkehr aus dem Zweiten Weltkrieg gebracht wurden. Dort erhielten sie nur einen Teil der versprochenen finanziellen Entschädigung, ihnen wurde Verachtung entgegengebracht und das Essen war miserabel. Diese Faktoren führten zu einer Revolte der sogenannten tirailleurs, die mit brutaler Gewalt von der französischen Armee niedergeschlagen wurde.[3]

In Diops Roman hat der Protagonist, N`Dongo, einen Text über das Massaker geschrieben. Die Intention dafür lieferte die besondere Grausamkeit und Sinnlosigkeit des Ereignisses: « […] il était fasciné par le caractère gratuit du massacre de Thiaroye.»[4]

2.2.2 24 Mai 1998

An diesem Tag fanden von schweren Unruhen begleitete Parlamentswahlen im Senegal statt. Dabei errang die PS 93 Sitze, die PDS 23 Sitze und der RD (Renouveau Démocratique Sénégalais; von PS abgespaltet) 11 Sitze. Eine mögliche Erklärung dieser Unruhen ist, dass sich der Protest gegen die Regierung richtete. Dafür sprechen die Unruhen, die es bereits 1993 bei der Wiederwahl Dioufs gab, der dann im Jahr 2000 endgültig das Präsidentenamt an Wade abgeben musste. Möglich wäre also, dass die Bevölkerung schon 1993 einen politischen Wechsel anstrebte, der dann erst 7 Jahre später verwirklicht wurde. Eine Erklärung dafür wäre Wahlmanipulation, die ein häufiges Problem in vielen afrikanischen Staaten darstellt.[5]

Im Roman finden wir in den « notes sur la première partie »[6] einen fiktiven Zeitungsartikel, der einen Volksaufstand am 24. Mai 1998 thematisiert. Diese Tatsache ist umso faszinierender, wenn man bedenkt, dass « Le Temps de Tamango » 1981 erschien und folglich die Parallele zwischen Fiktion und Wirklichkeit nicht absehbar war.

[...]


[1] Diop, Boubacar Boris: Le Temps de Tamango. Paris: Le Serpent à Plumes 2002. (Collection

Motifs. 158), S.15.

[2] Vgl. Der große Plötz.

[3] Vgl. www.filminitiativ.de/dwi2wk/3w2wk.pdf (30.11.2005)

[4] Diop, Boubacar Boris: Le Temps de Tamango. 2.Auflage Paris: Le Serpent à Plumes 2002. (Collection

Motifs. 158.), S. 81. Im Folgenden belege ich Zitate aus dem Roman Le Temps de Tamango im

laufenden Text mit nachstehender Sigle: (Diop, S. X).

[5] vgl. www.areion.de/c0524.html (29.11.2005)

[6] Diop, S.59f.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Gesellschaft und Politik in "Le temps de Tamango"
Hochschule
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen
Note
2,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
18
Katalognummer
V49624
ISBN (eBook)
9783638460217
Dateigröße
728 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gesellschaft, Politik, Tamango
Arbeit zitieren
Janine Kapol (Autor:in), 2005, Gesellschaft und Politik in "Le temps de Tamango", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49624

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