Kostenrechnung für eine Klinik mit erheblichem Defizit

Eine Fallaufgabe


Ausarbeitung, 2014

12 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Beschreibung der Problemlage

2 Übersicht relevanter Kennzahlen
2.1 Bettenauslastung
2.2 Fallzahlsteigerung
2.3 Ist-Soll-Vergleich der Vollzeitstellen
2.4 Sachkosten
2.5 Prozesskostenrechnung
2.6 Target Costing

3 Grundgerüst eines Berichtwesens
3.1 Berichtswesen mit dem Adressaten Geschäftsführer
3.2 Berichtswesen mit dem Adressaten Pflegedienstleistung
3.3. Berichtswesen mit dem Adressaten Chefarzt

4 Abrechnungssysteme „DRG-Vergütung“ vs. „Pflegesatzsystem“

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Beschreibung der Problemlage

In der geschilderten Situation besteht bei der Klinik entgegen der bisherigen Annahme des Geschäftsführers Herrn Träumer sowie dessen bisheriger Kommunikation auch mit dem Beirat des Krankenhauses kein wirtschaftlicher Überschuss, sondern ein erhebliches Defizit.

Der Geschäftsführer geht aufgrund der günstigen Kennzahlen für Auslastung (89 Prozent), Fallzahlsteigerung (4 Prozent), plangemäßer Besetzung mit Vollkräften und erwarteter Sachkostensteigerung von 1,2 Prozent irrig von einer für die Klinik günstigen wirtschaftlichen Entwicklung aus.

In seinem Monatsbericht wird allerdings die als überholt geltende Kostenbetrachtung nach dem Selbstkostendeckungsprinzip und tagesgleichen Pflegesätzen herangezogen („Pflegesatz“). Beim Selbstkostendeckungsprinzip leiteten sich der Gewinn einer Klinik vor allem aus Fallzahl bzw. Fallzahlsteigerung und der Liegezeit pro Behandlungsfall ab. Die tagesgleichen Pflegesätze deckten dabei im Allgemeinen die Behandlungskosten. Diese Betrachtungsweise muss mit ersten Einführungen von DRG und Sonderentgelten 1993 und 1995, spätestens jedoch seit der flächendeckenden Einführung der Diagnosis Related Groups (DRG) infolge des Gesetzliche Krankenversicherung (GKV)-Reformgesetz 2000, als überholt gelten [vgl. Clade, 2000]. Herr Pfennig, als Leiter Rechnungswesen, hat gemäß der Fallschilderung bereits mehrjährig auf die Herausforderung einer pauschalierten Vergütung unter DRG-Bedingungen hinge-wiesen, die seitens des Geschäftsführers nachdrücklich als „neumodisch“ abgetan und nicht beachtet wurde.

Beim DRG-System erfolgt die Vergütung eines Behandlungsfalles aufgrund von im Vorfeld mit den Kostenträgern vereinbarter Pauschalen. Die DRGs lassen sich be-treffend des Erlöses nach Schweregraden unterscheiden [vgl. Terkatz, 2009-c] Weitere wesentliche Größen hinsichtlich der Vergütung sind der Basisfallwert, der Case-Mix und der Case-Mix-Index (CMI). Zusätzlich ist die Einhaltung von Grenzverweildauern rele-vant.

Die Einführung des DRG-Systems und Abkehr vom „Pflegesatz-System“ hat ein konsequentes Umdenken hinsichtlich der Kostenrechnung im Krankenhaus notwendig gemacht, da wirtschaftlicher Misserfolg bei zu hoher Kostenstruktur nun möglich geworden ist. In der von Herrn Pfennig versendeten „Brand-Mail“ werden ungünstige Verweildauersteuerung, sinkender CMI und Bedarf an zusätzlichen Vollkräften im Bereich der Pflege richtigerweise als ursächlich für das wirtschaftliche Defizit formuliert. Neben der optimierten Steuerung von Behandlungsfällen spielt die Überprüfung von Kosten und die wirtschaftliche Optimierung von Prozessen eine hoch angesiedelte Rolle, um die langfristige Tragfähigkeit des Unternehmens Krankenhaus zu gewährleisten. Im Fallbeispiel wurde den veränderten Herausforderungen leider keine Rechnung getragen. Die für Herrn Träumer und den Beirat plötzliche Problematik kann somit nicht als unerwartet gelten.

2 Übersicht relevanter Kennzahlen

Kennzahlen spiegeln relevante Zusammenhänge in verdichteter, quantitativ messbarer Form wieder [vgl. Schug, 2003]. Nach dem Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) sind mit Ablauf des ersten Quartals Vorjahreskennzahlen an die DRG-Datenstellen weiterzuleiten (sog. §21-Datensatz). Zusätzliche Daten werden von „Kalkulations-häusern“ als Berechnungsgrundlage für die DRG-Fallpauschalen seitens des Instituts für das Entgeltsystem GmbH (InEk) verwendet. Diese Kennzahlen dienen im Krankenhauscontrolling als wichtige Vergleichszahlen.

Der Geschäftsführer verwendet dabei in seinem Monatsbericht (siehe Kapitel 1) vier Kennzahlen, auf die nachfolgend eingegangen wird.

2.1 Bettenauslastung

Unter der Bettenauslastung der Krankenhäuser [vgl. Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt, 2012], welche im Fallbeispiel als Jahresauslastung aufgeführt ist, versteht man den prozentualen Nutzungsgrad bezogen auf Pflegetage je aufgestellten Betten und Kalendertagen. Die bundesdurchschnittliche Bettenauslastung für das Jahr 2011 betrug 77,3 % [vgl. Statistisches Bundesamt, 2012]. Die Klinik Regenbogen GmbH zeigt hier eine erheblich höhere Auslastung, die bei 89 % liegt, was jedoch nicht mit hoher Erlössituation im Betrachtungszeitraum einhergehen muss. Denkbar ist auch eine ungünstige Fallsteuerung mit relativ langen Verweildauern, ohne dass eine hinreichende Vergütung erfolgt ist. Dies wäre zusätzlich u.a. von DRG, Case-Mix und CMI abhängig.

2.2 Fallzahlsteigerung

Herr Träumer führt nachfolgend die Fallzahlsteigerung an. Für die stationären Fallzahlen der Krankenhäuser im Zeitraum 2004 bis 2011 kann eine bundesweite Steigerung um Absolut etwa 1,5 Millionen Fällen, entsprechend 9 Prozent angegeben werden. Einfluss auf diese Entwicklung haben demographische Faktoren, jedoch auch Anreize aus dem medizinischen Vergütungssystem und gesetzten Zielvereinbarungen [vgl. Blum, 2012]. Die mit 4 Prozent beschriebene jährliche Fallzahlsteigerung ist somit als relativ hoch einzuordnen. Dennoch bedeutet, vergleichbar mit der Jahresauslastung der Bettenkapazitäten, eine Fallzahlsteigerung per se keine zeitgleiche Erlössteigerung.

2.3 Ist-Soll-Vergleich der Vollzeitstellen

Beim Ist-Soll-Vergleich der Vollzeitstellen stellt Herr Träumer die regelrechte Besetzung der Stellen fest. Bei der Betrachtung dieser Kennzahl alleine bleiben sehr bedeutsame Aspekte jedoch unbeachtet. Die Qualifikation des Personals sowie deren Ausfallzeiten durch Urlaub, Fortbildung und Krankheit werden nicht explizit dargestellt. Auch ist unklar, ob vor dem Hintergrund einer Fallzahlsteigerung und hoher Bettenauslastung der Personaleinsatz hinreichend ist.

2.4 Sachkosten

Die Sachkosten in Krankenhäusern lassen sich nach den Arten medizinischer Bedarf, pflegesatzfähige Instandhaltung, Wirtschaftsbedarf, Lebensmittel, Verwaltungsbedarf, Energie- und Wasserkosten sowie übrige Sachkosten differenzieren. Mit etwa 38,6% bilden die medizinischen Sachkosten dabei einen großen Teil der Gesamtkosten [vgl. Deutsche Krankenhausgesellschaft, 2014; vgl. Statistisches Bundesamt, 2014]. Vor dem Hintergrund der im Rahmen des DRG-Systems pauschalierten Vergütung kommt der internen Kostenrechnung und deren Steuerung eine wichtige Rolle zu. Der Sachkostenanstieg wird der Fallschilderung entsprechend als „erwartet“ beschrieben, so dass wohl pauschal keine übermäßige Steigerung zu bestehen scheint. Dennoch ist unklar, wie sich die Kosten innerhalb der Klinik verteilen, insbesondere ist eine Einzelbetrachtung der Fachabteilungen so nicht hinreichend möglich.

Bei den aufgeführten Leistungskennzahlen handelt es sich insgesamt um retrospektiv gerichtete Daten, die insbesondere keine strategischen, zukunftsweisenden Ziele ableiten lassen. Möglichkeiten zur besseren Kontrolle und frühzeitigen Erkennungen von Unwirtschaftlichkeiten bieten beispielsweise die Deckungsbeitragsrechnungen (auf Teil- und Vollkostenbasis) [vgl. Terkatz, 2009-a], die Prozesskostenrechnung und das Target Costing [vgl. Terkatz, 2009-b]. Die beiden letzten Optionen sollen nachfolgend fokussiert dargestellt werden.

2.5 Prozesskostenrechnung

Bei der Prozesskostenrechnung werden insbesondere häufig wiederkehrende Klinik-abläufe betrachtet, deren Kosten ermittelt und den Kostenträgern (z.B. Abteilungen) zugeordnet. Vor dem Hintergrund einer vermehrten Technisierung und Automatisierung sowie auch von Variationen lassen sich Prozesskosten für Einzelprozesse erheben und diese im Sinne von Gemeinkosten erfassen. Bei der damit einhergehenden Überprüfung von z.B. Behandlungspfaden können Abläufe betreffend Effizienz und Wirtschaftlichkeit hinterfragt werden. Der Aufwand der Prozesskostenrechnung ist abhängig von der Komplexität der betrachteten Prozesse durchaus nicht zu unterschätzen, jedoch ausgesprochen sinnvoll. Der mögliche Nutzen muss jedoch im Einzelfall gegenüber dem damit verbundenen administrativ-organisatorischen und rechnerischen Aufwand abge-wogen werden.

2.6 Target Costing

Das Target Costing berücksichtigt in besonderer Weise einer zukunftsgerichteten Preis-gestaltung, die bei komplexen Produkten mit Variationen von Bedeutung ist. In die Betrachtung fließen der erwartete Preis eines Produktes auf dem Markt und die zulässigen Kosten („allowable costs“) in Abhängigkeit von einer gesetzten Zielrendite. Mittels Preisabsatzfunktion und Zielkostenkontrolldiagrammen werden die Kosten im Herstellungsprozess aufgrund Einzelkosten erhoben. Bei Abweichungen von den Zielkosten können Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Das Target Costing hat seinen Stellenwert bei Markteinführung komplexer und innovativer Produkte (z.B. Automobil-herstellung) und muss insgesamt als aufwändig beschrieben werden. In der Kliniksituation ist das Target Costing im Rahmen der DRGs und z.B. aufgrund InEk-Zahlen bekannter Vergleichszahlen mit relativ geringem Aufwand durchführbar.

3 Grundgerüst eines Berichtwesens

Zur Durchführung eines Leistungscontrollings wird die Möglichkeit zum eher eng-maschigen Zugriff auf die Kennzahlen des Unternehmens sowohl in der Geschäfts-führung, jedoch auch im Bereich der Leitung der Pflege und der Chefärzte benötigt. Ausführliche Berichte wären in einem monatlichen Intervall denkbar, ergänzt um Quartals- und Jahresberichte. Regelmäßige Intervalle könnten für alle Zielgruppen wochenweise Rhythmen sein.

3.1 Berichtswesen mit dem Adressaten Geschäftsführer

Der Geschäftsführer benötigt zur qualifizierten Leitung des Krankenhauses als Betrieb wirtschaftliche Zahlen bzw. Kennzahlen, die dessen aktuelle Situation und Entwicklung hinreichend abbildet. Für den Geschäftsführer ist eine mittel- bis langfristige Betrachtung der Klinik als Ganzes bedeutsam und sollte auch in der Kosten- und Leistungsrechnung Beachtung finden.

Als Klinikgeschäftsführer ist es relevant, das Leistungsspektrum der Klinik, also auch die medizinischen Aspekte zu kennen, um die Klinik nach außen repräsentieren zu können. Relevant sind sicherlich Leistungskennzahlen sowie die Kostensituation der einzelnen Abteilungen zu kennen, aber auch Vergleichszahlen anderer Krankenhäuser ähnlicher Versorgungsstufe und Struktur im Blick zu haben.

Der Geschäftsführer benötigt engmaschige und umfassende Daten aus allen Abteilungen der Klinik. Dazu zählen Fallzahlen, fallbezogene Leistungsdaten, Bettenkapazitäten der einzelnen Abteilung und deren aktuelle Auslastung (z.B. Mitternachtsstatistik), Verweildauern und deren Analyse, Auswertung der DRGs des Hauses, krankenhausindividueller Basisfallwert, Case-Mix und CMI, §21 KHEntgG – Datensatz. Die erbrachten DRGs müssen explizit auf Ertragsstärke überprüfbar sein, um steuernd einwirken zu können. Hinzu kommen Daten, die die eingesetzten Personal- und Sachmitteln je Periode vermitteln, weiterhin Daten zur Personalsituation einschließlich Ausfallzeiten und Qualifikationen der Mitarbeiter. Für den Geschäftsführer ist die Betrachtung der Gemeinkosten, deren zeitliche Entwicklung sowie deren Zuordnung zu Kostenstellen von Bedeutung.

Hinzu gehören Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnung. Bei allen betrachteten Kennzahlen sollten Soll-Werte definiert sein sowie aktuelle Abweichungen und gegenüber vorhergehenden Perioden verglichen werden, um letztlich hinreichende Prognosen für das laufende Geschäftsjahr abgeben zu können. Vergleiche können mit Kliniken bei ähnlicher Struktur, z.B. aufgrund von InEk-Daten, vorgenommen werden. Auch ist die Liquidität der Klinik in kurzen Abständen zu betrachten. Hierfür sind zusätzlich Angaben über öffentliche Mittel, Abschreibungen und Zinsen von Relevanz. Auch die Entwicklung des Personalbestands muss abgebildet werden. Insofern muss für den Geschäftsführer ein letztlich ganzheitliches, umfassendes Bild der Klinik als Unternehmen abgebildet werden.

3.2 Berichtswesen mit dem Adressaten Pflegedienstleistung

Das Berichtswesen für die Pflegedienstleitung sollte neben grundlegenden Daten über die wirtschaftliche Situation vor allem Aussagen über die personelle Situation (Ein-stellungen, Abgänge, Personalausfälle und Mehrarbeit) enthalten. Zur Planung muss vor allem die Qualifikation der einzelnen Mitarbeiter der Pflege dargestellt werden, um eine Personaleinsatzplanung vornehmen zu können. Dies erfordert durchaus engmaschige Berichte, um Veränderungen wahrzunehmen.

Relevant sind die Auslastung der Klinik bezogen auf die Bettenzahl, vorgesehen Variationen im Behandlungsspektrum, Sachmittelkosten in Verantwortung der Pflege. Relevant sind darüber hinaus Daten über Patienten mit besonderen pflegerischen Aufwendungen („hochaufwändige Pflege“, besondere Hygienekonstellationen) oder Besonderheiten der pflegerischen Behandlung (z.B. Aufkommen von Wunden). Die Dokumentationsqualität des pflegerischen Dienstes sowie der Pflegediagnosen sollte dargestellt werden. Auch hier bietet sich eine Vergleichsbasis mit Vorjahreswerten, externem Vergleich und/oder Zielvorgaben an. Ziel ist es, der Pflegdienstleitung geleisteten Aufwand und personellem sowie sachlichem Mitteleinsatz zu ermöglichen. Auch hierzu benötigt die Pflegedienstleitung Daten zu Fallzahlentwicklung und DRGs. Nicht zuletzt müssen Qualitätsindikatoren aufgezeigt werden.

[...]

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Kostenrechnung für eine Klinik mit erheblichem Defizit
Untertitel
Eine Fallaufgabe
Hochschule
APOLLON Hochschule der Gesundheitswirtschaft in Bremen
Veranstaltung
Modul Internes Rechnungswesen
Note
1,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
12
Katalognummer
V497195
ISBN (eBook)
9783346029461
ISBN (Buch)
9783346029478
Sprache
Deutsch
Schlagworte
kostenrechnung, klinik, defizit, eine, fallaufgabe
Arbeit zitieren
Manuel Anhold (Autor:in), 2014, Kostenrechnung für eine Klinik mit erheblichem Defizit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/497195

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