Welchen Methoden bedienen sich Gedächtniskünstler und sind sie hochbegabt?


Hausarbeit, 2018

19 Seiten, Note: 1,3

Anonym


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Ein Exkurs ins Gedächtnis

3. Gedächtniskünstler
3.1 Wer sind sie?
3.2 Mnemotechniken
3.2.1 Die Loci- oder Routenmethode
3.2.2 Die Ersatzwortmethode
3.2.3 Die Geschichte
3.2.4 Das Zahlen-Symbol-System

4. Es kann jeder lernen

5. Eine Sportart!

6. Hochbegabung
6.1 Definition
6.2 Sind Gedächtniskünstler hochbegabt?

7. Zusammenfassung

Literatur- und Quellenverzeichnis

1. Einleitung

Der Schwerpunkt dieser Hausarbeit liegt auf den Methoden von Gedächtniskünstlern, die sich verschiedener Techniken bedienen, um Daten und Fakten im Gedächtnis speichern zu können. Gedächtniskünstler sind außergewöhnliche Menschen, die mit ihrem Gedächtnis Erstaunliches leisten, denn sie können sich innerhalb weniger Zeit eine Menge an Fakten einprägen und diese fehlerfrei wiedergeben. Ein weiterer Schwerpunkt, ist die Frage, inwiefern solche Menschen als hochbegabt bezeichnet werden können. Vieles wird in dieser Hausarbeit nicht berücksichtigt oder nur angeschnitten. Die Inselbegabten werden nur kurz erwähnt, da sie nicht Thema dieser Ausführung sind. Durch die Vielzahl der existierenden Definitionen von Hochbegabung sind nur einige wenige als Fundament benutzt worden. Es ist schwer eine Hochbegabung zu erkennen und dann zu fördern. Der schulische Hintergrund der dabei eine wichtige Rolle spielt, kommt in dieser Arbeit ebenfalls nicht zur Sprache.

Zu Beginn legen wir kurz dar, wie unser Gedächtnis funktioniert. Davon ausgehend weisen wir in den folgenden Abschnitten auf die sogenannten Mnemotechniken hin, die häufig von Gedächtniskünstlern benutzt werden. Zum Schluss gehen wir der Frage nach, ob es sich bei Gedächtniskünstlern um Hochbegabte handelt.

2. Ein Exkurs ins Gedächtnis

Unser Gedächtnis ist mehr als nur unsere persönliche Erinnerung. Daneben werden auch Fakten und Fertigkeiten im Gehirn gespeichert. Für alle Arten von Informationsspeicherung im Organismus steht der Oberbegriff des Gedächtnisses. Dazu gehören neben dem reinen Behalten auch die Aufnahme der Information, deren Ordnung und der Abruf derselbigen (vgl. Kupferschmidt, 21.07.2011). Unser Gehirn kann unter anderem visuelle, akustische, emotionale und taktile Reize aufnehmen und verarbeiten, da das Gehirn in verschiedene Regionen unterteilt ist. „Wenn wir also von Gedächtnis sprechen, meinen wir in die Fähigkeit, Informationen zu ordnen, abzuspeichern und wieder abzurufen“ (Mai, ohne Datum). Hierbei handelt es sich um ein komplexes Netzwerk, „denn diese verschiedenen Hirnreale sind wiederum untereinander verknüpft“ (Mai, ohne Datum). Unter anderem wird der Bereich für akustische Reize und das Sprachzentrum angeregt, wenn wir beispielsweise einen Vortrag hören. „Alles, was wir persönlich und besonders emotional erleben und was sich mit bereits gespeicherten Informationen verknüpfen lässt, wird besser behalten. Das gilt ebenso für neue Informationen, die über mehrere Sinne aufgenommen werden, also zum Beispiel durch Hören, Sehen, Riechen und Fühlen“ (Mai, ohne Datum). Wir können uns diese Daten besser merken, je mehr Verknüpfungen zwischen den Hirnrealen entstehen.

Unser Gedächtnis wird in verschiedene Bereiche unterteilt. Zum einen nennen Forscher unsere persönlichen Erinnerungen episodisches oder autobiographisches Gedächtnis. Zum anderen haben wir das semantische Gedächtnis, welches das gesamte Faktenwissen umfasst, das ein Mensch in seinem Leben ansammelt, besser bekannt als das Allgemeinwissen. Dabei ist es gar nicht so einfach beispielsweise die ganzen Hauptstädte Europas abzuspeichern, denn meist braucht es mehr als einen Anlauf (vgl. Kupferschmidt, 21.07.2011). „Der kanadische Psychologe Endel Tulving hat den Unterschied auf folgende Formel gebracht: Das episodische Gedächtnis seien Informationen, an die wir uns ‚erinnern‘, das semantische Gedächtnis speichere Informationen, die wir ‚wissen‘ “ (Kupferschmidt, 21.07.2011). Beide Gedächtnisarten haben unter anderem die Gemeinsamkeit, dass uns in beiden Fällen bewusst ist, dass wir etwas wissen. Da wir dieses Wissen auf unterschiedliche Weisen mitteilen können, „werden das episodische und das semantische Gedächtnis zusammen häufig als explizites oder deklaratives Gedächtnis bezeichnet“ (Kupferschmidt, 21.07.2011).

Darüber hinaus gibt es weitere Gedächtnisarten, die als implizites oder nicht-deklaratives Gedächtnis bezeichnet werden. So wird der Teil des Gedächtnisses genannt, der Fähigkeiten, Gewohnheiten und Verhaltensweisen speichert. „Also körperliche oder geistige Abläufe wie etwa das Fahrradfahren, das Zähneputzen oder schlicht, aufrecht auf zwei Beinen zu laufen. Doch auch erlernte Ängste oder der aufkommende Appetit beim Geruch eines guten Essens sind „Produkte“ des nicht-​deklarativen Gedächtnisses“ (Kupferschmidt, 21.07.2011).

Alle Formen, die bereits genannt wurden, sind Teil des Langzeitgedächtnisses. Daneben gibt es noch das Kurzzeitgedächtnis sowie das Arbeitsgedächtnis. „Darin speichern wir zum Beispiel eine gerade nachgeschlagene Telefonnummer ab, bis wir sie ins Telefon eintippen“ (Kupferschmidt, 21.07.2011). Nach dem britischen Psychologen Alan Baddeley greift unser Arbeitsgedächtnis auf auditive und visuelle Informationen anderer Hirnreale zurück und nutzt „diese wie ein Diktiergerät beziehungsweise einen Notizzettel“ (Kupferschmidt, 21.07.2011). Das Arbeitsgedächtnis hat eine sehr begrenzte Kapazität, obwohl es so komplex ist. Erinnerungen halten dort zudem nur kurz vor. Dennoch ist es unabdingbar für unser tägliches Leben: Nur dank ihm wissen wir am Ende eines Satzes noch, wie er anfing, und können ihn verstehen, können Zahlen im Kopf behalten, um eine Rechenaufgabe zu lösen, einem Gespräch folgen und selbst eines führen, können die uns gegenwärtig umgebende Umwelt verstehen und uns darin zurechtfinden (Kupferschmidt, 21.07.2011).

Obwohl unser Gedächtnis erstaunliches leistet, müssen wir unser Wissen regelmäßig anwenden, damit wir es nicht vergessen. Das beste Beispiel dafür ist das Vokabel lernen in der Schule. Da man sie oft nur für den Vokabeltest oder die Klassenarbeit gelernt und danach nicht wiederholt hat, wurden die Vokabeln nicht im Gedächtnis gespeichert und schnell wieder vergessen. Diese Erfahrung bestätigt auch das Zitat von Marcus Fabius Quintilianus1: „Will jemand die Hauptkunst, das Gedächtnis zu vervollkommnen, von mir wissen: Übung und Arbeit, am wirksamsten durch tägliches Auswendiglernen“. Schon in der Antike wurde festgestellt, dass Wissen verkümmert, wenn es nicht angewendet wird.

Das Merken mittels multipler Gedächtnisstützen (vulgo Eselsbrücken) lässt sich beim Gedächtnistraining oder unterschiedlicher Mnemotechniken nutzen (vgl. Mai, ohne Datum).

3. Gedächtniskünstler

3.1 Wer sind sie?

Gedächtniskünstler haben eine überdurchschnittliche Merkfähigkeit. Es handelt sich hierbei um die Kunst, außergewöhnliche Gedächtnisleistungen zu erreichen. Häufig ist dies auf sogenannte Mnemotechniken zurückzuführen, die laut Duden folgendermaßen definiert werden: „Technik, Verfahren, seine Gedächtnisleistung zu steigern, vor allem durch systematische Übung oder Lernhilfen wie Merkverse o. Ä.“.

Daneben gibt es auch Naturtalente. Beispielsweise gilt der russische Journalist Shereshevskii als solches, denn er besaß bereits in seiner frühen Kindheit eine fast unbegrenzte Gedächtniskapazität. Er konnte sowohl lange Listen von Wörtern, wie auch von Zahlen und von sinnlosen Silben fehlerfrei wiedergeben. Selbst Jahre später fiel es ihm nicht schwer, diese Listen einwandfrei zu reproduzieren. Allerdings benötigte er für die Dekodierung einige Sekunden Zeit, da seine Gedächtnisleistungen vor allem auf bildliche Vorstellungen und gelegentlich auch auf Geschmacks- und Tastempfinden basierten (vgl. Spektrum). Meist platzierte er die zu erinnernden Gegenstände im Geist auf einer Straße, „die er dann gleichsam entlangging, um die Gegenstände wiederzufinden“ (Spektrum). Sein Gedächtnis hatte auch Nachteile, denn es fiel ihm schwer, zwischen Ereignissen Gemeinsamkeiten zu entdecken und diese zu generalisieren. Unser Gedächtnis ist am leistungsfähigsten, wenn es um das Sammeln verallgemeinbarer Erkenntnisse und um Abstraktionen geht, beim präzisen Behalten bestimmter Ereignisse hingegen können Schwierigkeiten auftreten (vgl. Spektrum).

3.2 Mnemotechniken

Gedächtniskünstler können tausend Ziffern in dreißig Minuten lernen oder 750 Großstädte auf Satellitenfotos erkennen. Das mag verblüffend erscheinen, aber dahinter stecken oft einfache Merktechniken, die jeder lernen kann, anstatt eine Begabung. (Dass es auch Ausnahmen gibt, haben wir bereits am Beispiel von Shereshevskii gezeigt.) Dank einfacher Merktechniken können Gedächtniskünstler trockene Fakten schnell und präzise auswendig lernen, indem sie sich der Tatsache bedienen, dass unser Gehirn sich Bilder besser merken kann als Zahlen oder abstrakte Begriffe. Nur durch Anwendung des Gelernten erfolgt eine tiefer gehende Wissensaneignung (vgl. Pontes, ohne Datum).

Wie bereits erwähnt gibt es verschiedene Mnemotechniken, auf die die besondere Merkfähigkeit von Gedächtniskünstlern zurückzuführen ist.

3.2.1 Die Loci- oder Routenmethode

Die Loci- oder auch Routenmethode wird von fast allen Gedächtniskünstlern angewendet, da sie nicht nur sehr leicht zu erlernen ist, sie ist auch auf fast alles anzuwenden (vgl. Konrad, ohne Datum). Zudem ist es eine der ältesten und effektivsten Lernmethoden, um sich Fakten oder beispielsweise eine Abfolge von Spielkarten zu merken. Diese Methode benutzt die Assoziationsfähigkeit unseres Gehirns, indem man die zu merkenden Zahlen und Texte mit Gegenständen oder markanten Punkten auf einer Route verknüpft, die wir uns besser merken können als abstrakte Zahlen (vgl. Konrad, ohne Datum).

Auch Reden und Vorträge können wir uns durch diese Technik besser merken, weshalb schon die alten Griechen diese Methode nutzten, „um sich ihre umfangreichen, wissenschaftlichen Erkenntnisse zu merken“ (Konrad, ohne Datum). Das Wissen, welches man sich aneignete, wurde gehört und musste sogleich behalten werden, da man nicht etwas nachlesen konnte. Der Buchdruck war noch nicht erfunden und Bücher waren zu teuer. Deswegen waren die Griechen gezwungen, sich alles zu merken und auswendig zu lernen. „Cicero beschreibt in seinem Werk "De oratore" seinen gedanklichen Rundgang durch das Forum in Rom“ (Konrad, ohne Datum).

Der Aufwand der Locimethode ist vergleichsweise gering, denn man unterteilt den Lernstoff in kurze und sinnvolle Abschnitte und ordnet diesen Segmenten bestimmte Teile einer gedanklichen Struktur zu. Demnach wird der Lernstoff durch Variablen ersetzt, „wobei die Variablen Teile der gedanklichen Struktur, also Bilder, sind, die man sich um ein [Vielfaches] besser einprägen kann“ (Konrad, ohne Datum). Mit dieser Methode kann man eine bestimmte Reihenfolge für die Wiedergabe des Stoffes festlegen, da die Verknüpfungen des Stoffes mit der gedanklichen Struktur variabel sind (vgl. Konrad, ohne Datum).

Die meisten Gedächtniskünstler verwenden individuell angepasste Systeme dieser Locimethode, die sich in ihrer Grundstruktur dennoch ähneln. Der einfachste Ansatz, um sich beispielsweise eine Ziffernfolge einzuprägen, ist, jede Ziffer durch ein Bild zu ersetzen bzw. darzustellen. Beispielsweise kann man die Zahl 0 als einen Ball darstellen, die 1 für einen Stift und die 2 durch einen Schwan, aufgrund ihrer Ähnlichkeit. Um sich eine Ziffernfolge zu merken, benötigt man neben vielen Bildern auch eine lange Route mit vielen Punkten, an denen die Bilder auftauchen (vgl. Pontes, ohne Datum).

Eine andere Abwandlung der Locimethode benutzt unter anderem der mehrmalige deutsche Meister im Gedächtnissport Gunther Karsten. „Er ordnet den Ziffern Konsonanten zu: der 0 das „z“ wie zero, der 1 wegen des ähnlichen Aussehens das „t“, der 2 das „n“ und der 3 das „m“ (vgl. Pontes, ohne Datum). Wenn man nun die Konsonanten mit Vokabeln auffüllt, entstehen aus den Ziffernfolgen Wörter. Auf diese Weise kann man sich auch zweistellige Zahlen merken, die dann für einen bestimmten Begriff stehen. Diese Begriffe setzt man dann auf eine bestimmte Route, um sich eine individuelle Reihenfolge zu merken (vgl. Pontes, ohne Datum).

3.2.2 Die Ersatzwortmethode

Anders als die Loci-Methode bezieht sich die Ersatzwortmethode auf das Lernen von Fremdwörtern und Vokabeln. Bei dieser Methode werden neue Wörter mit bereits bekannten Wörtern verbunden, die einen ähnlichen Klang haben (vgl. Mai, ohne Datum). Hierbei geht es um „lernpsychologische und gedächtnispsychologische Prinzipien […], indem man neue Informationen mit bereits vorhandenem Wissen verknüpft und abstraktes bzw. unbekanntes Material in gut vorstellbare Bilder übersetzt“ („Ersatzwortmethode“, ohne Datum). Die Assoziation spielt eine große Rolle, da es bei dieser Methode entscheidend ist, die zu lernenden Wörter mit Begriffen in eine Form zu bringen, die ein unbekanntes Wort in ähnlich klingende Wörter zu verwandeln. Die Ersatzwörter sollen also eine akustische Ähnlichkeit mit dem neuen Wort erlauben und eine bildliche Vorstellung ermöglichen. Die Schreibweise und auch die Aussprache der fremden Wörter ist somit immer gewährleistet (vgl. „Ersatzwortmethode“, ohne Datum).

[...]


1 Römischer Rhetor, Schriftsteller, Lehrer der Beredsamkeit und Erzieher des Kaisers Domitian.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Welchen Methoden bedienen sich Gedächtniskünstler und sind sie hochbegabt?
Note
1,3
Jahr
2018
Seiten
19
Katalognummer
V497963
ISBN (eBook)
9783346017352
ISBN (Buch)
9783346017369
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bildungswissenschaften, Hochbegabung, Gedächtniskünstler, Mnemotechniken
Arbeit zitieren
Anonym, 2018, Welchen Methoden bedienen sich Gedächtniskünstler und sind sie hochbegabt?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/497963

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