Prävention in der Sozialen Arbeit. Rechtsextremismus und männliche Sozialisation


Elaboración, 2019

13 Páginas, Calificación: 1,2


Extracto


Inhalt

1. Einleitung

2. Rechtsextremismus
2.1. Wissenschaftliche Erklärungsansätze zur Entstehung rechtsextremer Orientierung

3. Sozialisation
3.1. Männliche Sozialisation

4. Präventionsarbeit mit rechtsextremen Jugendlichen

5. Fazit

6. Literatur

1. Einleitung

Die hier vorliegende schriftliche Ausarbeitung befasst sich mit dem Thema „Rechtsextremismus und männliche Sozialisation“. Punkt 2. gibt einen Überblick über die begrifflichen Definitionen von Rechtsextremismus. Rechtsextremismus- was ist das überhaupt und welche Aspekte vom Begriff des Rechtsextremismus sind für die Soziale Arbeit von Belangen? In 2.1. werden verschiedene theoretische Zugänge bzw. Ansätze zur wissenschaftlichen Begründung der Herausbildung rechtsextremer Orientierung bei männlichen Jugendlichen aufgezeigt. In aller Kürze werden die hauptsächlichen Unterschiede zwischen dem individualisierungstheoretisch argumentierenden Ansatz, der Dominanzkulturthese und dem konflikt- und subkulturtheoretischen Ansatz herausgearbeitet. Sozial- emotionale Risikofaktoren für die Entstehung rechtsextremer Tendenzen nach Heitmeyer werden aufgelistet und so die Gründe bzw. Motive für Rechtsextremismus bei männlichen Jugendlichen herausgearbeitet. Die Frage, in wieweit der Rechtsextremismus den Betroffenen einen Sinn gibt, sollte am Ende von 2.1. beantwortet sein. Gibt es hier einen klaren Zusammenhang zur männlichen Sozialisation? Um den Begriff der männlichen Sozialisation besser verstehen zu können, wird in 3. zunächst allgemein auf den Begriff der Sozialisation nach Hurrelmann eingegangen und zu 3.1., der männlichen Sozialisation, übergeleitet. Was versteht man unter männlicher Sozialisation? Und was soll „Männlichkeit“ überhaupt genau sein? Herausgearbeitet werden soll schlussendlich die Bedeutung von Rechtsextremismus und von männlicher Sozialisation für die Soziale Arbeit mit männlichen Jugendlichen. Ein kurzer Einblick in die präventive Soziale Arbeit mit rechtsextremen Jugendlichen wird gegeben. Worauf sollte ein/e Sozialarbeiter/in hier ganz besonders achten und welche Schwierigkeiten können sich ergeben? Es wird insgesamt deutlich, welche Relevanz das Thema „Rechtsextremismus und männliche Sozialisation“ für die Soziale Arbeit besitzt. Ein knappes Fazit am Schluss reflektiert zusammenfassend das Ergebnis der Auseinandersetzung mit der Thematik und beleuchtet kritisch eigene Erkenntnisse.

2. Rechtsextremismus

Rechtsextremismus ist eine Sammelbezeichnung für Ideologien, deren gemeinsamer Kern die Überbewertung der ethnischen Zugehörigkeit, die Infragestellung der Gleichheit aller Menschen, sowie ein antipluralistisches und autoritär geprägtes Gesellschaftsverständnis ist (vgl. Pfahl-Traughber, 2006, S. 14f.). Demnach ist es kein homogenes, sondern ein vielschichtiges, komplexes, politisches Problem unserer Gesellschaft (vgl. ebd., 2013, S. 27). In den vielen verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen, in denen Rechtsextremismus stattfindet, herrscht also keine einheitliche Definition des Begriffs. In den Politik- und Sozialwissenschaften, ebenso wie in der Sozialen Arbeit, liegt das Hauptaugenmerk auf dem Individuum. Eine wesentliche Unterscheidung wird hier zwischen der Verhaltensebene und der Einstellungsebene gemacht (vgl. Jaschke 2006, S.1). Das Verhalten meint hier unter anderem die Mitgliedschaft in politischen Vereinigungen, Wahlverhalten, öffentlichen Protest und Provokation, sowie die Ausübung von Gewalt und Terror. Zur Einstellung hingegen zählen Autoritarismus, Nationalismus und Antisemitismus. Die rechtsextreme Einstellung stellt eine Voraussetzung für rechtsextremes Handeln dar. Allerdings bildet sich die Mehrheit der Rechtsextremen aus denjenigen, deren rechtsextremen Einstellungen kein aktives Handeln folgt. Sie schließen sich also keiner politischen Organisation an (vgl. Glaser/Pfeiffer 2013, S. 26f.). Im Kontext der Sozialen Arbeit ist eine Unterscheidung zwischen organisiertem und nicht organisiertem Rechtsextremismus wichtig- mit letzterem werden Sozialarbeiter/innen im Alltag häufig konfrontiert. Des Weiteren kann eine begriffliche Abgrenzung zum Rassismus hilfreich sein. Eine Definition der Bundeszentrale für politische Bildung lautet: „Rassismus ist eine Ideologie der Ungleichwertigkeit. Damit ist die Unterstellung von Homogenität biologischer Rassen, begründet auf äußerliche Unterschiede, wie zum Beispiel der Hautfarbe, gemeint. Den dadurch entstehenden Gruppen werden bestimmte Charaktereigenschaften zugesprochen, welche allerdings wissenschaftlich unbelegt bleiben. Die eigene Rasse wird aufgewertet und wertet andere ab.“ (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung, o.J.). Rechtsextremismus schließt Rassismus stets mit ein, was andersherum nicht der Fall ist; Rassismus kann auch ganz ohne Rechtsextremismus stattfinden aber eben nicht umgekehrt (vgl. Weiß 2001, S.353). Aus staatlicher Sicht ist jede Form von Rechtsextremismus auch immer eine Steigerung von Radikalismus (vgl. Stöss, 2005, S. 19). In Bezug auf Jugendliche und auf die heutige Soziale Arbeit mit ihnen, ist mit Rechtsextremismus immer „moderner Rechtsextremismus“ gemeint, also der nach 1945. Aktuelle Ansätze in der Sozialen Arbeit richten sich an neuen, aktuellen Konfliktlagen aus und ziehen die Gefährdungslage Betroffener mit ein. Beziehungsarbeit ist kulturpädagogisch, lebens- und arbeitsweltbezogen. Die Unterrichtung über den menschenverachtenden Nationalsozialismus reicht zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und zur Gewaltsensibilisierung nicht aus (vgl. Möller/Schiele, 1996, S. 5f). Auch ist Rechtsextremismus keine reine Erziehungs- und Jugendproblematik und daher nicht ausschließlich über pädagogische Arbeit mit Jugendlichen zu bewältigen (vgl. ebd., 1996, S. 3). Für den Soziologen und Erziehungswissenschaftler Wilhelm Heitmeyer sind die Dominanz einer Ideologie der Ungleichheit, sowie die Akzeptanz von Gewalt als Handlungsform wesentliche Elemente rechtsextremer Orientierung (vgl. Heitmeyer, 1987, S. 15f.). Heitmeyer erforscht die Ursachen von Rechtsextremismus und weist in seinen Veröffentlichungen auf die Notwendigkeit vorbeugender Sozialer Arbeit hin. Auch der Soziologe und Erziehungswissenschaftler Kurt Möller beschäftigt sich mit präventiver Sozialer Arbeit in Bezug auf Rechtsextremismus bei Jugendlichen.

2.1. Wissenschaftliche Erklärungsansätze zur Entstehung rechtsextremer Orientierung

Möller fasst in seinem Buch „Gewalt und Rechtsextremismus“ die für ihn wichtigsten drei Erklärungsansätze zur Entstehung rechtsextremer Gesinnung (auch in Verbindung mit Gewaltbereitschaft) zusammen als das individualisierungstheoretisch argumentierende Theorem sozialer Desintegration (Heitmeyer u. a.), die Dominanzkulturthese (Rommelspacher, Holzkamp u. a.) und das konflikt- und subkulturtheoretische Modell (Ekkert, Willems u. a.). Individualisierung nach Heitmeyer meint, dass sich das Individuum aus seinen vorgegebenen Fixierungen löst, seine eigene Biographie schafft und somit sein eigener Gestalter wird. Unsere moderne Marktgesellschaft mit all ihren Konsumgütern, Medien, diversen Möglichkeiten der Berufswahl und Bildung etc. treibt diesen Prozess an. Das Individualisierungstheorem besagt im Grunde, dass mit der Auflösung alltagsweltlicher Milieus gleichzeitig auch vermehrt tiefgreifende Wandlungsprozesse in den sozialen und zwischenmenschlichen Beziehungen einhergehen. Verunsicherungen werden ausgelöst durch Unberechenbarkeit der Zukunft, Versagensängste, das Nichterreichen von Zielen und durch Desintegration an sich. Das Zuerkennen gleicher, sozialer, kultureller und politischer Rechte verliert an Verbindlichkeit. Ungleichheitskriterien, wie Rasse, Hautfarbe, Nation, Geschlecht etc. werden dann als Eingrenzung bzw. Abgrenzung angesteuert. Diese Merkmale besitzen eine zeitliche Konstanz, sind praktisch irreversibel und können daher als Ausgleich für soziale Verluste dienlich sein. Gerade in der Lebensphase Jugend haben die Fragen nach dem Selbst(-bild) und der Erwerb der Ich- Identität, einen hohen Stellenwert. Je tiefer hier die Verunsicherung subjektiv erlebt wird, umso wahrscheinlicher wird prinzipiell die Ausübung von Gewalt zu Darstellungs- und Durchsetzungszwecken. Auch Geschlechtsspezifische Entwicklungen sind betroffen von gesellschaftlichen Auflösungstendenzen der Normalitäten in Lebensführung und Identitätsbildung (vgl. Möller/Schiele, 1996, S. 22ff.). Indem sie auf traditionelle Männlichkeitsmuster zurückgreifen, versuchen einige junge Männer, ihren (geschlechtsspezifischen) Individualisierungsverlust zu kompensieren. Das prämoderne Männlichkeitsbild rechter Ideologie setzt auf Werte wie (Körper-) Kraft, Schmerzresistenz, rücksichtsloser Opferbereitschaft und Soldatentum und kann dabei auf weit verbreiteten Prinzipien männlicher Sozialisation aufgebaut werden. Die Konsequenzen sind die Akzeptanz von sozialer Ungleichheit, sowie die Ungleichbehandlung von Gewalt, als die Kernelemente des Rechtsextremismus. Heitmeyer geht hierbei, angelehnt an Hurrelmann, von einer produktiven Realitätsverarbeitung beim Individuum aus (vgl. ebd., 1996, S. 25ff.). Die Kulturdominanzthese bezeichnet den individualisierungstheoretisch argumentierenden Ansatz als „Defizitthese“ und kann daher als eine kritische Antwort auf ebendiesen gesehen werden. Sie werfe ihm eine zu niedrige Beachtung geschlechtsspezifischer Differenzen bei Rechtstendenzen vor, sowie die Entlastung der Täter durch eine ihnen zugeschriebene Opferrolle. Außerdem konstruiere sie rechtsextreme Tendenzen als bloßes Problem vereinzelter ausgegrenzter Jugendlicher und verfehle, diese ebenso als „reagierende Exekutanten männlicher Dominanz“ zu betrachten (vgl. ebd., 1996, S. 24). Die Kulturdominanzthese sagt aus, dass Personen, die sich mit herrschenden Werten wie Erfolg, Geld und Karriere identifizieren und das Leistungsprinzip (in einem erhöhtem Maße verinnerlicht) ausleben, für rassistische und autoritär nationalistische Einstellungen besonders anfällig sind (vgl. Butterwegge/Hentges, 2008, S. 250). Sie begreift daher den strukturellen Rassismus als eine kapitalistisch motivierte Interessengemeinschaft deutscher Wohlstandsbürger. Dabei spielen Medien als „unbewusste gesellschaftliche Aggression“ eine große Rolle (vgl. Möller/Schiele, 1996, S. 24). Allerdings sind insgesamt und gerade auch bei Vertreter/innen der Kulturdominanzthese eklatante Lücken in der geschlechtsspezifisch reflektierenden empirischen Forschung zu verzeichnen (vgl. ebd., 1996, S. 25). Der konflikt- und (sub-) kulturtheoretische Ansatz setzt sich, ebenso wie die Kulturdominanzthese, vornehmlich mit dem individualisierungstheoretischen Konzept auseinander und wirft diesem vor, zu allgemeingültig zu sein bzw. zu großrahmig, um einzelne Momente der Gewaltanwendung zu erfassen und angemessen analysieren zu können. Individuen würden schließlich auch in anderer Weise auf gesellschaftliche Individualisierungs- und Auflösungstendenzen reagieren, als mit Gewalttätigkeit. Defizitäre Familienstrukturen und besondere soziale Probleme, wie etwa Arbeitslosigkeit, seien zudem nur für einen Teil rechtsextremer Gewalttaten ausschlaggebend (vgl. ebd., 1996, S. 28). Im Zentrum des konflikttheoretischen Ansatzes stehen vielmehr die Einwanderungskonflikte und sich ausbreitende (gefühlte) Konkurrenzsituationen. Schlecht verarbeitete Fremdheitserlebnisse führen zu Fremdenangst und Fremdenfeindlichkeit bis hin zu rechtsextremer Gewalt. Eskalationen fremdenfeindlicher Gewalt werden hier unter anderem auf mangelnde politische und polizeiliche Reaktionen zurückgeführt, ebenso wie auf sogenannte „Anerkennungsmedien“. Gerade jugendliche Subkulturen konkurrieren um Geltung und unterliegen immer stärker den Medien als marktförmige, auf sie zugeschnittene Kulturangebote, die häufig Aggression und Kampf stimulieren. Der Druck zur Selbststilisierung der Jugendlichen wird entlastet, indem sie Anschlussfähigkeit durch ebendiese Medien geboten bekommen. Gewaltsymboliken werden als maskuline Attribute stilisiert und sprechen deshalb insbesondere die männlichen Jugendlichen an (vgl. ebd., S. 28f.). Die drei o.g. theoretischen Ansätze können als Perspektiven gesehen werden, aus denen heraus Begründungen für die Entstehung rechtsextremer Orientierungen und Gewalt erforscht und formuliert werden. Gründe an sich gibt es sehr viele. In der Heitmeyer- Studie von 1995 werden hauptsächlich sozial- emotionale Risikofaktoren für rechtsextreme Tendenzen bei Jugendlichen zusammengefasst. Diese sind unter anderem: mangelnde emotionale, innerfamiliäre Beziehungsqualitäten, insbesondere fehlende soziale Unterstützung, inkonsistente Erziehungsstile, eigene Gewalterfahrung, insbesondere Schläge, ein hoher Leistungsdruck, subjektive Statusdeprivation und Statusfrustration, sowie unzureichende Verlässlichkeit und hoher Konformitätsdruck im Freundeskreis. Als individuell repräsentierte Merkmale gelten: hohe von außen hinzugefügte, sowie intrinsische Kontrollüberzeugungen, Misstrauen gegenüber anderen Menschen, hedonistische Lebensauffassungen, vor allem im Zusammenhang mit Gewalt, sowie die Konstruktion eines unkritischen ambivalenzfreien Selbstbildes bei niedrigem Selbstwertgefühl (vgl. ebd.,1996, S. 30). Für einige Menschen stellt der Rechtsextremismus eine Art Hilfsmittel bei der Bewältigung ihrer Probleme, bei ihrer Orientierung, sowie bei der Identitätsbildung dar. Durch die Erfahrung persönlicher Anerkennung und Aufwertung der eigenen Person, bietet der Rechtsextremismus ihnen Schutz und die Sicherung gewisser Privilegien (vgl. ebd., 2005 S. 64). Hier ist ein enger Zusammenhang zwischen der Herausbildung rechtsextremistischer Einstellungen bei Jugendlichen und diversen Teilaspekten ihrer Sozialisation zu beobachten: sämtliche Gründe für die Entwicklung rechtsextremer Tendenzen bei jungen Männern entstehen in Wechselwirkung zu deren sozialen Umfeld und können daher zugleich als entwicklungsspezifische Teilaspekte ihrer Sozialisation angesehen werden. Da soziale Arbeit lebensweltorientiert handelt und einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt, kann sie auf verschiedenen Ebenen präventiv arbeiten, indem sie an jenen Teilen andockt, die bei der Herausbildung rechter Werte und Normen ausschlaggebend sind. Bevor auf die präventiven Maßnahmen der Sozialen Arbeit näher eingegangen wird, ist eine begriffliche Definition von männlicher Sozialisation für das weitere Verständnis von Vorteil.

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Final del extracto de 13 páginas

Detalles

Título
Prävention in der Sozialen Arbeit. Rechtsextremismus und männliche Sozialisation
Universidad
Wiesbaden University of Applied Sciences
Curso
Sozialisation, Geschlecht und Identität
Calificación
1,2
Autor
Año
2019
Páginas
13
No. de catálogo
V497969
ISBN (Ebook)
9783346013934
ISBN (Libro)
9783346013941
Idioma
Alemán
Palabras clave
männliche Sozialisation, Rechtsextremismus, Prävention, rechte Gewalt
Citar trabajo
Sina Krehl (Autor), 2019, Prävention in der Sozialen Arbeit. Rechtsextremismus und männliche Sozialisation, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/497969

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