Als die weltweite Finanzkrise im Herbst 2009 schließlich auch Europa erreichte, war noch nicht abzusehen in welchem Ausmaß diese die Stabilität der Europäischen Union ins Wanken bringen würde. Die Erschütterung des Bankensystems, die vor allem die Peripherieländer der Eurozone traf, führte zu einer Reihe von Rettungsmaßnahmen, die jedoch nur eine kurzzeitige Verbesserung der Lage herbeiführten, die Situation aber auf längere Sicht erschwerten. Die bis dato wirtschaftlich starke Eurozone drohte aufgrund einer unzureichenden Krisenbekämpfung zu scheitern, da es weder klare Gesetzesregelungen zur Abwicklung notleidender Banken gab, geschweige denn ein Organ auf EU-Ebene mit der Bevollmächtigung über mögliche Hilfsmaßnahmen zu entscheiden. Eine bereits vor Einführung der gemeinsamen Euro-Währung oft diskutierte Angelegenheit kehrte somit mit aller Dringlichkeit zurück in den Fokus der politischen Debatte: die Schaffung einer einheitlich europäischen Bankenunion war schon lange überfällig und sollte nun, in der Hoffnung die weitere Ausbreitung der Krise in den Griff zu bekommen, schnellstmöglich umgesetzt werden.
Am 30. Mai 2012 sprach der damalige EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso in Brüssel erstmals von der Einführung der Europäischen Bankenunion. Seitdem spalten die Verhandlungen bezüglich ihrer Umsetzung die Eurozone. Auch wenn sich bereits etwas getan hat, beispielsweise im Zuge der Schaffung einer gemeinsamen Bankenaufsicht, trifft die Europäische Union in einigen Bereichen, wie der Frage, ob es zukünftig eine harmonisierte Einlagensicherung geben wird, auf Kritik – nicht selten gerade von deutscher Seite. Deswegen ist die Frage, ob die Schaffung der Europäischen Bankenunion eigentlich im deutschen Interesse ist, noch immer brandaktuell.
Bei der Beantwortung dieser Frage werde ich mich auf die Rational Choice Theorie stützen, welche besagt, dass (politische) Akteure Entscheidungen stets rational treffen mit dem Ziel der eigenen Nutzenmaximierung. Dieser Ansatz ist hier gerade interessant, weil eine langfristige Nutzenmaximierung nicht unbedingt im Einverständnis mit kurzzeitigen Verbesserungen stehen muss.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Theoretischer Hauptteil
- Rational Choice Theorie
- Rational Choice und Gesellschaft
- Rational Choice und Internationale Beziehungen
- Das Finanzsystem der EU bis zur Einführung der Bankenunion
- Die Europäische Bankenunion
- Rational Choice Theorie
- Analytischer Hauptteil
- Das Finanzsystem Deutschlands
- Warum es keine Alternative ist sich gegen die Bankenunion zu entscheiden
- Die vorherrschende deutsche Debatte zur Bankenunion
- Deutsche Interessen unter Berücksichtigung des Rational Choice-Ansatzes
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Ziel dieser Arbeit ist es, die Frage zu beantworten, inwiefern der Beschluss zur Einführung der Europäischen Bankenunion den deutschen Interessen entsprach. Die Arbeit fokussiert auf die Analyse der deutschen Interessen im Kontext der Bankenunion unter Berücksichtigung des Rational Choice-Ansatzes.
- Das Finanzsystem der EU und die Notwendigkeit einer Europäischen Bankenunion
- Die Rational Choice Theorie als Analyseinstrument für politische Entscheidungen
- Die deutsche Debatte zur Bankenunion und die Argumentation für und gegen die deutsche Beteiligung
- Die deutsche Interessenlage im Kontext der Bankenunion
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die Entstehung der Europäischen Bankenunion im Kontext der Finanzkrise 2009. Die Notwendigkeit einer europäischen Bankenaufsicht und die Problematik einer unzureichenden Krisenbekämpfung werden hervorgehoben. Die Forschungsfrage, ob die Bankenunion den deutschen Interessen entspricht, wird formuliert.
Der theoretische Teil stellt die Grundannahmen der Rational Choice Theorie dar, die als Analyseinstrument für die Untersuchung der deutschen Interessen eingesetzt wird. Es werden die zentralen Elemente des Rational Choice-Ansatzes beleuchtet und die Bedeutung der Nutzenmaximierung als Entscheidungsmotiv für politische Akteure hervorgehoben.
Der analytische Teil widmet sich dem Finanzsystem Deutschlands und analysiert die deutsche Debatte zur Bankenunion. Die vorherrschende Kritik an der Bankenunion wird beleuchtet und es wird die Frage nach alternativen Lösungsansätzen gestellt.
Das Fazit fasst die wichtigsten Erkenntnisse der Arbeit zusammen und beantwortet die Forschungsfrage, ob die Bankenunion im deutschen Interesse liegt.
Schlüsselwörter
Europäische Bankenunion, Rational Choice Theorie, deutsche Interessen, Finanzsystem, Nutzenmaximierung, Kosten-Nutzen-Analyse, Kritik, alternative Lösungsansätze.
- Quote paper
- Elena Mertel (Author), 2015, Inwiefern entsprach der Beschluss zur Einführung der Europäischen Bankenunion den deutschen Interessen?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/498138