Dieses Protokoll beschreibt die Entwicklung des Antikenromans auf kompakte Weise. Dabei wird die Entwicklung vom Alexanderroman über den Aeneasroman hin zu Grüningers Offizin in Straßburg deutlich.
In der Zeit des Mittelalters von 1200-1500 entstanden viele Rekonstruktionen von Romanen. Beispielsweise jene des Romans "Eneas".
Publius Vergilius Maro, ein römischer Dichter, publizierte 12 Bücher des "Aeneis". Vergil (Maro) ist einer der bedeutendsten Dichter in römischer Sprache. In seinen Büchern beschreibt Maro die Flucht von Eneas aus Troja bis nach Italien, wo dieser die Vorgängerstädte Roms gründete. „Aeneis“ erzählt somit die Ursprungssage der römischen Herrschaft. "Aeneis" stellt eine Verherrlichung der Vorgeschichte Roms dar.
Murna übersetzte Vergils Werke in Widmung an Kaiser Maximilian, denn dieser hatte als Habsburger besonderes Interesse an römischer Geschichte. Dabei stellt Murna seine Leistung als Übersetzer selbst explizit heraus. Es ist die erste wortgetreue Übersetzung, allerdings nicht die erste Deutsche. Im Jahr 1184 hat der deutsche Dichter Heinrich von Veldeke die Arbeit an seinem Eneas-Roman fertiggestellt. Dabei handelt es sich um eine neue Art der Geschichte des Eneas. Aus dem Antikenepos wird ein höfischer Roman.
Inhalt
Sitzung 30.04.2019: Einführung: Historie und Experiment
Sitzung 07.05.2019: Geistliche Geschichtsdeutung. Lambrechts „Alexanderroman“ (um 1160/70)
Sitzung 21.05.2019: „Wiedererzählen“. Heinrichs von Veldeke ‚Eneasroman‘ (1184/85)
Sitzung 28.05.2019: Die Geburt des deutschen höfischen Romans: Eneas – Dido - Lavinia
Sitzung 04.06.2019: Poetik der Kürze. Herobrts von Fritzlar ‚Liet von Toye‘
Sitzung 18.06.2019: „Wende zur Geschichte“. Rudolfs von Ems ‚Alexander‘ (ab ca. 1235/40)
Sitzung 02.07.2019: Prosafassungen des Trojastoffes im 14. und 15. Jahrhundert
Sitzung 09.07.2019: Kurzfassungen höfischer Versromane. Der illustrierte ‚Wiener Eneasroman‘ (1474)
Sitzung 16.07.2019: Antikenübersetzung um 1500. Johannes Grüningers Offizin in Straßburg
Sitzung 30.04.2019: Einführung: Historie und Experiment
In der Zeit des Mittelalters von 1200-1500 entstanden viele Rekonstruktionen von Romanen. Beispielsweise jene des Romans „Eneas“.
Publius Vergilius Maro, ein römischer Dichter, publizierte 12 Bücher des „Aeneis“. Vergil (Maro) ist einer der bedeutendsten Dichter in römischer Sprache. In seinen Büchern beschreibt Maro die Flucht von Eneas aus Troja bis nach Italien, wo dieser die Vorgängerstädte Roms gründete. „Aeneis“ erzählt somit die Ursprungssage der römischen Herrschaft. „Aeneis“ stellt eine Verherrlichung der Vorgeschichte Roms dar.
Murna übersetzte Vergils Werke in Widmung an Kaiser Maximilian, denn dieser hatte als Habsburger besonderes Interesse an römischer Geschichte. Dabei stellt Murna seine Leistung als Übersetzer selbst explizit heraus. Es ist die erste wortgetreue Übersetzung, allerdings nicht die erste Deutsche. Im Jahr 1184 hat der deutsche Dichter Heinrich von Veldeke die Arbeit an seinem Eneas-Roman fertiggestellt. Dabei handelt es sich um eine neue Art der Geschichte des Eneas. Aus dem Antikenepos wird ein höfischer Roman.
Antikenromane werden wie folgt definiert. Es handelt sich um deutschsprachige Romane, die Themen aus der Antike aufgreifen. Sie besitzen keine Normpoetik. Der Antikenroman ist ein Subtypus des höfischen Romans. Der Text wurde in Volkssprache verfasst und übertrug sich auf Inhalt und Form. Die Entstehung des höfischen Romans liegt im 12. Jahrhundert. Der Antikenroman spielt in 4 verschiedenen Weltreichen. Alexander der Große war der Begründer des hellenistischen Weltreiches. Er war ein großer Eroberer, so hat er die fabelhafte Orientwelt entdeckt. Zudem testet er wo die Grenzen des Menschen sind.
Der höfische Roman lässt sich in verschiedene geschichtliche Phasen teilen. Im 12. Jhd. handelte es sich um eine Romangattung mit antiken Stoffen, im 13. Jhd. gab es eine Entwicklung hin zu historischer Verbindlichkeit. Der Antikenroman leitet diese Rehistorisierung ein. Ende des 14. Jhd. gelang ein Übergang zur Prosa. Die Dichter im Mittelalter haben somit alte Historie neu erzählt.
Sitzung 07.05.2019: Geistliche Geschichtsdeutung. Lambrechts „Alexanderroman“ (um 1160/70)
Der Antikenroman steht für die Überlieferung der Historie. Die Autoren des Antikenromans spielen dabei mit literarischen Gattungen und probieren Antike Stoffe aus. Ab dem 12. Jhd. entwickelten sich Tendenzen von weltlichen Themen weg, hin zur Romangattung. Es kam zur Herausbildung von Residenzen und literarischen Zentren.
Alexander der Große startete 356 einen großen Persienfeldzug. Die Perser waren damals die große Territorialmacht. Ziel war die Eroberung der Westküste Persiens. Aber er begnügte sich damit nicht, und eroberte zusätzlich den gordischen Knoten. Es kam jedoch zu einer großen Niederlage bei der Schlacht bei Issos 333. Nun unternahm Alexander den Versuch, die Mittelmeerküste zu erobern. In Tyros stieß er dabei auf Widerstand. Alexander ließ daraufhin seinem Jähzorn freien Lauf. Männer wurden getötet und Frauen und Kinder versklavt. Letztendlich gelang Alexander in seinen Feldzügen bis nach Ägypten und gründete Alexandria im Jahr 313 v. Chr. Von Babylon aus startete er nun mehrere Angriffe auf Persien, bis Persien in Alexanders Hand war. Der König Persiens konnte jedoch flüchten.
Alexander der Große wird sehr oft in der internationalen Literatur erwähnt: in 35 Sprachen wurde von ihm erzählt. Dabei existiert eine historiographische Überlieferung, die auf einer Quelle fußt. Die romanhafte Überlieferung des Alexanderromans beginnt 300 v. Chr in Griechenland. Der erste Dichter, der sich in Volkssprache mit dem Alexanderroman auseinandergesetzt hat, ist Alberic de Pisancon. Er entwickelte eine Abschrift der Schrift des Curtius. Hierbei handelt es sich um das Alexanderlied. Das Alexanderlied wurde gesungen, nicht gesprochen. Die Verse sind mit Endreimen verbunden. Erstmals wurde hier weltlicher, historischer Stoff entwickelt. Das Alexanderlied beginnt mit einem Vorspruch. In diesem ist das Vanitas-Motiv enthalten. In diesem Zusammenhang bedeutet dies, alles ist eitel und vergänglich und somit wird man aktiv gegen Müßiggang und wird schriftstellerisch tätig. Der deutsche Alexanderroman hat französische Wurzeln, nämlich die von Alberic. Er wird die erste deutsche Erzählung über weltlichen Stoff. Von diesem Werk gibt es verschiedene Handschriften. Eine wurde von Lambrecht paraphrasiert. Der Stoff bleibt dabei derselbe, die literarische Ausgestaltung wird verändert.
In „Der wunderliche Alexander“ wird Alexander genau beschrieben. Es handelt sich um einen Mann mit unterschiedlichen Augen und Locken. Im Unterschied zu Alberic findet keine Idealisierung statt, sondern eher ins tierhafte Umdeutung Alexanders. Jähzorn wird sichtbar gemacht, wie bei einem Raubtier. Alexander konnte durch seine Ausbildung Griechisch und Latein. Bei Lambrecht hingegen wird die Belagerung von Tyros sehr ausführlich beschrieben. Lambrecht beschreibt Alexander mit dem Wort „übermurtigkeit“. Dies ist der Schlüsselbegriff als Kritik an Jähzorn und Übermut.
Sitzung 21.05.2019: „Wiedererzählen“. Heinrichs von Veldeke ‚Eneasroman‘ (1184/85)
Graf Lambrecht hat als erster deutscher höfische Romane geschrieben. Sein Literaturtransfer findet dabei aus dem Französischen statt, nicht aus dem Lateinischen. Er beschreibt Alexander dabei nicht nur als einen Helden, sondern auch als ambivalente Figur.
Das 12. Jahrhundert gilt als Schwellenzeit. Es findet ein Wandel zu weltlichen Stoffen statt und das Deutsche etabliert sich als eigene Literatursprache. Gleichzeitige Erzählungen in Französisch und Latein zeigen, dass der Alexanderroman ein spezifisches ideologisches Romankonzept besitzt. Die Wahrheit wird von den Dichtern des 12. Jahrhunderts selbst beansprucht und die Geschichten gelten als versichert.
Jeder Dichter hat eine klerikale Ausbildung z.B. in einer Domschule in Grammatik, Rhetorik und Latein genossen. Hierzu zählt beispielsweise auch Hartman von Aue. Die Dichter hatten somit eine hohe Ausbildung. Das Wissen im Anfängerunterricht wird in Poetiken festgehalten. Poetiken sind Handbücher des Rhetorikunterrichts.
Heinrich von Veldeke hatte den größten Einfluss auf den höfischen Roman. Er etablierte „Eneas“ als ersten höfischen Roman in deutscher Sprache. Veldeke war im niederrheinischen Raum, einer Kontaktzone zur franz. Literatur, wirksam. Sein Eneasroman geht auf einen Schulroman zurück: Troja ist erobert, die Griechen sind eingefallen und Eneas flieht aus Troja und gründet in Italien ein neues Troja. In Karthago kommt Eneas an und die Königin Dido will Eneas heiraten. Aber Eneas soll in Italien Rom gründen und Dido bringt sich um, da sie sich verlassen fühlt. Diese Geschichte geht auf „Aeneis“ (29-19 v. Chr) zurück. Dieser Schultext war die wichtigste poetische Leistung im Gebiet des poetischen Epos. Heinrich von Veldeke diente dies als Urgrundlage für sein Werk. Als Zwischenschritt wurde das Werk in einen französischen Roman verwandelt.
Veldeke war für viele Schriftsteller ein großes Vorbild. Der Eneasroman wird in der Romanform allerding nur in Hochdeutsch vertrieben. Eventuell wollte er einen hochdeutschen Roman schreiben, der weit vertrieben wird. Zudem wurde der Roman in den Dialekt zurückübersetzt. Der Epilog des Eneas erzählt die Entstehung des Romans. Heinrich von Veldeke hatte sein Werk fast fertig, gab sein Manuskript dann einer Gräfin von Kleve. Dieses Manuskript wurde jedoch geklaut, durch einen Grafen namens Heinrich. In Thüringen hat Veldeke dieses Manuskript zurückerhalten und hat im Auftrag der Thüringischen Regierung sein Werk vollendet. 1183, neun Jahre später wurde das Werk somit fertiggestellt. Die neueste Forschung jedoch, hat die Klever Hochzeit überprüft und es wird an dem Jahr gezweifelt.
Sitzung 28.05.2019: Die Geburt des deutschen höfischen Romans: Eneas – Dido - Lavinia
Der lateinischer Eneas-Epos des Vergin beginnt mit einem Prolog. Die weitere Erzählung ist nicht chronologisch, sondern beginnt media in res. Eneas befindet sich gerade auf der Reise nach Italien. Ein Seesturm überrascht die trojanische Flotte und treibt Eneas und seine Mannschaft an die Küste Lybiens. Dort werden sie von der Königin von Kathargo aufgenommen. Eneas erzählt dort seine Geschichte. Der Fall Trojas wird erst im Rückblick durch eine Figurenrede durch Eneas erzählt. Die Erzählordnung wird somit manipuliert, es ist eine künstlerische Erzählordnung.
Auch im Mittelalter gab es diese künstlerische Erzählordnung. Das Gegenstück nennt sich natürliche Ordnung. Die mittelalterlichen Eneas-Romane, der römische und der deutsche, fangen allerdings nicht media in res, sondern mit einem Rückblick an. Es wird eine natürliche Ordnung eingehalten. Die Erzählform in den Eneasromanen sind orden naturalis: A-B-C. Der Stoff galt als historisch geglaubter, wirklichkeitsgetreuer Stoff. In den Mittelalterlichen Texten wird somit in chronologischer Reihenfolge geschrieben.
Eine der wichtigsten antiken Episoden ist die Begegnung von Eneas und der Königin von Karthago. Der Geschehensbericht wird in der deutschen Fassung in einem Gespräch mit der Königin vollzogen. Die Innenweltdarstellung der Personen wird hiermit in dieser Zeit des 11./12. Jahrhunderts das erste Mal dargestellt. In dieser Zeit war es üblich, sich mit antiken Klassikern zu beschäftigen. Zudem entstanden die höfischen Romane. Der innere Monolog entstand auch nach dem Vorbild der lateinischen Literatur, wie bei Ovid.
In der Situation, als Dido verlassen wird, versucht diese Eneas umzustimmen, droht ihm und setzt ihm einen Fluch aus. Dann setzt sie ihrem Leben ein Ende. Der Fluch ist der Krieg zwischen Karthago und dem römischen Reich. Dies ist die erste römische Tragödie. Auch die Heroidenbriefe von Ovid beinhalten Briefe von Dido. Hier wandelt sich die Dido in eine weichere, unpolitischere Seite. Hier versucht sie Eneas kokettierend umzustimmen. Im Eneasroman hingegen, wurde sie regelrecht krank vor Liebe, nachdem er gegangen ist. Man nannte dies Minnekrankheit. Veldeke folgt hier auch Anregungen aus Ovids Version.
Sitzung 04.06.2019: Poetik der Kürze. Herobrts von Fritzlar ‚Liet von Toye‘
Die französische Version des Eneasroman enthält eine weitere Liebesgeschichte, nämlich jene zwischen Eneas und einer Königstochter namens Lavinia. Diese wird sich in einem langen Minnemonolog ihrer Liebe bewusst. Auch Eneas zeigt erstmals die Symptome der Liebe. Die Liebe zwischen Lavinia und Eneas wird erwidert. Dahingegen wird die Liebe der Dido in der ersten Episode von Vergil des Eneas nicht erwidert.
Die Mittelalterliche Gegenwart hat sich stark mit Troja befasst. Troja wirkte als Fixpunkt. Die Flüchtlinge des Trojakrieges haben in Europa viele Städte gegründet, beispielsweise Padua. So entstanden Städtegründersagen. Oft hat man die eigene Familie bis in die Zeit nach Troja zurückverfolgt und adelt sich somit als Herrscherhaus selbst. Die Tendenz war darüber hinaus bei Städten beobachtbar. Viele Städte behaupteten sie wären trojanische Gründungen.
Die Quellen der Trojaerzählung im Mittelalter waren zwei fiktive Augenzeugenberichte von angeblichen Kriegsteilnehmern des Trojakrieges. Wichtigstes Kennzeichen dieser Berichte war der pseudohistoriographische Anspruch, mit einer extremen sachlich-nüchternen Art der Darstellung. Dabei wird Eneas völlig umbewertet. In der trojanischen Tradition ist er nicht der Eros, sondern ein feiger Verräter, der aus Troja flüchtet. Der erfolgreichste Augenzeugenbericht war jener von Benoit de Sainte-Maure. Er behauptete, die wahre Geschichte von Troja soll an den weltlichen Leser vermittelt werden, und dies nicht in lateinischer Sprache. Um 1190 war der Roman von Benoit die Vorlage des ersten deutschen Trojaromans, der von Herbort von Fritzlar geschrieben wurde. Dieser hat im mitteldeutschen Sprachraum gewirkt. Der Landgraf Hermann von Thüringen war sehr literaturinteressiert. Er stand mit von Veldeke, mit dem Ovidübersetzer, von Vogelweide, sowie auch von Fritzlar in Verbindung. An diesem Thüringischen Hof entstand das Projekt der deutschen Trojaromanentwicklung mit der Fortführung im Eneasstoff. So war Thüringen ein Literaturzentrum in dieser Zeit.
In einer 1933 entwickelten Handschrift werden der Trojaroman und der Eneasroman miteinander verbunden. Diese Handschrift ist in Würzburg erschienen und wurde von Herbort geschrieben. Im Prolog wird erläutert, dass der Dichter mit seiner Kreativität so umgehen kann, wie er möchte. Herbort nennt sich selbt einen Meister seiner Kunst, während schon viele ungelehrte über Troja erzählt hätten. Der Prolog enthält eine Entwicklungsgeschichte des Trojaromans. Dies ist die Beschreiung des Überganges von einem Weltreich in ein anderes und wird Translatio genannt. Mit den Weltreichen sind die Gelehrten der Franzosen und Römer gemeint. Dabei geht es nicht nur um Sprachtransfer, sondern auch um eine jeweilige geschichtliche Wahrheit die subjektiv erkannt wird. Benoit braucht in seinem Roman 30000 Verse, Herborts Zusammenführung aber nur 18500. Es fand also eine Reduktion statt. Herbort wird von manchen Kritikern als sprachlich ungelenken Dichter beschrieben, der keinen Bezug zur Trojazeit hat und künstlerisch ungelenk ist. Es wird nicht auf bombastische Rhetorik gesetzt, sondern auf Kürzung.
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- Quote paper
- Chris K. (Author), 2019, Der Antikenroman des deutschen Mittelalters im 12. bis zum 15. Jahrhundert, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/498979
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