Mein Berufsschullehrer war der Meinung, ich würd’ den Beruf nicht schaffen und auch nicht die Prüfung. Wozu aber gehe ich zur Schule? (…) Jedes Mal nach dem Unterricht, hat er alle rausgehen lassen, nur mit mir wollte er noch mal reden: ‚Das schaffen sie nicht, gucken sie mal ihre Arbeiten an, lauter Fünfen.’ (…) Er wollte, dass ich mir eine Arbeitsstelle suche und die Lehre nicht zu Ende mache. Er hat das schon mal mit einem Schüler gemacht, das war auch ein Türke. (…) Ich hab einen deutschen Kollegen gehabt, Detlef, der kein Wort Englisch konnte. Manchmal ist er gar nicht zum Unterricht gekom-en. Dem hat er das nicht gesagt, aber mir.
(Jugendlicher in: Tietze (2004: 127))
Die Bundesrepublik Deutschland ist seit ihrem Bestehen durch unterschiedlichste Formen der Migration gekennzeichnet: Die Flucht und Vertreibung der Nachkriegszeit, die Anwerbung von Arbeitsmigranten zwischen 1955 und 1973, Familienzusammenführungen von Arbeitsmigranten, die deutsch-deutsche Wanderung vor dem Bau und nach dem Fall der Berliner Mauer und der Zuzug von Aussiedlern und Asylbewerbern, bilden die wesentlichen Zuwanderungsbewegungen Deutschlands.
Es lebten 2001 7,3 Millionen Menschen nicht-deutscher Staatsbürgerschaft in Deutschland. Dies entspricht 8,9 % der Gesamtbevölkerung. Die gesamte Gruppe der Migranten ist bei weitem eine noch viel größere, da unter diesem Begriff auch bereits eingebürgerte Zuwanderer der verschiedenen Einwanderergenerationen, Flüchtlinge, Asylbewerber und Spätaussiedler verstanden werden. Die Zahl an Menschen mit Migrationshintergrund wird derzeit auf 14 Millionen geschätzt. „Jede fünfte Eheschließung ist heute binational, jedes vierte Neugeborene hat mindestens einen ausländischen Elternteil, jeder dritte Jugendliche in Westdeutschland hat einen Migrationshintergrund.“
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Chancenungleichheiten im deutschen Bildungssystem
- 2.1 Benachteiligungen von Migrantenkindern im deutschen Bildungssystem
- 2.1.1 Bildungsabschlüsse im Vergleich
- 2.1.2 Überrepräsentation von Migrantenkindern an der Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen
- 2.1.3 Folgen für die weitere Bildungs- und Berufskarriere
- 2.2 Nationalitäten im Vergleich
- 2.3 Resümee
- 2.1 Benachteiligungen von Migrantenkindern im deutschen Bildungssystem
- 3. Erklärungsversuche
- 3.1 Sozio-ökonomische Faktoren
- 3.1.1 Regionale Verteilung
- 3.1.2 Erwerbssituation und finanzielle Lage
- 3.1.3 Wohnverhältnisse und Familiengröße
- 3.1.4 Benachteiligungen durch sozio-ökonomische Faktoren
- 3.2 Sozio-kulturelle Faktoren
- 3.2.1 Zum Kulturbegriff
- 3.2.2 Kulturelle Transformationen
- 3.2.3 Sprachliche Voraussetzungen
- 3.2.4 Religion
- 3.2.5 Benachteiligung durch sozio-kulturelle Faktoren
- 3.2.5.1 Schule und Zweisprachigkeit
- 3.2.5.2 Schule und Religion
- 3.2.5.3 Kulturelle Heterogenität im Schulsystem
- 3.3 Schulorganisatorische Faktoren
- 3.3.1 Institutionelle Diskriminierung
- 3.3.2 Vorschulische Erziehung
- 3.4 Rechtliche Faktoren
- 3.5 Resümee
- 3.1 Sozio-ökonomische Faktoren
- 4. Migranten türkischer Herkunft in der deutschen Gesellschaft
- 4.1 Migrationsgeschichtlicher Hintergrund
- 4.1.1 von Gastarbeitern über Ausländer zu Zuwanderern
- 4.1.2 Resümee
- 4.2 Stellung der 2. und 3. Generation türkischer Migranten in der deutschen Gesellschaft
- 4.2.1 Psychosoziale Situation und soziale Identität
- 4.2.2 Arbeiterstatus als Stigma
- 4.2.3 Berufliche Stellung
- 4.2.4 Wohnverhältnisse und Familiengröße
- 4.2.5 kulturelle Bindungen
- 4.2.6 Religion
- 4.2.7 Sprachgebrauch
- 4.2.8 Resümee
- 4.1 Migrationsgeschichtlicher Hintergrund
- 5. Migranten türkischer Herkunft im deutschen Schulsystem
- 5.1 Bildungserfolg von Migrantenkindern türkischer Herkunft
- 5.2 Einfluss bestimmter Sozialisationsbedingungen auf den Schulerfolg
- 5.2.1 Migrationsgeschichtlicher Hintergrund
- 5.2.2 Auswirkungen des Sprachgebrauchs auf den Schulerfolg
- 5.2.3 Bildungsniveau und berufliche Stellung
- 5.2.4 Auswirkungen der Wohnverhältnisse und Familiengröße auf den Schulerfolg
- 5.2.5 Traditionelle Erziehungsziele und Religion
- 5.3 Resümee
- 6. Perspektiven und Chancen für ein gerechtes deutsches Schulsystem
- 6.1 Umgang mit dem Fremden
- 6.2 Ressourcen des deutschen Bildungssystems
- 6.3 Defizite und mögliche Veränderungen
- 6.3.1 Förderung der Sprachkenntnisse
- 6.3.2 Religion als Brücke nutzen
- 6.3.3 Qualifikation des Personals
- 6.3.4 Alternativen zum mehrgliedrigen System - (un)möglich?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit den Schwierigkeiten im Bereich des schulischen Lernens bei Schülern nicht-deutscher Herkunft. Der Fokus liegt dabei auf der Analyse sozio-kultureller Faktoren, die Einfluss auf den Bildungserfolg von Migrantenkindern nehmen.
- Chancenungleichheiten im deutschen Bildungssystem
- Benachteiligungen von Migrantenkindern
- Erklärungsversuche für die Bildungsdefizite von Migrantenkindern
- Sozio-ökonomische und sozio-kulturelle Faktoren
- Integration und Inklusion von Migrantenkindern im deutschen Schulsystem
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die den Ausgangspunkt und die Relevanz der Thematik beleuchtet. Im zweiten Kapitel werden Chancenungleichheiten im deutschen Bildungssystem untersucht und die Benachteiligung von Migrantenkindern anhand von Bildungsabschlüssen und Überrepräsentation in der Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen dargestellt. Anschließend werden im dritten Kapitel Erklärungsversuche für diese Benachteiligungen unternommen, wobei sozio-ökonomische und sozio-kulturelle Faktoren im Vordergrund stehen. Das vierte Kapitel widmet sich der spezifischen Situation von Migranten türkischer Herkunft in der deutschen Gesellschaft, mit Fokus auf ihre Migrationsgeschichte, psychosoziale Situation, soziale Identität und kulturelle Bindungen. Im fünften Kapitel werden die Auswirkungen dieser Faktoren auf den Bildungserfolg von Migrantenkindern türkischer Herkunft im deutschen Schulsystem beleuchtet. Schließlich werden im sechsten Kapitel Perspektiven und Chancen für ein gerechtes deutsches Schulsystem diskutiert, wobei der Fokus auf Umgang mit dem Fremden, Ressourcen des deutschen Bildungssystems und mögliche Veränderungen liegt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Schlüsselbegriffen Bildungserfolg, Chancenungleichheit, Migranten, Sozio-kulturelle Faktoren, Integration, Inklusion, Deutsch als Fremdsprache, Religion, Kultur, Interkulturelle Kompetenz, Schule und Bildungssystem, Sprachförderung und Interkulturelle Pädagogik.
- Arbeit zitieren
- Susanne Zehnter (Autor:in), 2005, Schwierigkeiten im Bereich des schulischen Lernens bei Kindern nicht-deutscher Herkunft unter besonderer Berücksichtigung sozio-kultureller Faktoren, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49931