Die Kontaktanzeige als Textsorte. Mögliche Merkmale für eine Klassifizierung


Hausarbeit, 2019

20 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


1.Einleitung

2. Textsorte Kontaktanzeige
2.1 Textfunktion, kontextuelle und strukturelle Merkmale der Kontaktanzeige
2.2 Textelemente der Kontaktanzeige

3. Lexik der Selbstbezeichnung und Wunschpartnerbezeichnung
3.1 Selbstbezeichnung
3.2 Wunschpartnerbezeichnung

4. Lexik der Selbstdarstellung und Wunschpartnerdarstellung
4.1 Selbstdarstellung
4.2 Wunschpartnerdarstellung

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

7. Anlagen

1.Einleitung

Die Kontaktanzeige ist in ein Printmedium geschaltetes Inserat, das die Kontaktaufnahme mit einem oder mehreren bis dahin unbekannten Menschen zum Ziel hat.“1 Demnach wollen die Inserierenden mit ihrer Anzeige „gesehen“ und in Form einer Rückantwort „angesprochen“ werden.

Die ersten Kontaktanzeigen kamen Ende des 17. Jahrhundert in England und Mitte des 18. Jahrhunderts mit einer beachtlichen Anzahl in den europäischen Zeitungen zum Vorschein. In Deutschland erschien die erste Kontaktanzeige am 8. Juli 1738 in der Frankfurter „Frag- und Anzeigen- Nachrichten“. Heutzutage erscheinen in fast jeder Zeitung bzw. Zeitschrift regelmäßig Heirats-, Bekanntschaft- oder Kontaktanzeigen. Nicht nur die Anzahl der Anzeigen hat sich erhöht, auch die Intention des Inserenten hat sich geändert. Bis in die 50er Jahre war die Intention einen Ehepartner zu finden. Im Wandel der Zeit entwickelte sich die Anzeige immer mehr zur Kontaktsuche nach einem Partner für verschiedene Bedürfnisse, wie z.B Freizeitgestaltung, sexuelle Anliegen etc. Gegenwärtig lässt sich sagen, dass sich Kontaktanzeigen zu einem signifikanten Mittel und Weg entfaltet haben, einen Lebenspartner zu finden bzw. neue Kontakte zu knüpfen. Die Nachfrage an Printmedien, in denen vornehmlich Heiratsanzeigen publiziert werden ist deutlich zurückgegangen. Dennoch gibt es in Deutschland Zeitungen, in denen Anzeigeblätter einen breiten Platz einnehmen, z.B mit Rubriken wie “Glück zu zweit“, „Herzblatt“, „Bekanntschaften“, „Sie sucht Ihn“, „Er such Sie, „Sie sucht Sie”, „Er sucht Ihn“ etc. Im Allgemeinen ist die Rubrik „Kontaktanzeige“ heute ein wesentlicher Abschnitt „im lukrativen Anzeigegeschäft“2 der Tages- und Wochenzeitungen. So sollen ausschließlich im Jahr 1990 ca. 100.000 Inserentenanzeigen wöchentlich in deutschen Printmedien publiziert worden sein. 3 Jahre später stieg die Anzahl auf 450.000 Inserate monatlich. 3 Diese Ziffern betonen die gesellschaftliche Relevanz dieser Texte zur Kontaktaufnahme von Menschen. In dieser Arbeit soll die Textsorte Kontaktanzeige analysiert werden. Es wird untersucht, welche Merkmale als zentral für die Klassifizierung von Kontaktanzeigen gelten können. Um diese Merkmale benennen zu können, wird zunächst der Begriff „Textsorte“ näher bestimmt. Anschließend werden mehrere Kontaktanzeigen aus der Tageszeitung WAZ untersucht. Darauf aufbauend wird im letzten Teil der Arbeit herausgestellt, welche Merkmale idealtypisch für Kontaktanzeigen sind, bevor ein Fazit gezogen werden kann.

2. Textsorte Kontaktanzeige

2.1 Textfunktion, kontextuelle und strukturelle Merkmale der Kontaktanzeige

Für die Untersuchung einer Textsorte nennt Brinker drei Haupkriterien:

1. Textfunktion
2. Kontextuelle Kriterien
3. Strukturelle Kriterien

Nachfolgend wird das gesellschaftlich genormte Handlungsmuster der Textsorte „Kontaktanzeige“ in Anknüpfung seiner charakteristischen situativ kommunikativ- funktionalen, kontextuellen und strukturellen Merkmale genauer in Betracht genommen. Der Inserent, der die Kontaktanzeige schaltet, hat das Ziel einen Partner für etwaige Aktivitäten, eine bestimmte Form der Partnerschaft oder sogar für die Heirat zu gewinnen. Die Anzeige spricht Menschen an, die sich bisher noch nicht kennen. Somit soll eine Kommunikation zwischen zwei unbekannten Personen ausgelöst werden. Demnach wird die Kommunikationssituation zentral durch das Medium festgelegt, das zur Mitteilung von Texten verwendet wird.

Die Textfunktion fasst Brinker als Wesensmerkmal der Textuntersuchung und definiert sie wie folgt:

„Der Terminus „Textfunktion“ bezeichnet die im Text mit bestimmten, konventionell geltenden, d.h. in der Kommunikationsgemeinschaft verbindlich festgelegten Mitteln ausgedrückte Kommunikationsabsicht des Emittenten. Es handelt sich also um die Absicht des Emittenten, die der Rezipient erkennen soll […]“4

Demnach lassen sich Kontaktanzeigen zur Gruppe der Appeltexte zuordnen, da die Inserierenden mit ihrer Annonce, die sie dem Publikum einer Zeitung öffentlich bereitstellen, mehrere Leser erfreulich ansprechen wollen. Auch gibt es in der Anzeige viele informierende Ausdrücke, wie z.B. die Selbstdarstellung derjenigen, die diese Kontaktanzeigen verfassen und die damit verbundenen Partnerinnen bzw. Partnerdarstellungen. Die Informationsfunktion hat jedoch keinen übergeordneten Stellenwert, sondern dient zur Verstärkung der Appellfunktion. „Der Informationsgehalt steht also im Dienst des Appells“.5 Demzufolge haben diese Informationen der Inserierenden eine werbende, unterstützende und auswählende Absicht auf den Rezipienten mit dem Ziel einer schriftlichen Rückantwort. Eine Kontaktanzeige vermittelt also Information weiter und appelliert gleichzeitig an den Rezipienten mit dem Ziel einer schriftlichen Rückantwort. 6 Deswegen kann es zu den Appelltexten gezählt werden, die eine von fünf Text-Klassen darstellen, die von Brinker unterschieden werden. Er unterscheidet die fünf Text-Klassen: Informationstexte, Appelltexte, Obligationstexte, Kontakttexte und Deklarationstexte voneinander.7 Für Kontaktanzeigen sind zwei Grundfuktionen charakteristisch. Zum einen die Kontaktfunktion, indem der Emittent „dem Adressaten zu verstehen gibt, dass es ihm um die personale Beziehung zum Adressaten geht“8 Zum anderen die Appellfunktion, die ausschlaggebend für eine gelingende Kommunikation ist.

„Der Emittent gibt dem Adressaten zu verstehen, dass er ihn dazu bewegen will, eine bestimmte Einstellung einer Sache gegenüber einzunehmen (Meinungsbeeinflussung) und/ oder eine bestimmte Handlung zu vollziehen (Verhaltensbeeinflussung).“9

Die Kontaktanzeige muss den bislang noch unbekannten Leser so überzeugen, dass dieser sich zum Handeln aufgefordert fühlt und geneigt ist, die Kontaktfunktion der Anzeige zu erfüllen. So zeigt die Kontaktanzeige, dass ein Text mehrere kommunikative Funktionen aufweisen kann, da diese Textsorte sowohl einen informativen als auch appellativen Zweck erfüllt.

Die Struktur der Textsorte Kontaktanzeige wird vom Kontext und der Situation beeinflusst. Brinker unterteilt die kontextuellen Kriterien in zwei weitere Gruppen und verwendet für sie die Begriffe „Kommunikationsform“ und „Handlungsbereich“. In erster Linie unterscheidet Brinker in fünf Medien, die die Kommunikationsform bestimmen. Diese sind die Face-to-face-Kommunikation, Telefon, Rundfunk, Fernsehen und Schrift. Des Weiteren wird das Verhältnis zwischen den Kommunikationspartnern ermittelt und zwischen privatem, offiziellem und öffentlichem Handlungsbereich differenziert.10 „Die intimen und privaten Bereiche, Liebe und Partnerschaft werden einem großen Publikum gegenüber öffentlich gemacht.“11 Folglich findet die Kommunikation in einer Kontaktanzeige in einem öffentlichen Raum mittels des anonymen Mediums „Zeitung“ statt, um später die direkte Kommunikation (face-to- face-Kommunikation) herzustellen.12 Die Kommunikation vollzieht sich wie bereits erwähnt mittels eines Massenmediums, die Kommunikationsrichtung ist monologisch, die Kommunikationspartner sind zeitlich und räumlich getrennt, die Sprache ist eine geschriebene.13

Unter dem strukturellen Aspekt ist der stark einheitlich festgelegte inhaltliche Aufbau dargestellt. Aus diesem Grund sind Kontaktanzeigen in Zeitungen selten wechselhaft und wandelbar. Des Weiteren zeichnen sie sich durch ihre Kürze aus. Sie beschränken sich auf drei bis fünfzehn Zeilen. Diese Einschränkung ist mit den finanziellen Rahmenbedingungen einer Kontaktanzeige zu erklären. Je mehr Text, desto höher sind die Kosten, die der Inserent für seine Anzeige zahlen muss. So werden die Inserenten zur Kürze gezwungen.14 Stolt unterteilt die inhaltliche Struktur der Kontaktanzeige in drei Hauptteile, die eine Annonce beinhalten muss, um eine gelungene Kommunikation zu ermöglichen. Diese sind die Selbstbezeichnung und Selbstdarstellung, die Partnerinnen bzw. Partnerbezeichnung, sowie die Bezeichnung und Beschreibung des Wunschpartners.15

2.2 Textelemente der Kontaktanzeige

Eine Kontaktanzeige gibt Informationen über den Absender.16 Informationen über den Adressaten, wen er speziell erreichen will, werden aus den Angaben des Inserenten abgeleitet. Dennoch ist nicht zu erkennen, wer aus der Anzeige tatsächlich kontaktiert wird. Ferner ist nicht zu sagen, ob ein Erfolg der Kontaktanzeige eintrat und ob jemand mit einer Rückmeldung reagiert hat. Zusammengefasst besteht die Kontaktanzeige auf der inhaltlich strukturellen Ebene aus den Informationen des Inserierenden Subjekts, indem es eine Selbstdarstellung liefert und den Informationen der Wünsche der angesprochenen Rezipienten, die mit Beziehungsvorstellungen einhergehen.

Nach Riemann lassen sich die Strukturmerkmale einer Kontaktanzeige in direkte und indirekte Beschreibung sowie formale Aspekte gliedern. Die direkte Beschreibung beinhaltet das Selbstbild des Inserenten, das Partnerbild und den Beziehungswunsch. Zu der indirekten Beschreibung gehört der Wunsch nach einer bestimmten Form der Zuschrift, wie z.B. die Rückantwort nur mit einem Foto, die Telefonnummer anzugeben oder wie Äußerungen „Bitte nur erstgemeinte Zuschriften mit Bild“ und ähnliche Formulierungen betonen die Dringlichkeit des Kennenlernwunsches, jedoch auch das Misstrauen der Partnersuche dieser Art und Weise. Der ausdrückliche Bezug auf Feiertage hängt im Zusammenhang mit der Publikation der Kontaktanzeigen wie z.B. „Weihnachten schon zu zweit?“, „kuschelige Weihnachten und Start 2019?“ etc. verdeutlichen ebenfalls die Dringlichkeit der Inserierenden. Auch die Anredeform (Duzen, Siezen oder indirekte Anrede) ist zu den inhaltlichen und formalen Aspekten zuzuordnen. Die Form der Anrede gibt Auskunft darüber, welchen Intimitätsgrad der Inserent bereits beim ersten Kontakt bewirken will. Riemann beschreibt, dass die Selbst- und Wunschpartnerbeschreibungen nicht nur der Information dienen, sondern auch der Selektion. Das bedeutet, dass nur bestimmte Rezipienten mit dieser Anzeige angesprochen werden sollen. Dazu bezieht sie sich auf Casanova:

„Je genauere Angaben zu den einzelnen Bereichen gemacht werden, desto kleiner wird das Zielpublikum. Das heißt mit anderen Worten, daß die Quantität der angesprochenen Personen mit zunehmendem Informationsgehalt abnimmt, während- tendenziell mindestens- ihre Qualität wächst, weil nur noch Personen auf ein Informationsreiches Inserat reagieren, die sich trotz der damit verbundenen Einschränkungen angesprochen fühlen“ (Casanova 1968 zit. nach Riemann, Viola 1999:51)

[...]


1 Riemann, (1999:38)

2 Gottburgsen, (2009:263)

3 Vgl. Riemann,(1999:43)

4 Brinker, (1997:131)

5 Gottburgsen, (2009:266)

6 Vgl. Ebd. S.266

7 Vgl.Brinker,(1997:133)

8 Vgl. Ebd, S. 108

9 Ebd. S. 108

10 Vgl.Ebd. S.134-136

11 Gottburgsen, (2009:265)

12 Vgl. Riemann, Viola (1999:64)

13 Vgl. Gottburgsen,(2009:264)

14 Vgl. Riemann,(1999:46)

15 Vgl. Stolt,(1976:28)

16 Vgl. Riemann, (1999:49)

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Die Kontaktanzeige als Textsorte. Mögliche Merkmale für eine Klassifizierung
Hochschule
Universität Duisburg-Essen
Note
2,3
Autor
Jahr
2019
Seiten
20
Katalognummer
V499601
ISBN (eBook)
9783346028372
ISBN (Buch)
9783346028389
Sprache
Deutsch
Schlagworte
kontaktanzeige, textsorte, merkmale, klassifizierung
Arbeit zitieren
Esra Deveci (Autor:in), 2019, Die Kontaktanzeige als Textsorte. Mögliche Merkmale für eine Klassifizierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/499601

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