Input- und output-orientierte Legitimation in der Europäischen Union


Hausarbeit, 2005

16 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Theoriekapitel
2.1 Input- und Output-Legitimität
2.2 International governance

3 Input-Legitimität: Demokratische Legitimation in der EU
3.1 Formale Legitimation
3.2 Kritik an der formalen Legitimation
3.3 Soziales Demokratiedefizit
3.4 Mögliche Konsequenzen
3.5 Kein Demokratiedefizit?

4 Output-orientierte Legitimität

5 Bewertung der EU als internationale Organisation

6 Abschliessende Bemerkungen

7 Anhang: Verwendete Literatur:

1 Einleitung

„Das Problem des Demokratiedefizits kann sinnvollerweise nicht abgekoppelt vom Problem der Funktionserfüllung beziehungsweise der Steuerungs fähigkeit diskutiert werden“

Michael Zürn[1]

Die abgelehnten Referenden über den EU-Verfassungsentwurf in den Niederlanden und in Frankreich haben sie wieder einer breiteren Öffentlichkeit ins Bewusstsein gerufen: Die Fragen, was „Europa“ zu leisten im Stande ist und wieviel Demokratie eine wirksam handelnde EU eigentlich verträgt. Der Zusammenhang dieser Fragen ist das Spannungsverhältnis zwischen input- und output- orientierter Legitimität der Europäischen Union, mit dem sich diese Arbeit beschäftigen will.

Dabei soll ausgehend von einer theoretischen Klärung der Begriffe input- und output-Legitimität untersucht werden, inwiefern sich die Europäische Union legitimiert.

Ein Schwerpunkt wird auf die input-Legitimität gelegt, wobei sich zeigen wird, dass die beiden Formen ohnehin nicht streng voneinander trennbar sind. Die formale und soziale Legitimation soll erklärt und Vorschläge zur Beseitigung von Legitimitätsdefiziten gemacht werden.

2 Theoriekapitel

2.1 Input- und Output-Legitimität

In der Geschichte der normativen Politiktheorie lassen sich zwei Perspektiven unterscheiden, von denen aus Demokratie betrachtet und bewertet werden kann: Input- und Output- orientierte Legitimitätsargumente[2]. Während die input-orientierte Sichtweise die „Herrschaft durch das Volk“ betont und politische Entscheidungen demzufolge dann legitim sind, wenn sie den Willen des Volkes widerspiegeln, stellt die output-orientierte Perspektive den Aspekt der „Herrschaft für das Volk“ in den Vordergrund[3]. Dieser Perspektive nach leitet sich die Legitimation eines politischen Prozesses davon ab, ob er das allgemeine Wohl im jeweiligen Allgemeinwesen auf wirksame Weise fördert.[4]

Input-orientierte Argumente basieren häufig gleichzeitig auf den Formeln von „Partizipation“ und „Konsens“. Das ist plausibel, meint Fritz Scharpf, wenn der empirische Schwerpunkt bei lokalen Problemen liegt, bei denen die von einer Entscheidung betroffenen Personen zu einer Beratung zusammen kommen können, „die Überzeugungskraft der Partizipations-Formel schwindet jedoch in dem Maße, wie sich die Distanz zwischen direkt betroffenen Personen und ihren Vertretern vergrößert; und die Konsens-Formel versagt, wenn Lösungen zum Nuten aller nicht möglich sind und demzufolge Mehrheitsentscheidungen getroffen werden müssen“.[5] Deshalb kann die Rechtfertigung der Mehrheitsherrschaft als zentrale Problematik input-orientierter Theorien demokratischer Legitimation angesehen werden.

Während die input-orientierte Perspektive die demokratische Legitimität von Politik untersucht, leitet die „Herrschaft für das Volk“ Legitimität von der Fähigkeit zur Lösung von Problemen ab, die kollektiver Entscheidungen bedürfen, weil sie weder durch freiwilliges gemeinsames Handeln innerhalb der Zivilgesellschaft, noch durch individuelles Handeln oder den Markt geregelt werden können[6]. Weil praktisch anders nicht denkbar, setzt deshalb auch output-orientierte Legitimität die Existenz einer politischen Einheit voraus, die Anforderungen hierfür sind aber geringer als bei einer input-Orientierung.[7] Nötig sind lediglich kollektive Interessen in einem Maß, das institutionelle Arrangements für kollektives Handeln zu rechtfertigen in der Lage ist. Eine Output-Legitimität ist also, wie noch zu zeigen sein wird, nicht von einer starken kollektiven Identität abhängig.

Zwischen den beiden Polen der input- und output-Orientierung besteht ein „klassisches Dilemma“[8], die Ergebnisse der Referenden über den EU-Beitritt haben es gezeigt: Eine größere output-Orientierung bringt ein Mangel an Demokratie mit sich. Dieses Dilemma, so Robert Dahl, besteht immer dann, wenn Gesellschaften und Ökonomien versuchen, äußere Einflüsse unter Kontrolle zu bekommen.[9]

2.2 International governance

Unter „traditionellem“ international governance versteht man die Summe von internationalen Regimen ohne erkennbaren räumlichen Fokus[10]. Desweiteren sind internationale Regime als „passive“ Institutionen organisiert, die von den Nationalstaaten, die letztendlich unabhängig agieren, geschaffen werden, Demgegenüber steht das europäische Mehrebenensystem mit seiner Verschmelzung von politischen Institutionen verschiedener Ebenen.[11]

3 Input-Legitimität: Demokratische Legitimation in der EU

Der Frage, ob die Europäische Union und ihre Institutionen ausreichend demokratisch legitimiert sind, kann auf verschiedene Weise nachgegangen werden. Hier soll zunächst überprüft werden, inwiefern die EU formal demokratisch legitimiert ist, um anschließend der Frage der „sozialen Legitimität“ nachzugehen.

3.1 Formale Legitimation

Die einzige direkt vom Bürger legitimierte Institution der Europäischen Union ist das Europaparlament (EP). Das stärkste Kontrollrecht hat das Parlament gegenüber der Kommission. Ihm steht das Instrument des Mißtrauensvotums zur Verfügung, mit dem es die Kommission zum Rücktritt zwingen kann. Auch kann die Kommission erst dann eingesetzt werden, wenn das Parlament zugestimmt hat. Gegenüber dem Europäischen Rat hat das Parlament hingegen keine effektiven Kontrollrechte. Das EP verfügt auch über kein formelles Gesetzinitiativrecht. In unterschiedlichen Politikfeldern ist es ungleich stark eingebunden. Die aufgezeigten Möglichkeiten des EP liegen damit weit hinter denen der nationalen Parlamente zurück.

Die Kommission als „EU-Regierung“ ist über die nationalen Regierungen indirekt legitimiert, ebenso der Europäische Rat und die verschiedenen Ministerräte, in denen die Regierungschefs beziehungsweise die für ein bestimmtes Ressort zuständigen Minister aller Mitgliedsstaaten sitzen.

3.2 Kritik an der formalen Legitimation

Die Wahlen zum europäischen Parlament finden in den verschiedenen Staaten nicht nach dem gleichen Verfahren statt, sondern zumeist nach dem im jeweiligen Staat auch bei nationalen Wahlen üblichen System. Das führt dazu, dass die Stimme des einzelnen Bürgers zum Beispiel für eine kleine Partei im einen Land mehr wert ist als im anderen.

Das gewichtigere Problem stellt die Anzahl der Sitze im Parlament, die den einzelnen Staaten zustehen, dar. Während Deutschland 99 Sitze zustehen[12], sitzen auch 25 griechische Parlamentarier im EP. Diese Sitzverteilung führt zu dem Problem, dass die Stimme eines Bürgers in einem kleinen Staat „mehr wert“ ist als die eines Wählers in den großen Nationen. So vertritt ein Abgeordneter aus Deutschland ca. 800 000 Bürger, ein Grieche 420 000 und ein Parlamentarier aus dem Kleinstaat Luxemburg vertritt 70 000 Bürger[13], von einem „one man, one vote“-System kann demnach keine Rede sein.

[...]


[1] Zürn – „Über den Staat und die Demokratie im europäischen Mehrebenensystem“, S. 36.

[2] Scharpf – Regieren in Europa, S. 16

[3] Ebd., S.16

[4] Michael Zürn definiert in seinem Aufsatz „Über den Staat und die Demokratie im europäischen Mehrebenensystem“: „output-legitimacy (Acceptance created by system effectiveness, input legitimacy (acceptance created by democratic procedures“), S. 184.

[5] Scharpf, S. 17

[6] Vgl. ausführlich ebd., S. 20

[7] Ebd., S. 20

[8] Dahl – „A Democratic Dilemma: System Effectiveness versus Citizen Partnership“, S. 23f.

[9] Ebd., S. 24

[10] Zürn – Mehrebenensystem, S. 37

[11] Ebd., S. 37

[12] Alle Zahlen beziehen sich auf die Legislaturperiode von 1999 bis 2004.

[13] Werte berechnet nach Fritler/ Unser: Die Europäische Union, 2001, S. 43.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Input- und output-orientierte Legitimation in der Europäischen Union
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Geschwister-Scholl-Institut)
Veranstaltung
IB-Übung: Probleme internationalen Regierens
Note
2,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
16
Katalognummer
V50053
ISBN (eBook)
9783638463577
Dateigröße
566 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diese Hausarbeit beschäftigt sich mit der Frage von input- und output-Legitimation in der EU. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der input-Legitimation oder anders ausgedrückt auf der Frage, ob ein Demokratiedefizit in der Europäischen Union existiert. Angelehnt an Fritz Scharpf kommt die Arbeit zu dem Ergebnis, dass ein solches existiert, aufgrund der nicht ausreichend fortgeschrittenen "Wir-Identität"der Europäer aber auch existieren muss, wenn eine "output-Legitimation gewährleistet sein soll.
Schlagworte
Input-, Legitimation, Europäischen, Union, IB-Übung, Probleme, Regierens
Arbeit zitieren
Felix Müller (Autor:in), 2005, Input- und output-orientierte Legitimation in der Europäischen Union, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50053

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Input- und output-orientierte Legitimation in der Europäischen Union



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden