Die Grundfreiheiten im europäischen Binnenmarkt der EU und der potentielle Austritt Großbritanniens (Brexit)


Bachelorarbeit, 2019

79 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Abkürzungsverzeichnis

II. Abbildungsverzeichnis

III. Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung der Arbeit
1.3 Aufbau der Arbeit
1.4 Hypothese der Abeit

2 Grundlagen
2.1 Die Entwicklung von der Europäischen Gemeinschaft zur Europäischen Union
2.2 Europäische Union: Die EU im Überblick
2.2.1 Werte, Ziele und Grundfreiheiten
2.2.2 Organe und Verträge
2.3 Der Europäische Binnenmarkt
2.3.1 „Begriff Binnenmarkt“
2.3.2 Geschichtlicher Hintergrund
2.3.3 Der Europäische Wirtschaftsraum
2.4 Die Bedeutung des EU-Binnenmarktes
2.5 Die vier Grundfreiheiten des Europäischen Binnenmarktes
2.5.1 Freier Personenverkehr
2.5.2 Freier Warenverkehr
2.5.3 Freier Dienstleistungsverkehr
2.5.4 Freier Kapitalverkehr
2.6 Das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland
2.7 Das Vereinigte Königreich und die Europäische Union

3 Der Brexit
3.1 Das Brexit Refrendum
3.1.1 Brexit Referendum: Das Wahlergebnis
3.1.2 Das Wahlergebnis: Gründe für die Abstimmung
3.2 Die Gründe für einen Austritt aus der EU
3.3 Austritt aus der EU gemäß Artikel 50, Lissabon Vertrag
3.3.1 Ablauf
3.3.2 Artikel 50 Lissabon Vertrag
3.3.3 Chronik der Verhandlungen

4 Brexit seine Folgen und Auswirkungen im Hinblick auf die Grundfreiheiten
4.1 Brexit und seine Folgen auf das Vereinigte Königreich
4.1.1 Wirtschaftliche Auswirkungen
4.1.2 Auswirkungen auf britische Unternehmen
4.1.3 Migranten
4.1.4 Schottland
4.1.5 Nordirland
4.2 Folgen für Deutschland
4.3 Folgen für die Europäische Union am Beispiel der Grundfreiheiten
4.3.1 Folgen beim freien Personenverkehr
4.3.2 Folgen beim freien Warenverkehr
4.3.3 Folgen beim freien Dienstleistungsverkehr
4.3.4 Folgen beim freien Kapitalverkehr

5 Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

I. Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

II. Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Organe der Europäischen Union

Abbildung 2 Die vier Grundfreiheiten des Europäischen Binnenmarktes

Abbildung 3 Wahlergebnisse des Brexit Referendums am 23. Juni 2016

Abbildung 4 Wahlergebnisse nach den einzelnen Ländern

Abbildung 5 Mögliche Szenarien des Brexit Ablaufes

III. Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Europäische Union Überblick

Tabelle 2 Brexit Wahlergebnis nach den Altersgruppen

Tabelle 3 Brexit Wahlergebnis nach dem Faktor Bildung

Tabelle 4 Zusammenfassung der Verhandlungen

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Lange Zeit galt die Europäische Union (EU) als Aushängeschild für Frieden, Versöhnung, Demokratie und Menschenrechte. Als Anerkennung wurde der Europäischen Union (EU) im Jahr 2012 der Friedensnobelpreis verliehen.1 „Der Binnenmarkt ist eine der wichtigsten Errungenschaften der europäischen Integration und tragende Säule der EU."2 Doch seit der Finanzkrise 2007, der Eurokrise 2010, der Griechenlandkrise 2011 und zuletzt auch aufgrund der Flüchtlingskrise 2015 gilt die EU als Gegenstand vielfältiger Kritik.

Mit dem Ausgang des Brexit-Referendums 2016, steht eine weitere schwerwiegende und noch größere Hürde als bislang angenommen für die EU vor der Tür. Das Vereinigte Königreich (VK) ist nach Deutschland die zweitgrößte Wirtschaftskraft und die sechstgrößte weltweit. Mit dem Ausstieg Großbritanniens würde die EU knapp 20 % der Wirtschaftskraft verlieren. Der Brexit könnte einen Domino Effekt auslösen. Sollte es GB ohne die EU besser gehen, werden weitere unzufriedene Länder ebenfalls die Notbremse ziehen. Dies würde den Zusammenfall der EU bedeuten.3 In Brüssel läuten deshalb alle Alarmglocken. Der Brexit (EU-Austritt Großbritanniens) ist in aller Munde und beherrscht aktuell international und auch national die Schlagzeilen. Die Europäische Union befindet sich vor dem historisch größten Scheidungsfall in ihrer Geschichte. Das Vereinigte Königreich hat den Austritt aus der Europäischen Union beschlossen. Diese Entscheidung wird höchstwahrscheinlich unkalkulierbare wirtschaftliche und politische Folgen sowohl für Großbritannien als auch für die Europäische Union haben. Zum Vereinigten Königreich gehören neben England auch die Länder Schottland, Wales und Nordirland. Auch sie sind vom Brexit betroffen und sollen aus der EU austreten.

Im Februar 2016 kündigte der damalige britische Premierminister David Cameron nach seiner Wiederwahl 2015 ein Referendum (engl. Referendum on the UK's membership of the European Union) für den 23. Juni 2016 über Großbritanniens Verbleib oder Austritt aus der EU an. Die Abstimmung fand am 23. Juni 2016 statt. Das knappe Wahlergebnis wurde am nächsten Tag veröffentlicht. 51,9 % der britischen Wähler stimmten für einen Austritt Großbritanniens aus der EU ab. Die restlichen 48,1 % stimmten für einen Verbleib Großbritanniens in der EU. Das Ergebnis des Referendums hat seitdem das Land gespalten. Der überraschende Ausgang des Referendums hat zur Folge, dass Großbritannien als erster Mitgliedsstaat gem. Artikel 50 EU des Lissabon Vertrages die Europäische Union verlassen möchte. David Cameron, Befürworter einer EU-Mitgliedschaft Großbritanniens, kündigte einen Tag nach dem Ergebnis des Referendums seinen Rücktritt als Premierminister an. Die neugewählte konservative Premierministerin Theresa May übergab am 29. März 2017 dem Europäischen Rat den unterzeichneten Antrag zum Austritt Großbritanniens aus der EU. Somit wurde der Austrittsprozess gem. Artikel 50 EU eingeleitet. Die britische Regierung und der EU-Beauftragte der EU Kommission, Michael Barnier, einigten sich ursprünglich darauf, bis zum 29. März 2019, zwei Jahre nach dem Antrag auf Austritt, den Austrittsprozess in die Gänge zu leiten und alle wichtigen und letzten Details zu klären. Die Verhandlungsperiode wurde zum zweiten Mal in Folge auf den Oktober 2019 verschoben.4

Kurz vor dem historischen Referendum warnte der IWF Chefökonom Maurice Obstfeld bereits im April 2016: „Ein Brexit kann zu erheblichen regionalen und weltweiten Schäden führen, indem er traditionelle Handelsbeziehungen unterbricht und Finanzströme unterbricht".5 Jedoch könnte aber ein Brexit laut Fox für Großbritannien eine neue Chance sein: „Wir können Großbritannien zu einem Leuchtturm des offenen Handels machen".6 Der Brexit ist so wichtig und interessant, weil noch kein Mitgliedsland die EU verlassen hat.

1.2 Zielsetzung der Arbeit

Der Brexit wird große Veränderungen sowohl für Großbritannien als auch für die EU mit sich bringen. Die folgende Bachelorarbeit hat daher als Hauptziel und Schwerpunkt, mögliche Auswirkungen und Szenarioanalysen kritisch zu beleuchten, welche bei einem potenziellen EU-Austritt des Vereinigten Königreichs im Hinblick auf die Europäische Union, insbesondere dem Europäischen Binnenmarkt und seinen dazugehörigen vier Grundfreiheiten freier Personenverkehr, freier Warenverkehr, freier Kapitalverkehr, freier Dienstleistungsverkehr des Europäischen Binnenmarkt eintreten können. Der Verfasser dieser Arbeit untersucht zudem noch den allgemeinen Zustand nach einem potentiellen Austritt Großbritanniens, bei dem höchstwahrscheinlich noch andere bedeutsame und wichtige Bereiche wie z.B. die britische Wirtschaft, die Irlandfrage bzgl. der Grenze zwischen Irland und Nordirland und die Lage Schottlands betroffen sind. Der Brexit hat auch Auswirkungen auf die größte Volkswirtschaft der EU, Deutschland, die parallel auch der größte Handelspartner Großbritanniens bei Importen und Exporten innerhalb der EU ist. Hierzu wird es auch auf Seiten des Verfassers eine kurze Analyse geben. Für die vorliegende Arbeit werden sowohl aktuelle als auch ältere Quellen verwendet. Bezüglich des spezifischen Themas Brexit mussten hauptsächlich Internetquellen verwendet werden.

1.3 Aufbau der Arbeit

Um eine Basis für das Verständnis der Thematik zu legen, werden im ersten Teil der Arbeit, Kapitel 2, die EU, der EU-Binnenmarkt und das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland vorgestellt. Im Mittelpunkt stehen die vier Grundfreiheiten des EU- Binnenmarktes. Darauf aufbauend wird im dritten Kapitel der Brexit erläutert. Im Fokus des dritten Kapitels steht das Brexit-Referendum, das Wahlergebnis, die Gründe für den EU- Austritt sowie der Ablauf des Austrittsprozesses. Der Brexit bildet gemeinsam mit dem EU- Binnenmarkt die Grundlage dieser Arbeit. Deshalb werden in Kapitel 4 mögliche Auswirkungen bzw. Szenarien analysiert und dargestellt. Es wird erörtert, wie sich der Brexit unter Betrachtung der vier Grundfreiheiten des Binnenmarktes, auf eben diese Grundfreiheiten auswirkt. Zum Schluss dieser Arbeit folgt ein Fazit des Verfassers mit Ausblick zu den möglichen Auswirkungen des Brexits. Hier wird der Verfasser dieser Arbeit die wichtigsten Erkenntnisse darstellen.

1.4 Hypothese der Arbeit

Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich diese Arbeit mit folgender zentraler Fragestellung: Die Frage, wie die Europäische Union, insbesondere der Europäische Binnenmarkt und die vier Grundrechte freier Personen-, Waren-, Kapital- und Dienstleistungsverkehr auf den Brexit reagieren können oder sollten, ist im Rahmen dieser Bachelorarbeit von großer Bedeutung.

2 Grundlagen

Für das Verständnis der Bachelorarbeit werden in diesem Kapitel die benötigten Grundlagen zum EU-Binnenmarkt beschrieben. Einleitend wird die Europäische Union mit ihrer historischen Entwicklung und den Grundlagen betrachtet. Anschließend erfolgt eine Einführung mit wichtigen Punkten zum eigentlichen Bestandteil der Arbeit, dem EU- Binnenmarkt, sowie eine Beschreibung der vier Grundfreiheiten des Binnenmarktes. Am Ende des Kapitels wird das VK und ihre Beziehung zur EU vorgestellt.

2.1 Die Entwicklung von der Europäischen Gemeinschaft zur Europäischen Union

Die Anfänge der Europäischen Union liegen in der Mitte des 20. Jahrhunderts. Die ersten Ansätze der europäischen Integration entstanden nach dem Zweiten Weltkrieg. Nach den Ereignissen des verheerenden Zweiten Weltkrieges sprach Winston Churchills Züricher in seiner Rede vom 19. September 1946 von einer Vision des „Vereinigten Europas".7 Lange Zeit war Europa geprägt von blutigen Kriegen wie dem Ersten oder dem Zweiten Weltkrieg, die Millionen Bürgern das Leben kosteten, sowie Trümmer und Elend hinterlassen hatten. In Anlehnung an Winston Churchills Vision hatte man den Grundgedanken, dass man durch eine politische und wirtschaftliche Einigung der europäischen Länder weitere Kriege verhindert und somit auch den Nationalismus in Europa überwindet, der als Hauptgrund der Kriege galt. Die europäischen Staaten strebten von nun an eine Vereinigung an um langfristig den Frieden in Europa zu erhalten, statt sich gegenseitig zu bekriegen.8 1949 wurde der erste Schritt zu einem „Vereinigten Europa" mit der Gründung des Europarats gebildet.9 1951 erreichte man erste Fortschritte zur europäischen Integration. Auf Initiative des französischen Außenministers Robert Schuman (Schuman Plan vom 9. Mai 1950) gründeten die Vertreter der sechs europäischen Staaten Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS)- auch Montanunion genannt. Die EGKS gilt als erster Vorläufer der heutigen EU. Der französische Außenminister Schuhmann und der französische Planungskommissar Jean Monnet gelten als die Gründungsväter für die europäische Einigung. Die Idee von einer engen europäischen Zusammenarbeit stammte jedoch von Jean Monnet.

Die Aufgabe der EGKS war es, einen gemeinsamen Markt für Kohle und Stahl zu schaffen, um damit eine gemeinsame Verwaltung, Kontrolle, Planung und Verwertung dieses kriegswichtigen Industriezweigs zu ermöglichen. Kohle und Stahl waren damals wegen ihrer Bedeutung für die Rüstungsindustrie wichtige Güter. 1957 folgte mit der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) der erste entscheidende Schritt in Richtung Vereinigung. Die Europäische Union wurde 1957 unter dem damaligen Vorläufer der Europäische Gemeinschaft (EG) gegründet. Der 25. März 1957 gilt als bedeutsamer Tag in der Geschichte der heutigen EU. Mit der Unterzeichnung der Römischen Verträge in Rom durch die sechs europäischen Gründungsländer Deutschland, Frankreich, Italien, Belgien, Niederlande und Luxemburg war der Grundstein für die heutige EU gelegt.10

Die sechs Gründungsländer bildeten anfangs lediglich eine kleine Wirtschaftsgemeinschaft. Die wichtigsten Ziele des EWG-Vertrages sind die Abschaffung der Zölle (Zollunion) zwischen den Mitgliedsstaaten, die Abschaffung von Handelshemmnissen, die Ermöglichung eines gemeinsamen Außenzolls und die Errichtung eines gemeinsamen Marktes (Binnenmarkt) mit freiem Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr. Zusätzlich beinhaltet der EWG-Vertrag die Schaffung einer europäischen Atomgemeinschaft (EURATOM). EURATOM hatte die Aufgabe, die Entwicklung der Nuklearindustrie zu fördern.11 1960 gründeten die Länder Dänemark, Schweiz, Portugal, Schweden und Großbritannien die Freihandelszone EFTA. Zwischen den Ländern innerhalb der EFTA-Zone gab es keine Handelszölle. Die EWG und die Freihandelszone EFTA waren zu dieser Zeit Rivalen. Allerdings war das Konzept der Integration bei der EWG attraktiver, so dass die EFTA-Gründungsländer später nacheinander zur EWG wechselten.12

1967 wurden die drei Gemeinschaften, die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), die den zentralen Kern darstellt und die Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM), unter dem Begriff “Europäische Gemeinschaft“ (EG) zusammengefasst. Bereits zum 1. Juli 1968 folgte die Verwirklichung der angestrebten Zollunion.13 1973 wurde die EG um die Länder Großbritannien, Irland und Dänemark erweitert. Sehr kritisch war dabei der EG-Beitritt Großbritanniens, auf den in

Kapitel 3 näher eingegangen wird. Bis 2013 wurden weitere Länder zu Mitgliedsstaaten der EU. Inzwischen zählen zur EU insgesamt 28 Mitgliedsstaaten, einschließlich Großbritannien, mit 510 Millionen Bürgern.14

Die 1990er Jahre waren ein Meilenstein für die europäische Integration. Den größten Erfolg hatte die europäische Integration mit dem Vertrag von Maastricht, der am 7. Februar 1992 im niederländischen Maastricht vom Europäischen Rat unterzeichnet wurde und am 1. November 1993 in Kraft trat. Mit diesem Vertrag wurde die Europäische Union als übergeordneter Verbund für die Europäischen Gemeinschaften, gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und die Zusammenarbeit der Justiz- und Innenpolitik geschaffen.15

Zum Jahresende 1992 hatte die europäische Integration einen weiteren beachtlichen Erfolg mit der Vollendung eines gemeinsamen Marktes, dem sogenannten EU-Binnenmarkt. Wie bereits erwähnt, war die Schaffung eines gemeinsamen Marktes 1957 im EWG Vertrag angelegt. Das Ziel des Binnenmarktes ist die Verwirklichung eines gemeinsamen Marktes ohne Binnengrenzen, in dem der freie Personen-, Waren-, Kapital- und Dienstleistungsverkehr gewährleistet ist, mit dem Ziel, den Wohlstand in der EU zu fördern.16 Die Europäische Union beruht auf folgenden vier Verträgen: Vertrag zur Gründung der Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) im Jahr 1951, die Römischen Verträge von 1957 Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG-Vertrag) und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (EUROTAM), sowie dem Vertrag von Maastricht 1992, woraus die heutige EU resultierte.

2.2 Europäische Union: Die EU im Überblick

Um eine Basis für das Verständnis der Thematik zu legen und eine Einführung in das Hauptthema zu geben, werde einige wichtige Grundlagen der EU kurz beschrieben. Um den Rahmen der Arbeit nicht zu überschreiten, werden in diesem Kapitel nur die ersten Grundlagen in Erwägung gezogen. 1951 gründeten die sechs europäischen Länder Frankreich, Deutschland, Italien, Belgien, Niederlande und Luxemburg die EGKS, den ersten Vorläufer der heutigen EU. Seit ihrer Gründung haben sich im Laufe der Zeit weitere Staaten der EU angeschlossen. Heute zählen zur EU insgesamt 28 Mitgliedsstaaten, einschließlich Großbritannien. Die Mitgliedsstaaten der EU sind, abgesehen von den sechs Gründungsländern, die Länder, Bulgarien, Dänemark, Estland, Finnland, Griechenland, Irland, Kroatien, Lettland, Litauen, Malta, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ungarn, Vereinigte Königreich, Zypern. Ferner gibt es noch weitere Länder, mit der die EU entsprechende Beitrittsverhandlungen führen. Beitrittskandidaten sind die Länder Albanien, Montenegro, Nord Mazedonien, Serbien und die Türkei. Bosnien und Kosovo haben den Status des potenziellen Beitrittskandidaten, jedoch erfüllen sie laut Kopenhagener Kriterien noch nicht die Voraussetzungen und Bedingungen für eine EU-Mitgliedschaft. Das Symbol der EU ist ein Kreis aus zwölf goldenen Sternen auf blauem Hintergrund. 1999 wurde der Euro als offizielle Währung der EU eingeführt. In 19 Ländern wurde der Euro als Landeswährung eingeführt, die somit die Währungsunion bilden. Somit bilden 19 von 28 Mitgliedsstaaten die Währungsunion. In der EU werden 24 unterschiedliche Sprachen gesprochen und auch als Amtssprache verwendet. Die meistgesprochenen Sprachen sind Englisch, Französisch, Deutsch und Italienisch. Brüssel gilt als die Hauptstadt der EU. Fast alle Standorte der EU befinden sich überwiegend in Belgien und Luxemburg. Die EU erstreckt sich auf einer Fläche von 4.381.324 km2. Im Jahr 2019 leben in der EU ca. 510 Millionen Bürger. In der EU gibt es sieben verschiedene Organe. Die drei größten Organe sind das Europäische Parlament mit Sitz in Straßburg, der Europäische Rat mit Sitz in Brüssel und die Europäische Kommission ebenfalls mit Sitz in Brüssel. Alle drei Organe haben einen Präsidenten. Antonio Tajani, seit Januar 2017 Präsident des Europäischen Parlamentes, übernimmt bis zum Juli 2019 den Posten des Präsidenten. Donald Tusk ist seit Juni 2017, Präsident des Europäischen Rates und leitet dieses Amt noch bis November 2019. Der Präsident der Europäischen Kommission ist Jean-Claude Juncker. Seine Amtszeit begann im November 2014 und endet im Oktober 2019.17

2.2.1 Werte, Ziele und Grundfreiheiten

Die Werte, Ziele und Grundfreiheiten der EU sind im Vertrag der EU verankert. Die grundlegenden Werte der EU sind die Würde des Menschen, Freiheit, Gleichheit, Solidarität, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie.18 Die Werte der EU sind in Artikel 1-2 EUV im Präambel der Verfassung des Lissaboner Vertrages festgelegt: Die Werte, die die Union vertritt, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören.19

Die Ziele der EU sind in Artikel 1-3 in der Verfassung des Lissaboner Vertrages festgelegt. Das oberste Ziel der EU ist es, den Frieden zu erhalten. Weitere Ziele sind die Förderung der Werte und des Wohlergehens des Volkes, Freiheit, Solidarität, Sicherheit, Rechtsstaatlichkeit ohne Binnengrenzen, eine nachhaltige Entwicklung Europas auf der Grundlage eines ausgewogenen Wirtschaftswachstums und Preisstabilität, eine wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft bei Vollbeschäftigung, sozialer Fortschritt und Umweltschutz, Einführung des Euro, Gleichheit bzw. keine Diskriminierung der Bürger aufgrund von Herkunft, Religion, Geschlecht, usw.

Die Grundfreiheiten der EU sind in Artikel 3 des Vertrages über die Europäische Union formuliert. Die vier Grundfreiheiten der EU sind der freie Personen-, Dienstleistungs-, Waren- und Kapitalverkehr sowie die Niederlassungsfreiheit.

2.2.2 Organe und Verträge

Die EU hat sieben Organe und weitere Institutionen, welche in Artikel 13 EUV im Vertrag der EU aufgelistet sind. Zu den sieben Organen der EU gehören die Europäische Kommission, das Europäische Parlament, der Europäische Gerichtshof, der Europäische Rat, der Europäische Rat der Minister, die Europäische Zentralbank und der Europäische Rechnungshof. Die verschiedenen Organe in der EU haben unterschiedliche Aufgaben und Ziele. Zu den wichtigsten Aufgaben und Tätigkeiten der sieben Organe zählen die politische Leitung und politische Planung, Gesetzgebung, die jährliche Finanz- und Haushaltsplanung, Verwaltung, Kontrolle, Rechtsprechung, die Besetzung von Organen und die Vertretung der EU. Zusammen bilden die sieben Organe der EU den Aufbau der EU.20 Wie schon eingangs erwähnt, durchlief die heutige EU mehrere Etappen. Verträge spielen daher eine sehr wichtige Rolle beim Handeln innerhalb der EU. Sie bilden die Grundlage der europäischen Politik. „Die Europäische Union basiert auf dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit.21 Erst mit dem Vertrag von Maastricht 1992, auch Vertrag über die EU genannt, wurde die heutige EU gebildet. Seitdem wurden weitere Verträge unterzeichnet. Abb.1 stellt die einzelnen Organe der EU da.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Organe der Europäischen Union

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Landeszentrale für politische Bildung (LpB). Organe und Institutionen der EU. Quelle:

https://www.europaimunterricht.de/organe institutionen.html

Chronologisch werden die Verträge in der Tabelle 1 aufgelistet. Die Tabelle 1 fasst nochmals die wichtigsten Fakten und Zahlen der EU zusammen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: EU - Überblick: Zusammenfassung

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an die Quellen: LpB, Weidenfeld, Werner; Wessels, Wolfgang (Hrsg.): Europa von A bis Z.13., Auflage 2014. Baden - Baden. S.14, Uterwedde, Henrik: Die Europäische Gemeinschaft. 1992. Berlin 1990. S.6, Wikipedia

2.3 Der Europäische Binnenmarkt

In diesem Kapitel wird der Europäische Binnenmarkt vorgestellt. Hierbei wird zunächst die geschichtliche Entwicklung des Binnenmarktes behandelt, bevor auf die vier Grundfreiheiten des Binnenmarktes eingegangen wird.

2.3.1 „Begriff Binnenmarkt“

In der Literatur gibt es unterschiedliche Bezeichnungen zu dem Begriff Binnenmarkt. Für das Leseverständnis ist es wichtig, diese zu definieren und voneinander abzugrenzen. In Wikipedia versteht man unter dem Begriff Binnenmarkt ein „abgegrenztes Wirtschaftsgebiet, das durch den freien Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Kapital und Arbeitnehmern sowie eine angeglichene Rechtsordnung gekennzeichnet ist."22 Des Weiteren wird der Begriff “Binnenmarkt“ auch als "Raum ohne Binnengrenzen“ definiert, indem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gemäß den Bestimmungen des Vertrages gewährleistet wird.“23. Das Gabler Wirtschaftslexikon definiert den Begriff Binnenmarkt allgemein als „Bezeichnung für einen internen Markt mit freiem Waren- und Dienstleistungsverkehr, mit freiem Kapitalverkehr sowie Freizügigkeit der Arbeitnehmer und Niederlassungsfreiheit der Selbstständigen (Wirtschaftsgebiet).“24 Die vier Grundfreiheiten sind sozusagen wesentliche und grundlegende Bestandteile des Binnenmarktes. Der Begriff Binnenmarkt wird auch als „Gemeinsamer Markt“ bezeichnet. Der Europäische Gerichtshof definiert die Verwirklichung des Gemeinsamen Marktes als „die Beseitigung aller Hemmnisse im innergemeinschaftlichen Handel mit dem Ziele der Verschmelzung der nationalen Märkte zu einem einheitlichen Markt, dessen Bedingungen denjenigen eines wirklichen Binnenmarktes möglichst nahekommen.“25

2.3.2 Geschichtlicher Hintergrund

Wie bereits im Kapitel 2.1 erwähnt, liegen die Anfänge des EU-Binnenmarktes in der Mitte des 20. Jahrhunderts. Bereits 1957 war die Schaffung eines Binnenmarktes, auch unter dem Begriff „Gemeinsamer Markt" bekannt, als eines der wichtigsten Hauptziele im Römischen Vertrag angelegt. Der Grundstein für den EU-Binnenmarkt wurde mit dem EWG Vertrag vom 25. März 1957 gelegt. Im EWG Vertrag werden die vier Grundfreiheiten freier Personen-, Waren-, Kapital- und Dienstleistungsverkehr sowie die Abschaffung der Zölle (Zollunion) als Aufgaben beschrieben. Die Entwicklung des Binnenmarktes war zunehmend gekennzeichnet von vielen Problemen und Rückschlägen. Lediglich bei der Verwirklichung der Zollunion, die bereits zum 1. Juli 1968 erreicht werden konnte, hatte man Erfolg. Nach dem Erfolg der Zollunion folgte eine erfolglose Phase bei der Verwirklichung der vier Grundfreiheiten des freien Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr. Bis 1985 konnten die Ziele der Verwirklichung der Grundfreiheiten nicht erreicht werden, weil die Harmonisierungsbestrebungen aufgrund der Schaffung nationaler Standards und Rechtsnormen kaum umgesetzt werden konnten. 1985 legte die EU-Kommission dem Europäischen Rat ein Weißbuch des ehemaligen Französischen Präsidenten Jacques Delors zur Vollendung eines gemeinsamen Binnenmarktes vor. Das Ziel war schrittweise bis zum 31. Dezember 1992, Beginn des Jahres 1993 das Binnenmarktprogramm umzusetzen und die Beseitigung von Handelshemmnissen. Das Weißbuch zur Vollendung des Binnenmarktes umfasste 280 gesetzgeberische Vorschläge, zur Verwirklichung der Grundfreiheiten und zur Beseitigung von Einschränkungen, z. B durch materielle, technische und steuerliche Schranken. Den Stein ins Rollen brachte der Vertrag der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA) im Jahre 1986/87. Der Durchbruch zum Binnenmarkt gelang mit der Unterzeichnung des „Vertrages der "Einheitlichen Europäischen Akte" (EEA), der 1987 in Kraft trat. Die EEA hatte das Ziel bis zum 31. Dezember 1992 die Vollendung des Europäischen Binnenmarktes ohne jegliche Handelshindernisse zu erreichen. Damit ist der 1. Januar 1993, das offizielle Datum für die Gründung des gemeinsamen Europäischen Binnenmarktes.26

2.3.3 Der Europäische Wirtschaftsraum

Im Jahre 1992 Unterzeichneten die Mitglieder der Europäischen Gemeinschaft (EG) und die Mitglieder der Europäischen Freihandelszone (EFTA) den Vertrag zur Gründung des Europäischen Wirtschaftsraums, welcher am 1. Januar 1994 in Kraft trat. Der Europäische Wirtschaftsraum (EWR) ist der größte Wirtschaftsraum auf der Welt mit über 500 Millionen Konsumenten. Er umfasst alle 28 Mitgliedsstaaten der EU sowie die drei nicht EU- Mitgliedsländer Island, Liechtenstein und Norwegen. Die drei genannten Länder sind EFTA- Mitgliedsländer und gehören seit dem 1.Januar 1994 offiziell zum EWR. Lediglich die Schweiz, ebenfalls Mitglied der EFTA, ist kein Mitglied des EWRs. Der EWR bildet den Europäischen Binnenmarkt. Im EWR stehen die vier Grundfreiheiten des Binnenmarktes der freien Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr besonders im Vordergrund. Mit der Gründung des EWR hatte man das Ziel, die Verwirklichung der vier Grundfreiheiten des Binnenmarktes auf die Länder auszudehnen, die nicht der EU beitreten wollten, um so einen gemeinsamen Wirtschaftsraum zu realisieren.27

2.4 Die Bedeutung des EU-Binnenmarktes

Der Europäische Binnenmarkt ist im Vertrag der Europäischen Union, Artikel. 3 EUV. Art. 21, 26, 28, f.i.V.m. 114 f. AEUV. festgelegt. Als Ziele des EU-Binnenmarktes werden die Verwirklichung der vier Grundfreiheiten Freiheit des Waren-, Dienstleistungs-, Kapital- und Personenverkehrs genannt, um damit den Wohlstand in Europa zu fördern und zu sichern. Somit stehen die Grundfreiheiten sehr eng in Zusammenhang mit dem Binnenmarkt. Wie schon in Kapitel 2.3.3 erwähnt, bildet der EWR, bestehend aus den 28 Mitgliedsstaaten der EU, einschließlich Großbritannien gemeinsam mit den EFTA-Staaten Island, Norwegen und Liechtenstein, den Europäischen Binnenmarkt. „Der Binnenmarkt stellt das Herzstück der EU-Integration dar."28 Für die EU ist der Binnenmarkt daher die Lokomotive und von großer Bedeutung sowohl unter politischen als auch unter wirtschaftlichen Aspekten. Bereits im EGKS Vertrag von 1951 hieß es, die Gemeinschaft „beruht auf einen gemeinsamen Markt, verfolgt gemeinsame Ziele und hat gemeinsame Organe."29. Spätestens 1992 ist mit der Einführung und der Vollendung des Binnenmarktes ein großer Beitrag im Hinblick auf die Europäische Integration geleistet worden. Aus wirtschaftlicher Sicht ist der EU-Binnenmarkt sehr bedeutsam und wichtig. Mit weit über 500 Millionen Konsumenten ist der EU Binnenmarkt ein riesiger Markt, der ein riesiges Potential an Konsumenten und Know-how darstellt. Konsum führt langfristig zu mehr Rendite und Wohlstand. Zudem spielt der EU- Binnenmarkt in wirtschaftlicher Hinsicht beim Welthandel eine sehr große Rolle. Mit ca. 22 % des Welthandels dominiert die EU mit dem Binnenmarkt den Welthandel noch vor den USA, China, Indien und Japan. Somit ist der EU-Binnenmarkt, bezogen auf einen BIP von über 15.000 Mrd. Euro, der größte Binnenmarkt der Welt. Aus wirtschaftlicher Sicht hat der EU- Binnenmarkt durch den freien Verkehr von Personen, Waren, Kapital und Dienstleistungen für neuen Schwung gesorgt, indem neue Arbeitsplätze geschaffen, die Beschäftigung und das Wachstum gefördert, sowie das Bruttoinlandprodukt erhöht wurde.30

Zahlen der Kommission belegen, dass mit dem Binnenmarkt die EU ein Erfolgsmodell geschaffen hat. Der Binnenmarkt hat seit 1992 den Wohlstand in der Union um 877 Mrd. Euro gesteigert, zusätzlich 2,75 Mio. neue Arbeitsplätze geschaffen und die Investitionen innerhalb der EU um 25 % erhöht.31 Die Beratungsfirma LE Europa vertritt die These, der Binnenmarkt habe seit der Einführung 1992 zu einem Wirtschaftswachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) geführt. Im Durchschnitt beträgt das BIP pro Kopf 1,7 %, also ca. 1050 Euro. Außerdem ist der Verbrauch der Haushalte um 600 Euro gestiegen. Die Studie der Beratungsfirma LE Europa kommt sogar auf 3,6 Mio. neue Arbeitsplätze seit der Gründung des Binnenmarktes 1992.32

Der EU-Binnenmarkt bietet den Mitgliedsstaaten viele Vorteile. Ein Beitritt in die EU ist aus wirtschaftlicher Sicht für jedes nicht EU-Land sehr interessant. Durch einen Beitritt öffnet sich der Zugang zum EU-Binnenmarkt. Für viele Unternehmen bietet der Binnenmarkt Vorteile und Chancen im Wettbewerb, beispielsweise können sie ohne Einschränkung durch den freien Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Kapital und Personen vom Binnenmarkt profitieren und ihre Produkte problemlos in der Union absetzen. Aus politischer Sicht ist der Binnenmarkt für die EU ebenfalls von entscheidender Bedeutung, da er die Stellung der EU gegenüber den Großmächten USA, VR China und Russland stärkt. Zudem verleiht der Binnenmarkt der Union politische Macht und Stabilität.33 Durch die gelungene Europäische Integration und der Verwirklichung der Vision von Winston Churchill von einem „Vereinigten Europa", hat sich die Union politisch und wirtschaftlich zu einer Weltmacht entwickelt. Die Bedeutung des Binnenmarktes ist unter wirtschaftlichen und politischen Aspekten für die Union sehr wichtig.

2.5 Die vier Grundfreiheiten des Europäischen Binnenmarktes

In den vorherigen Kapiteln wurde erwähnt, welchen Ursprung und welche Bedeutung der Europäische Binnenmarkt hat. Der EU-Binnenmarkt ist ein großer Meilenstein seit dem politischen und wirtschaftlichen Zusammenschluss der europäischen Mitgliedsstaaten. Die Verwirklichung der vier Grundfreiheiten bilden im Rahmen der EU die Grundlage bzw. den Kern des Binnenmarktes. Die vier Grundfreiheiten des Binnenmarktes sind im EWG-Vertrag von 1957 verankert. Artikel 3 des EWG Vertrages weist auf die Ziele Schaffung eines gemeinsamen Binnenmarktes und die Verwirklichung der vier Grundfreiheiten ohne Einschränkungen hin34:

- Freier Warenverkehr
- Freier Personenverkehr,
- Freier Dienstleistungsverkehr
- Freier Kapitalverkehr

2.5.1 Freier Personenverkehr

Der freie Personenverkehr ist eine der vier Grundfreiheiten des EU-Binnenmarktes. Im Vertrag der Europäischen Union, Artikel 3 Abs.2 und im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, (AEUV), Artikel 21; IV und V AEUV; Artikel 45 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ist der freie Personenverkehr festgelegt.35 Durch den Beschluss des Schengener Abkommens vom 14. Juni 1985, das am 19. Juni 1985 unterzeichnet wurde und am 26. März 1995 in Kraft trat, bestehen keine Grenz- und Personenkontrollen an den Binnengrenzen. Der Schengenraum umfasst 22 Mitgliedsstaaten der EU und vier weitere Länder außerhalb der EU. Jeder EU-Bürger darf sich aufgrund des Schengener Abkommens im Rahmen der EU und zusätzlich in den vier weiteren Ländern Norwegen, Island, Schweiz und Liechtenstein frei bewegen, sich niederlassen, seinen Wohnsitz frei wählen, studieren, arbeiten, sich selbstständig machen oder einen Berufswunsch nachgehen. Dies soll anhand des folgenden Beispiels näher erläutert werden. So hat ein Arzt aus Frankreich das Recht, sich auch in Deutschland niederzulassen um dort seinen Beruf auszuüben. Durch den freien Personenverkehr kann jeder EU-Bürger problemlos verreisen. So benötigt ein EU-Bürger bei Urlaubsreisen innerhalb des Schengenraums kein Visum mehr und kann ohne Kontrolle und lange Wartezeiten an den Grenzen reisen. Grundsätzlich geht es im Binnenmarkt bei der Realisierung der Freiheit im Personenverkehr viel mehr um die Freizügigkeit der Arbeitnehmer und weniger um wirtschaftliche Aspekte. Das Ziel der Verwirklichung des freien Personenverkehrs wurde allerdings nur bedingt erfüllt. Seit der Gründung des Binnenmarktes 1992 wird der freie Personenverkehr bis heute immer noch durch nationale Regelungen eingeschränkt.36

2.5.2 Freier Warenverkehr

Der freie Warenverkehr ist die zweite der vier Grundfreiheiten des EU-Binnenmarktes. In Artikel 26,28, 37 des AUEV Vertrages ist der freie Warenverkehr festgelegt. Artikel 28 nennt als Ziele die Zollunion, die Abschaffung von Zöllen und Abgaben und die mengenmäßigen Beschränkungen im Handel zwischen den EU-Mitgliedsstaaten. Die Verwirklichung der Zollunion wurde bereits 1968 erreicht.37 Freier Warenverkehr bedeutet, dass die Mitgliedsstaaten beim Handel der Waren innerhalb des EWRs keine Zölle und mengenmäßige Einfuhr- und Ausfuhrbeschränkungen erheben. Der freie Warenverkehr wird hauptsächlich durch die Abschaffung der Zölle gewährleistet. Das heißt, dass beim Import und Export der Waren von Land A zu Land B die Gebühren und Steuern für das jeweilige Produkt entfallen. Das zeigt sich beispielsweise daran, dass für einen britischen Händler beim Erwerb eines Autos aus Deutschland, wie z. B. eines Mercedes E Coupe, für den Import nach GB keine Zollgebühren anfallen. Zudem müssen tarifäre und nicht tarifäre Handelshemnisse beseitigt werden, weshalb beim freien Warenvekehr einige Vorschriften und Verhaltensregeln zu beachten sind. Es herrscht im EU-Binnenmarkt grundsätzlich das Ursprungslandprinzip (auch Herkunftslandprinzip genannt). Gemäß des Ursprungslandprinzips gelten die Regeln des Herkunftslandes. Das bedeutet, dass alle Waren und Dienstleistungen, die in einem EU-Land ordnungsgemäß nach den Rechtsvorschriften hergestellt wurden, auch in einem anderen EU-Mitgliedsland eingeführt und verkauft werden dürfen. Es gilt beim Ursprungslandprinzip, welches vom Europäischen Gerichtshof beschlossen wurde, das Cassis-de-Dijon Urteil. Das Cassis-de-Dijon-Urteil aus dem Jahr 1979 besagt, dass z. B. Likör aus Frankreich nach Deutschland exportiert und verkauft werden kann, auch wenn die Herstellung des Likörs nicht ordnungsgemäß nach den Rechtsvorschriften Deutschlands erfolgte, also nicht dem Reinheitsgebot entspricht, sondern nach den Regeln des Herkunftslandes, in diesem Fall Frankreich hergestellt wurde.38

2.5.3 Freier Dienstleistungsverkehr

Der freie Dienstleistungsverkehr ist eine weitere Grundfreiheit des EU-Binnenmarktes. In den Artikeln 56 bis 62 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ist der freie Dienstleistungsverkehr festgelegt. Durch den freien Dienstleistungsverkehr hat jeder EU-Bürger, unabhängig davon ob Privatperson oder juristische Person, das Recht, in jedem Land Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Die Dienstleistungsfreiheit umfasst gewerbliche, handwerkliche, kaufmännische und freiberufliche Tätigkeiten. Durch den freien Dienstleistungsverkehr ergibt sich für Unternehmen Handlungsspielraum, ihre Dienstleistungen innerhalb der EU anzubieten.39 Laut des EU-Rechts lassen sich Dienstleistungen in nicht-handelbare und handelbare Dienstleistungen unterscheiden. Nicht handelbare Dienstleistungen sind z. B staatliche Dienstleistungen, lokale Dienstleistungen (Friseur), Bildung usw. Zu den handelbaren Dienstleistungen zählen z. B.

[...]


1 Europa.eu: Europäische Union erhält Friedensnobelpreis 2012. Quelle: Europa.eu Link: https://europa.eu/european-union/about-eu/history/2010-today/2012/eu-nobel de Stand: Ohne Datum, abgerufen am 23.07.2019 um 13:50 Uhr

2 Busch, Berthold: Der EU - Binnenmarkt. Anspruch und Wirklichkeit. Deutscher Instituts-Verlag. Köln 2009. S.4

3 Welfens, Paul J.J: Brexit aus Versehen. Europäische Union zwischen Desintegration und neuer EU. Springer Verlag. Wiesbaden 2017. S 25-26

4 Welfens, Paul J.J: Brexit aus Versehen. Europäische Union zwischen Desintegration und neuer EU. Springer Verlag. Wiesbaden 2017. S.25-51

5 Zeit Online: Weltwirtschaft, IWF fürchtet schwere globale Schäden durch Brexit. Link: https://www.zeit.de/wirtschaft/2016-04/brexit-iwf-eu-wirtschaft-risiko-referendum-austritt Stand: 12. April 2016, abgerufen am 29.04.2019

6 Hanika, Heinrich: Skript Europa-Recht. Link: www.h-hanika.eu. SS 2018. S.13

7 Weidenfeld, Werner; Wessels, Wolfgang (Hrsg.): Europa von A bis Z. Taschenbuch der europäischen Integration. 13., Auflage 2014. Nomos-Verlag. Baden-Baden. S.14

8 Uterwedde, Henrik: Die Europäische Gemeinschaft. Entwicklung, Zwischenbilanz und Perspektiven zum Binnenmarkt 1992. Leske + Budrich. Berlin 1990. S.6

9 Weidenfeld, Werner; Wessels, Wolfgang (Hrsg.): Europa von A bis Z. Taschenbuch der europäischen Integration. 13., Auflage 2014. Nomos-Verlag. Baden-Baden. S.14

10 Weidenfeld, Werner; Wessels, Wolfgang (Hrsg.): Europa von A bis Z. Taschenbuch der europäischen Integration. 13., Auflage 2014. Nomos-Verlag. Baden-Baden. S. 13-15

11 Weidenfeld, Werner; Wessels, Wolfgang (Hrsg.): Europa von A bis Z. Taschenbuch der europäischen Integration. 13., Auflage 2014. Nomos-Verlag. Baden-Baden. S. 17-18

12 Welfens, Paul J.J: Brexit aus Versehen. Europäische Union zwischen Desintegration und neuer EU. Springer Verlag. Wiesbaden 2017. S. 25

13 Uterwedde, Henrik: Die Europäische Gemeinschaft. Entwicklung, Zwischenbilanz und Perspektiven zum Binnenmarkt. Leske + Budrich. S.5 -11

14 Hanika, Heinrich: Europa-Recht. Link: www.h-hanika.eu. Ludwigshafen SS19. S.4-7

15 Weidenfeld, Werner; Wessels, Wolfgang (Hrsg.): Europa von A bis Z.

Taschenbuch der europäischen Integration. 13., Auflage 2014. Nomos-Verlag. Baden-Baden. S.32

16 Weidenfeld, Werner; Wessels, Wolfgang (Hrsg.): Europa von A bis Z. Taschenbuch der europäischen Integration. 13., Auflage 2014. Nomos-Verlag. Baden-Baden. S.113

17 Europa.eu: Europäische Union. Quelle: Europa.eu. Link: https://europa.eu/european-union/about- eu/eu-budget de Stand: Ohne Datum, abgerufen am 01.05.19 um 9:30 Uhr

18 Hanika, Heinrich: Skript. Europa-Recht. Link: www.h-hanika.eu. Ludwigshafen SS19. S.5

19.Europa Recht: Europäische Union (EUV/AEUV), Charta der Grundrechte, Gerichtsbarkeit, Europarat-Satzung, EMRK, Begleitgesetze 27., Auflage. Dtv Verlagsgewerkschaft. München 2017 S.4

20 Lpb: Organe & Instituionen der EU. Link:

https://www.europaimunterricht.de/organe institutionen.html Stand: Letzte Aktualisierung Februar 2018, abgerufen am 04.05.19 um 17:58 Uhr

21 Europäisches Parlament: Verbindungsbüro Deutschland: Die Verträge-Grundlage Europäische Politik. Link: https://www.europarl.europa.eu/germany/de/europa-und-europawahlen/verträge 1 Stand: Ohne Datum, abgerufen am 03.05.19 um 19:09 Uhr

22 Wikipedia: Binnenmarkt. Link: https://de.wikipedia.org/wiki/Binnenmarkt Stand: zuletzt aktualisiert am 23. Juni 2019, abgerufen am11.05.19 um 10:30 Uhr

23 Pallarz, Karl-Heinz: Der Europäische Binnenmarkt. Entwicklungen und Chance. 1., Auflage. Ernst Klett Verlag. Stuttgart und Dresden. 1991. S.7

24 Gabler Wirtschaftslexikon: Binnenmarkt. Link:

https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/binnenmarkt-30919 Stand: Ohne Datum, abgerufen am 13.05.2019 um 13:15 Uhr

25 Busch, Berthold: Der EU - Binnenmarkt. Anspruch und Wirklichkeit. Deutscher Instituts-Verlag. Köln 2009. S.6

26 Vgl. Busch, Berthold: Der EU-Binnenmarkt. Anspruch und Wirklichkeit. Deutscher Instituts-Verlag Köln 2009. S.4-7

27 EU-Info. Deutschland: Europäischer Wirtschaftsraum. Link:http://www.eu-info.de/europa/eu-eg- ewg/europaeischer-wirtschaftsraum/ Stand: Ohne Datum, abgerufen 18.05.2019 um 21:05 Uhr

28 Weidenfeld, Wener; Wessels, Wolfang (Hrsg.): Europa von A bis Z. Taschenbuch der europäischen Integration. 13., Auflage 2014. Nomos-Verlag. Baden-Baden. S. 114

29 Lernhelfer: Binnenmarkt der EU. Link:

https://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/politikwirtschaft/artikel/binnenmarkt-der-eu) Stand: 2010, abgerufen am 12.05.19 um 18:21 Uhr

30 Pallarz, Karl-Heinz: Der Europäische Binnenmarkt. Entwicklungen und Chance. Ernst Klett Verlag. Stuttgart und Dresden. S.2-3

31 Weidenfeld, Werner; Wessels, Wolfang (Hrsg.): Europa von A bis Z. Taschenbuch der europäischen Integration. 13., Auflage 2014. Baden - Baden. S. 97

32 Lorenz, Ama: „Ein starker EU -Binnenmarkt sorgt für politische Stabilität“. Link: https://www.euractiv.de/section/finanzen-und-wirtschaft/news/ein-starker-eu-binnenmarkt-sorgt-fuer- politische-stabilitaet/ Stand: 24.02.2017, abgerufen am 16.05.19 um 18:26 Uhr

33 Pallarz, Karl-Heinz: Der Europäische Binnenmarkt. Entwicklungen und Chance. Ernst Klett Verlag. S.3-4

34 Pallarz, Karl-Heinz: Der Europäische Binnenmarkt. Entwicklungen und Chancen. Ernst Klett Verlag. Stuttgart und Dresden. 1991. S.65

35 Marzocchi, Ottavio: Kurzdarstellung zur Europäischen Union. Freier Personenverkehr Quelle: Europäisches Parlament. Link: https://www.europarl.europa.eu/factsheets/de/sheet/147/freier- personenverkehr Stand: 05.2019, abgerufen am 19.05.2019 um 19:30 Uhr

36 Pallarz, Karl-Heinz: Der Europäische Binnenmarkt. Entwicklung und Chancen. Ernst Klett Verlag. Stuttgart und Dresden. 1991. S.65

37 Maciejewski, Mariusz; Ratcliff, Christina; Dobrita, Andreea: Europäisches Parlament: Kurzdarstellungen zur Europäischen Union. Freier Warenverkehr. Quelle: Europäisches Parlament. Link: https://www.europarl.europa.eu/factsheets/de/sheet/38/freier-warenverkehr. Stand: 04.2019, abgerufen am 31.05.2019 um 19:42 Uhr

38 Adam, Hans; Mayer, Peter: Europäische Integration. UVK-Verlag. Konstanz und München 2014. S.103-106

39 Wikipedia: Dienstleistungsfreiheit: Link: https://de.wikipedia.org/wiki/Dienstleistungsfreiheit Stand: zuletzt aktualisiert 15.05.2019, abgerufen am 21.05.2019 um 11:45 Uhr

Ende der Leseprobe aus 79 Seiten

Details

Titel
Die Grundfreiheiten im europäischen Binnenmarkt der EU und der potentielle Austritt Großbritanniens (Brexit)
Veranstaltung
Internationales Recht
Note
1,7
Autor
Jahr
2019
Seiten
79
Katalognummer
V500569
ISBN (eBook)
9783346072153
ISBN (Buch)
9783346072160
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Brexit, EU-Binnenmarkt, Grundfreiten
Arbeit zitieren
Firat Deniz (Autor:in), 2019, Die Grundfreiheiten im europäischen Binnenmarkt der EU und der potentielle Austritt Großbritanniens (Brexit), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/500569

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