In der vorliegenden Arbeit sollen die wichtigsten Konzepte, welche die eroberten Gebiete Osteuropas in ihrer Gesamtheit betrachten, dargestellt, analysiert und verglichen werden, um einerseits die gemeinsamen Tendenzen, andererseits die Differenzen aufzuzeigen. Unter Zukunftsplänen werden hier konkrete, detaillierte und als solche klar definierte Planungen wie die Generalpläne oder die AWI-Planungen verstanden, aber auch richtungsweisende Gedanken, welche in Denkschriften oder, seltener, Reden zum Ausdruck kommen und ein Zukunftskonzept mit Anspruch auf Realisierung erkennen lassen.
Als zeitliche Begrenzung wurden der Januar 1940 (erster Generalplan der SS) und der Januar 1943 (letzte AWI-Planung) gewählt. Wichtiger als die eben angedeutete und sicher auch nicht zufällige Quellenpräsenz ist für die Wahl des Zeitraumes die Tatsache, daß zwischen dem relativ problemlos gewonnenen Polenfeldzug und der offensichtlich unabänderlichen Kriegswende durch die militärische Niederlage von Stalingrad unter der Voraussetzung eines gewonnenen Krieges oder wenigstens mit mäßigem militärischem Aufwand haltbarer Gebietsgewinne geplant wurde. Die Quellen geben somit Auskunft über die wirklichen Zielprojektionen im Nationalsozialismus, und nicht über die unter dem Zwang der Ereignisse notgedrungen ventilierten Kompromisse. Dem möglichen Einwand, daß bereits vor Stalingrad ersichtlich gewesen sei, daß die Kriegsziele nicht mehr erreichbar waren, kann nur eingeschränkt zugestimmt werden, da sich dieser vor allem durch das heutige Wissen aus der Retrospektive ergibt. Notwendig erscheint eine entsprechende Beachtung bei der Betrachtung der Äußerungen Hitlers.
Wird von nationalsozialistischen Planungen für die besetzten Gebiete Osteuropas gesprochen, so findet fast automatisch der Begriff "Generalplan Ost" Verwendung. Abgesehen davon, daß es nicht einen GPO, sondern mehrere SS-Konzepte oder Planungsstufen mit dieser oder ähnlicher Bezeichnung gab, so daß man von Generalplänen oder Neuordnungsplänen sprechen sollte, sind diese nur die bekanntesten, meistgenannten bzw. als am wichtigsten erachteten Konzeptionen. Dies hängt sicher auch mit der starken Machtposition der SS zusammen. Neben der SS plante auch das AWI der DAF. Das Ministerium Rosenberg, weitere Institutionen sowie zahlreiche Einzelpersonen, welche Denkschriften veröffentlichten, hatten ebenfalls mehr oder weniger konkrete Vorstellungen. Der Begriff Planungseuphorie scheint hier nicht fehl am Platz zu sein.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Vorgeschichte und Hintergründe
- Zukunftsplanungen in der SS: Die Generalpläne Ost
- Allgemeiner Überblick.
- Literatur und Quellenlage.
- Die einzelnen Pläne
- Der Generalplan des RKF
- Der Generalplan Ost des RKF
- Der Generalplan Ost des RSHA.
- Der Gesamtplan Ost des RSHA
- Der spätere Generalplan Ost des RKF
- Der Generalsiedlungsplan des RKF.
- Offene Fragen.
- Zusammenfassung.
- Die Zukunftsvorstellungen im Ostministerium.
- Allgemeiner Überblick.
- Die Ansichten Dr. Wetzels
- Kurze Übersicht..
- Kritik am Generalplan.
- Rasse- und volkstumspolitisches Konzept..
- Zusammenfassung
- Die Vorstellungen Rosenbergs
- Allgemeine Zielsetzung.
- Reichskommissariat Ukraine..
- Reichskommissariat Kaukasien.
- Reichskommissariat Rußland.
- Reichskommissariat Ostland
- Zusammenfassung...
- Die Planungen des AWI der DAF.
- Allgemeiner Überblick......
- Der Inhalt der Denkschriften
- Der Aufbau der neuen Gebiete im Osten und Westen..
- Durchdringung in Rohstoff- und Landwirtschaft
- Nutzung der eroberten Gebiete durch das deutsche Volk
- Raum formt Sozialpolitik
- Erschließung der Rohstoff- und Landwirtschaft
- Zusammenfassung....
- Die Vorschläge Prof. Liedeckes...
- Auffällig an der Denkschrift ist, daß Prof. Liedecke die Chancen der deutschen Besiedlung vergleichsweise zurückhaltend beurteilt.7. Die Vorgaben Hitlers...
- Vergleich und Zusammenfassung
- Anmerkungen
- Zu Kapitel 1. und 2.
- Zu Kapitel 3.
- Zu Kapitel 4.
- Zu Kapitel 5.
- Zu Kapitel 6. bis 8..
- Abkürzungen/Erklärungen
- Literaturangaben...
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht nationalsozialistische Planungen für die besetzten Gebiete Osteuropas zwischen Januar 1940 und Januar 1943. Sie analysiert und vergleicht verschiedene Konzepte, die von der SS, dem Ostministerium, dem AWI der DAF und weiteren Akteuren entwickelt wurden.
- Analyse der unterschiedlichen Zukunftsvorstellungen für die eroberten Gebiete
- Identifizierung der gemeinsamen Tendenzen und Differenzen zwischen den verschiedenen Planungen
- Bewertung der konkreten Ziele und Strategien der Nationalsozialisten für Osteuropa
- Einordnung der Planungen in den Kontext der NS-Ideologie und des Zweiten Weltkriegs
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1 und 2: Einführung in das Thema und die historische Einordnung der nationalsozialistischen Planungen für Osteuropa.
- Kapitel 3: Darstellung der „Generalpläne Ost“ der SS und ihrer verschiedenen Konzepte, die die Annexion und Umgestaltung der eroberten Gebiete zum Ziel hatten.
- Kapitel 4: Analyse der Zukunftsvorstellungen des Ostministeriums unter Alfred Rosenberg und insbesondere der Ansichten von Dr. Wetzel.
- Kapitel 5: Untersuchung der Planungen des AWI der DAF, die sich insbesondere auf die wirtschaftliche Nutzung und den Aufbau der besetzten Gebiete konzentrierten.
- Kapitel 6: Präsentation der Vorschläge von Prof. Liedecke, die eine vergleichsweise zurückhaltende Haltung zur deutschen Besiedlung Osteuropas vertreten.
Schlüsselwörter
Nationalsozialismus, Osteuropa, Generalplan Ost, SS, Ostministerium, AWI, DAF, Besiedlung, Annexion, Umgestaltung, Zukunftspläne, Denkschriften, Ideologie, Zweiter Weltkrieg.
- Quote paper
- Karsten Schulz (Author), 1996, Nationalsozialistische Nachkriegskonzeptionen für die eroberten Gebiete Osteuropas, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/500641