Die Anzahl von Aufsätzen und Urteilen zur Liebhabereithematik sind kaum noch zu überblicken. Vor allem im Schrifttum gibt es viele verschiedene Ansichten, auf welche Weise das Rechtsproblem der Liebhaberei am besten zu lösen wäre. Aber auch die Rechtsprechung legt zentrale Vorgaben, die im Wesentlichen für die Rechtsprechung nach 1984 auf dem Grundsatzbeschluss des Großen Senats vom 25.06.1984 GrS 4/822 basieren, unterschiedlich aus. Zudem unterliegt die Rechtsprechung einem stetigen Wandel, der die Aufgabe für den betroffenen Rechtsanwender nicht erleichtert. Honisch (im Jahr 2000 Richter am FG Vellmar) erörtert in seinem Aufsatz „Zu den Inflationstendenzen bei der Liebhaberei“ die seinerzeit neuesten Rechtsprechungsentwicklungen und äußert sich zugleich kritisch zu einigen Entscheidungen der bisherigen BFH-Rechtsprechung, die seit dem Grundsatzbeschluss des Großen Senats vom 25.06.1984 ergangen sind. Er resümiert, dass er sich nun seit nunmehr 16 Jahren u. a. mit der Liebhaberei auseinandergesetzt habe und schon so manche Obersätze des BFH aneinandergereiht hätte, „ohne durch diese in die Lage versetzt worden zu sein, [diese] systematisch subsummieren [sic] zu können“.3Die theoretischen Ansätze führten dabei den Rechtsanwender oft im Kreise herum, weshalb i. d. R. nur die intensive Aufklärung des Sachverhalts im Einzelfall als „Ausweg“ verbleibe. Die Hoffnung, dass es auf Grundlage des o. g. Beschlusses gelungen sei, „den unruhigen Geist einzufangen und von seinem schöngeistigen Kopf auf seine steuerrechtlichen Füße zu stellen“, konnte daher nicht in Gänze erfüllt werden. Die Stellungnahme Honischs macht nach Ansicht des Verfassers deutlich, dass die Entscheidungen der Finanzgerichtsbarkeit zur Liebhaberei i. d. R. einzelfallabhängig und nur in begrenztem Maße verallgemeinerungsfähig sind. Das Rechtsinstitut der Liebhaberei, mit dem sich die Diplomarbeit „Das Rechtsinstitut der Liebhaberei - ein Ergebnis einer einzelfallabhängigen Rechtsprechung des BFH“ auseinandersetzt, ist daher relativ komplex.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung und Problembeschreibung
- Gang der Untersuchung
- Liebhaberei – allgemeine Grundsätze
- „Ständige Rechtsprechung\" des BFH seit dem Grundsatzbeschluss des Großen Senats vom 25.06.1984
- Der Wechsel vom objektiven zum subjektiven Liebhabereibegriff
- Der Grundsatzbeschluss des Großen Senats vom 25.06.1984
- Zweigliedriger Tatbestand als Kern der Rechtsprechungspraxis
- Allgemeine einkommensteuerrechtliche Relevanz/Irrelevanz der zu beurteilenden Tätigkeiten
- Kontinuität und Diskontinuität der Liebhabereirechtsprechung des BFH nach 1984
- Steuerrechtliche Ermittlungsvorschriften und Beweislastregelung
- Historie der Liebhaberei vor dem Hintergrund der Einkommensteuergesetze von 1891, 1920, 1925 und 1934
- Rechtfertigungsgründe für das Rechtsinstitut der Liebhaberei
- Fiskalzweck
- Leistungsfähigkeitsprinzip
- Abgrenzung der Erwerbssphäre (§ 2 Abs. 1 EStG) zur Privatsphäre (§12 EStG)
- Zusammenfassende eigene Stellungnahme und Ansichten aus dem Schrifttum
- Liebhaberei – allgemeine Tatbestandsmerkmale und Beweisanzeichen
- Einkünfteerzielungsabsicht - Grundlagen
- Objektiver Tatbestand
- Subjektiver Tatbestand
- Gewinnerzielungsabsicht
- Überschusserzielungsabsicht
- Eckdaten im Verhältnis von Gewinn- und Überschusseinkünften
- Totalerfolg
- Anlaufverluste
- Totalerfolgsprognose
- Beurteilungseinheit
- Einflussfaktoren der Totalerfolgsprognose
- BFH-Urteil vom 25.06.1996 VIII R 28/94 zu einer Hubschraubervermietung einer KG
- Fazit
- Totalerfolgsperiode
- „Persönliche Gründe oder Neigungen“
- Der Anscheinsbeweis gemäß der Rechtsprechung des BFH nach 1984
- BFH-Urteil vom 19.11.1985 VIII R 4/83 zu einem Getränkegroßhandel
- BFH-Urteil vom 22.04.1998 XI R 10/97 zu einer Rechtsanwaltskanzlei
- Fazit
- Nebenberufliche Einkünfte
- BFH-Urteil vom 24.02.1999 X R 106/95 zu einer nebenberuflichen Vermietung eines Motorboots
- Grundsätzliche Fallgestaltungen bei Annahme von Liebhaberei
- Einkünfteerzielungsabsicht von Beginn an
- Betriebsgewinne als kaum zu widerlegendes Indiz für Gewinnerzielungsabsicht
- Subjektive Mängel in der Betriebsführung
- Fehlen der Einkünfteerzielungsabsicht von Beginn an
- Bewirtschaftung von Streuobstwiesen mit geringem Rohertrag
- Wegfall der Einkünfteerzielungsabsicht zu einem späteren Zeitpunkt
- Liebhaberei bei sog. Generationenbetrieb
- Beginn der Einkünfteerzielungsabsicht zu einem späteren Zeitpunkt
- Zwischenzeitliche Liebhabereiphase
- Spezielle Beweisanzeichen für Liebhaberei
- Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15-17 EStG)
- Anscheinsbeweis
- Relevanz von Umstrukturierungsmaßnahmen und das Motiv der Steuerersparnis
- Sonderfall: Verlustzuweisungsgesellschaften
- Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 18 EStG)
- Anscheinsbeweis
- Erforderlichkeit der Einkünfteerzielungsabsicht auch in der Schluss phase einer freiberuflichen Tätigkeit
- Fazit
- Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG)
- Anscheinsbeweis
- Totalüberschussprognose bei der Vermietung von Ferienimmobilien
- BFH-Urteil vom 06.10.2004 IX R 30/03 zur verbilligten Vermietung einer Luxuswohnung
- Fazit
- Entwicklung des Liebhabereibegriffs in der BFH-Rechtsprechung
- Bedeutung der Einkünfteerzielungsabsicht
- Beweisanzeichen für Liebhaberei
- Fallgestaltungen der Liebhaberei
- Steuerrechtliche Folgen der Liebhaberei
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Diplomarbeit befasst sich mit dem Rechtsinstitut der Liebhaberei im deutschen Steuerrecht. Ziel der Arbeit ist es, die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) zu diesem Thema zu analysieren und zu bewerten. Dabei wird insbesondere die Entwicklung des Liebhabereibegriffs und die Relevanz der Einkünfteerzielungsabsicht untersucht.
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel dieser Arbeit beschäftigt sich mit der Einleitung und Problembeschreibung. Es wird der Gegenstand der Untersuchung vorgestellt und die Forschungsfrage formuliert. Kapitel 2 beleuchtet die allgemeinen Grundsätze der Liebhaberei, beginnend mit der „ständigen Rechtsprechung“ des BFH und dem Grundsatzbeschluss des Großen Senats vom 25. Juni 1984. Weitere Themen sind die allgemeine einkommensteuerrechtliche Relevanz und die Historie der Liebhaberei vor dem Hintergrund der verschiedenen Einkommensteuergesetze. Abschließend werden die Rechtfertigungsgründe für das Rechtsinstitut der Liebhaberei diskutiert. Im dritten Kapitel werden die allgemeinen Tatbestandsmerkmale und Beweisanzeichen der Liebhaberei näher betrachtet. Hier werden die Einkünfteerzielungsabsicht, der Totalerfolg, die Totalerfolgsprognose und die Bedeutung „persönlicher Gründe oder Neigungen“ untersucht. Kapitel 4 widmet sich den grundsätzlichen Fallgestaltungen bei der Annahme von Liebhaberei, wobei die verschiedenen Konstellationen der Einkünfteerzielungsabsicht und ihr Fehlen im Fokus stehen. Das fünfte Kapitel behandelt schließlich die speziellen Beweisanzeichen für Liebhaberei im Zusammenhang mit verschiedenen Einkunftsarten, wie beispielsweise Einkünfte aus Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit und Vermietung und Verpachtung.
Schlüsselwörter
Liebhaberei, Einkünfteerzielungsabsicht, Totalerfolg, Anscheinsbeweis, Beweisanzeichen, BFH-Rechtsprechung, Einkommensteuerrecht, Steuerrecht, Steuerersparnis, Verlustzuweisungsgesellschaften, Gewerbebetrieb, selbständige Arbeit, Vermietung und Verpachtung
- Quote paper
- Manuel Schramm (Author), 2005, Das Rechtsinstitut der Liebhaberei. Ein Ergebnis einer einzelfallabhängigen Rechtsprechung des BFH, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50104