Die Haftung des Abschlussprüfers ist ein hochaktuelles Thema für Wirtschaftsprüfer und WPG in Deutschland. Die Rechtsprechung befindet sich im Wandel und kann für die Abschlussprüfer weitreichende, unter Umständen existenzielle Konseque nzen haben. Im Rahmen dieser Seminararbeit werden zunächst die Probleme erläutert, die sich bei der Ermittlung der Pflichten des AP ergeben. Diese treten sowohl bei der Entwicklung der Pflichten aus den Grundsätzen ordnungs mäßiger Abschlussprüfung als auch bei der Anwendbarkeit im Haftungsfall auf. Es wird in diesem Zusammenhang auf die interpretationsbedürftigste Pflicht des AP - die Pflicht zur Gewissenhaftigkeit - umfassender eingegangen. Der Hauptteil der Arbeit beschäftigt sich mit der Haftung des AP gegenüber den auftraggebenden Unternehmen und gegenüber geschädigten Dritten. Genauer eingegangen wird auf die Konsequenzen der Begrenzung der Haftungssumme bei Schadenersatzansprüche n der Auftraggeber und deren Relevanz bei der Haftung gegenüber Dritten. Im Rahmen der Haftung gegenüber Dritten liegt der Fokus auf den möglichen Anspruchsgrundlagen und im speziellen auf den aktuellen Entwicklungen der Dritthaftung in Deutschland und deren möglichen gravierenden Konsequenzen für den Berufstand des AP.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Problemstellung
II Haftung der Abschlussprüfer im deutschen Bilanzrecht
1. Pflichten des Abschlussprüfers
(a) Ableitung der Pflichten aus den Grundsätzen ordnungsmäßiger Abschlussprüfung (GoA)
(b) Gewissenhaftigkeit
(c) Unparteilichkeit
(d) Verschwiegenheit
(e) Verwertungsverbot
2. Haftung gegenüber dem Auftraggeber nach § 323 HGB
(a) Pflichtverletzung
(b) Kausalität
(c) Verschulden
(d) Haftungssummenbegrenzung
3. Haftung gegenüber Dritten
(a) aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
(b) aus Auskunftsvertrag
(c) aus deliktischen Ansprüchen
III Thesenförmige Zusammenfassung
Rechtsprechungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
I Problemstellung
Die Haftung des Abschlussprüfers ist ein hochaktuelles Thema für Wirtschafts-prüfer und WPG in Deutschland. Die Rechtsprechung befindet sich im Wandel und kann für die Abschlussprüfer weitreichende, unter Umständen existenzielle Konsequenzen haben.
Im Rahmen dieser Seminararbeit werden zunächst die Probleme erläutert, die sich bei der Ermittlung der Pflichten des AP ergeben. Diese treten sowohl bei der Entwicklung der Pflichten aus den Grundsätzen ordnungsmäßiger Abschluss-
prüfung als auch bei der Anwendbarkeit im Haftungsfall auf. Es wird in diesem Zusammenhang auf die interpretationsbedürftigste Pflicht des AP – die Pflicht zur Gewissenhaftigkeit – umfassender eingegangen. Der Hauptteil der Arbeit beschäftigt sich mit der Haftung des AP gegenüber den auftraggebenden Unternehmen und gegenüber geschädigten Dritten. Genauer eingegangen wird auf die Konsequenzen der Begrenzung der Haftungssumme bei Schadenersatzan-
sprüchen der Auftraggeber und deren Relevanz bei der Haftung gegenüber Dritten. Im Rahmen der Haftung gegenüber Dritten liegt der Fokus auf den möglichen Anspruchsgrundlagen und im speziellen auf den aktuellen Entwicklungen der Dritthaftung in Deutschland und deren möglichen gravierenden Konsequenzen für den Berufstand des AP.
II 1. Pflichten des Abschlussprüfers
II 1.(a) Ableitung der Pflichten aus den Grundsätzen ordnungsmäßiger Abschlussprüfung
Die Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfung bestehen aus einem System von Normen, das das Verhalten der AP steuern soll.[1] Die GoA sind – im Gegensatz zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung - nicht als Regelsystem im Gesetz zu finden. Sie bestehen vielmehr aus verschiedenen rechtlichen Normen und standespolitischen Verlautbarungen, die als Interpretationshilfen dienen.[2] Neben der Berufssatzung der WPK[3] bieten die Verlautbarungen des IDW in Form der deutschen Prüfungsgrundsätze ( IDW PS), Stellungnahmen zur Rechnungslegung
( IDW RS ) und der IDW Rechnungslegungshinweise ( IDW RH) wichtige Interpretationen der GoA. Obwohl diese für den AP eine „verläßliche Richt-schnur“[4] darstellen, sind sie weder für den AP noch für Gerichte unmittelbar rechtlich bindend. Die unter den Gliederungspunkten (b)-(e) erläuterten Pflichten sind, indem sie in § 323 HGB gesetzlich geregelt sind, für den AP als GoA verbindlich. Weil im Gesetz diese als unbestimmte Rechtsbegriffe nur generalklauselartig angeführt werden, wird auf die Interpretationen – insbesondere bei der Pflicht zur Gewissenhaftigkeit – näher eingegangen.
II.1. (b) Gewissenhaftigkeit
Gemäß § 323 Abs 1 S 1 HGB und § 43 Abs 1 S1 WPO ist der Abschlussprüfer zu einer gewissenhaften Prüfung bzw. Ausübung seines Berufes verpflichtet. Neben dem AP umfasst der aus § 323 verpflichtete Personenkreis die Gehilfen des AP und die gesetzlichen Vertreter der Prüfungsgesellschaft. Die Wahl der Gesetzgeber des im deutschen Zivilrecht ungewöhnlichen und unbestimmten Rechtsbegriffes `gewissenhaft´ hat zur Vermutung geführt, dass der Gesetzgeber ein besonders hohes Maß an Sorgfalt im Vergleich zum Gebot der Sorgfaltspflicht gemäß § 276 Abs.1 S2 will.[5] Der Abschluss des Prüfungsauftrages gemäß § 318 HGB verpflichtet den AP mit der „im Verkehr erforderlichen Sorgfalt“ zu handeln nach § 276 Abs 1 BGB. Die nach hM anzuwendende normative Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriff „gewissenhaft“ verlangt, dass man sich daran zu orientieren hat, „was nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelungen über die Jahresabschlussprüfungen und ihr Substrat erforderlich[Anm.d.Verf.][6] ist“[7].
Orientierung darüber, welches Maß an Sorgfalt ( Gewissenhaftigkeit ) erforderlich ist, bieten neben den Verlautbarungen des IDW die Berufssatzung der WPK.
Die WPK hat versucht, im Rahmen ihrer Satzungsermächtigung gem. § 57 Abs. 4 Nr. 1 a WPO den Grundsatz der Gewissenhaftigkeit insbesondere durch die §§ 4-8 Berufssatzung WPK[8] zu konkretisieren.
Der AP hat sich an Gesetze zu binden und sich über Bestimmungen und fachliche Regelungen zu unterrichten, die seinen Berufsstand betreffen[9]. Er hat sicher-zustellen, dass seine fachliche Kompetenz erhalten bleibt, damit er die geforderten gesetzlichen Aufgaben gewissenhaft erfüllen kann. Der AP muss die Vor-aussetzungen schaffen, so dass die übernommenen Aufträge ordnungsgemäß durchgeführt und zeitgerecht abgeschlossen werden. Falls das nicht gewährleistet werden kann, ist das Auftragsverhältnis zu beenden.
Voraussetzung für eine gewissenhafte Berufsausführung ist die Überprüfung der fachlichen und persönlichen Eignung einzustellender Mitarbeiter, sowie eine Aus-
und Fortbildung, um die Qualifikation der Berufsarbeit sicherzustellen[10]. Eine Nichtbeachtung dieser § 43 WPO konkretisierenden Berufspflichten führt idR zu einem Verstoß des § 323 Abs.1 S1.[11]
II.1. (c) Unparteilichkeit
Nach § 323 Abs 1 S1 ist der AP zur unparteiischen Prüfung verpflichtet. Der AP hat bei der gesetzlichen Pflichtprüfung neben den Interessen des Unternehmens auch die Interessen der Gläubiger, Mitarbeiter und der Allgemeinheit zu berück-
sichtigen.[12]. Die inhaltlich deckungsgleiche Pflicht findet sich im § 43 Abs 1 S2 WPO sowie konkretisiert im § 20 Abs 1 S1 Berufssatzung.[13] Durch den Grundsatz der Unparteilichkeit soll eine Beeinflussung der AP besonders durch die Organe der zu prüfenden Unternehmen verhindert werden. Die Besorgnis der Beeinflussung mit der Folge der Befangenheit des AP liegt gemäß § 21 Abs 2 der Berufssatzung insbesondere in folgenden nahen Beziehungen des AP zu einem Beteiligten oder zum Gegenstand der Beurteilung vor:
Nach Nr. 1 zwischen Angehörigen im Sinne des § 15 AO. Gemäß Nr.2 bei finanziellen und kapitalmäßigen Bindungen des AP gegenüber dem zu prüfenden, begutachtenden oder auftragserteilenden Unternehmen oder gegenüber einem Beteiligten oder widerstreitenden Interessierten. Eine weitere nahe Beziehung besteht gemäß Nr. 3 bei der Gefahr einer Interessenkollision.
Weitere Fallgruppen für das Bestehen von nahen Beziehungen werden im § 21 Abs.3 S1 und S2 der Berufssatzung genannt. In den allen Fällen ist eine Einzelfallbetrachtung nötig um zu prüfen, ob der Anschein der Befangenheit gegeben sein könnte, die den AP zur Versagung der Tätigkeit verpflichtet.[14]
[...]
[1] Vgl. Rückle, Dieter, in: Enzyklopädie der Betriebswirtschaftslehre, Band 8, Handwörterbuch der Revision, Stuttgart 1983, hier Sp.554
[2] Vgl. Niemann, Walter, Grundsätze ordnungsmäßiger Durchführung von Abschlussprüfungen im Umbruch?, in: DStR 2003, hier S. 1454
[3] Satzung der Wirtschaftsprüferkammer über die Rechte und Pflichten bei der Ausübung der Berufe des Wirtschaftsprüfers und des vereidigten Buchprüfers (Berufssatzung für Wirtschaftsprüfer/vereidigte Buchprüfer - BS WP/vBP) vom 11.6.1996 idF vom 11.3.2002
[4] Adler/Düring/Schmaltz: Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen - Kommentar zum HGB, AktG, GmbHG, PublG nach den Vorschriften des Bilanzrichtlinien-Gesetzes.; 6.Auflage, Stuttgart 1995-2000, hier Rz 22
[5] Vgl. Ebke, Werner, in: Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, Band 4, Drittes Buch, Handelsbücher §§ 238-342a HGB, bearb. von Ebke, Werner, München 2001, hier Rz. 35 ;
Ebke, Werner: Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, in: Schriften zum deutschen und europäischen Zivil-, Handels- und Prozessrecht Band 95, Bielfeld 1983, hier S. 20
[6] [Im Original kursiv]
[7] Vgl Ebke, Werner: Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, a.a.O., hier S. 21
[8] Satzung der Wirtschaftsprüferkammer über die Rechte und Pflichten bei der
Ausübung der Berufe des Wirtschaftsprüfers und des vereidigten Buchprüfers
(Berufssatzung für Wirtschaftsprüfer/vereidigte Buchprüfer - BS WP/vBP) vom 11.6.1996
idF vom 11.3.2002
[9] Vgl. Budde, Wolfgang Dieter / Hense, Burkhardt: Kommentar zu § 323 HGB, in: Beck´scher Bilanzkommentar Handels- und Steuerrecht - §§ 238 bis 339 HGB -, 5.,völlig neu bearbeitete Auflage, bearb. von Budde, Wolfgang Dieter u.a., München 2003, hier Rz. 14.
[10] vgl. Begründung zu § 5; Satzung der Wirtschaftsprüferkammer über die Rechte und Pflichten bei der Ausübung der Berufe des Wirtschaftsprüfers und des vereidigten Buchprüfers (Berufssatzung für Wirtschaftsprüfer/vereidigte Buchprüfer - BS WP/vBP) vom 11.6.1996 idF vom 11.3.2002
[11] Adler/Düring/Schmaltz: Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, a.a.O., hier Rz. 24
[12] Vgl. Budde, Wolfgang Dieter / Hense, Burkhardt: Kommentar zu § 323 HGB, a.a.O., hier Rz 25
[13] Vgl. Budde, Wolfgang Dieter / Hense, Burkhardt: Kommentar zu § 323 HGB,a.a.O., hier Rz 27; Vgl. Ebke, Werner: Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, a.a.O, hier Rz 42
[14] Vgl. Begründung zu § 21 Abs. 3 Berufssatzung, Vgl. Berufssatzung, Begründung zu § 20
- Quote paper
- Christian Gruss (Author), 2004, Grundfragen und Einzelprobleme der Haftung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50131
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