„Die Kunst ist in ihrer Auffassung und Richtung von der Zeit abhängig, in der sie lebt, und die Künstler sind Kreaturen ihrer Epoche. Die höchste Kunst wird diejenige sein, die in ihren Bewußtseinsinhalten die tausendfachen Probleme der Zeit präsentiert (…).“ (Huelsenbeck 1984: 31) Mit diesen Sätzen beginnt ein wichtiges Dokument des 20. Jahrhunderts, das Dadaistische Manifest von 1918. Den Dadaisten ging es darum, mit sämtlichen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln gestaltend in das als überkommen und verkommen erlebte Klima während des ersten Weltkrieges und später der Weimarer Republik einzugreifen und die Haltung der Menschen grundlegend zu verändern. Die in Metamorphose begriffene Welt sollte in ihren Augen durch Zersetzung weiter getrieben werden, auf daß nach der Notwendigkeit des Untergangs, nach der Götter- und Götzendämmerung die Kunst gleichsam wie ein Phönix aus der Asche stiege. Dieser Anarchismus oder, um mit Richard Huelsenbeck (1984: 13ff) zu sprechen, dieser „schöpferische Irrationalismus“ diente also nicht so sehr der Legitimation dadaistischer Destruktivität, sondern vielmehr der Begründung avantgardistischer „neuer Kunst“ und der damit verbundenen Utopie eines „neuen Lebens“. Die Dadaisten, die sich als Avantgarde, als Vorhut und Vorkämpfer einer neuen Kunst und eines neuen Lebens verstanden, haben damit in nuce das formuliert, was Hartmann gut 800 Jahre zuvor mit seinen Werken verfolgte: Durch das Zerbrechen oberflächlicher Tugendvorstellungen eine Erweiterung des Daseins herbeizuführen. Freilich, die Situation der sich auf der Flucht oder im Exil befindlichen Dadaisten kann nicht so ohne weiteres mit den lebensweltlichen Situation Hartmanns von Aue verglichen werden; fest steht, daß in beiden Fällen die politischen und soziokulturellen Lebensumstände in der Dichtung ihren Niederschlag gefunden haben. Fest steht aber auch, daß umgekehrt ihre Dichtung utopische und lebenspraktische Modelle liefert zur Veränderung und Umgestaltung des Bestehenden. Dieser dialektische Aspekt ist zu beachten, wenn im folgenden auf die Entstehung des Artusromans und die damit einhergehenden Leitbilder und Kanones eingegangen werden soll.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Hartmanns Artusromane als Modell sozialer Identitätsbildung
- Zur heilsgeschichtlichen Struktur im Iwein
- Symbolische Signalisierungen
- Bezüge zur geistlichen Naturdeutung
- Biblische Referenzen
- Löwe ohne Ende
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die Symbolik des Löwen in Hartmanns Iwein. Sie befasst sich mit der Frage, welche Bedeutung der Löwe für die Selbstwerdung des Titelhelden hat und welche Sinndimensionen dieser Figur zukommen.
- Die Rolle des Löwen in der Selbstfindung des Helden
- Die Verbindung von christlicher und höfischer Symbolik
- Die Integration von Geistlichem und Weltlichem in Hartmanns Iwein
- Die Einbindung des Löwen in die heilsgeschichtliche Struktur des Romans
- Die Bedeutung des Löwen im Kontext der mittelalterlichen Welt- und Geschichtsauffassung
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung skizziert den Kontext des Romans und die Relevanz des Themas. Sie stellt den Dadaismus und dessen Einfluss auf die Kunst des 20. Jahrhunderts als Gegenstück zu Hartmanns Werk dar. Beide Bewegungen strebten nach einer grundlegenden Veränderung der gesellschaftlichen und künstlerischen Normen.
Hartmanns Artusromane als Modell sozialer Identitätsbildung
Dieses Kapitel beleuchtet den Einfluss französischer Literatur auf die Entstehung des deutschen Artusromans. Es wird deutlich, dass der deutsche Artusroman anders als seine französischen Vorläufer nicht auf die historische Herrschermythos fokussiert, sondern auf das adelige Leitbild im Kontext der mittelalterlichen Gesellschaft.
Zur heilsgeschichtlichen Struktur im Iwein
Das Kapitel beleuchtet die heilsgeschichtliche Struktur des Romans und die damit verbundene zentrale Frage des Weges zu einem integrierten Selbst. Es werden Parallelen zu christlichen Themen und Begriffen wie der Selbsterforschung und der Mystik gezogen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit dem Artusroman, der mittelalterlichen Welt- und Geschichtsauffassung, der Symbolik des Löwen, dem Leitbild der höfischen Gesellschaft, der Selbstwerdung des Helden und der heilsgeschichtlichen Struktur in Hartmanns Iwein.
- Arbeit zitieren
- Kristina Werndl (Autor:in), 2001, Zur Symbolik des Löwen in Hartmanns Iwein, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50177