Augmented Reality und Sensitive Robotik. Wie wirken sie auf die Industrie 4.0?


Bachelorarbeit, 2017

59 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Lean Production
2.1 Das Just-In-Time Prinzip
2.1.1 One-Piece-Flow
2.1.2 Fließfertigung
2.1.3 Produktionsnivellierung-und glättung
2.1.4 Umrüsten
2.1.5 Taktfertigung
2.1.6 Pull-Produktion
2.2 Autonome Automation (jidoka)
2.2.1 Andon
2.2.2 Poka-Yoke
2.2.3 Total Productive Maintenance
2.2.4 5W-Methode
2.3 Kontinuierlicher Verbesserungsprozess
2.4 Standardisierung

3. Industrie
3.1 Historie
3.2 Von CIM bis zur Industrie
3.3 Zusammenhänge der Komponenten von Industrie
3.4 Technologiefelder aus Industrie
3.5 Augmented Reality
3.5.1 Ziele von Augmented Reality
3.5.2 Industrielle Einsatzmöglichkeiten von Augmented Reality
3.6. Sensitive Robotik

4. Wirkungsweise ausgewählter Technologien auf schlanke Produktionssysteme
4.1 Wirkungsweise von Augmented Reality auf schlanke Produktionssysteme
4.1.1 Fließfertigung und Augmented Reality
4.1.2 Taktfertigung und Augmented Reality
4.1.3 Pull-Produktion und Augmented Reality
4.1.4 Prozessstabilität und Augmented Reality
4.1.5 Verschwendungseliminierung und Augmented Reality
4.2 Wirkungsweise von Sensitive Robotik auf schlanke Produktionssysteme
4.2.1 Fließfertigung und Sensitive Robotik
4.2.2 Taktfertigung und Sensitive Robotik
4.2.3 Pull-Produktion und Sensitive Robotik
4.2.4 Prozessstabilität und Sensitive Robotik
4.2.5 Verschwendungseliminierung und Sensitive Robotik

5. Risiken
5.1 Augmented Reality Risiken
5.2 Sensitive Robotik Risiken

6. Fazit

7. Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Das Toyota Produktionssystem (Spath, 2003, S. 194)

Abbildung 2: Beispiel eines Produktionskanban (Lean-Production Expert, 2014)

Abbildung 3: Methoden zur Einführung der Schlanken Produktion (Scharf, 2005, S.3)

Abbildung 4: Entwicklung der Industriellen Revolution (in Anlehnung an Obermaier, 2016, S.4)

Abbildung 5: Von CIM zu Industrie 4.0 (Siepmann, 2016, S.21)

Abbildung 6: Zusammenhänge von Komponenten aus Industrie 4.0 (Siepmann, 2016, S.22)

Abbildung 7: Die Funktionsweise von AR (Glockner et al., 2014, S.3)

Abbildung 8: KUKA Leichtbauroboter iiwa (Directindustry, 2017)

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Technologiefelder aus Industrie 4.0 und Reifegrad (Obermaier, 2016, S.14)

Tabelle 2: Wirkungsweise von AR und Sensitive Robotik auf schlanke Produktionsmethoden (Eigene Darstellung)

Abkürzungen (alphabetisch sortiert)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Das Zeitalter der Digitalisierung, in dem reale und digitale Welt miteinander verschmelzen, verändert das Leben von Menschen und Unternehmen drastisch. Der Wettbewerb wird immer intensiver, Kundenwünsche werden immer individueller und Produktlebenszyklen immer kürzer. Industrie 4.0, was für vierte industrielle Revolution steht, wird oftmals als Begriff verwendet, um diesen Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft zu beschreiben. Im Zuge dieser vierten industriellen Revolution erobern neue Technologien die deutschen Fabrikhallen, durch die ein vernetztes, kosteneffizienteres Arbeiten ermöglicht wird, um erfolgreich auf die Vielfältigkeit der Kundenwünsche und dem zunehmenden Wettbewerb zu reagieren. Doch wie wirken sich diese Technologien auf bestehende Produktionssysteme aus? Müssen diese durch diesen digitalen Wandel neu konzipiert werden, oder kann an diese angeknüpft werden?

Die schlanke Produktion gilt als ressourceneffizienteste Form der Fertigung. Ihren Ursprung stellt das Toyota-Produktionssystem dar, welches in Japan während der Nachkriegszeit geschaffen wurde. Taiichi Ohno, der Entwickler des Toyota-Produktionssystems, verfolgte das Ziel ein System zu schaffen, dass bei einer großen Typenvielfalt und niedriger Nachfrage die Wettbewerbsfähigkeit von Toyota sicherte. Die Methoden und Prinzipen einer schlanken Produktion, die vom Toyota-Produktionssystem geprägt wurden, werden aufgrund der positiven Resultate von zahlenreichen Unternehmen weltweit praktiziert.

In dieser Bachelorarbeit wird die Wirkungsweise zweier Technologien aus Industrie 4.0, nämlich Augmented Reality und Sensitive Robotik auf schlanke Produktionssysteme untersucht. Lässt sich ein altes Fertigungssystem mit innovativen Technologien aus Industrie 4.0 vereinbaren? Und wenn ja, dann wie? Die Forschungshypothese, die durch diese Arbeit zu bestätigen oder wiederlegen gilt lautet in diesem Kontext:

„Die Technologien aus Industrie 4.0 Augmented Reality und Sensitive Robotik haben eine positive Wirkungsweise auf schlanke Produktionssysteme“.

Beginnend mit dem zweiten Kapitel dieser Arbeit wird behandelt, was schlanke Produktion genau ist, was die Ziele sind und durch welche Methoden und Prinzipien sich diese erreichen lassen. Das dritte Kapitel dieser Arbeit befasst sich mit Industrie 4.0. Neben der Begriffserklärung und der Historie, werden die Gesamtzusammenhänge der Komponenten von Industrie 4.0 erläutert, um ein verständlicheres Gesamtbild zu schaffen. Des Weiteren werden die ausgewählten Technologien Augmented Reality und Sensitive Robotik in entsprechende Technologiefelder eingeordnet und deren Funktionsweise näher beleuchtet. Im vierten Kapitel erfolgt die theoretische Verknüpfung von schlanker Produktion und den Technologien Augmented Reality und Sensitive Robotik. Dieses Kapitel stellt den Schwerpunkt dieser wissenschaftlichen Arbeit dar. In Kapitel fünf werden die Risiken erläutert, die durch die Nutzung der Technologien entstehen könnten. Abschließend werden in Kapitel sechs durch ein Fazit die Erkenntnisse dieser Arbeit zusammengefasst, sowie durch einen Ausblick abgerundet.

2. Lean Production

Der Begriff Lean Production (auf Deutsch: schlanke Produktion) beschreibt die schlanke und agile Form der Produktion eines Unternehmens und wurde vom Toyota-Produktionssystem, entwickelt von Taiichi Ohno, weitestgehend geprägt (Vgl. Ohno, 1993, S.9; Vgl. Liker, 2009, S.27). Das Toyota-Produktionssystem wurde während der Nachkriegszeit in Japan aus Notwendigkeit heraus entwickelt, um sich an die Restriktionen der derzeitigen Mängelwirtschaft anzupassen. Dabei galt es ein Produktionssystem mit vielen Typen und kleinen Stückzahlen bei niedriger Nachfrage zu schaffen (Vgl. Ohno, 1993, S.19f., S.28; Vgl. Spath, 2003, S.41). Dieses, als wirtschaftlich betrachtete, Konzept wurde Anfang der 1990er Jahre von einer wissenschaftlichen Vergleichsstudie vom Massachusetts Institute of Technology (kurz: MIT) über Produktions-und Rationalisierungskonzepte namens „The machine that changed the world“ (Womack, Jones, Roos 1990) als „schlanke Produktion“ (Lean Production) bezeichnet, um die erfolgreiche Andersartigkeit von Toyota im Vergleich zur Massenproduktion zum Ausdruck zu bringen (Vgl. Spath, 2003, S.192; Vgl. Ohno, 1993, S.12). Somit verfolgt ein schlankes Produktionssystem das Ziel, hohe Produktqualität zu niedrigen Preisen anzubieten und auf zunehmende Diversifizierung reagieren zu können (Flexibilität), um beispielsweise dem Unternehmen während einer Rezession Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten (Vgl. Takeda, 2002, S.20).

Als Hauptziel und Grundlage des Toyota-Produktionssystems wird die Erhöhung der Wirtschaftlichkeit der Produktion durch völlige Beseitigung von Verschwendung (auf Japanisch: mud a) beschrieben (Vgl. Ohno, 1993, S.19; Vgl. Spath, 2003, S. 192). Hierbei kommt es zunächst zur Aufteilung von Produktions-bzw. Unternehmensprozessen in wertschöpfende und nicht-wertschöpfende Tätigkeiten, wobei die nicht-wertschöpfenden Tätigkeiten Verschwendung darstellen.

Unterschieden werden sieben Arten der Verschwendung:

1. In Form von Überproduktion,
2. In Form von Wartezeiten,
3. Durch Transport,
4. Bei der Bearbeitung selbst (Überarbeitung),
5. Durch Lagerhaltung,
6. In Form von überflüssigen Bewegungen,
7. In Form von defekten Produkten bzw. durch die Produktion von Schlechtteilen.

Ohno beschreibt Verschwendung in Form von Überproduktion als die schwerwiegendste Art von Verschwendung, da sie andere Verschwendungsarten wie beispielsweise Lagerhaltung oder zusätzlichen Transport nach sich zieht.

Takeda unterteilt zudem Verschwendung in drei unterschiedliche Ebenen: 1. katakana muda (Verschwendung, die sofort eliminiert werden kann, wie z.B. Doppelarbeit, Warten und Suchen), 2. hiragana muda (Arbeitsläufe, die Verschwendung darstellen aber unter den jetzigen Bedingungen durchgeführt werden müssen, wie z.B. der Handbetrieb von Maschinen, Reinigen und Transportieren) und 3. kanji muda (Verschwendung, die auf Maschinen und Anlagen zurückzuführen ist, wie z.B. überdimensionierte Maschinen, deren Leistung nicht an den Takt angepasst ist). Außerdem, betont Spath, dass durch die Vermeidung von Verschwendung der Fokus auf rein wertschöpfende Tätigkeiten ermöglicht wird, welche im Idealfall lückenlos verkettet sind (Vgl. Takeda, 2002, S.153ff.; Vgl. Takeda, 1996, S. 95ff.; Vgl. Spath, 2003, S.192; Vgl Ohno, 1993, S.42, S.46, S.88).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Das Toyota Produktionssystem (Spath, 2003, S. 194)

Neben der Beseitigung von Verschwendung als Grundlage des Toyota-Produktionssystems (siehe Abbildung 1) bestehst das System aus zwei weiteren Säulen zur Unterstützung der Zielsetzung: 1. das Just-in-Time (JIT) Prinzip und 2. das Konzept der autonomen Automation (kurz: Autonomation, auf Japanisch: jidoka) (Vgl. Ohno, 1993, S.30). Die Stützsäulen Total Quality Control (kurz: TQC) streben die Erhöhung der Kundenzufriedenheit an, in dem alle Mitarbeiter an der Optimierung der Qualität von Produkten und Dienstleistungen auf allen Ebenen mitwirken (Voigt, o.J). TQC wird aus Relevanzgründen in dieser wissenschaftlichen Arbeit nicht ausführlicher behandelt.

Eine Kennzahl, die als zentrale Output-Messgröße in schlanken Produktionssystemen dient, ist die Wertstromeffizienz. Diese wird durch eine Wertstromanalyse ermittelt, in welcher die Prozesse und Material-und Informationsflüsse visuell abgebildet werden. Dadurch wird eine Möglichkeit geschaffen, bei der man alle wertschöpfenden und nicht-wertschöpfenden Aktivitäten durch eine einfache Symbolik erfassen kann, mit dem Ziel Wertschöpfung zu erhöhen und Verschwendung zu beseitigen (Vgl. Spath, 2003, S.211; Vgl. Liker, 2009, S. 380).

2.1 Das Just-In-Time Prinzip

Die erste Säule, Just-in-Time, verfolgt das Ziel, dass nur tatsächlich benötigte Teile produziert werden: im richtigen Moment, verschwendungsfrei und in der gewünschten Qualität. Liker beschreibt Just-In-Time als „ ein Set an Prinzipien, Instrumenten und Techniken, die dem Unternehmen ermöglichen, kleine Mengen in kurzen Durchlaufzeiten zu produzieren und zu liefern, um spezifische Kundenbedürfnisse zu erfüllen “ (Liker, 2009, S.52). Die 5R der Logistik resultieren durch die Umsetzung von JIT. Diese stehen für: Das richtige Produkt, in der richtigen Menge, in der richtigen Qualität, am richtigen Ort, zur richtigen Zeit (Vgl. Hausladen, 2016, S.4). Wird das Just-In-Time Prinzip korrekt umgesetzt, so kann sich das Unternehmen einem Null-Lagerbestand annähern. Ohno betont allerdings, dass Just-in-Time nicht nur auf Material anwendbar ist, sondern auch auf Informationen. Dies wird dadurch begründet, dass Informationsüberflutung Verschwendung verursachen kann. Daher ist es laut Ohno erstrebenswert, die richtigen Informationen zum richtigen Zeitpunkt an die richtigen Personen zu übermitteln. Das Just-in-Time Prinzip ermöglicht eine bedarfsorientierte Produktion und wird durch folgende Methoden umgesetzt: Fließfertigung, Taktfertigung und Pull-Produktion (Vgl. Ohno, 1993, S.30, S.76; Vgl. Spath, 2003, S.58; Vgl. Liker, 2009, S.52).

2.1.1 One-Piece-Flow

Der One-Piece-Flow (kurz: OPF, auf Deutsch: Einzelstückfluss) stellt den Ausgangspunkt einer schlanken Produktion dar, sowie die Voraussetzung für den Aufbau einer Fließfertigung in einem Unternehmen. Das wichtigste Ziel des OPF ist es, die Durchlaufzeit bei der Produktion zu reduzieren. Unter Durchlaufzeit ist die tatsächliche Aufenthaltsdauer des Materials im gesamten Produktionsablauf zu verstehen. Takeda unterstreicht die Wichtigkeit der Ziffer 1 dieser Methode, da beim Einzelstückfluss jedes Stück einzeln im Takt gefertigt, transportiert und weitergegeben wird. Ziel des OPF ist es, einen ununterbrochenen, durchgängigen Fluss vom Vormaterial bis zum Fertigprodukt zu erreichen. Aufgrund der hohen Schwierigkeit, dies auf einmal umzusetzen, wird der Einzelstückfluss zunächst in einzelnen Produktionslinien aufgebaut, die schrittweise miteinander verknüpft werden (Vgl. Takeda, 2002, S.55).

Da beim Einzelstückfluss Teile nach jedem Produktionsschritt unmittelbar an den nächsten Produktionsschritt weitergeleitet (der nachgelagerte Prozess zieht einzeln heran) und somit Zwischenbestände möglichst vermieden werden, resultieren kürzere Durchlaufzeiten (Ziel des Einzelstückflusses) durch einen schmalen Materialfluss in der Fertigung. Um den schmalen Fluss allerdings zu erreichen, müssen Bewegungsabläufe durch Übung und Zusammenarbeit perfektioniert werden (Etablierung von Standards). Da jedes Stück einzeln bearbeitet wird, besteht beim Einzelstückfluss ebenfalls die Möglichkeit, auf Diversifikation flexibel zu reagieren und beim Auftreten von Qualitätsmängeln sofort Maßnahmen zu treffen. Verschwendungen wie Überproduktion, Lagerhaltung, Bearbeitung, Transport und Bewegung werden beim Einzelstückfluss in Verschwendung durch Wartezeit umgewandelt (Vgl. Spath, 2003, S.58; Vgl. Takeda, 2002, S.11, S.55ff.). Da beim OPF jedes Teil einzeln bearbeitet wird, müssen Maschinen dementsprechend oft umgerüstet werden. Daher gilt schnelles Umrüsten als Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung eines OPF. Kapitel 2.1.4 befasst sich näher mit dem Thema Umrüsten.

2.1.2 Fließfertigung

Werden die einzelnen Produktionsbereiche, die im Einzelstückfluss produzieren, erfolgreich durch das gesamte Werk miteinander verknüpft, so kann man vom Aufbau einer Fließfertigung sprechen (als nachfolgenden Schritt zum Einzelstückfluss) (Vgl. Takeda, 2002, S.247). Bei der Fließfertigung erfolgt standardisierte und rhythmisch sich wiederholende Arbeit (in der Taktzeit) über das komplette Werk hinaus. Der hohe Standardisierungsgrad und Visuelles Management ermöglichen das schnelle Erkennen von Soll-Ist-Abweichungen, sodass Verschwendung sichtbar gemacht werden kann und Gegenmaßnahmen eingeleitet werden können. Zudem birgt die Standardisierung der Bewegungsabläufe eine Basis für Qualitätssicherung, Kaizenaktivitäten (siehe Kapitel 2.3) und Arbeitssicherheit (Vgl. Takeda, 2002, S.67f.).

Um die kürzeste Bahn im Fluss zu erreichen, werden Maschinen oftmals in einem U-förmigen Layout (auch: U-Linie) angeordnet. Dabei werden Maschinen in der Reihenfolge der Arbeitsgänge (entgegen dem Uhrzeigersinn, da die meisten Menschen Rechtshänder sind) möglichst dicht aneinander gestellt und Ein-und Ausgang der U-Linie stehen parallel zueinander. In diesem Zusammenhang bedient ein Arbeiter mehrere, hintereinander gestellte Maschinen und die Anzahl der Arbeiter kann entsprechend dem Bedarf angepasst werden. Ohno griff 1947 erstmals den Gedanken des vielfach qualifizierten Mitarbeiters, der mehrere Maschinen im Fluss bedient, auf, um Produktivitätssteigerung und Ersparnisse in Form von Personalabbau zu erreichen, sowie die Flexibilität zu erhöhen. (Vgl. Takeda, 2002, S.68f.; Vgl. Ohno, 1993, S.36ff.; Vgl. Spath, 2003, S.207).

2.1.3 Produktionsnivellierung-und glättung

Weitere flexibilisierende und gleichzeitig kostensenkende Instrumente bzw. Methoden des Toyota Produktionssystems stellen Produktionsnivellierung-und Glättung dar. Ziel dieser Instrumente ist Effizienzsteigerung durch eine gleichmäßige Produktionsauslastung, auf die sich die Produktion optimal einstellen kann.

Nivellieren bedeutet, dass die Monatsproduktion/Gesamtstückzahl in Tagesteilmengen unterteilt wird. Dadurch wird verhindert, dass zu bestimmten Zeiten viel Leerlauf und zu anderen Zeiten übermäßige Belastung in der Produktion entsteht, was beides Verschwendung bergen kann (Vgl. Ohno, 1993, S.39f.; Vgl. Takeda, 2002, S.41; Vgl. Spath, 2003, S.59).

Bei der Produktionsglättung (weitere Feinteilung der nivellierten Produktion) werden die Tagesmengen in weitere Teilmengen unterteilt, was eine Erhöhung der Produktionsfrequenz nach sich zieht (durch eine Erhöhung der Zyklenanzahl).Die Anzahl der Zyklen drückt aus, wie oft dasselbe Produkt im Laufe eines Tages von der Auslieferungsstelle herangezogen wird. Dabei kommt es zur Eliminierung von Schwankungen in Bezug auf Sorte und Menge sowie zu geringen Umlaufbeständen (Vgl. Takeda, 2002, S.44, S.49). Um zu berechnen, in welchem Zeitabstand dasselbe Produkt wieder produziert wird, verwendet man den sogenannten EPEI (Every part every interval). Dieser ergibt sich aus dem Verhältnis von Ist-Rüstzeit zu Soll-Rüstzeit je Zeiteinheit (Vgl. Reuter, Skript zur Vertiefung Operationsmanagement WS 16/17).

Im Kontrast zur Produktion in großen Losen (Massenproduktion), verfolgen schlanke Produktionssysteme durch Produktionsnivellierung-und glättung das Ziel in möglichst kleinen Losen zu produzieren. Dadurch wird Verschwendung durch Überproduktion und Lagerhaltung eliminiert und eine schnelle Reaktion auf die schwankende Nachfrage, sowie auf zunehmende Marktdiversifizierung, gegeben. Takeda betont hierbei, dass durch eine auf Lieferschwankungen und Diversität reagierende Produktionsweise, Herstellkosten minimiert werden und Wettbewerbsvorteile durch das bessere Erfüllen der Kundenwünsche entstehen können (Vgl. Ohno, 1993, S.66f.; Vgl. Spath, 2003, S.59; Takeda, 2002, S.43).

2.1.4 Umrüsten

Als Voraussetzung für eine erfolgreiche nivellierte, geglättete Produktion und dem One-Piece-Flow gilt die Reduzierung der Umrüstzeit von Maschinen. Takeda definiert Umrüstzeit als „ Zeit vom Produktionsende des gerade produzierenden Produkts bis zu dem Zeitpunkt, vom dem an Gutteile des nächsten Produkts hergestellt werden “ (Takeda, 2002, S.79). Hintergrund davon ist, dass in möglichst kleinen Losen produziert wird, was mit häufigem Werkzeugwechsel/Rüstvorgängen verbunden sein kann, aber gleichzeitig kurze Durchlaufzeiten angestrebt werden (Minimierung von Stillstandzeiten) (Vgl. Ohno, 1993, S.66, S.124; Vgl. Spath, 2003, S.59; Vgl. Takeda, 2002, S.79, S.246). Im Rahmen der schlanken Produktion ist es somit von Bedeutung Rüstvorgänge zu minimieren, da je kürzer die Rüstzeit, desto flexibler die Prozesse (Vgl. Ohno, 1993, S.124).

Eine Methode, die im Rahmen der schlanken Produktion zu einer reduzierten Rüstzeit führen kann, ist zum Beispiel das SMED-Umrüsten (Single Minute Exchange of Die, auf Deutsch: Werkzeugwechsel im einstelligen Minutenbereich) (Vgl. Spath, 2003, S.73; Takeda, 2002, S. 82f.).

Takeda beschreibt das Vorgehen des SMED-Umrüstens durch folgende Schritte:

1. Das Erfassen des Ist-Zustandes des Rüstvorganges durch Aufnahmen
2. Anwendung der 6 S (Aussortieren, Aufräumen, Reinigen, Erhalten des geordneten, sauberen Zustands, Disziplin und Gewöhnung als Grundgestaltung des Arbeitsumfelds)
3. Standardisierung der Arbeitsschritte (Arbeitsvorschrift für das Umrüsten)
4. Trennung von internen Rüsten (Umrüsten, das nur bei Maschinenstillstand erfolgt) und externen Rüsten (Umrüsten, das während des Laufens der Maschine durchgeführt werden kann)
5. Verlagerung vom internen zum externen Umrüsten
6. Weitere Reduzierung der internen Umrüstzeiten (zum Beispiel durch die Verwendung von bedienerfreundlichem Werkzeug)
7. Reduzierung der externen Rüstzeit (Standardisierung, Voreinstellungen und Vorbereitungen)
8. Reduzierung der Umrüstzeit auf das Minimum (Takeda, 2002, S.83).

2.1.5 Taktfertigung

Im Rahmen eines schlanken Produktionssystems gilt es jedes einzelne Teil in der Taktzeit bzw. im Kundentakt zu produzieren. Takeda definiert Taktzeit als „ der vom nachgelagerten Prozess (Kunden) vorgegebenen Zeitrahmen, der für die Produktion eines Teils zur Verfügung steht “ (Takeda, 2002, S.109f). Liker beschreibt die Taktzeit als ein Mittel, mit dem sich das Tempo der Fertigung bestimmen lässt und Arbeiter dementsprechend bei Über-oder Unterschreitungen auf die Abweichungen hingewiesen werden sollten. Bei Nichteinhaltung der Taktzeit, z.B. bei zu hohem Tempo, kommt es zu Verschwendung in Form von Überproduktion. Bei zu niedrigem Tempo können Engpässe an manchen Bearbeitungsstationen entstehen (Vgl. Liker, 2009, S.145). An dieser Stelle können auch die Verschwendungsarten muri (Überlastung eines Prozesses) und mura (Ausgeglichenheit eines Prozesses) entstehen (Vgl. Anders, 2017). Durch den Takt wird laut Spath die Produktion zum genauen Abbild des Verkaufs, was bedeutet, dass jedes Produkt in dem vom Verkauf vorgegebenen Zeitrahmen produzierten werden sollte (im 1:1 Verhältnis) (Vgl. Spath, 2003, S.205). Mittels des Takts werden somit die Kapazitäten der Produktionsschritte der Fließfertigung aufeinander abgestimmt. Die Engpass-Station (die langsamste Station) gibt den Takt vor, nachdem diese auf die Kundenbedarfe abgestimmt wurde. Ziel ist, dass der ganze Fluss bzw. das ganze Werk im selben Rhythmus (dem des Kunden) arbeitet (Vgl. Spath, 2003, S.59). Takeda weist darauf hin, dass für die erfolgreiche Implementierung der Taktzeit diese nicht nur für den Materialfluss gelten darf, sondern auch noch für den Informationsfluss innerhalb der Fertigung gelten muss z.B. in Form von Anweisungen zur Fertigung des nächsten Stücks. Starke Marktschwankungen führen allerdings zu Veränderungen der Taktzeit, was im Umkehrschluss bedeutet, dass Prozesse im Unternehmen dementsprechend flexibel sein müssen (Vgl. Takeda, 2002, S.109f.).

Die Taktzeit lässt sich durch folgende Formel errechnen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Vgl. Takeda, 2002, S.109; Ohno, 1993, S.48; Shingo, 1993, S.76).

Bei der Umsetzung von Produktion in Taktzeit kommt es zur Verschwendungseliminierung durch die Arbeitsverteilung nach Taktzeit, was in flexiblen Personaleinsatz resultiert. Die Anzahl der Werker wird der jeweiligen benötigten Produktionsmenge und dem Kundentakt flexibel angepasst. Somit können die Herstellkosten gesenkt werden (Vgl. Ohno, 1993, S.89f.; Vgl. Takeda, 2002, S.111ff.).

Da es für die Umsetzung der Taktzeit wichtig ist, dass alle Mitarbeiter diese kennen und sich an diese halten, werden sogenannte Schrittmacher zur Visualisierung der Taktzeit eingesetzt. Der Schrittmacher fungiert als Werkzeug und bedingt einen Einzelstückfluss sowie rhythmisch sich wiederholende Arbeit. Hilfsmittel, die als Schrittmacher eingesetzt werden können sind z.B. Leuchtanzeigen, Markierungen am Förderer sowie Anzeigetafeln für Produktionsziffern. Wichtig hierbei ist, dass die angestrebte Taktzeit permanent für alle Mitarbeiter erkennbar ist. Gleichzeitig lassen sich durch das Einsetzen von Schrittmachern potentielle Stellen für Kaizenmaßnahmen (siehe Kapitel 2.3) in der Taktfertigung ausfindig machen (Vgl. Takeda, 2002, S.113f.).

2.1.6 Pull-Produktion

Die Pull-Produktion (auf Deutsch: ziehende Produktion oder nachfüllende Produktion) bzw. das Pull-System stellt das Planungs-und Steuerungsprinzip eines schlanken Produktionssystems dar. Verglichen wird das Pull-System mit Supermärkten, weil sobald etwas vom Kunden heraus genommen wird, so muss es wieder bereitgestellt bzw. nachgefüllt werden (Vgl. Shingo, 1993, S.60f, Vgl. Ohno, 1993, S.52f.; Vgl. Liker, 2009, S.159). Folglich nimmt im Pull-System ein nachgelagerter Arbeitsgang bzw. Prozess bei einem vorlagerten nur das benötigte Teil in der benötigten Menge und zum benötigten Zeitpunkt. Der nachgeschaltete Prozess steuert den vorhergehenden und dieser stellt in Folge dessen nur die entnommene Menge des Teils wieder her. Hierbei entsteht eine Rückwärtsverkettung durch selbststeuernde Regelkreise bei der lediglich die letzte Prozessstufe der Fertigung direkt angesteuert wird (Vgl. Ohno, 1993, S.31; Vgl. Shingo, 1993, S.61, S.149). Ist keine kontinuierliche Fließfertigung zwischen zwei Prozessschritten möglich, so können Pull-Systeme durch Supermärkte und FIFO-Linien (First In First Out- Linien) erweitert werden, die Puffer zwischen den einzelnen Prozessschritten darstellen (Vgl. Rother/Shook, 2004, S. 42ff.). Durch die Produktion nach dem Pull-Prinzip werden große Lagerbestände (Verschwendung) vermieden, da man nicht auf Grundlage von Schätzungen und Prognosen produziert, sondern auf Basis des Kundenbedarfs, unter der Annahme dass Rüstzeiten und die damit verbundenen Losgrößen niedrig sind(Vgl. Liker, 2009, S.159; Vgl. Shingo, 1993, S.54). Des Weiteren wird durch die Rückwärtsverkettung der Prozessstufen Komplexität reduziert, da Maschinen bzw. Prozesse nicht einzeln angesteuert werden müssen (Vgl. Spath, 2003, S.41).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Beispiel eines Produktionskanban (Lean-Production Expert, 2014)

Das Steuerungsinstrument der Pull-Produktion ist das sogenannte Kanban (auf Deutsch: Karte, Zettel) (Vgl. Spath, 2003, S.209; Vgl. Ohno, 1993, S.54ff.; Vgl. Takeda, 2002, S.191f.; Liker, 2009, S.162f.). Ohno bezeichnet das Kanban als das Instrument der Umsetzung und „ Kernstück des Toyota-Produktionssystems “ (Ohno, 1993, S.52ff.). Shingo beschreibt Kanban als Anweisungspapiere zur Prozessüberwachung (Vgl. Shingo, 1993, S.150). Durch das Kanban wird der vorgelagerte Prozess in Form einer Karte aufgefordert, neues Material anzuliefern. Die Kanban-Karte, die mit der Ware transportiert und bei Anbruch des Loses zurückgegeben wird, enthält Informationen wie zum Beispiel Teilnummer, Menge der Teile, deren Herkunft und Bestimmungsort-und Zeitpunkt (siehe Abbildung 2) (Vgl. Spath, 2003, S.209). Ohno unterscheidet in diesem Zusammenhang drei verschiedene Kategorien von Information des Kanbans: Entnahmeinformationen, Transportinformationen und Produktinformationen. Des Weiteren werden diese Informationen sowohl vertikal als auch horizontal entlang der Wertschöpfungskette übermittelt (Vgl. Ohno, 1993, S.54). Spath unterteilt Kanban weiter in verschiedene Arten, die alle ihre spezifische Funktion haben: Produktionskanban (ein Auftrag für die Produktion von Teilen), Signalkanban (ein Produktionsauftrag für Teile mit hohem Rüstzeitanteil, die losweise hergestellt werden), Materialkanban (ein Auftrag zur Bereitstellung von Vormaterial), Transportkanban (ein Transportauftrag für eine festgelegte Teilmenge) und Betriebskanban (Transportkarten innerhalb des Betriebs) bzw. Lieferantenkanban (Transportkarten zwischen Hersteller und Lieferanten) (Vgl. Spath, 2003, S.209f.).

Die Eliminierung von Verschwendung stellt für das Kanban-System eine zentrale Funktion dar. Um Verschwendung in Form von Überproduktion zu vermeiden, darf nur gefertigt werden, wenn ein Kanban zur Fertigung vorliegt. Außerdem dürfen nur fehlerfreie Teile angeliefert werden, was Verschwendung in Form von defekten Produkten in Rahmen der Pull-Produktion beseitigt (Vgl. Spath, 2003, S.209; Ohno, 1993, S.56f.). Weitere Anwendungsregeln des Kanban sind außerdem: der Verbot des Transports von Gütern ohne Kanban (Eliminierung von Verschwendung in Form von überflüssigen Transport), die sofortige Anbringung von Kanban an Güter, sobald diese hergestellt werden und die Beachtung von Mengen und der Reihenfolge der zu erstellenden Güter. Laut Ohno kontrolliert das Kanban den gesamten Güterfluss bei Toyota durch die Einhaltung der genannten Regeln (Vgl. Ohno, 1993, S.56f).

Um die nötige Anzahl von Kanban, die im Unternehmen zirkulieren, zu errechnen, wird folgende Formel verwendet:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.2 Autonome Automation (jidoka)

Bei einer schlanken Produktion ist es von großer Wichtigkeit, auf Anhieb Qualität zu erzielen, da es aufgrund der minimalen Lagerbestände keine Sicherheitsbestände gibt, auf die man sich bei Qualitätsproblemen verlassen kann. Das Weiterreichen von Qualitätsproblemen stellt somit ein schwerwiegendes Problem dar (Vgl. Liker, 2009, S.191f.). Um dies zu verhindern, kommt es zum Einsatz von jidoka.

Dementsprechend ist die zweite Säule des Toyota-Produktionssystems die autonome Automation bzw. die selbststeuernde Automatisierung (auch: Autonomation, auf Japanisch: jidoka) (Vgl. Ohno, 1993, S.32; Vgl. Liker, 2009, S.45, S.191; Vgl. Spath, 2003, S.194). Takeda definiert folgende Ziele der Autonomation: Qualitätssicherung, Reduzierung der Herstellkosten, Reaktion auf Diversifizierung und Respekt vor dem Menschen (Vgl. Takeda, 2002, S.174).

Ohno hebt jidoka von einfacher Automation ab, in dem sie von ihm als eine „ Automation mit menschlichen Zügen “ (Ohno, 1993, S.32), welche intelligent ist, beschrieben wird. Erfunden wurde jidoka von Sakichi Toyoda (1867-1930) durch einen selbstständig auf Fehler reagierenden Webstuhl, der sofort anhielt, sobald einer der Kett-oder Schussfäden zerriss (Ohno, 1993, S.32f.; Vgl. Shingo, 1993, S.137). Die autonome Automation erfolgt durch das Einbauen von Mechanismen bzw. Prüfsystemen in Maschinen, die in der Lage sind zwischen normalen und anormalen Bedingungen/Zuständen zu unterscheiden. Ist die Bedingung anormal (durch eine Abweichung vom Standard), so hält die Maschine selbstständig an, sodass keine fehlerhaften Teile weiter verarbeitet werden können (Verhinderung von Qualitätsmängel) und eine Ursachenuntersuchung am genba (auf Deutsch: der reale Ort) erfolgen kann. Aus diesem Grund sind es intelligente Maschinen, die derartige Probleme autonom (möglichst auch in Zukunft) verhindern (Vgl. Ohno, 1993, S.32f.; Vgl. Shingo, 1993, S.137; Liker, 2009, S.191f.). Eine der Auswirkungen der autonomen Automation ist die Änderung der Art der Aufsicht von Menschen über die Maschinen. Solange die mit Prüfsystemen versehene Maschine nicht wegen Unregelmäßigkeiten anhält, so wird kein Maschinenbediener benötigt. Lediglich bei Unregelmäßigkeiten wird eine menschliche Arbeitskraft zur Ursachenbehebung benötigt. Shingo spricht in diesem Kontext von der Trennung von Mensch und Maschine bzw. von der vom Menschen unabhängigen Maschine (Vgl. Shingo, 1993, S.137; Vgl. Ohno, 1993, S.33). Aufgrund dessen, ist eine Reduzierung der Anzahl der Arbeiter möglich, sowie flexibler Personalsatz (Senkung der Herstellkosten), da ein Arbeiter durch die Entlastung mehrere Maschinen bedienen kann. Gleichzeitig wird durch die Mehrmaschinenbedienung die menschliche Produktivität verbessert (Vgl. Ohno, 1993, S.33, S.149; Vgl. Shingo, 1993, S.137). Allerdings ist die Anwendung des Konzeptes nicht nur auf Maschinen beschränkt, sondern auch auf das Fließband und die Arbeiter. Wenn der Zustand anormal ist, so soll der Mitarbeiter das Band selbstständig anhalten und die Ursache des Problems untersuchen. Zusammengefasst, sind Vorteile der autonomen Automation einerseits Kostenersparnisse durch Automatisierung und andererseits die Verhinderung der Herstellung defekter Produkte (Verschwendung), Beseitigung von Überproduktion sowie die automatische Beendigung von Unregelmäßigkeiten, wodurch eine Ursachenuntersuchung ermöglicht wird (Vgl. Ohno, 1993, S.151). Liker hebt zudem hervor, dass interne Qualität (zu vermeiden, dass sich Probleme von einer Station zur nächsten fortsetzen) viel effektiver und kostengünstiger ist als Inspektionen und die Reparatur oder Nachbesserung mangelhafter Qualität (Liker, 2009, S.191)

2.2.1 Andon

Ein Signalsystem, das allen Mitarbeitern durch optische und akustische Alarmsignale anzeigt, wo Handlungsbedarf zur schnellen Beseitigung von Fehlern besteht, wird im Rahmen von jidoka als Andon (auf Deutsch, wörtlich: Laterne) bezeichnet. Andon zeigt an, dass augenblicklich ein Qualitätsproblem gelöst werden muss und fungiert somit als visuelle Kontrolle. Dabei bezieht es sich auf das Lichtsignal als Hilferuf, üblicherweise in Form von Anzeigetafeln oder Ampeln, die beim Betätigen von Knöpfen oder durch ziehen an einer Leine die entsprechende Farbe aufzeigen (Normaler Betrieb bei grünem Licht, Hilfebedarf bei Gelb und Bandstopp bei Rot). Durch den Alarm kommt es allerdings nicht zur Produktionsunterbrechung an allen Arbeitsstationen, sondern lediglich an der betroffenen Station (positionsbezogenes Stoppsystem) (Vgl. Liker, 2009, S.192f.; Vgl. Ohno, 1993, S.148; Vgl. Shingo, 1993, S 253).

2.2.2 Poka-Yoke

Poka-yoke (auf Deutsch: unbeabsichtigte Fehler vermeiden) bzw. Baka-yoke (auf Deutsch: Narrensicherheit) sind fehlerabprüfende Vorrichtungen, die im Rahmen einer schlanken Produktion das Null-Fehler-Ziel verfolgen (Vgl. Shingo, 1993, S.254; Vgl. Spath, 2003, S.216; Vgl. Ohno, 1993, S.151; Vgl. Liker, 2009, S.196). Takeda definiert Poka-yoke als „ Mechanismen in den Maschinen bzw. Haltevorrichtungen, die menschliche Fehler automatisch vorbeugen “ (Takeda, 2002, S.173). Menschlichte Fehler können in diesem Zusammenhang durch Vergesslichkeit, Unaufmerksamkeit, fehlende Übung oder Ermüdung auftreten (Vgl Spath, 2003, S.216). Formabprüfende Vorrichtungen (hartes Poka-yoke) werden beispielsweise eingesetzt, um bei abweichender Form eines Teils sofort die Maschine bzw. das Band anzuhalten, damit fehlerhafte Teile (Verschwendung) nicht weiter verarbeitet werden und die Ursache untersucht werden kann (Kontrolle an der Quelle). In dieser Hinsicht, sind Poka-yoke Vorrichtungen mit andon-Systemen miteinander verknüpft (Vgl. Shingo, 1993, S.254; Vgl. Liker, 2009, S. 196). Takeda erläutert, dass Poka-yoke-Maßnahmen allerdings einfach und unkompliziert sein müssen (Vgl. Takeda, 2002, S.174).

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Ende der Leseprobe aus 59 Seiten

Details

Titel
Augmented Reality und Sensitive Robotik. Wie wirken sie auf die Industrie 4.0?
Hochschule
Hochschule Worms
Note
1,3
Autor
Jahr
2017
Seiten
59
Katalognummer
V501841
ISBN (eBook)
9783346022035
ISBN (Buch)
9783346022042
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Lean Management, Industrie 4.0, TPS, Toyota Produktionssystem, Schlanke Produktion, Kaizen, Augmented Reality, Leichtbaurobotik
Arbeit zitieren
Guilherme Engel (Autor:in), 2017, Augmented Reality und Sensitive Robotik. Wie wirken sie auf die Industrie 4.0?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/501841

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