Post Privacy. Die Ära der vollkommenen Transparenz?


Akademische Arbeit, 2018

13 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Abstract. Datenschutz und Privatsphäre scheint für einige nicht mehr gewährleistbar zu sein. Diejenigen, die der Privatsphäre abgeschworen ha- ben versammeln sich unter dem Begriff „Post-Privacy“. Es bezeichnet die Epoche nach der Privatsphäre. Vor allem Michael Seemann, welcher ein umfassendes Buch diesem Thema gewidmet hat, spricht für Post-Privacy. Anhand einiger Argumente Seemanns wird in dieser Arbeit herausgear- beitet, wie stichhaltig seine Argumente sind. Es stellt sich heraus, dass Seemann mit seinen Ausführungen in den meisten Fällen recht behält, sie jedoch in einigen Fällen sehr dramatisch ausformuliert. Technisch nicht affinen Lesern vermittelt er diese Argumente sehr glaubhaft, hat man sich allerdings mit der Materie befasst finden sich zu fast allen aufgeführten Argumenten Möglichkeiten diese durch einige Maßnahmen zu entkräfti- gen. Seine Grundaussage, dass wir uns in einer Welt befinden in der Über- wachung keine Seltenheit mehr ist und sie in Zukunft noch viel leichter umzusetzen sein wird, fasst jedoch völlig Fuß. Letztendlich wird die These dieser Arbeit bestätigt: „Post-Privacy bedeutet nicht seine Privatsphäre komplett aufgeben zu müssen, sondern erfordert ein Umdenken der Men- schen im Umgang mit ihren Daten in einer immer digitalisierteren Welt“.

Kapitel 1

Einleitung

Die Bedeutung von Datenschutz und Privatsphäre erhält in der immer vernetzteren Welt mehr und mehr Bedeutung. Spätestens nach den Enthüllungen um die Überwachungs- methoden der NSA im Jahre 2013 durch Edward Snowden sollte jeder auf das Thema „Datenschutz“ aufmerksam geworden sein. Besonders Behörden und Unternehmen haben seit dem ihre allgemeinen Datenschutz- und Sicherheitsanforderungen bedeutsam ver- schärft. Wo man nun annehmen könnte, dass sich auch Privatpersonen mit der Thematik beschäftigen und ihr Onlineverhalten überdenken, gibt es ebenso eine Bewegung, die da- von überzeugt ist, dass die Privatsphäre, wie wir sie kennen nicht mehr zeitgemäß ist. Die Ära der sogenannten „Post-Privacy“, also das Zeitalter in der die Privatsphäre, wie wir sie kennen nicht mehr existiert wurde eingeläutet. Dieser Bewegung, die Aufmerksamkeit benötigt und die viele Facetten hat, widmet sich diese Arbeit. Nach ein paar Anmerkun- gen zu wichtigen Begriffen geht es zum Hauptteil der Arbeit über, der sich dem Thema Post-Privacy widmet. Es wird als Hauptreferenz das Buch „Das Neue Spiel“1 von Michael Seemann herangezogen. Anhand einiger der dort sehr ausführlich beschriebenen Gedan- ken wird analysiert wie stichhaltig die Gedanken und Argumente sind. Schlussendlich soll folgende These bestätigt werden: „Post-Privacy bedeutet nicht seine Privatsphäre kom- plett aufgeben zu müssen, sondern erfordert ein Umdenken der Menschen im Umgang mit ihren Daten in einer immer digitalisierteren Welt“.

Kapitel 2

Anmerkungen zu Begriffen

Zu Beginn ist es notwendig ein Grundverständnis einiger Begriffe zu schaffen. Dies wird mittels grundlegender Anmerkungen zu einzelnen Begrifflichkeiten vermittelt, da konkre- te Definitionen an dieser Stelle sehr schwierig sind. Dieser doch sehr theoretische Teil ist notwendig, um die Arbeit in ihrer Gesamtheit zu verstehen. Hierzu wird zunächst auf den Begriff der Privatsphäre und die Bedeutung dessen für die Privatperson eingegangen. Nachfolgend wird beschrieben, was in dieser Arbeit unter dem Begriff Publiksphäre ver- standen wird. Abschließend werden einige Gedanken festgehalten, was das bewusste und kontrollierte Teilen von Informationen angeht. Dabei wird auch erläutert, welche positiven Auswirkungen es auf die Gesellschaft haben kann.

2.1 Wissen

Gregory Bateson beschreibt Information als einen „Unterschied, der einen Unterschied macht“1. Michael Seemann erweitert beziehungsweise verdeutlicht diese Definition inso- weit, dass er behauptet, dass Daten der erste Unterschied in der Definition von Bateson seien. Denn Daten seien „alles, was sich mit der Unterscheidung von Null und Eins aus- drücken lässt“2. Um das an dieser Stelle nochmals zu verdeutlichen kann man sagen, dass Daten eine Repräsentation von Werten in einem auswertbaren Format sind. Ferner be- schreibt Seemann angelehnt an Batesons Definition „Informationen sind Daten, die einen Unterschied machen“3. Das bedeutet, dass aus Daten, die die gleiche Aussage haben aber möglicherweise auf unterschiedlichen Medien oder in unterschiedlichen Formaten abgelegt wurden, keine neue Information entsteht. Darüber hinaus unterstützt die Aussage von Ambrose Bierce: „Wissen nennen wir jeden Teil unserer Unwissenheit, den wir geordnet und katalogisiert haben“4 die oben aufgeführte Anmerkungen. Für den Rahmen dieser Arbeit kann man festhalten, dass es sich bei Wissen somit um ein komplexes Netzwerk aus verknüpften Informationen handelt. Wichtig ist auch anzumerken, dass es sich bei den genannten Anmerkungen eben nur um Anmerkungen handelt und die Übergänge und Definitionen von Daten, Informationen und Wissen nicht sehr eindeutig sind.

2.2 Privatsphäre

Wie auch Judith DeCew in ihrem Artikel „Privacy“5 beschreibt, welcher zuletzt in der Frühlingsausgabe 2015 der Stanford Encyclopedia of Philosophy erschien, existiere für den Begriff Privatsphäre keine eindeutige Definition. Auch William A. Parent fasst in seinem Text „Privacy: A Brief Survey of the Conceptual Landscape“6 zusammen, dass verschiedene Auffassungen der Privatsphäre existieren. So schreibt er Alan Westin vertre- te die Meinung Privatsphäre sei der Anspruch von Personen, Gruppen und Institutionen für sich selbst zu entscheiden wann, wie und bis zu welchem Maße Informationen über sie anderen Dritten übermittelt werden. Das ist vermutlich die Definition von Privatsphäre, welcher die meisten zustimmen würden. Parent führt in seinem Text allerdings auch ein gutes Beispiel an, welches oben genannte Definition unklar erscheinen lässt: Was passiert wenn sich Person A zum Beispiel in einem komatösen Zustand befindet? Nun kann sie nicht entscheiden wann, wie und bis zu welchem Maße Informationen über sie anderen Dritten übermittelt werden. Somit wird die Definition schwammig. Die Definition der Privatsphäre von Parent ist „der Zustand, in der eine Person im Besitz von undokumen- tierten persönlichen Informationen über sie selbst ist, welche niemand anders kennt“7 und wird im Zusammenhang dieser Arbeit als Grundverständnis von Privatsphäre verstanden. Undokumentierte Informationen sind an dieser Stelle laut Parent Informationen, welche nirgendwo öffentlich einsehbar und somit an keiner Stelle öffentlich dokumentiert sind. Die Privatsphäre ist also ein Raum (sowohl geistig als auch physisch), in dem Informationen verwahrt und Handlungen ausgeführt werden können, die von niemand anderem einsehbar sind. Nachfolgend werden die innerhalb der Privatsphäre verwahrten Informationen und ausgeführten Handlungen als Gehalt der Privatsphäre bezeichnet. Unter dieser Annahme ist die Privatsphäre nicht statischer sondern dynamischer Natur, denn die Privatsphäre hat beispielsweise gegenüber eines guten Freundes oder einer Lebenspartnerin bzw. eines Lebenspartners deutlich weniger Gehalt als gegenüber von Fremden, Unternehmen oder des Staates. Der Gehalt der Privatsphäre kann somit je nach Situation und Umgebung wachsen oder schrumpfen.

2.3 Publiksphäre

Transparenz steht im Gegensatz zur Privatsphäre und wird von Institutionen häufig erwar- tet. Allgemein kann man sagen, dass Transparenz von Institutionen Vorgänge jener sind, welche von außen nachvollziehbar und schlüssig sind. Im weitesten Sinne sorgt Transpa- renz für Vertrauen und stellt in vielen Fällen die Basis eines demokratischen Systems dar. Ein Raum, in dem Informationen verwahrt und Handlungen ausgeführt werden können, die von jedem einsehbar sind, wird analog zur Privatsphäre nachfolgend als Publiksphä- re bezeichnet. Das bedeutet, dass die Privatsphäre zusammen mit der Publiksphäre die Gesamtheit an Informationen über eine Entität (hier Personen, Unternehmen, Institutio- nen, etc.) darstellen. Ebenfalls anzumerken ist, dass der Gehalt immer exklusiv ist. Das bedeutet Teile davon können nicht sowohl innerhalb der Privatsphäre und Publiksphäre sein. Der geistige und physische Raum der Publiksphäre kann unter der Annahme, dass dessen Gehalt nie in die Privatsphäre gelangt nur wachsen und nicht schrumpfen.

2.4 Informationen teilen

Nicht alle Informationen müssen zwingend „privat“ oder „geheim“ sein. Dieser Abschnitt wird das bewusste und kontrollierte Teilen von Informationen näher erläutern und welche Vorteile es bieten kann. Zunächst kann man sagen, dass Informationen, bei welchen kein Bezug auf Personen abgeleitet werden kann, kein Problem in der Weitergabe hinsichtlich der Privatsphäre darstellen. Rezepte, wissenschaftliche Berichte, Quellcode von Software, usw. können an dieser Stelle als Beispiel genannt werden. Gerade bei der Weitergabe von Wissen haben sich eigens dafür entwickelte Plattformen und Lizenzen bewährt. Das beste Beispiel bezüglich der freien Weitergabe von Wissen ist beispielsweise die Wikipe- dia 8, eine Sammlung von gemeinfreien Werken lässt sich im Internet Archive 9 ausfindig machen und auf Github 10 finden sich unzählige Softwareprojekte mit frei zugänglichem Quellcode. Das sind nur ein paar Beispiele, wie man Informationen frei zugänglich machen kann, ohne seine eigene Privatsphäre oder die der anderen in irgendeiner Form zu beein- trächtigen und von denen alle anderen profitieren können. An dieser Stelle ist also wichtig festzuhalten, dass Privatsphäre nicht bedeutet, gar nichts mehr nach außen hin weiterzu- geben, sondern Informationen so zu abstrahieren und allgemeingültig auszudrücken, dass im Nachhinein keine Rückschhlüsse auf die Person mehr möglich sind. Doch leider gibt es an dieser Stelle auch Gegenbeispiele, wie beispielsweise Google oder Facebook. Hierbei wird nämlich im Falle von Facebook ein Profil angelegt (meistens unter dem richtigen Namen) und über dieses Profil werden dann Informationen ausgetauscht. Das ermöglicht natürlich den Plattformbetreibern diese Daten zu missbrauchen und im besten Fall nur weiterzuverkaufen, um Profit zu machen oder aber ein komplexes Netz aus Beziehungen zu anderen Personen herzustellen, um so noch mehr in das analoge Leben der Benutzer eindringen zu können. Im Falle von Google geschieht das bereits durch das Absenden einer einfachen Suchabfrage. Es gibt an dieser Stelle also auch Negativbeispiele und man sollte sich genau überlegen, welchen Plattformen man traut. Nachdem nun einige Begrifflichkei- ten näher beleuchtet wurden, folgt nun der Hauptteil, in dem einige Argumente bezüglich Post-Privacy von Michael Seemann in seinem Buch „Das Neue Spiel“ hinsichtlich ihrer Stichhaltigkeit untersucht werden.

[...]


1 vgl. Michael Seemann, Das Neue Spiel .

1 Gregory Bateson, Mind and nature: A necessary unity , S. 228.

2 Michael Seemann, Das Neue Spiel, S. 18.

3 Ebd., S. 18.

4 Springer Gabler, Zitate für Manager: Über 2600 Sinnsprüche, die Ihre Botschaft auf den Punkt bringen, S. 362.

5 vgl. Judith DeCew, „Privacy“ .

6 vgl. William A. Parent, Privacy: A Brief Survey of the Conceptual Landscape.

7 Ebd., S.23.

8 siehe https://www.wikipedia.org

9 siehe https://www.archive.org

10 siehe https://www.github.com

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Post Privacy. Die Ära der vollkommenen Transparenz?
Hochschule
Hochschule Darmstadt
Note
1,3
Autor
Jahr
2018
Seiten
13
Katalognummer
V502112
ISBN (eBook)
9783346043856
ISBN (Buch)
9783346043863
Sprache
Deutsch
Schlagworte
post, privacy, transparenz
Arbeit zitieren
Pascal Dengler (Autor:in), 2018, Post Privacy. Die Ära der vollkommenen Transparenz?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/502112

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