Personalisierung als Mittel der Darstellung politischer Prozesse


Hausarbeit (Hauptseminar), 2001

19 Seiten, Note: 2. 3


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2.Definition
2.1. Teilkonzepte der Personalisierung
2.2. Historische Entwicklung der Personalisierung

3. Akteure und Rezipienten der Personalisierung
3.1. Die Medien
3.2. (Selbst)darstellung der Politiker
3.3. Der Wähler als Rezipient der personalisierten Politik(er)

4. Faktoren der Wahlentscheidung

5. Die Bundestagswahl 1998
5.1. Personalisierung der Kandidaten in den Medien
5.2. Kandidatenorientierung als Wahlentscheidungsfaktor

Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Diese Arbeit soll sich mit dem Phänomen der Personalisierung von Politikern, insbesondere der der Kanzlerkandidaten befassen, denn dieses Mittel der Politik bzw. der Politikberichterstattung in den Medien, vor allem während Wahlkämpfen spielt in immer größerem Maße eine Rolle. Besondere Bedeutung erhält die Auseinandersetzung mit der Personalisierung, wenn bedacht wird, dass in Deutschland ein parlamentarisches System herrscht, in dem die Regierung aus dem Parlament hervorgeht. Das Volk wählt demzufolge nur indirekt den Bundeskanzler, als das es für eine Partei mit ihrem jeweiligen Kanzlerkandidaten votiert. Anders ist es in einem präsidentiellen System, wie zum Beispiel in den Vereinigten Staaten von Amerika, in dem die Wähler die Möglichkeit haben, ihr Regierungsoberhaupt unmittelbar zu wählen. Bei den Wahlen in den USA stehen die Kandidaten fast ausschließlich im Mittelpunkt des Wahlkampfes, während ihre jeweilige Parteizugehörigkeit weitestgehend in den Hintergrund tritt. Aufgabe dieser Arbeit wird nun sein, die vorliegende Literatur daraufhin zu untersuchen, ob in Deutschland eine sogenannte Amerikanisierung des Wahlkampfes in Hinsicht auf den Aspekt der Personalisierung stattgefunden hat bzw. stattfindet. Daran knüpft sich die Frage, wie sich die Personalisierung auf das Wahlverhalten auswirkt. Lässt sich ein Einfluss auf die Wahlentscheidung ausmachen? Diese Fragestellung wird am Schluss der Arbeit anhand des Wahlkampfes zur Bundestagswahl 1998 und deren Ergebnis untersucht.

Leider ist die Literatur zum Phänomen der Personalisierung in Deutschland im Gegensatz zu den USA recht spärlich[1], denn diese Erscheinung ist zu jung, als dass sie in der Forschung großen Niederschlag gefunden hätte.

Zunächst sollte jedoch eine ausführliche Definition des Begriffes Personalisierung vorgenommen werden, denn in der (leider noch recht spärlichen) Literatur zu dieser Thematik wird Personalisierung keineswegs immer als fester Terminus für einen bestimmten Vorgang benutzt und bleibt häufig unscharf.

2. Definition

Vereinfacht könnte gesagt werden, dass mit dem Begriff Personalisierung eine stärkere Präsentation der Person des Politikers in den Medien, wobei hier vor allem das Fernsehen als Leitmedium genannt werden muss, gemeint ist. Häufig stehen nicht mehr die reinen politischen Themen im Vordergrund, sondern werden mit der Person eines Politikers verknüpft dargestellt[2]. Die Berichterstattung über politische Inhalte ist mehr oder weniger eine Berichterstattung über Politiker[3]. Zusammengefasst könnte „...man Personalisierung verstehen als handlungs- (und nicht systembezogene), akteurseitige (und nicht auf Betroffene bezogene), individuenzentrierte (und nicht auf Kollektive oder Institutionen zentrierte), imagebezogene (und nicht issuebezogene) Informationen in Text und Bild“[4].

2.1. Teilkonzepte der Personalisierung

Diese noch viel zu wenig differenzierte Definition wird im Folgenden noch weiter ausgeführt, denn Personalisierung wird von unterschiedlichen Akteuren betrieben, findet also auf verschiedene Ebenen statt und kann in mehrere Teilkonzepte zerlegt werden[5], wie die folgende Abbildung[6] zeigt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die oberste Reihe zeigt die rollennahen (globale Personalisierung) Aspekt der Personalisierung. Hier werden die Komponenten zusammengefasst, die als entscheidend empfunden werden für die Ausübung eines politischen Postens. An zweiter Stelle erscheint der Faktor der Integrität, wobei Lass[7] diese im unteren rollenfernen (spezifische Personalisierung) Bereich ansiedelt, aber dennoch zwischen Integrität und rein persönlichen Vorstellungselementen unterscheidet. Die unteren beiden Zeilen zählen zur sogenannten Image-Konstruktion, die auf bestimmte Persönlichkeitsmerkmale der Politiker abzielt. Wirth und Voigt[8] vollziehen eine Trennung zwischen der Image-Konstruktion und Personalisierung. Letztere meint hauptsächlich die Zentrierung auf die Kompetenz und Leistungsfähigkeit des Politikers. In das rollenferne Spektrum fallen alle Charaktereigenschaften, die in erster Linie nichts mit der Ausübung eines politischen Amtes zu tun haben, obwohl, wie auch die Abbildung zeigt, die Integrität als grenzwertig anzusehen ist. Zwar sollte ein Kanzlerkandidat integer sein und somit auch vertrauenswürdig, aber dies ist doch eher ein Merkmal seiner Persönlichkeit und nicht seines professionellen Könnens, politische Arbeit zu leisten. Dennoch ist gerade dieses Merkmal in den Augen der Wähler eines der ausschlaggebendsten in der Bewertung eines Politikers[9].

Den verschiedenen Kategorien können Attribute zugeordnet werden, mit denen die Begriffe rollenfern und rollennah weiter differenziert werden können. So lassen sich der Kompetenz folgende Eigenschaften unterordnen: Führungsstärke, politischer Realismus, staatsmännisches Auftreten, sowie der „Fähigkeit, politische Situationen und Sachfragen richtig einzuschätzen, notwendige Handlungen einzuleiten und die Probleme zum Wohl der Gesellschaft zur Lösung zu bringen“[10]. Den Personenqualitäten und dem Privaten, also den außerpolitischen Komponenten werden Attribute[11] wie Aussehen (Kohls Statur, Frau Merkels Frisur, etc.), Religion, Umgangsformen und nicht zuletzt die sexuelle Orientierung, wie die Umfrage des Magazins „Stern“[12] zeigt. Diese entweder vorhandenen, durch die Medien verstärkten oder hinzugefügten Attribute werden dann von den Wählern negativ oder positiv beurteilt, wobei schon bei der Darstellung gewisse Tendenzen in die eine oder andere Richtung zu erkennen sind.

In der Literatur finden sich aber auch Definitionen, die keine Trennung zwischen Personalisierung und Image-Konstruktion vornehmen. So spricht Thomas Meyer[13] von einer Image-Politik, die alle oben genannten Komponenten miteinander vereint. Grande[14] grenzt die beiden Begriffe ebenfalls nicht von einander ab, aber führt das „Charisma“ als weiteren wichtigen Begriff in die Diskussion ein. Er unterscheidet zwischen dem natürlichen und dem künstlichen Charisma, wobei er sich auf eine Definition Max Webers bezieht[15]. Unter den Begriff Charisma fällt ein Gemenge von persönlichen Eigenschaften, die der Politiker entweder wirklich besitzt oder ihm zugeschrieben werden.

2.2. Historische Entwicklung der Personalisierung

Die Erforschung des Phänomens der Personalisierung wurde in Deutschland lange Zeit vernachlässigt und als unwichtig empfunden und individuelle Akteure in der Makrotheorie marginalisiert[16]. Vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkrieges erscheint es verständlich, dass das „personale Element“ eine gewisse Zurückdrängung erfuhr. Zu jeder Zeit hat es „charismatische“ Politiker und Staatsmänner gegeben, denen die politisch apathische Bevölkerung folgte. Dieser Verführbarkeit aus politischer Unwissenheit wollen die verschiedene Theorien entgegenwirken, indem sie individuelle Akteure ausblenden und das Hauptaugenmerk auf die Institutionen und Politikprozesse der Demokratie richten. Dem Bürger wird hierbei ein politisches Interesse zugesprochen und die Fähigkeit, politische Inhalte nachzuvollziehen und zu verstehen, also Issue-orientiert seine Entscheidung zu treffen.

Die Entwicklung des Mediensystems in Deutschland hat entscheidend dazu beigetragen, dass Personalisierung, insbesondere die Schwerpunktlegung auf die Spitzenkandidaten

3. Akteure und Rezipienten der Personalisierung

Es lassen sich insgesamt drei Ebenen ausmachen, auf denen Personalisierung stattfindet, die alle ineinander greifen, denn in diesem Prozess geht es auch um Angebot und Nachfrage. Wenn Parteien selbst „symbolische Politik“ betreiben, reagieren sie damit auf die herrschenden Medienstrukturen, in denen Inhalte an Personen geknüpft dargestellt werden, um möglichst viele Zuschauer/Leser zu erreichen, denn es geht um Einschaltquoten und Auflagenstärke. Nachrichten müssen verständlich aufbereitet werden und da der politische Prozess immer komplexer wird und Thematiken immer spezialisierter werden, wird der einfachere Weg gewählt, sich mehr auf die Person des Politikers zu konzentrieren, die man mit einem bestimmten Thema verbindet. Letztendlich kann auch der Wähler personalisieren, indem er eine Partei oder einen politischen Vorgang annimmt oder ablehnt, je nach dem, ob er die Person, die ihm als Symbol dafür präsentiert wird negativ oder positiv beurteilt. In dieser Arbeit wird der Wähler jedoch hauptsächlich als Rezipient beschrieben, der mit der ihm Vorgesetzten Personalisierung der Politik und der Politiker umgehen muss.

[...]


[1] Kaase, Max: Is there Personalization in Politics? Candidates and Voting Behavior in Germany. In: International Political Science Review, Volume 15, Number 3, July 1991, S.211-230. Hier: S.213; Vgl. auch: Gabriel, Oscar W.: Parteiidentifikation, Kandidaten und politische Sachfragen als Bestimmungsfaktoren des Parteiwettbewerbs. In: Niedermayer, Oskar/Gabriel, Oscar W./Stöss, Richard (Hrsg.): Parteiendemokratie in Deutschland. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 1997, S.233-235. Hier: S.244

[2] Vgl. Grande, Edgar: Charisma und Komplexität. In: Leviathan 28/2000, S.122-141. Hier: S.122

[3] Vgl. Lass, Jürgen: Vorstellungsbilder über Kanzlerkandidaten, Zur Diskussion um die Personalisierung von Politik. Wiesbaden: DUV 1995. S. 9

[4] Wirth, Werner/Voigt, Ronald: der Aufschwung ist meiner! Personalisierung von Spitzenkandidaten im Fernsehen zur Bundestagswahl 1998. In: Holtz-Bacha, Christina (Hrsg.): Wahlkampf in den Medien- Wahlkampf mit den Medien. Westdeutscher Verlag 1999, S.133-158. Hier: S.138

[5] Vgl. Wirth/Voigt, 1999, S. 137

[6] ebd., S. 138

[7] Lass, 1995, S.35

[8] Wirth/Voigt, 1999

[9] Vgl. Kindelmann, Klaus: Kanzlerkandidaten in den Medien. Eine Analyse des Wahljahres 1990. Opladen: Wetdeutscher Verlag 1994, S. 43

[10] ebd., S. 44

[11] Vgl. ebd., S. 45 und Wirth/Voigt, 1999, S. 149

[12] Stern Nr. 26; 21.06.2001, S. 38-48

[13] Meyer, Thomas: Mediokratie. Die Kolonisierung der Politik durch die Medien. Frankfurt a. M.: Suhrkamp Verlag 2001, S. 114

[14] Vgl. Grande 2000

[15] ebd., S. 135

[16] Vgl. ebd., S.124-125

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Personalisierung als Mittel der Darstellung politischer Prozesse
Hochschule
Universität Potsdam  (Politikwissenschaften)
Note
2. 3
Autor
Jahr
2001
Seiten
19
Katalognummer
V5040
ISBN (eBook)
9783638130721
ISBN (Buch)
9783656247401
Dateigröße
793 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Personalisierung, Mittel, Darstellung, Prozesse
Arbeit zitieren
Eva Grammel (Autor:in), 2001, Personalisierung als Mittel der Darstellung politischer Prozesse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/5040

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