Diese Arbeit hat die Theorie der Erkenntnis des Einzelnen Wilhelm von Ockhams zum Gegenstand und versucht, von dieser ein möglichst klares Bild abzulichten. Insbesondere soll hierbei die Relation zwischen dem Allgemeinen und dem Besonderen herausgearbeitet werden. Die Betrachtung der mittelalterlichen Denk- und Lebensweise gestaltet sich als ein Bild, welches der heute gegebenen Ordnung der Nachmoderne konstitutiv different ist. Nicht einzig die philosophische Tradition, sondern ebenso die gesellschaftliche und politische Ordnung ist durch das Allgemeine strukturiert. Die im Spätmittelalter beginnende Bewegung verschiebt die Denkweise und die Wahrnehmung der gegebenen Wirklichkeit hin zum Besonderen: Eine Veränderung der Art und Weise der menschlichen Wahrnehmung entfaltet sich. Das Besondere, das Einzelne, das Subjekt rückt in den Mittelpunkt der Welt und lässt das bisher Bestehende brüchig werden: eine alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens betreffende Umwälzung.
Dieser Bruch mit dem bis dahin Gegebenen soll anhand einer Einordnung der Philosophie Ockhams in den Diskurs seiner Zeit illustriert werden. Obgleich die von ihm zur Geltung gebrachte Präzedenz der Einzelerkenntnis als eine Bewegung des Umbruchs zu denken ist, stellt diese keinen von der Welt losgelösten Denkansatz dar, sondern sind dieser ebenso Aspekte der Adaption bestehender Theorien zueigen. Insbesondere die partielle Nähe zur Philosophie des Johannes Duns Scotus ist hierbei hervorzuheben. Die Theorie der Erkenntnis des Einzelnen leitet das Besondere nicht länger aus dem Allgemeinen ab, sondern erhebt dieses zu einem absoluten Moment: Das Einzelne ist direkt durch den Intellekt erkennbar.
Die meisten Phänomene, die das politische, soziale oder philosophische Verhältnis einer Gesellschaft betreffen, ereignen sich nicht ohne Relation zur gegebenen Tradition, sondern resultieren aus einer Adaption, Tradierung oder Umwälzung des bis dahin gegebenen gesellschaftlichen Diskurses. Im selben Licht ist die Philosophie Wilhelm von Ockhams, die sich als eine Umwälzung der gegebenen philosophischen Tradition des 13. Jahrhunderts gestaltet, als eine direkte und indirekte Auseinandersetzung mit dem philosophischen Diskurs seiner Zeit zu betrachten. Generell lässt sich ein beginnender Wandel der Wahrnehmung im Spätmittelalter beziehungsweise der beginnenden Renaissance festhalten, dessen Bewegung sich weg von dem Allgemeinen und hin zu dem Besonderen entfaltet.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Stellung der Einzelerkenntnis
- Das Allgemeine und das Besondere
- Die Präzedenz der Einzelerkenntnis
- Die Erkenntnis des Einzelnen
- Das Theorem der Einzelerkenntnis
- Konklusion
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Theorie der Erkenntnis des Einzelnen von Wilhelm von Ockham und analysiert die Beziehung zwischen dem Allgemeinen und dem Besonderen in diesem Kontext. Sie beleuchtet die Bedeutung dieser Theorie für die mittelalterliche Denkweise und die Veränderung der Wahrnehmung von der allgemeinen Ordnung hin zum Einzelnen.
- Die Präzedenz der Einzelerkenntnis im Denken Ockhams
- Der Wandel von der allgemeinen Ordnung zum Einzelnen im Spätmittelalter
- Die Beziehung zwischen der Philosophie Ockhams und der Philosophie des Johannes Duns Scotus
- Die Rolle der Einzelerkenntnis im philosophischen Diskurs des 13. Jahrhunderts
- Die Auswirkungen des neuen Denkens auf die gesellschaftliche und politische Ordnung
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Dieses Kapitel führt in das Thema der Einzelerkenntnis bei Wilhelm von Ockham ein und skizziert den historischen und philosophischen Kontext der Arbeit. Es beschreibt den Wandel vom Allgemeinen zum Besonderen im Spätmittelalter und die damit verbundenen Veränderungen in der Denkweise und Wahrnehmung.
- Die Stellung der Einzelerkenntnis: Dieses Kapitel behandelt die Einordnung der Philosophie Ockhams in den philosophischen Diskurs seiner Zeit. Es beleuchtet die Bedeutung des Wandels vom Allgemeinen zum Besonderen und die Abgrenzung der Philosophie Ockhams von der traditionellen Denkweise des 13. Jahrhunderts.
- Das Allgemeine und das Besondere: Dieses Kapitel analysiert die Beziehung zwischen dem Allgemeinen und dem Besonderen im Kontext der Einzelerkenntnis. Es untersucht die Herausbildung des Nominalismus und die Kritik an den Universalien, die das Allgemeine als Grundlage des Besonderen betrachteten.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit der Einzelerkenntnis, Wilhelm von Ockham, dem Allgemeinen und dem Besonderen, dem Wandel im Spätmittelalter, dem Nominalismus, der Philosophie des 13. Jahrhunderts und der Beziehung zwischen Einzelnem und Universalien.
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- Kevin-Michael Neimeier (Author), 2019, Die Erkenntnis des Einzelnen. Das Allgemeine und das Besondere in Wilhelm von Ockhams Sentenzenkommentar, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/504034