Kniegelenk und Ruptur des vorderen Kreuzbandes. Anatomie, Pathologie und Prävention


Hausarbeit, 2016

19 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Anatomie des Kniegelenkes
2.1 Artikulierende Knochen
2.2 Menisken
2.3 Bandapparat
2.3.1 Kreuzbänder
2.4 Gelenkkapsel und Gelenkhöhle

3. Das Gelenk bewegende Muskulatur

4. Pathologie
4.1 Vordere Kreuzbandruptur
4.2 Rehabilitation
4.3 Prophylaxe

5. Sportarten, die eine vordere Kreuzbandruptur induzieren

6. Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

„Die vordere Kreuzbandruptur ist die häufigste, schwerwiegende Verletzung des Kniegelenks beim Sportler. Bei über der Hälfte der zur Invalidität führenden Verletzungen im deutschen Profifußball handelt es sich um vordere Kreuzbandverletzungen“ (Höher, 2007, S. 346).

Eine derart hohe Verletzungsinzidenz zieht die logische Konsequenz nach sich, dass die Kreuzbandruptur in der Medizin eine hohe Aufmerksamkeit erfährt. Immer wieder neue bzw. weiterentwickelte Diagnoseverfahren, Behandlungsmethoden, Operationstechniken und Therapiemaßnamen haben ein umfassendes medizinisches „Know-How“ hervorgebracht. War der Riss des vorderen Kreuzbandes in nicht allzu ferner Vergangenheit noch als sicheres Indiz einer Sportuntauglichkeit mit deutlichen Einschränkungen im Alltagsleben zu werten, kann Patientinnen und Patienten, die eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes erlitten haben, heute eine bemerkenswert gute Heilungsperspektive zugesichert werden. Die medizinische Behandlung ist jedoch kein reines Routineverfahren, sondern eine äußerst komplexe Prozedur. Das Kniegelenk stellt eine enorm diffizile anatomische Struktur dar, an der zahlreiche Substrukturen beteiligt sind. Erst das Wissen über Konstitution, Funktion und Zusammenspiel von Muskeln, Sehnen, Bändern und Knochen macht eine erfolgreiche Behandlung von Kreuzbandrissen möglich. Dabei kann die Diagnose, Behandlung und Therapie einer vorderen Kreuzbandruptur aufgrund der individuellen Patientenbedürfnisse und differenten Verletzungsmuster nicht nach einem fest definierten Plan bewerkstelligt werden. Es gibt kein > So ist es richtig < und > So ist es falsch <. Vielmehr muss das Ziel sein, aus den bekannten, erprobten Behandlungsalternativen jene zu wählen, die, für die aktuelle und zukünftige Situation des Betroffenen die besten Heilungsperspektiven versprechen (Petersen et al., 2012, S. 52ff; Schmidt-Wiethoff & Dargel, 2007, S. 38d ff).

In dieser Arbeit wird zunächst ausführlich der Aufbau des Kniegelenks betrachtet. Somit können nachfolgende Ausführungen auf Basis des notwendigen anatomischen Grundwissens entfaltet werden. Im zweiten Teil wird das komplexe Verfahren der Behandlung eines verletzten vorderen Kreuzbandes nach aktuellem medizinischen Standard beschrieben und die verschiedenen Möglichkeiten der Behandlung diskutiert. Es soll versucht werden aus dem Konsens aktueller medizinischer Fachliteratur, die gegenwärtig erfolgversprechendsten Behandlungsmethoden herauszuarbeiten.

2. Anatomie des Kniegelenkes

2.1 Artikulierende Knochen

„Das Kniegelenk ist das Gelenk der Superlative“ (Schabus & Bosina, 2007, S. 5). Als größtes Gelenk des menschlichen Körpers verbindet es die knöchernen Gelenkpartner Oberschenkelknochen (Femur), Schienbeinknochen (Tibia) und Kniescheibe (Patella). Diese Verbindungen können in zwei Einzelgelenke unterteilt werden: Das Kniekehlgelenk (Articulatio femorotibialis), in dem der Oberschenkel mit seinen zwei Gelenkrollen (Condylus femoris medialis und lateralis) auf der Schienbeinkopffläche (Tibia plateau) rollt und das Kniescheiben-Oberschenkelgelenk (Articulatio femoropatellaris), in dem die Patella, welche als Sesambein in die Sehne des Kniestreckmuskels (Musculus quadriceps femoris) eingelassen ist, über den verbundenen Anteil der Oberschenkelkondylenflächen gleitet (ebd.).

Es ergibt sich eine Struktur, in der die beteiligten Knochen, die mit Knorpel überzogen sind, durch die unterschiedliche Form der Gelenkkondylen und die aneinander angepasste Größe, gegeneinander gleiten und rollen können (ebd., S. 6). In dieser Konstruktion ist nicht nur die dominierende Streck- und Beugebewegung, sondern im gebeugten Zustand auch eine leichte Innen- und Außenrotation möglich. Man spricht daher auch von einem Drehscharniergelenk (Faller,1999, S. 179).

2.2 Menisken

Jedes Kniegelenk hat zwei Menisken. Sie liegen als C-förmige Faserknorpelscheiben zwischen den Condylen von Femur und Tibia und sind fest mit der Gelenkkapsel und im Bereich der Interkondylärregion am Schienbein verwachsen. In ihrer Funktion dienen Meniskus mediales und Meniskus lateralis neben einer Stoßdämpferaufgabe vor allem der Stabilisierung, Zentrierung und Limitierung des Kniegelenks. Daneben zeigen sie sich aber auch für die Verminderung des Gleitwiderstandes sowie die Optimierung der Roll-Gleitbewegung der Gelenkstruktur verantwortlich. Im Querschnitt sind die Menisken keilförmig, wobei die breite Basis über die Gelenkkapsel mit Gefäßen und Nerven versorgt wird. Der dünn auslaufende, freie Rand ist nicht durchblutet. Er verbessert die Gelenkkongruenz zwischen den Kondylengelenkflächen (Schabus & Bosina, 2007, S. 6).

2.3 Bandapparat

Die Führungsbänder des Kniegelenks sind die Seiten- und Kreuzbänder (Ligamenta cruciata genus). Letzteren wird im weiteren Verlauf dieser Arbeit eine besondere Aufmerksamkeit zukommen. Aus diesem Grund werden sie in einem gesonderten Unterkapitel behandelt. Generell dienen die Bänder des Kniegelenkes der Sicherung der ligamentären Stabilität, also der Aufrechterhaltung der ligamentären Widerstandskräfte. In diesem Sinn limitieren sie Extrembewegungen, sichern die Relativpositionierung der Gelenkkörper zueinander und sorgen für die Gewährleistung des Zusammenspiels zwischen Synergist und Antagonist (Schabus & Bosina, 2007, S. 7).

Die Seitenbänder sind extraartikulär gelegen und verbinden die Epikondylen des Femurs mit jenen der Tibia bzw. der Fibula. „Das mediale Seitenband (LCM=Ligamentum collaterale mediale) besteht aus langen, kräftigen Fasern, die vom medialen Femurepicondyl entspringen und an der Innenseite der Tibia ca. 7 cm unterhalb der Kniegelenke ansetzen“ (ebd., S.9). Zusammen mit dem medialen Kapselband, das fest mir der Meniskusbasis verwachsen ist, und dem inneren Schrägband, das an die dorsale Begrenzung des tibialen Seitenbandes anschließt, sorgt es für Stabilität auf der medialen Seite des Kniegelenkes und wirkt gegen Valgus- und Außenrotationskräfte (ebd.)

Das laterale Seitenband (Ligamentum collaterale laterale) ist ein gut ausgebildeter, spulrunder Strang, der vom Epicondylus Femoris lateralis zum Wadenbeinköpfchen zieht. Es besitzt etwa ein Drittel der Länge des medialen Seitenbandes und ist in der Streckstellung ein wichtiger Stabilisator gegen Varuskräfte. „Das laterale Seitenband ist, wie auch das mediale-, bis auf den Sehnendurchbruch des [Kniekehlenmuskels (Musculus pobliteus)] […], fest mit der Basis des lateralen Meniskus verwachsen“ (ebd.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 Bandapparat eines rechten Kniegelenkes

2.3.1 Kreuzbänder

Die Kreuzbänder sind zwei starke, sich überkreuzende Bänder, die sich zwischen Condylus femoris mediales und lateralis im Zentrum des Kniegelenkes befinden. „Man unterscheidet ein vorderes langes sowie breites und schräggestelltes Kreuzband (Lig. cruciatum anterius) von einem hinteren, kurzen und steilgestellten Bandzug (Lig. cruciatum posterius)" (Tittel, 1981, S. 291). Als zentrale Hauptstabilisatoren sichern sie das Knie nach ventral, dorsal und gleichzeitig in der Rotation. Zusammen mit der Erhebung zwischen den Tibia-Gelenkknorren (Eminentia intercondylaris) bilden sie in Streckstellung die osteoligamentäre Verriegelung des Gelenks.

Das vordere Kreuzband entspringt von der lateralen Wand der Fossa intercondylaris des Fermurs und zieht schräg nach vorn tibial und distalwärts, um im vorderen, inneren Anteil der Area intercondylaris der Tibia anzusetzen. Das hintere Kreuzband ist stärker als das Vordere, entspringt an der medialen Wand der Fossa intercondylaris femoris und verläuft schräg rückwärts fibular und distalwärts, um an der Fossa intercondylaris posterior tibiae anzusetzen (Jonasch, 1964, S. 16).

Vorderes und hinteres Kreuzband zeigen je nach Gelenkstellung ein unterschiedliches Spannungsverhalten und begrenzen den Bewegungsumfang somit auf ein erforderliches Maß. Insbesondere wird die Vor- und Rückwärtsbewegung der Tibia gegenüber den Femurkondylen und damit das Abgleiten der Femurkondylen von den artikulierenden Gelenkflächen der Tibia verhindert (Schabus & Bosina S. 9-11.).

Eine Besonderheit der Kreuzbänder ergibt sich durch ihre Lage zur Gelenkkapsel. Auf diese Eigenheit wird im nächsten Kapitel genauer eingegangen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.4 Gelenkkapsel und Gelenkhöhle

Das Kniegelenk wird von einer Gelenkkapsel (Capsula articularis genu) umschlossen. „Wie jede Gelenkkapsel besteht sie aus einer Membrana fibrosa, als äußere, mechanisch belastbare, faserverwobene Bindegewebeschicht und einer Membrana synovialis, die als innere Schicht den Gelenkraum abdichtet und mit der notwendigen Gelenkschmiere versorgt“ (Schabus & Bosina, 2007, S. 8). Zwischen den beiden Membranen liegt subsynoviales Bindegewebe, das in den einzelnen Regionen des Kniegelenks unterschiedlich zusammengesetzt ist. In der vorderen Gewebestruktur der Gelenkkapsel ist die Quadrizepssehne mit der Patella eingelassen. Im vorderen, seitlichen und hinteren Bereich sind die Menisken eingelagert.

Wie bereits erwähnt, steht die Gelenkkapsel zu den Kreuzbändern in einem besonderen Verhältnis, das sich durch die spezielle Lage zueinander ergibt. Während die äußere Kapselschicht die Kreuzbänder umschließt, werden sie von der Innenhaut nicht eingeschlossen, sondern nach hinten, offen, scharf U-förmig ausgespart (Schünke, 2014, S. 296-297).

An vielen Punkten des Kniegelenks findet eine direkte Kommunikation zwischen der Gelenkhöhle und den gelenknahen Schleimbeuteln (Bursae synovialis) statt. Zu nennen sind hier vor allem die Bursa infrapatellaris, die sich zwischen Patellarsehne und Tibia schiebt und der Recessus suprapatellaris, der sich zwischen dem Femur und der Sehne des vierköpfigen Oberschenkelmuskels (Musculus quadrizeps femoris) befindet und als Ausbuchtung der Gelenkhöhle ebenso die Aufgabe eines Schleimbeutels übernimmt. „Eine ebenfalls regelmäßige Kommunikation mit der Gelenkhöhle haben folgende Schleimbeutel: Bursa musculi semimembranosi und Bursa subtendinea musculi gastrocnemii medialis“ (ebd., S. 297). Genau wie die Schleimbeutel, die nicht in Verbindung mit der Gelenkhöhle stehen, haben sie die Aufgabe, an den Reibungspunkten, wo die Sehnen über das Gelenk ziehen, Schäden vorzubeugen und Druck und Reibung zwischen Sehne, Muskel, Knochen und Haut zu reduzieren (ebd.).

3. Das Gelenk bewegende Muskulatur

Die Muskulatur, die für die Bewegung des Kniegelenks zuständig ist, kann aufgabenbedingt in zwei Gruppen unterteilt werden. Extensionsmuskulatur und Flexionsmuskulatur. „Zu den Kniegelenksextensoren gehört in erster Linie der kräftige Musculus quadrizeps femoris“ (Thews, Mutschler & Vaupel, 1999, S. 570). Er lässt sich in vier Köpfe unterteilen, die kaudal eine gemeinsame Endsehne bilden, welche wiederum die Patella umschließt und an der Tuberositas tibiae festmacht. Die vier Köpfe sind jeweils dem Musculus rectus femoris, der oberhalb des Hüftgelenks von der Spina iliaca anterior inferior entspringt, dem Musculus vastus lateralis sowie dem Musculus vastus medialis, die von der Linea aspera an der Femurrückseite kommen und dem Musculus vastus intermedialis, der an der Vorderseite des Femurs anknüpft, zuzuordnen (ebd., S. 571).

An der Flexion des Kniegelenks sind deutlich mehr Muskeln beteiligt. Primär ist hier, die Gruppe der ischiokruralen Muskulatur zu berücksichtigen. Sie umfasst lateral den Musculus biceps femoris, medial den Musculus semitendinosus und darunter angeordnet den Musculus semimembranosis. Alle drei Muskeln entspringen zumindest partiell am Sitzbeinhöcker (Tuber ischiadicum) und ziehen über das Kniegelenk Richtung Tibia hinweg. Neben ihrer Aufgabe zur Beugung des Kniegelenks ist die ischiokrurale Muskulatur auch für die Streckung des Hüftgelenks verantwortlich. Ihr Arbeitsfeld umfasst somit zwei Gelenke. Gleiches kann auch für den Musculus sartorius und den Musculus gracilis festgestellt werden, wobei diese in anderen Muskellogen liegen und sowohl beim Knie als auch bei der Hüfte für die Flexion des Gelenkes zuständig sind. Der Musculus sartorius zieht von der Spina iliaca anterior superior schräg über den Oberschenkel zur medialen Seite der Tibia. Der Musculus gracilis hat seinen Ursprung am Ramus inferior des Schambeins (Os pubis) und setzt ebenfalls an der medialen Tibia an. Am gemeinsamen Ansatzpunkt bilden die beiden Muskeln, zusammen mit dem Asatz des Musculus semitendinosus, eine Ansatzformation, die auch als Gänsefuß (Pes anserinus) bezeichnet wird. Anders als an der Extension des Kniegelenks sind an der Flexion auch Muskeln des Unterschenkels beteiligt. Vor allem gilt dies für den vom lateralen Epicondyl des Femurs schräg zum oberen Tibiaschaft ziehenden kleinen Musculus polpliteus, der, obwohl in die Beugerloge des Unterschenkels eingelassen, ausschließlich bei der Flexion des Kniegelenks mitwirkt (ebd., S. 571-572).

Wie schon erwähnt, kann das Kniegelenk Rotationsbewegungen nur bei gebeugtem Knie ausführen. Die hierfür verantwortlichen Muskeln bzw. Muskelgruppen wurden oben bereits genannt. So sind die Muskeln semitendinosus, semimembranosus, sartorius, gracilis und popliteus an der Innenrotation des Kniegelnks beteiligt. Die Außenrotation hingegen wird durch den Musculus biceps femoris bewerkstelligt (Thews, Mutschler & Vaupel, 1999, S. 571-572).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

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Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Kniegelenk und Ruptur des vorderen Kreuzbandes. Anatomie, Pathologie und Prävention
Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover
Note
1,7
Autor
Jahr
2016
Seiten
19
Katalognummer
V504071
ISBN (eBook)
9783346058874
ISBN (Buch)
9783346058881
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sportverletzung, Kniegelenk, Anatomie, Kreuzband, Kreuzbandruptur
Arbeit zitieren
Jakob Meis (Autor:in), 2016, Kniegelenk und Ruptur des vorderen Kreuzbandes. Anatomie, Pathologie und Prävention, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/504071

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