Einführung in die Fuzzy-Mengenlehre. Die natürliche Sprache im Vergleich zu formalen mathematischen Modellen


Ausarbeitung, 2019

20 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung

2. Fuzzy Mengenlehre
2.1. Formale Modelle und natürliche Sprache
2.2. Scharfe Mengen und Fuzzy Sets
2.3. Fuzzy-Mengenoperationen
2.4. Fuzzy-Relationen
2.5. Anwendungsgebiete

3. Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildung 1: Scharfe Zugehörigkeitsfunktion

Abbildung 2: Fuzzy Zugehörigkeitsfunktion

Abbildung 3: Venn-Diagramme der grundlegenden Mengenoperatoren

Abbildung 4: Fuzzy Complement

Abbildung 5: Fuzzy Union und Fuzzy Intersection

Abbildung 6: Definition der linguistischen Terme für x und y

Abbildung 7: Min-Verknüpfung der Prämissen-Relation

Abbildung 8: Grundstruktur eines Expertensystems

Anhangsverzeichnis

Anhang 1: Symbolverzeichnis der Mengenlehre

Anhang 2: Fuzzy-Zugehörigkeitsfunktionen

1. Einleitung

Die Fuzzy Theorie stammt von dem aserbaidschanischen Elektroingenieur LOTFI A. ZADEH (1921–2017). Dieser führte im Jahr 1965 die Fuzzy-Logik in seinem Artikel Fuzzy-Sets ein. Im Ver- gleich zur klassischen Booleschen- oder binären Logik mit nur zwei möglichen Wahrheitswer- ten, bietet diese Logik die Möglichkeit eines stetigen Übergangs zwischen Zugehörigkeit und Nichtzugehörigkeit einer Aussage zu einer Menge durch eine Abbildung der Wahrheits- oder Zugehörigkeitswerten in einem abgeschlossenen Intervall [0,1]. „Die Werte liegen dabei in Form verbaler Ausdrücke vor wie beispielsweise sehr falsch, falsch, wahr, sehr wahr, und werden mit Hilfe von charakteristischen Funktionen auf die numerischen Wahrheitswerte abgebildet.“ 1 Die Fuzzy-Logik kann somit Aussagen verarbeiten, welche eventuell nur zu einem gewissen Grad wahr oder falsch sind.

In diesem Assignment soll eine Einführung in die Fuzzy Mengenlehre (engl. Fuzzy Set Theory) erfolgen. Hierzu setzen wir uns im ersten Abschnitt des zweiten Kapitels mit der natürlichen Sprache im Vergleich zu formalen mathematischen Modellen auseinander. Im zweiten Ab- schnitt betrachten wir klassische Mengen, vergleichen diese mit Fuzzy Sets und heben die Un- terschiede anhand von Beispielen und grafischen Darstellungen hervor. Im dritten Abschnitt be- trachten wir Operatoren, zunächst auch wieder auf Basis der klassischen Mengenlehre und an- schließend bezogen auf die Fuzzy Mengenlehre. Im vierten Abschnitt betrachten wir Fuzzy- Relationen. Im fünften Abschnitt gehen wir kurz auf Fuzzy Expertensysteme ein und präsentie- ren den klassischen Aufbau eines Expertensystems. Abschließend wird im letzten Kapitel ein Fa- zit gezogen und eine Einschätzung über die zukünftigen Einsatzgebiete der Fuzzy-Mengenlehre abgegeben.

2. Fuzzy Mengenlehre

2.1. Formale Modelle und natürliche Sprache

Wie bereits in der Einleitung erwähnt, basiert die klassische Logik auf der Grundannahme, dass allen formal-logischen Aussagen stets eine der beiden Wahrheitswerte [1,0], [wahr, falsch] oder [ja, nein] zugeordnet werden kann (siehe Kap. 2.2).2 3 Wird für die Lösung einer Aufgabe ein formales Modell – also eine vereinfachte Darstellung der Realität mit eindeutiger Zugehörigkeit zu einem Wahrheitswert – gewählt, stellt die Mathematik hierzu umfangreiche Werkzeuge zur Problemlösung bereit. Die Terminologie des formalen Modells folgt strikteren Regeln als die normale Umgangssprache, welches den Vorteil bietet, dass Fehlinterpretationen vermieden, Vermutungen bewiesen und Zusammenhänge abgeleitet werden können.

In der natürlichen Kommunikation hingegen spielen formale Modelle keine Rolle. Der Mensch ist in der Lage Informationen in natürlicher Sprache direkt zu verarbeiten, ohne zuvor eine Formalisierung vorzunehmen. Bspw. kann ein Mensch bei einem Abend vor dem Kamin die Aufforderung „ein wenig Holz nachzulegen, sobald das Feuer etwas weniger brennt“ direkt um- setzen. Soll dieser Vorgang automatisiert werden, ist nun nicht klar, wie dieser Vorgang konkret beschrieben werden soll. Eine präzise Logik mit genauen Werten in Form von „wenn Lichtstärke < x [cd], dann lege y [kg] Holz nach“ wäre hierzu notwendig. Der Mensch hingegen könnte mit dieser Aussage nur wenig anfangen, allein schon, weil es für ihn von Natur aus nicht möglich ist, ohne Hilfsmittel genaue physikalische Werte zu ermitteln. Jedoch ist diese sprachliche Unge- nauigkeit kein Nachteil, sondern ermöglicht es, in Situationen, in denen nur unvollständige oder sogar widersprüchliche Informationen vorliegen, eine Entscheidung zu fällen.4

Menschen verwenden in der Beschreibung innerhalb der natürlichen Sprache überwiegend unscharfe oder unpräzise Konzepte, wie bspw. sehr schnell, groß oder klein, bei denen eine ein- deutige Entscheidung, ob ein Wert das entsprechende Attribut verdient oft nicht möglich ist. Dies ist damit zu begründen, dass Attribute eine kontextabhängige Bedeutung besitzen. So ist bspw. der Begriff klein im Rahmen der Atomphysik anders zu interpretieren als in der Astrono- mie. 5 Es gibt sicherlich Werte, welche man als eindeutig klein und ebenso Werte, welche als eindeutig nicht klein im Kontext der Atome bezeichnen könnte. Dazwischen gibt es jedoch ei- nen Bereich der mehr oder weniger kleinen Atome. „Die Idee der Fuzzy-Mengen besteht nun darin, dieses Problem zu lösen, indem man die scharfe, zweiwertige Unterscheidung gewöhnli- cher Mengen, ein Element entweder vollständig oder gar nicht dazugehört, aufgibt“ 6

2.2. Scharfe Mengen und Fuzzy Set

In der klassischen Mathematik wird eine Menge allgemein als Teilmenge, einer Grund- menge, bzw. einer Basismenge (Universe of discourse) beschrieben, welche sich aus einzelnen Elementen zusammensetzt.7 Sie kann verschieden definiert werden: 8 9

- Durch Auflistung ihrer enthaltenen Elemente:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

- Durch die Charakterisierung einer Eigenschaft, welches das Element aufweisen muss:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

- Durch eine charakteristische Funktion oder Zugehörigkeitsfunktion der Menge:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Oder grafisch dargestellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Scharfe Zugehörigkeitsfunktion10

In der Zugehörigkeitsfunktion (membership function) nehmen alle Elemente ݔ der Grund- menge ܺ, welche in enthalten sind den Wert eins und für alle, welche nicht enthalten sind den Wert null an. Das bedeutet, dass jede Aussage genau einem der beiden Wahrheitswerte [1, 0] bzw. [wahr, falsch] zuzuordnen ist.11 Dieser Sachverhalt wird in der Mathematik als Zweiwer- tigkeitsprinzip der Zugehörigkeit bezeichnet.

Gehen wir nun davon aus, dass unsere Beispielmenge das Alter für Teenager darstel- len soll, welche wir aufgrund einer Kundensegmentierung nutzen möchten.12 Da die Entwick- lung eines Menschen individuell verläuft, stellen wir fest, dass die scharfe Selektion der Klasse Teenager unserem tatsächlichen Kundensegment nicht gerecht wird. „ Einige Sekunden vor dem dreizehnten Geburtstag springt jede Person von der Klasse der Nicht-Teenager in die Klasse der Teenager. Am Ende des neunzehnten Lebensjahres erlebt der Teenager einen ähnlichen Schock, indem er binnen kürzester Zeit plötzlich nicht mehr Teenager ist.“ 13

Diesem Sachverhalt können wir Rechnung tragen, indem wir von dem Zweiwertigkeitsprinzip Abstand nehmen und die Zugehörigkeitsfunktion so verallgemeinern, dass sie Werte zwischen null und eins annehmen kann. Sie bietet nun also die Möglichkeit eines stetigen Übergangs zwi- schen Zugehörigkeit bzw. Nicht-Zugehörigkeit einer Aussage zu einer Menge durch die Abbil- dung der Zugehörigkeitswerte innerhalb eines abgeschlossenen Intervalls [1, 0].14 Diese Erwei- terung der klassischen Mengenlehre,15 welche ZADEH 1965 einführte, wird als Fuzzy Set oder auch unscharfe Menge bezeichnet. Da sie Aussagen verarbeiten kann, welche evtl. nur zu ei- nem bestimmten Grad wahr oder falsch sind und somit Differenzierungen zulässt, eignet sie sich besonders gut für die Nachbildung gewisser Funktionen des menschlichen Denkens.16

In unserem Beispiel weichen wir nun von dem Zweiwertigkeitsprinzip ab und führen unsere Kundensegmentierung mit einem Fuzzy Set fort. Wir verallgemeinern den Begriff Teenager und behaupten, dass eine zehnjährige Person kein Teenager, eine elfjährige Person zu einem Drittel Teenager, eine zwölfjährige Person zu zwei Drittel Teenager und eine dreizehnjährige Person zu einhundert Prozent ein Teenager ist. Analog hierzu fällt die unscharfe Menge der Teenager ab dem 19. und endet mit dem 22. Geburtstag.17 Die Zugehörigkeitsfunktion würde sich demnach wie folgt gestalten:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Oder grafisch dargestellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Fuzzy Zugehörigkeitsfunktion18

Beträgt der Zugehörigkeitsgrad eines Elements ݔ eins, so liegt der klassische (scharfe) Fall der Mengenlehre eines Elements vor. Beträgt dieser null, gehört das Element nicht dem Fuzzy-Set an.19 Fuzzy-Sets mit einer trapezförmigen Zugehörigkeitsfunktion bezeichnet man auch als Fuzzy-Intervalle, da sie ein zusammenhängendes Intervall von Elementen mit dem Zu- gehörigkeitsgrad eins besitzen. 20 Die Zugehörigkeitsfunktion eines Fuzzy Sets muss nicht zwangsläufig eine Trapezform darstellen, sie kann auch andere Formen wie bspw. eine Glo- cken-, Dreiecks- oder Rechteckform annehmen. Eine Übersicht der am häufigsten genutzten Zugehörigkeitsfunktionen ist im Anhang zu finden.

2.3. Fuzzy-Mengenoperationen

Um Fuzzy-Sets zu verarbeiten, sind Operatoren notwendig, welche eine Verknüpfung und Modifikation ermöglichen. „Die grundlegenden Mengenoperatoren in der klassischen Mengen- lehre sind Durchschnitt, Vereinigung und Komplement.“ 21 Diese werden in der folgenden Abbil- dung dargestellt:

[...]


1 BOTHE (1995), S.2.

2 Vgl. KRUSE et al. (2015), S. 289f.

3 Vgl. HÜBNER/JAHNES (1998), S. 116.

4 Vgl. NISCHWITZ et al. (2011), S. 484.

5 Vgl. DRECHSEL (1996), S. 1.

6 KRUSE et al. (2015), S. 290.

7 DRECHSEL (1996), S. 27.

8 Vgl. KAHLERT (1995), S. 10ff.

9 Eine Symbolübersicht der Mengenlehre befindet sich im Anhang.

10 Eigene Darstellung in Anlehnung an MEIER/PORTMANN (2019), S. 3.

11 Vgl. GOTTWALD (1989), S. 1.

12 Vgl. MEIER/PORTMANN (2019), S. 3f.

13 MEIER/PORTMANN (2019), S. 3.

14 Vgl. UNBEHAUEN (2008), S. 337.

15 Vgl. BORGELT/KRUSE (2015), S. 491.

16 Vgl. UNBEHAUEN (2008), S. 337.

17 Vgl. MEIER/PORTMANN (2019), S. 4.

18 Eigene Darstellung in Anlehnung an MEIER/PORTMANN (2019), S. 3.

19 Vgl. FRANK (2002), S. 4.

20 Vgl. DRECHSEL (1996), S. 30.

21 SCHRÖDER/BUSS (2017), S. 847.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Einführung in die Fuzzy-Mengenlehre. Die natürliche Sprache im Vergleich zu formalen mathematischen Modellen
Hochschule
AKAD University, ehem. AKAD Fachhochschule Stuttgart
Note
1,7
Autor
Jahr
2019
Seiten
20
Katalognummer
V504157
ISBN (eBook)
9783346055415
ISBN (Buch)
9783346055422
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fuzzy-Mengen, Mengenlehre, Zadeh, Unscharfe Mengen, Unscharfe Mengenlehre, Fuzzy-Sets, Fuzzy-Set-Theory
Arbeit zitieren
Emanuel Ibing (Autor:in), 2019, Einführung in die Fuzzy-Mengenlehre. Die natürliche Sprache im Vergleich zu formalen mathematischen Modellen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/504157

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