Die Visionen Katharinas von Siena


Seminararbeit, 2018

19 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Katharinas Leben und ihr Wirken

3. Die Visionen der Katharina von Siena

4. Katharinas Einfluss in der Kirchenpolitik
4.1 Das Papsttum in Avignon und die Rückkehr nach Rom
4.2 Engagement für den Frieden zwischen dem Papst und den italienischen Stadtstaaten
4.3 Aufruf zum Kreuzzug und die Kritik daran
4.4 Reform der Kirche

5. Lebensende

6. Werke und wichtigste Quellen

7. Fazit

Quellen- und Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Im Zuge des Seminars „Die Welt der Träume – Visionen im Mittelalter“ hatte man die Möglichkeit, verschiedene religiöse Persönlichkeiten, Mentalitäten und die Besonderheiten von Träumen und Visionen, sowie deren Bedeutung kennenzulernen. Die nachfolgende Arbeit beschäftigt sich mit den Visionen und dem Lebensweg der Katharina von Siena, die eine herausragende Persönlichkeit war und deren Wirken sich weit über die Grenzen Italiens hinaus entwickelte.

Sie wird in einem Jahr geboren, in dem die Pest erstmals in Europa wütete und die Menschen diese Katastrophe als ein Zeichen für den sittlichen Verfall ansahen. Es wurde als Strafe angesehen und viele glaubten an einen Zusammenhang mit dem moralischen Abstieg der Kirche.

Das 14. Jahrhundert war allgemein geprägt von Konflikten und Instabilität, eine Zeit vieler Umbrüche und Veränderungen. Der Papst hatte seinen Amtssitz nicht mehr in Rom, sondern nach Avignon verlegt. Der Machtkampf zwischen Frankreich und dem Papsttum ging zugunsten Frankreichs aus und somit erlangte die französische Krone Einfluss auf die gesamte Kurie.1

Katharina von Siena hat seit frühester Jugend Visionen und führt Gespräche mit Gott. Ihre Erscheinungen und ihr Auftreten, verbunden mit den Problemen der Zeit, brachten ihr Respekt und verschafften ihr Gehör bis in die Spitze der Kirche.

Trotz vieler Krankheiten trug sie ihre Frömmigkeit und innere Haltung in die Öffentlichkeit und fand viele Anhänger, die sich um sie scharrten. Sie bestand ein Inquisitionsverhör vor den Dominikanern, ohne Schaden davon zu tragen und erlangte als Frau eine offizielle kirchliche Erlaubnis zu predigen.2

Diese Arbeit versucht die Person Katharina von Siena näher zu beleuchten und sie auch in den Kontext der Kirchenkrise des 14. Jahrhunderts zu stellen.

Beginnend mit ihrer Jugend gehe ich chronologisch vor und erfasse die herausragenden Visionen, die meist auch herausragende Ereignisse nach sich zogen. Im vierten Kapitel widme ich mich ihrem Einfluss auf die Kirchenpolitik, wobei ich auf vier Punkte näher eingehen möchte. Zum einen handelt es sich dabei um das Papsttum in Avignon und die Rückkehr des Papstes nach Rom, dem Aufruf zu einem erneuten Kreuzzug und die Kritik daran, das Einsetzen für den Frieden zwischen dem Papst und den italienischen Stadtstaaten und als letzten Punkt skizziere ich ihr Anliegen bezüglich einer Reform der Kirche.

Die anschließenden Kapitel handeln von Katharinas Lebensende, ihren Werken und den wichtigsten Quellen, die der Forschung erhalten geblieben sind.

In einer Schlussbemerkung soll noch einmal über das faszinierende Leben der Heiligen ein Resümee gezogen werden, das sowohl ihre Mystik, wie auch ihre politischen Grundsätze mit einbezieht.

2. Katharinas Leben und ihr Wirken

Katharina von Siena war das 24. Kind von Lapa und Iacopo Benincasa und kam am 25. März 1347, als Caterina Benincasa, in Siena zur Welt.3

Obwohl sie wahrscheinlich keine schulische Ausbildung hatte und weder lesen noch schreiben konnte, glich sie diese Fertigkeiten mit ihrem schnellen Auffassungsvermögen und autodidaktischen Fähigkeiten aus.4

Bereits mit sechs Jahren erlebte sie ihre erste Vision, als sie nach San Domenico, einer Dominikanerkirche in Siena, hinaufblickte. Ihr erschien Christus, bischöflich gekleidet, der von Petrus, Paulus und Johannes umgeben war. Er lächelte ihr zu und segnete sie. Diese Vision hatte vermutlich einen starken Einfluss auf ihr weiteres Leben. Bereits vor dieser Erscheinung war sie ein frommes Mädchen, das gerne in die Kirche ging, aber von diesem Zeitpunkt an, suchte sie die Einsamkeit. Sie betete und machte körperliche Bußübungen. Sie erhoffte sich dadurch eine erneute Vision.

Im Alter von zwölf Jahren versuchte ihre Mutter Katharina davon zu überzeugen, dass es an der Zeit wäre, einen passenden Ehemann zu finden. Obwohl sie sich zunächst dagegen sträubte, ließ sie sich von ihrer großen Schwester Bonaventura dazu verleiten, Geschmack an den schönen Dingen des Lebens zu finden. Während dieser kurzen Zeit schwand auch ihr religiöser Eifer. Diese Phase ihres noch jungen Lebens dauerte bis zum Tod ihrer Schwester im August 1362. Dieses Ereignis war für Katharina ein schwerer Schicksalsschlag, was ihre Eltern, vor allem ihre Mutter, nicht bemerkten. Sie wollte nun umso dringlicher ihre jüngste Tochter verheiraten, die sich nach dem Tod der Schwester wieder in die Einsamkeit zurückzog. In dieser Situation wird der Beichtvater, Tommaso della Fonte, ein Dominikaner, zur Hilfe gerufen, der Katharina zur Vernunft bringen soll. Sie erklärte ihm aber, dass sie ihre Jungfräulichkeit Gott geweiht hat und von diesem Moment an, stand der Beichtvater Katharina zur Seite. Als Zeichen ihrer Entschlossenheit schnitt Katharina sich die Haare ab und verärgerte damit ihre Mutter noch mehr. Lapa entzog dem Mädchen ihr eigenes Zimmer und zwang sie damit zur Aufgabe ihrer selbstgewählten Isolation. Sie bürdete Katharina schwere Hausarbeit auf und versuchte mit diesen Maßnahmen, den Willen ihrer Tochter zu brechen. Dennoch schaffte Katharina es, sich einen inneren Rückzugsort zu schaffen.

In einem Traum erfuhr Katharina ihre nächste Vision. Ihr erschien der Heilige Dominikus, der sie in ein weißes Gewand hüllte. Sie informierte ihre Familie am nächsten Tag darüber, dass sie nun das Gelübde der Jungfräulichkeit abgelegt hatte und erhielt durch die Fürsprache ihres Vaters wieder Unterstützung von ihrer Familie. Im eigenen Zimmer widmete sie sich nun dem Gebet und vollzog harte Bußübungen an sich. Sie reduzierte ihre Nahrung auf etwas Brot und rohe Kräuter. Sie trank nur noch Wasser, schlief angezogen auf einem Brett und trug eine eiserne Kette um den Körper. Sie verringerte ihren Schlaf, um zu beten und kasteite sich. 5

Katharina hielt an ihrem religiösen Glauben und Dasein fest, wollte aber nicht ganz und gar in ein Kloster eintreten. Sie überzeugte schließlich ihre Mutter, die ‚Mantellatinnen‘ von Siena darum zu bitten, sie aufzunehmen.

Die ‚Mantellatinnen‘ oder auch ‚Schwestern der Buße‘ genannt, gehören zum ‚Dritten Orden‘ der Dominikanerinnen und sind keine Nonnen, die ein Gelübde ablegen und im Kloster leben. Ihren Namen ‚Mantellate‘ erhielten sie aufgrund ihres langen schwarzen Umhangs. Sie verschreiben sich einem christlichen Leben, verüben caritative Tätigkeiten und verpflichten sich dem regelmäßigen Gebet. Sie leben nach dem Vorbild des Heiligen Dominikus und werden vom Ersten Orden angeleitet. Da man zu jener Zeit nur Witwen in den Orden aufnahm, war man wegen der Jugend von Katharina, die zu diesem Zeitpunkt siebzehn Jahre alt war, skeptisch und erteilte ihr eine Absage.6

Durch eine Pockenerkrankung wurde Katharina entstellt und erwirkte 1364/65 die Aufnahme bei den Mantellantinnen. Danach lebte sie drei Jahre in großer Zurückgezogenheit in ihrem Zimmer im Elternhaus, das sie wie bei den Mantellatinnen üblich, weiterhin bewohnte. Sie verließ ihr Zimmer kaum, hatte zum Schlafen nur ein Brett, ein Kreuz an der Wand, widmete sich dem Gebet und Bußübungen. Schweigen und Fasten waren ihre Form einer strengen Askese.7 Aus Katharinas Sicht ist die Eigenliebe die Ursache allen Übels. Die Eigenliebe verhindert die Gedankenfreiheit und die Nächstenliebe. Sie möchte die Eigenliebe, welche sich in Form von Habsucht, Hochmut, Unkeuschheit oder Neid äußert, überwinden.8

In dieser Phase der Einsamkeit kamen Katharina auch Zweifel an ihrer Lebensform und sie fragte sich beispielsweise, ob das hartnäckige Fasten vielleicht schädlich für die Gesundheit sein könnte oder ob sie nicht auch als verheiratete Frau ein solches Leben führen könnte. Sie sah diese Ängste und Gefühle schließlich als Prüfung Gottes an und akzeptierte sie. Durch das Überwinden dieser Gedanken, war sie in ihrer Person gestärkt. Diese Stärke und eine erneute Vision, die ‚mystische Hochzeit‘ mit Christus, gaben ihr die Kraft und Gewissheit, in seinem Sinne zu agieren. Sie verließ ihre selbstgewählte Isolation und ging hinaus, um sich Kranken anzunehmen, Sterbende auf den Tod vorzubereiten und kümmerte sich um jene, die ihre Hilfe benötigten.9

Viele Menschen verehrten sie und es begann sich schnell ein Kreis um Katharina zu bilden. Raimund von Capua beschrieb in der Legenda maior, welche Ausstrahlung von der jungen Frau ausging:

„Es war ja nicht nur die Ausstrahlungskraft ihrer lebendigen Stimme, sondern allein schon ihre persönliche Nähe, wodurch sich die Menschen zum Guten hingezogen fühlten und eine solche Freude in Gott empfanden, daß in den Herzen derer, die mit ihr Umgang hatten, jede Traurigkeit sich auflöste, jeglicher innerer Überdruß hinfällig wurde und jede Erinnerung an irgendwelche Not verschwand. Stattdessen folgte ein so großer und ungewohnter Friede […].“10

Die „Katharinenfamilie“ wurde in dieser Zeit immer größer und setzte sich vor allem aus Frauen und jungen Mädchen zusammen, aber auch viele Mantellatinnen waren in ihrem Gefolge, genauso wie auch „Ordensleute und Priester, Laien aller Art, Adelige, Leute aus dem Volk, Kaufleute, Dichter, Maler, Männer des öffentlichen Lebens.“11 Man verbrachte die Zeit miteinander und betete zusammen. Einige aus der „Familie“ wirkten auch als Katharinas Sekretäre. Die Menschen brachten ihr Sünder, die sie wieder auf den rechten Weg weisen sollte, priesen sie an und verteidigten sie auch, wenn es notwendig war. Für ihre Gefolgsleute, ob jung oder alt, war sie mit ihren damaligen 25 Jahren „die geistliche Mutter“ und man gab ihr auch die Namen: „Mamma, dolce Mamma, dolcissima Mamma“.12

Eine Beschreibung von Katharinas Wirken erhielten wir von Raimund von Capua, der in der Legenda maior schrieb:

„Ich habe gesehen, wie manchmal Frauen und Männer zu Tausenden oder in noch größerer Zahl gleichzeitig und wie von einer unsichtbaren Posaune gerufen von den Bergregionen und aus anderen Gegenden rund um Siena zusammenströmten, um Caterina zu sehen und zu hören. Nicht nur durch ihr Wort, sondern schon durch ihren Anblick wurden sie sich sogleich ihrer Vergehen bewußt und weinten und trauerten über ihre Sünden. Sie eilten zu den Beichtvätern – einer davon war auch ich – und berichteten mit so großem Schuldbewusstsein, daß keiner an der Gnadenfülle zweifeln konnte, die sich von oben in ihren Herzen ergoß.“13

Sie hatte die Fähigkeit, die Menschen wahrhaftig trösten zu können und diese Tatsache machte sie auch so ungemein beliebt. Sie schaffte es durch ihre besondere persönliche Ausstrahlung arrogante Theologen, die ganz und gar die Ideale der „Männerkirche“ vertraten, zu bekehren und sie „als lebende Heilige anzuerkennen“.14

Ohne Angst sich selbst anzustecken, kümmerte sie sich 1374 um Pestkranke in Siena, wobei sie auch Blutsverwandte und viele Mitglieder ihrer geistlichen Familie an die Seuche verlor. Trotz ihrer vielen caritativen Verpflichtungen, fand sie die Zeit, sich mit theologischen und kirchenpolitischen Themen auseinander zu setzten. Sie traf sich mit Laien und Geistlichen und erwarb sich durch diese Gespräche ein großes theologisches Wissen, welches sich auch in ihren Werken wiederfindet.15

3. Die Visionen der Katharina von Siena

Im Jahr 1368 erlebte Katharina die „mystische Vermählung“, in der ihr Christus erschien und ihr einen Ring über den Finger streifte. Sie hörte ihn sagen:

„Du hast aller Eitelkeit der Welt verworfen, die Lust des Fleisches verachtet und in mir allein die Freude deines Herzens gesucht. Sieh, deshalb ist es mein Wille […] festlich mit dir die Hochzeitsfeier deiner Seele zu begehen. So wie ich es dir verheißen habe, du sollst mir im Glauben angetraut sein. […] Sieh, ich dein Schöpfer und Erlösern, nehme dich zum Gemahl in einem Glauben, den du ohne Makel bewahren sollst bis zu jenem Tage, da du mit mir in den Himmeln die ewige Hochzeit feiern wirst.“16

Gemäß den Aufzeichnungen waren auch die Heiligen Johannes, Paulus und Dominikus anwesend und die Muttergottes vollzog die Trauung, während im Hintergrund die „Musik von Davids Harfe“ spielte.17 Ein weiterer Aspekt dieser Vision war der „Herzenstausch“. Christus öffnete dabei ihre Seite der Brust und tauschte Katharinas Herz mit seinem.

Aufgrund dieser Vision fasste sie den Entschluss ihre Einsamkeit und Isolation aufzugeben und sich ganz und gar der Nächstenliebe zu widmen.

Eine weitere einschneidende mystische Erfahrung erlebte Katharina im Jahre 1370. Sie durchlebte während einer vierstündigen Ekstase ihren mystischen Tod. Dabei wies sie keinerlei Lebenszeichen mehr auf, sodass man sie für diese vier Stunden wahrhaftig für tot hielt.18 Während ihres „Scheintodzustands“ erblickte sie die „Geheimnisse Gottes“.19

[...]


1 vgl. Eder, Kirchengeschichte, S. 108-111.

2 vgl. Gleba, Klosterleben im Mittelalter, S. 207.

3 vgl. https://www.heiligenlexikon.de/BiographienK/Katharina_von_Siena_heft_15.pdf (Stand 10.02.2018).

4 vgl. Brakmann, Ein geistlicher Rosengarten, S. 19.

5 vgl. Chéry, Ein brennendes Herz, S. 11-15.

6 vgl. Brakmann, Ein geistlicher Rosengarten, S. 19; Schlosser, Katharina von Siena begegnen, S. 33-37; Chéry, Ein brennendes Herz, S. 16.

7 vgl. Chéry, Ein brennendes Herz, S. 18; Schlosser, Katharina von Siena begegnen, S. 38-39.

8 vgl. Schlosser, Katharina von Siena begegnen, S. 142.

9 vgl. Schlosser, Katharina von Siena begegnen, S. 41-47.

10 Raimund v. Capua, Legenda maior (Schmid, S. 65-66).

11 Chéry, Ein brennendes Herz, S. 42-43.

12 vgl. Chéry, Ein brennendes Herz, S. 45-46.

13 Raimund v. Capua, Legenda maior (Schmid, S. 302).

14 vgl. Dinzelbacher, Christliche Mystik im Abendland, S. 358.

15 vgl. Beckmann-Zöller, Frauen bewegen die Päpste, S. 98-111.

16 Chéry, Ein brennendes Herz, S. 24-25.

17 vgl. Wolf, Die Macht der Heiligen und ihrer Bilder, S. 198.

18 vgl. Schlosser, Katharina von Siena begegnen, S. 71-73.

19 vgl. Raimund v. Capua, Legenda maior (Schmid, S. 372).

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Die Visionen Katharinas von Siena
Hochschule
Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
Note
2
Autor
Jahr
2018
Seiten
19
Katalognummer
V504379
ISBN (eBook)
9783346054890
ISBN (Buch)
9783346054906
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Katharina von Siena, Mittelalter, Visionen
Arbeit zitieren
Katja Knauder (Autor:in), 2018, Die Visionen Katharinas von Siena, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/504379

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