Auch wenn Goethe’s unglückliche Inszenierung eine Mitschuld (und nach dem späteren Erfolg des Stückes zu urteilen, eine Hauptschuld) trug: Die Zuschauer der Weimarer Uraufführung des ‚zerbrochnen Kruges‘ 1808 hielten ihn weder für komisch noch tragisch; sie fanden ihn stattdessen langweilig.
In der gekürzten Fassung ohne den sogenannten ‚Variant‘ gilt er heute hingegen als eine der gelungensten unter den spärlich gesäten, überhaupt als gelungen zu betrachtenden deutschen Komödien.
Kleist hatte nach der desaströsen Premiere die ausufernde Schlussszene, die das Publikum schwer verstimmt hatte, um ca. 500 Verse gestrichen und sie später als ‚Variant‘ in seiner Zeitschrift ‚Phöbus‘ separat veröffentlicht. So endet das Werk genau so auseinander gebrochen wie sein Namensgeber, dessen Name selbst wiederum zerbrochen ist (‚Der zerbroch-ne Krug‘). Seitdem die meistgespielte deutsche Komödie, warf der ‚Krug‘ seither immer wieder die Frage nach seiner dramatischen Gattung auf, die vielfältige Antworten hervorbrachte. Hans Joachim Schrimpf legte hier eine Sammlung an und fand, dass der Krug, von Kleist als Lustspiel ausgewiesen, schon als ‚‚Komisches Idyll‘, ‚burleskes Genre-Bild‘, ‚stilisiertes Volksstück‘, ‚Idyllische Komödie‘, ‚Lustspiel, geboren aus dem Geist der Komödie‘ oder auch als ‚Reine Komödie‘, ‚Schicksalskomödie‘ und ‚Tragikomödie der modernen Subjektivität‘ aufgefasst wurde.
Um das komplizierte Zusammenspiel des ‚Tragischen‘ und des ‚Komischen‘ auflösen zu können, das in Weimar durch misslungene Interpretation in Kombination mit Überlänge scheiterte und im Gegensatz dazu heute unter anderer Beleuchtung den ‚Krug‘ als bedeutendes Kunstwerk auszeichnet, bedarf es der grundlegenden Klärung der Frage, wo das ‚Komische‘ und das ‚Tragische‘ sich begegnen, worüber wir lachen oder trauern und warum.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Begriffsklärung
2.1. Begriffsklärung ‚Tragödie’
2.2. Begriffsklärung ‚Komödie‘
3. Kurze Sammlung von Tragischem und Komischem im ‚Zerbrochnen Krug’
3.1. Tragisches und typisch Tragisches
3.2. Komisches
4. Hintergründe und Zutaten
5. Wo begegnen sich Tragik und Komik allgemein? Worüber trauern oder lachen wir?
6. Verhältnis und Zusammenspiel von Tragödie und Komödie im ‚Zerbrochnen Krug‘
7. Fazit
8. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Auch wenn Goethe’s unglückliche Inszenierung eine Mitschuld (und nach dem späteren Erfolg des Stückes zu urteilen, eine Hauptschuld) trug: Die Zuschauer der Weimarer Uraufführung des ‚zerbrochnen Kruges‘ 1808 hielten ihn weder für komisch noch tragisch; sie fanden ihn stattdessen langweilig.
In der gekürzten Fassung ohne den sogenannten ‚Variant‘ gilt er heute hingegen als eine der gelungensten unter den spärlich gesäten, überhaupt als gelungen zu betrachtenden deutschen Komödien.
Kleist hatte nach der desaströsen Premiere die ausufernde Schluss szene, die das Publikum schwer verstimmt hatte, um ca. 500 Verse gestrichen und sie später als ‚Variant‘ in seiner Zeitschrift ‚Phöbus‘ separat veröffentlicht.
So endet das Werk genau so auseinander gebrochen wie sein Namens geber, dessen Name selbst wiederum zerbrochen ist (‚Der zerbroch-ne Krug‘).
Seitdem die meistgespielte deutsche Komödie, warf der ‚Krug‘ seither immer wieder die Frage nach seiner dramatischen Gattung auf, die viel fältige Antworten hervorbrachte. Hans Joachim Schrimpf legte hier eine Sammlung an und fand, dass der Krug, von Kleist als Lustspiel ausgewiesen, schon als ‚‚Komisches Idyll‘, ‚burleskes Genre-Bild‘, ‚stilisiertes Volksstück‘, ‚Idyllische Komödie‘, ‚Lustspiel, geboren aus dem Geist der Komödie‘ oder auch als ‚Reine Komödie‘, ‚Schicksalskomödie‘ und ‚Tragikomödie der modernen Subjektivität‘ aufgefasst wurde. (Schrimpf H.-J., in Wiese v. B., 1964)
Um das komplizierte Zusammenspiel des ‚Tragischen‘ und des ‚Komischen‘ auflösen zu können, das in Weimar durch misslungene Interpretation in Kombination mit Überlänge scheiterte und im Gqegensatz dazu heute unter anderer Beleuchtung den ‚Krug‘ als bedeutendes Kunstwerk auszeichnet, bedarf es der grundlegenden Klärung der Frage, wo das ‚Komische‘ und das ‚Tragische‘ sich begegnen, worüber wir lachen oder trauern und warum.
2. Begriffsklärung
Um der Fragestellung gerecht zu werden sollte zunächst eine Klärung der Begriffe ‚Komödie‘ und ‚Tragödie‘ und ihrem Verständnis in der vorliegenden Arbeit vorgenommen werden.
2.1. Begriffsklärung ‚Tragödie‘
Tragödie: (gr.-lat.; eigentl.= Bocksgesang)
Auch Trauerspiel. Die älteste und höchste Form des Dramas, in dem Tragik dichterisch gestaltet wird. Die antike Tragödie, die sich aus dem Dionysoskult entwickelte, war geprägt durch den unausgleich baren Gegensatz zwischen dem einzelnen und einem übermächtigen Schicksal. Der Held, oft in einer Grenzsituation zwischen Freiheit und Notwendigkeit handelnd, stürzt unausweichlich in sein Verderben. Typisch ist hierbei eine Verlaufsform, in der eine höhergestellte Per sönlichkeit durch das Auftreten eines ‚Dämons‘ aus Leichtsinn, Selbst überschätzung oder einen vergleichsweise geringen Fehler begeht der dann ihren Untergang einläutet. ( Meyers Enzyklopädisches Lexikon, 1978, Band 23, S. 633, Tragödie, und: Knaurs Lexikon der Weltliteratur, 1979, S. 948, Tragödie)
Aristoteles legte in seiner ‚Poetik‘ einige Grundregeln und Muster fest, die bis heute sowohl Leitfäden als auch Anlass für theoretische Diskussionen und Interpretationen boten. So geht er davon aus, daß der Zuschauer zuerst durch ‚Jammer‘ und ‚Schauder‘ am Geschehen Anteil nimmt und am Ende eine Katharsis, eine ‚Reinigung von den Leidenschaften‘ erfährt.
Der Ansicht folgend, daß der Fall des Helden um so tiefer empfunden wird, je höher seine gesellschaftliche Stellung ist, spielen Tragödien in der Regel in den oberen oder obersten sozialen Klasse (Teil der Stände klausel).
Der Begriff ‚Tragödie‘ impliziert daneben auch die umgangs sprach lich ihm beigegebenen, verlinkten Bedeutungen wie ‚Unglück‘, ‚Katastrophe‘ oder ‚Scheitern‘.
2.2. Begriffsklärung ‚Komödie‘
Komödie: (gr.-lat.; eigentl.= Gesang eines Komos)
Bezeugt seit 486 v. Chr. In Athen als Bestandteil der Dionysosfeiern;
‚Literarisches Bühnenwerk komischen oder heiteren Inhalts mit glück lichem Ausgang.
Die Komödie ist das Gegenstück zur Tragödie und zum ernsten Schauspiel, reicht aber in ihrer Variationsbreite über beide hinaus. Sie erregt Heiterkeit entweder durch den Spott über menschliche Schwä chen und Torheiten oder über die Mißstände der Zeit und die Frag würdig keit ihrer Ideale.‘ (Knaurs Lexikon d. Weltliteratur, 1979, S. 901, Komödie)
Man unterscheidet:
a) formal
die klassische, auf griechische Muster zurückgehende Komödie (mit geschlossener Form)
die romantische Komödie (mit offener Form)
b) inhaltlich-struktural
die Typenkomödie
die Charakterkomödie
die Intrigen ( oder Situationskomödie)
die Konversationskomödie
c) intentional
die politisch-gesellschaftskritische Komödie
die didaktische (rührende) Komödie
die reine Unterhaltungskomödie
In der deutschen Literaturwissenschaft wurde außerdem eine Unterscheidung zwischen der Komödie als der satirisch schärferen, vitalen Ausprägung und dem Lustspiel (Bezeichnung seit 1536 als Übersetzung) als der von Humor getragenen heiter-versöhnlichen Ausprägung versucht, die jedoch aufgrund subjektiver Grenzziehung, nationaler Beschränkung des Begriffs ‚Lustspiel‘ und unklarer, häufig synonymer Verwendung problematisch ist.
Eine dramatische Mischform ist die Tragikomödie, die sowohl tragische als auch komische Elemente verbindet. (Nach: Meyers Enzyklopädisches Lexikon, 1978, Band 14, S. 101, Komödie)
Der ‚Zerbrochne Krug‘ ist als Lustspiel deklariert.
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- Quote paper
- Alexis Pflug (Author), 2002, Inwiefern begegnen sich Tragödie und Komödie im Zerbrochnen Krug, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50444
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