Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung der wissenschaftlichen Arbeit
1.3 Aufbau der wissenschaftlichen Arbeit
2 Theoretischer Teil: Messung der Stärke potenzieller Netzwerkeffekte
2.1 Abgrenzung der Termini
2.1.1 Online-Plattformen.
2.1.2 Netzwerkeffekte.
2.2 Einflussfaktoren von Netzwerkeffekten auf Online-Plattformen
2.2.1 Standards
2.2.2 Lock-in-Effekt und Wechselkosten
2.2.3 Kritische Masse
2.2.4 Positives Feedback
2.3 Ableitung der Forschungsfragen
3 Anwendungsteil: Operationalisierung der Forschungsfragen
3.1 Dimensionale Analyse (Strukturbaum)
3.1.1 Erste Dimension: Standards
3.1.2 Zweite Dimension: Lock-in-Effekt und Wechselkosten
3.1.3 Dritte Dimension: Kritische Masse
3.1.4 Vierte Dimension: Positives Feedback
3.2 Untersuchungsmethodik
3.2.1 Aufbau des halbstandardisierten Leitfadeninterviews
3.2.2 Geplante Anwendung des halbstandardisierten Leitfadeninterviews
3.2.3 Auswahl der Probanden
3.3 Datenerhebung
3.4 Datenanalyse
4 Diskussion
4.1 Kritische Reflektion
4.2 Überprüfung der Gütekriterien
5 Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Anhang
Einleitung
1.1 Problemstellung
Die digitale Transformation ist omnipräsent und fordert traditionelle Marktakteure zu einem Umdenken und Handeln auf. Dabei rücken disruptive Geschäftsmodelle die Frage nach der Daseinsberechtigung klassischer Wirtschaftsmodelle in den Vordergrund. „Disruption ist, um mit Schumpeter zu sprechen, „kreative Zerstörung“. Altes wird zerstört, Neues – Besseres oder Anderes – entsteht.“1 Deshalb gelingt es Organisationen leichter als je zuvor, neue Geschäftsmodelle umzusetzen und dabei ganze Märkte und neue Zielgruppen global für sich zu erschließen.2 Dieser Wandel hat eine fundamentale Prägung auf das Konsumentenverhalten. Denn Transaktionen, wie beispielsweise die Buchung von Urlaubsreisen, der Abschluss einer Versicherung oder die Konfiguration eines Autos, werden ganz selbstverständlich auf Online-Plattformen digital durchgeführt und stellen bisherige Wertschöpfungsketten und das Angebot des physischen Marktplatzes in den Schatten. Dabei begünstigen sogenannte „Netzwerkeffekte“ die Gewinnung an hoher Attraktivität und dem damit verbundenen Wachstum der Plattformen.3 Der Nutzen einer Plattform ist für einen Nutzer umso größer, je mehr andere Nutzer vorhanden sind.4 So sind Online-Plattformen, wie Facebook, WhatsApp oder Airbnb, mit einem hohen Nutzen für die Konsumenten verbunden und daher aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken.
Die digitale Ära fordert die klassische Marktökonomie auf, die bestehenden Geschäftsmodelle und –prinzipien kritisch zu hinterfragen und dabei in der vonstattengehenden digitalen Transformation die eigenen Chancen zu finden und zu ergreifen.
Dieser Herausforderung stellt sich die Küchenhelfer GmbH, die die Möglichkeiten der Digitalisierung für sich erkannt hat und mit einem neuen Prototyp und einem digitalen Geschäftsmodell an diesem Wandel partizipieren möchte. Die neu entwickelte Küchenmaschine ermöglicht es, selbsterstellte Kochrezepte automatisch auf der von der Küchenhelfer GmbH betriebenen Online-Plattform hoch- als auch herunterzuladen. Darüber hinaus sind noch weitere Funktionalitäten, wie die Prüfung der Lebensmittelbestände und das automatische Bestellen, angedacht. Um dieses Geschäftsmodell möglichst profitabel zu gestalten, möchte die Küchenhelfer GmbH, mithilfe von Netzwerkeffekten, die eigene Online-Plattform als einer der Führenden ihrer Branche etablieren.
1.2 Zielsetzung der wissenschaftlichen Arbeit
Die Küchenhelfer GmbH möchte vor Einführung des neuen digitalen Geschäftsmodells sicherstellen, dass die Online-Plattform zu dem erhofften Erfolg führt. Deshalb ist es das Ziel dieser wissenschaftlichen Arbeit, eine fundierte Analyse der notwendigen theoretischen Grundlagen zu liefern, um das dargelegte Geschäftsmodell und die damit verbundenen Erfolgsdeterminanten bewerten zu können. Darüber hinaus wird durch die Untersuchungsmethodik des halbstandardisierten Leitfrageninterviews nachfolgende übergeordnete Forschungsfrage beantwortet:
Wie wahrscheinlich ist es, dass die Online-Plattform der Küchenhelfer GmbH so stark angenommen wird, dass sie zur dominierenden Plattform für den Rezeptaustausch werden kann?
1.3 Aufbau der wissenschaftlichen Arbeit
Die vorliegende wissenschaftliche Arbeit ist wie folgt aufgebaut: Zu Beginn wird im zweiten Kapitel eine wissenschaftliche Definition und Abgrenzung der Kernbegriffe „Online-Plattformen“ und „Netzwerkeffekte“ vorgenommen. Darauf aufbauend, werden theoretische Ansätze aus der einschlägigen Literatur zu den Einflussfaktoren von Netzwerkeffekten auf Online-Plattformen dargelegt. Das zweite Kapitel findet seinen Abschluss in der Ableitung der Forschungsfragen aus den gewonnenen theoretischen Erkenntnissen.
Der Dreh- und Angelpunkt des weiterführenden Kapitels wird die Operationalisierung der genannten Forschungsfragen sein, beginnend mit der dimensionalen Analyse des Konstruktes „Netzwerkeffekte von Online-Plattformen“. Auf der Grundlage der dimensionalen Analyse und dem Strukturbaum, wird ein halbstandardisiertes Leitfrageninterview entwickelt und vorgestellt. Abschließend wird dargelegt, wie die Auswahl der Probanden, die Datenerhebung und anschließende Datenanalyse in der Praxis erfolgen kann.
Im vorletzten Kapitel, der Diskussion, werden die Vorgehensweise und die vorausgegangenen Ergebnisse kritisch reflektiert und anhand der Gütekriterien für wissenschaftliche Arbeiten, „Objektivität, Validität, Reliabilität“, überprüft.
Zum Abschluss wird veranschaulicht, wie die wissenschaftlich fundierten Ergebnisse und Erkenntnisse weiterverwendet werden können und wie diese in Bezug auf die praktische Relevanz einzuordnen sind. Ein kurzer Ausblick zeigt auf, welche weiterführenden Schritte denkbar wären.
2 Theoretischer Teil: Messung der Stärke potenzieller Netzwerkeffekte
2.1 Abgrenzung der Termini
Um das Geschäftsmodell der Küchenhelfer GmbH besser bewerten zu können, werden im nachfolgenden Kapitel zunächst die Termini „Online-Plattformen“ und „Netzwerkeffekte“ literaturbasiert erläutert. Anschließend werden Ansätze aus der einschlägigen Literatur zu den Einflussfaktoren von Netzwerkeffekten auf Online-Plattformen dargelegt.
2.1.1 Online-Plattformen
Eine Plattform ist keine bahnbrechende Erfindung und auch kein neues Phänomen. Im Grunde ist unter einer Plattform ein zwei– oder mehrseitiger Marktplatz zu verstehen.5 Ein physischer Ort, auf welchem unterschiedliche Interessensgruppen, wie beispielsweise Käufer und Verkäufer, zusammenkommen. Diese Form des Aufeinandertreffens kann zu Transaktionen führen, die für alle teilnehmenden Nutzergruppen mit einem bestimmten Nutzen verbunden sind.6 Wochenmärkte, Messehallen oder auch Reisebüros können hier beispielhaft aufgeführt werden.
Im Zuge der digitalen Transformation werden immer mehr klassische Geschäftsmodelle, die Transaktionen über physische Plattformen abbilden, von sogenannten „Online-Plattformen“ komplementiert oder gänzlich substituiert. Die Monopolkommission definierte in ihrem achtundsechzigsten Sondergutachten zu den Herausforderungen digitaler Märkte, eine digitale Plattform als Intermediär, der verschiedene Nutzergruppen zusammenbringt, sodass diese wirtschaftlich oder sozial interagieren können.7 Dabei ist ein Intermediär als zentrales Bindeglied mehrerer Akteursgruppen in zwei- oder mehrseitigen Märkten zu verstehen, der diese über eine digitale Plattform miteinander verbindet.8
Online-Plattformen weisen spezifische Eigenschaften und Gesetzmäßigkeiten auf, die sich von den uns bekannten physischen Plattformen unterscheiden.9 Während herkömmliche Plattformen ihren Fokus auf die Transaktion legen, wird der Fokus bei Intermediären auf die Interaktion der verschiedenen Nutzergruppen ausgeweitet.10
Bei der Betrachtung der Skalierbarkeit und Reichweite digitaler Geschäftsmodelle ist feststellbar, dass diesen Modellen keine physischen Grenzen gesetzt sind. Denn Intermediäre unterliegen keiner Kausalität von Ort und Zeit. Das digitale Angebot kann weltweit temporär unbegrenzt platziert werden, sodass neue Kundensegmente problemlos erschlossen werden können.11 Von Engelhardt, Wangler und Wischmann untersuchten, welche Auswirkungen digitale Geschäftsmodelle auf Transaktionskosten haben. Sie eruierten, dass Transaktionskosten von Online-Plattformen nicht äquivalent zu den von herkömmlichen Plattformen sind. In ihrer Studie heißt es dazu, „die erfolgreichen neuen Geschäftsmodellansätze digitaler Plattformen haben gemeinsam, dass sie die transaktionskostensenkenden Potentiale digitaler Technologien in hohem Maße einsetzen und neue bzw. zusätzliche Markttransaktionen ermöglichen […].“12
Eine vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderte Studie, die sich mit den Eigenschaften und Erfolgsfaktoren digitaler Plattformen beschäftigt, hat Online-Plattformen in „ transaktionszentrierte und datenzentrierte“ unterteilt.13 Dabei konzentriert sich das erste Modell auf die Realisation von Transaktionen, das heißt das Zusammenbringen von Angebot und Nachfrage. Hier wird die Vermittlereigenschaft der Plattform, analog eines Marktplatzes, in den Vordergrund gestellt.14 Beispielhaft können Peer-to-Peer Plattformen hier aufgeführt werden. Darunter sind Nutzer-zu-Nutzer Märkte zu verstehen, also bspw. eBay oder der neu lancierte Marketplace von Facebook.15
Die datenzentrierte Plattform hingegen strebt eine datenbasierte Vernetzung an. Die vorhandenen Daten ermöglichen eine Verknüpfung von komplementären Produkten „(Hardware, Software, Daten und/oder Dienstleistungen)“, sodass ein digitales Ökosystem geschaffen wird.16 Die erfolgreiche Etablierung eines digitalen Ökosystems ist zum Beispiel dem Apple-Konzern gelungen. Mehrgan und von Engelhardt schreiben hierzu im Rahmen ihrer Arbeitsgruppe zu „Digitale Geschäftsmodelle/Plattformökonomie“: „Apple war mit der Einführung des iPhones und iPads deshalb so erfolgreich, weil diese Geräte, gekoppelt mit dem eigenen App-Store, Zugang zu einem „Universum an Möglichkeiten“ bieten.“17
Neben der oben genannten Differenzierung von Plattformen, werden in der Literatur weitere Plattformmodelle unterschieden. Zu den bekanntesten digitalen Plattformmodellen zählen u.a. Suchmaschinen (bspw. Google), Vergleichs- und Bewertungsportale (bspw. Check24), Marktplätze/Handelsplattformen (bspw. eBay), Medien- und Inhaltedienste (bspw. Spotify), Onlinespiele (bspw. PlayStation), soziale Netzwerke sowie Kommunikationsdienste (bspw. Facebook).18
2.1.2 Netzwerkeffekte
Online-Plattformen sind vielfältig, sehr innovativ und ihre Entwicklung sehr dynamisch, sodass die Anzahl an Nutzern binnen kürzester Zeit exponentiell steigen kann.19 In der Fachliteratur herrscht Einigkeit darüber, worauf der Erfolg von Online-Plattformen zurückzuführen ist. Neben dem Potential der Reduktion von herkömmlichen Transaktionskosten, basiert die mächtige Einflussnahme von Online-Plattformen auf sogenannten Netzwerkexternalitäten bzw. Netzwerkeffekten.20 Nach Katz und Shapiro beschreiben Netzwerkeffekte die Kausalität zwischen dem Nutzen bzw. Wert eines Produktes oder einer Dienstleistung mit der Anzahl der Nutzer.21
Dabei differenzieren sie zwischen direkten und indirekten Netzwerkeffekten, die auf Online-Plattformen entstehen können. Direkte Externalitäten sind insbesondere dann erkennbar, wenn der Nutzen einer Plattform mit der Konsumentenanzahl steigt. Diese Form der Netzwerkeffekte ist vor allem auf sozialen Medien/Netzwerken, wie WhatsApp, Facebook oder Instagram anzutreffen. Der Nutzen und die Attraktivität dieser Plattformen nehmen zu, umso mehr Mitglieder sich registrieren.22 Noch stärker ist die Nutzensteigerung bei positiven direkten Netzwerkeffekten. Nach Dewenter und Rösch werden diese identifiziert, wenn „der Nutzen jedes Konsumenten mit der Anzahl an Konsumenten, die das gleiche Produkt konsumieren, steigt.“23 Nimmt der Wert einer Plattform exponentiell zu, rückt diese selbsterklärend in den Fokus von Drittanbietern. Denn umso mehr Nutzen ein Intermediär stiftet, desto interessanter ist dieser für komplementäre Angebote von Drittfirmen.24 Clement und Schreiber erklären dieses Ursachen-Wirkungsmodell mit indirekten Netzwerkeffekten.
Diese Form der Externalitäten beschreibt die Abhängigkeit der komplementären Angebote von der Nutzeranzahl einer digitalen Plattform.25 Um in der Analogie der sozialen Medien zu bleiben: Umso größer das Netzwerk und die Reichweite, desto interessanter ist der Intermediär für Werbemaßnahmen von Drittfirmen. Wird allerdings ein Angebot einer Online-Plattform von der Zielgruppe nicht akzeptiert, kann die kritische Masse nicht erreicht werden oder dadurch auch Nutzer gänzlich wegbleiben. In diesem Fall kommen negative Netzwerkeffekte zum Tragen.26
Die Struktur und die Ausrichtung eines Netzwerkes bzw. einer Plattform bedingen unmittelbar die Ausprägung der Netzwerkexternalitäten. In der Fachliteratur werden dabei drei signifikante Strukturformen von Netzwerken unterteilt.
One-to-Many - Netzwerk nach Sarnoff
Grundsätzlich entsteht durch das Zusammenkommen von verschiedenen Akteuren immer ein Wert. Nach dem Gesetz von Sarnoff bildet die einfachste Form dieses Zusammenkommen das „One-to-Many“ – Netzwerk. In der Ökonomie stellen Massenmedien wie das Radio oder Fernsehen eine solche Struktur dar.27 Je mehr Hörer bzw. Abonnenten eines dieser Medien hat, desto höher ist der Wert dieser Plattform. Damit steigt der Nutzen dieses Netzwerks proportional zur Nutzeranzahl.28
Many-to-Many-Netzwerk nach Metcalfe
Nach dem Gesetz von Metcalfe, wird eine weitere Netzwerkstruktur definiert, die „Many-to-Many“-Struktur. In dieser Strukturform können die Nutzer durch die Basisinfrastruktur, die das Netzwerk bereitstellt, miteinander kommunizieren. Das Telefonnetz und der E-Mailverkehr können in diesem Zusammenhang beispielhaft betrachtet werden. Das Gesetz nach Metcalfe beschreibt, dass in einem solchen Netzwerk jeder Nutzer mit jedem anderen Teilnehmer kommunizieren kann und dadurch der Nutzen des Netzwerkes überproportional steigt. Denn der Wert des Netzwerkes steigt mit jedem zusätzlichen Teilnehmer.29
Many-to-Many-Gruppennetzwerk nach Reed
Das Gesetz von Reed thematisiert ebenfalls die „Many-to-Many“-Struktur von Netzwerken. Reed geht allerdings in seiner Betrachtung weiter und definiert, dass in einem „Many-to-Many“-Netzwerk die Teilnehmer nicht nur miteinander kommunizieren, sondern auch ein Gruppennetzwerk bilden können.30 Konkret heißt das, dass die Nutzer dieser Netzwerkform in der Lage sind, eigenständige Gruppen zu bilden und damit zielgerichteter, in einem von ihnen definierten Teilnehmerkreis, zu kommunizieren. „Many-to-Many“-Gruppennetzwerke sind vor allem in den sozialen Medien anzutreffen. Dabei ist der Nutzen jedes zusätzlichen Mitgliedes deutlich stärker, als in dem „Many-to-Many“-Netzwerk nach Metcalfe. Folglich bilden „Many-to-Many“-Gruppennetzwerke die stärkste Ausprägung von Netzwerkeffekten.31
Nachfolgende Abbildung stellt zusammengefasst die Netzwerkformen dar.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung: Netzwerkformen32
Nach dem „Many-to-Many“ Gesetz von Reed wird deutlich, dass durch zusätzliche Funktionalitäten bzw. Möglichkeiten innerhalb eines Netzwerkes, der Nutzen, den dieses Netzwerk stiften kann, sich damit erhöht. Übertragen auf Online-Plattformen lässt sich deuten, dass eine Plattform umso mächtiger wird, desto stärker der soziale Charakter innerhalb der Netzwerkinfrastruktur ausgeprägt ist.
2.2 Einflussfaktoren von Netzwerkeffekten auf Online-Plattformen
In der nachfolgenden Ausführung werden die Erfolgsdeterminanten für das Entstehen von Netzwerkeffekten auf Online-Plattformen wissenschaftlich eruiert.
2.2.1 Standards
Die Standardisierung von Formen und Prozessen innerhalb eines Netzwerkes, hat einen fundamentalen Einfluss auf den Erfolg von Online-Plattformen und bedingt letztlich die Entwicklung von direkten Netzwerkexternalitäten.33 Deshalb müssen Interaktionen und Transaktionen, die ein Netzwerk seinen Nutzern zur Verfügung stellt, für die verschiedenen Akteursgruppen nach einem definierten Standard erfolgen.34 Nach Clement und Schreiber sind Standards Konventionen, Verhaltensnormen, die definieren, wie wiederholt technische Probleme zu handhaben sind. Weiter sind Standards notwendig, um die Kompatibilität zwischen verschiedenen Systemkomponenten (bzw. Daten) sicherzustellen.35 Vereinfacht ausgedrückt, dienen Standards dazu, die Zusammenarbeit mittels der Kombination von unterschiedlichen Systemen, Schnittstellen und Produkten zu gewährleisten.36
Die Fachliteratur differenziert zwischen offenen und geschlossenen Standards. Offene Standards sind immer dann vorzufinden, wenn keine Monopolstellung der Hersteller verfolgt wird. Nach Shapiro und Varian, sind offene Standards in der Zusammenarbeit mit anderen Mitbewerbern bzw. Herstellern sinnvoll, um so Spezifikationen und Schnittstellen einander zugänglich zu machen.37 Geschlossene Standards sind dagegen durch ihre Inkompatibilität und Proprietarität gekennzeichnet. Darüber hinaus können diese zu einer Verdrängung bestehender Technologien (bspw. Musiktechnologie) führen.38
Die Grundlage für den Wettbewerb um eine mögliche Marktführerschaft, bilden definierte geschlossene Standards von Plattformintermediären.39 Gelingt es einem Plattformbetreiber, dass die herstellereigenen Standards von allen Nutzergruppen akzeptiert und angenommen werden, besteht das Potential die Monopolstellung im Markt einzunehmen.40 Etablieren sich diese proprietären Standards, gehen andere Teilnehmer im Markt unter und „The-Winner-takes-it-all“-Effekt entfaltet seine Wirkung.41 Dies begünstigt die Entwicklung von positiven Netzwerkeffekten und akquiriert weitere Nutzer, die erfolgreichere bzw. größere Plattform zu bevorzugen.42 Durch den Zuwachs der allgemeinen Nutzerakzeptanz erreicht die Monopolstellung ihren Zenit.43
Dies geschieht nicht aus einem taktischen Kalkül, sondern weil sich das Produkt oder die Dienstleistung der Plattform als Standard bewährt hat. Als ausdrucksvolles Beispiel kann in diesem Zusammenhang Microsoft Office mit den integrierten Anwendungen genannt werden.44 Eine geschlossene Standardisierung bringt darüber hinaus eine Reduktion von Transaktions- und Wechselkosten, bspw. in der Vertragsabwicklung, für alle Nutzergruppen mit sich.45
2.2.2 Lock-in-Effekt und Wechselkosten
Neben dem „The-Winner-takes-it-all“-Effekt kommt der Lock-in-Effekt auf Plattformen mit geschlossenen Standards ebenfalls zum Tragen. Dabei treten Lock-in-Effekte dann auf, wenn sich Standards etabliert haben und die Nutzer dieses definierten Standards „eingeschlossen“ sind.46 Auch die Bindung an digitale Güter kann diesen Effekt begünstigen. Hier ist die Rede von einer Systemintegration.47 Die Entscheidung für ein Betriebssystem von Apple oder Windows beschreibt genau diesen Tatbestand. Durch den Lock-in-Effekt nimmt die Wahrscheinlichkeit eines Wechsels bspw. von einem Betriebssystem zu einem anderen ab.48 Dieser Sachverhalt lässt sich nach Clement und Schreiber mit den dadurch auftretenden Wechselkosten erklären. Sie definieren Wechselkosten als Transaktionskosten, die einem Nutzer durch einen möglichen Wechsel des Netzwerkes entstehen können. Weiter führen Clement und Schreiber auf, dass sich Wechselkosten aus Integrationskosten bei dem neuen Netzwerk und Opportunitätskosten zusammensetzen. Letzteres meint, die entstandenen Kosten, durch den entgangenen Nutzen, der sich aus dem Anbieterwechsel ergibt.49
[...]
1 vgl. Matzler/Bailom/von den Eichen (2016), S. 1
2 vgl. Matzler/Bailom/von den Eichen (2016), S. 1
3 vgl. Matzler/Bailom/von den Eichen (2016), S. 1
4 Rochet/Triole (2003), S. 990
5 vgl. von Engelhardt/Wangler/Wischmann (2017), S. 11
6 vgl. Demary (2016), S. 4
7 vgl. Sondergutachten 68 der Monopolkommission (2015), S. 32
8 vgl. von Engelhardt/Wangler/Wischmann (2017), S. 9
9 vgl. von Engelhardt/Wangler/Wischmann (2017), S. 5
10 Europäische Kommission (2016)
11 vgl. von Engelhardt/Wangler/Wischmann (2017), S. 11
12 von Engelhardt/Wangler/Wischmann (2017), S. 13
13 von Engelhardt/Wangler/Wischmann (2017), S. 5
14 vgl. von Engelhardt/Wangler/Wischmann (2017), S. 5
15 vgl. Clement/Schreiber (2016), S. 364, Meiszner/von Schwedler/Faria (2017), S. 52
16 von Engelhardt/Wangler/Wischmann (2017), S. 5
17 Mehrgan/von Engelhardt (2017)
18 vgl. Grünbuch des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (2016), S. 26
19 vgl. Demary (2016), S. 8
20 vgl. Matzler/Bailom/von den Eichen/Anschober (2016), S. 52
21 vgl. Katz/Shapiro (1986), S.146
22 vgl. Matzler/Bailom/von den Eichen/Anschober (2016), S. 52
23 Dewenter/Rösch (2015), S. 87
24 vgl. Clement/Schreiber (2016), S. 227
25 vgl. Clement/Schreiber (2016), S. 227
26 vgl. Clement/Schreiber (2016), S. 242
27 vgl. Leimeister (2015), S. 342
28 vgl. Leimeister (2015), S. 342
29 vgl. Leimeister (2015), S. 343
30 vgl. Leimeister (2015), S. 343
31 vgl. Leimeister (2015), S. 343
32 Clement/Schreiber (2013), S. 68
33 vgl. Leimeister (2015), S. 346
34 vgl. von Engelhardt/Wangler/Wischmann (2017), S. 5
35 Clement/Schreiber (2016), S. 63
36 vgl. Meiszner/von Schwedler/Faria (2017), S.31
37 vgl. Shapiro/Varian (1999), S. 197
38 vgl. Leimeister (2015), S. 346
39 vgl. Meiszner/von Schwedler/Faria (2017), S. 31
40 vgl. Leimeister (2015), S. 346
41 vgl. Leimeister (2015), S. 346
42 vgl. von Engelhardt/Wangler/Wischmann (2017), S. 15, Matzler/Bailom/von den Eichen (2016), S. 28
43 vgl. Kollmann (2013), S. 38
44 vgl. Dörner in t3n (2016)
45 vgl. von Engelhardt/Wangler/Wischmann (2017), S. 16, Meiszner/von Schwedler/Faria (2017), S. 31
46 vgl. Leimeister (2015), S. 347
47 vgl. Leimeister (2015), S. 347
48 vgl. Meiszner/von Schwedler/Faria (2017), S. 84
49 vgl. Clement/Schreiber (2016), S. 223