Die Monographie unternimmt eine detaillierte Darstellung und Untersuchung zentraler Paradigmen der Rezeptionsgeschichte der Kyōto-Schule, einer Gruppe von Philosophen an der Universität Kyōto, repräsentativ für eine originär japanische Philosophie. Ausgangspunkt bilden verschiedene, zum Teil konträre Definitionen der Kyōto-Schule in ihrer wissenschaftlichen Rezeption. Somit ist es notwendig kontextspezifisch unterschiedlichen Konstruktionen, in Hinblick auf personelle Zusammensetzung und inhaltlich thematischen Debatten zu untersuchen.
Dabei gilt es Innen- und Außenperspektiven, kritische und apologetische Positionen in ihren jeweiligen wissenssoziologischen und chronologisch-historischen Zusammenhängen darzustellen. Das Ziel ist, aus der Perspektive einer Beobachtung zweiter Ordnung die Leitunterscheidungen der weithin kontroversen Rezeption historisch und systematisch herauszuarbeiten.
Ausgehend von einer problemorientierten Eingrenzung des Begriffs Kyōto-Schule wird zuerst dessen rezeptionsgeschichtliche Tragweite und sein Ursprung Anfang der 1930er Jahre betrachtet. Es folgt eine Darstellung der personellen Debatten, die sich mit der personellen Zusammensetzung beschäftigt. Hier werden verschiedene typologische Modelle aufgeführt. Die inhaltlich thematischen Debatten werden in zwei Bereiche, die Debatten um die politische Philosophie der Kyōto-Schule und die religionsphilosophische Debatte eingeteilt.
In Hinblick auf Erstere werden chronologisch unterschiedliche politische Verortungen sowie prominente Stimmen der Kritik und Apologetik präsentiert. Die religionsphilosophische Debatte beschäftigt sich mit Positionen des religiösen, beziehungsweise interreligiösen Philosophierens. Insbesondere wird hier auch auf die Polarisierung der Philosophien der beiden Gründungsväter Nishida Kitarō und Tanabe Hajime eingegangen.
Das Ziel ist eine Darstellung der institutionellen, politischen und philosophischen Konstruktionen der Kyōto-Schule zusammen mit einer Einführung in zentrale und strittige philosophische Positionen.
Inhaltsverzeichnis
- Zur Einführung
- Methodischer Ansatz
- Definitionen
- Forschungsüberblick
- Definitionsversuche und offene Fragen: Was ist die Kyōto-Schule?
- 1. Bret W. Davis "The Kyoto School" (2006)
- 2. John C. Maraldo "Die Identität der Kyōto-Schule und diebezügliche Probleme, gesehen vom Standpunkt der europäisch-amerikanischen Forschung" (2001)
- 3. Tosaka Jun über die Philosophie der Kyōto-Schule
- Die personelle Debatte
- Zwei Definitionen - weit versus eng
- 1. Die Kyōto-Schule als ein "intellektuelles Netzwerk"
- 1.1 Das "Selbstdenken"
- 1.2 Das "Netzwerk" unter der Lupe
- 2. Die Trias Nishida-Tanabe-Nishitani
- Die verschiedenen Modelle im Detail
- 1. Das Generationsmodell
- 2. Das Flügelmodell
- 3. Das zentripetale Ringmodell
- Die personelle Debatte – Eine kritische Evaluation
- 1. Das Verhältnis von Nishida und Tanabe
- 2. Das Problem der Auswahl der Mitglieder
- Die thematischen Debatten
- Die Debatten um die politische Philosophie der Kyōto-Schule
- 1. Die Ausgangspunkte der Diskussionen
- 2. Die Kritiker
- 2.1 Die erste Phase - Kritik von "Links" und "Rechts"
- 2.2 Die zweite Phase - die Nachkriegszeit
- 22.3 Die dritte Phase - die neuentfachte Kritik im Zuge der Heidegger-Debatte
- 2.4 Die Advokaten
- 2.4.1 Graham Parkes - Beginn der Verteidigung
- 2.4.2 Ōhashi Ryōsuke - Der große Advokat der Kyōto-Schule
- 2.4.3 David Williams - Der "Ōhashi des Westens", oder wie die Kyōto-Schule ihrer Zeit voraus war
- 2.5 Die ernsthafte Forschung - Ein Ausblick
- Die religionsphilosophische Debatte
- Résumé
- 1. Externe Konstruktionen
- 1.1 Voraussetzungen und Anfänge
- 1.2 Das "Absolute Nichts"
- 1.3 Der buddhistisch-christliche Dialog
- 1.4"East meets West" - gemeinsames Philosophieren
- 1.5 Die Universität Hawaii und die Klassifizierung der Kyōto-Schule als buddhistische Philosophie
- 2. Interne Konstruktionen
- 2.1 Japanische Philosophie? Philosophie in Japan?
- 2.2 Der Nishida-Coup
- 2.3 Die "Vollendung" der originär japanischen Philosophie der buddhistischen Kyōto-Schule
- 2.4 Die Nishida-Tanabe-Dynamik
- Übersetzung: Tosaka Jun "Die Philosophie der Kyoto-Schule"
- Übersetzung: Takeda Atsushi "Die Kyoto-Schule als Netzwerk"
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Konstruktion der Kyōto-Schule, einer Gruppe japanischer Philosophen, und untersucht die Rezeptionsgeschichte dieser Denkschule. Dabei geht es darum, die verschiedenen Interpretationen und Definitionen der Kyōto-Schule zu analysieren und kritisch zu bewerten, sowie die relevanten Debatten über ihre politische und religionsphilosophische Ausrichtung zu beleuchten.
- Die Vielschichtigkeit des Begriffs "Kyōto-Schule"
- Die Rolle der "personellen" und "thematischen" Debatten in der Rezeption der Kyōto-Schule
- Die Einordnung der Kyōto-Schule in den Kontext der japanischen und internationalen Philosophiegeschichte
- Die politische und religionsphilosophische Ausrichtung der Kyōto-Schule
- Der Einfluss des buddhistischen Denkens auf die Kyōto-Schule
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt den methodischen Ansatz der Arbeit vor. In den folgenden Kapiteln werden Definitionen der Kyōto-Schule beleuchtet, sowie verschiedene Ansätze und Modelle zur Einordnung dieser philosophischen Bewegung vorgestellt. Ein besonderer Fokus liegt auf den "personellen" Debatten, die sich um die Frage nach den Mitgliedern der Kyōto-Schule drehen. Des Weiteren werden die "thematischen" Debatten, insbesondere die politische und religionsphilosophische Diskussion, behandelt.
Schlüsselwörter
Kyōto-Schule, Japanische Philosophie, Nishida Kitarō, Tanabe Hajime, Nishitani Keiji, Buddhismus, Religionsphilosophie, Politische Philosophie, Rezeptionsgeschichte, Intellektuelles Netzwerk, Faschismus, Nihonbunkaron.
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- Dr. phil. Johann Limmer (Author), 2019, Die Konstruktion der Kyōto-Schule. Eine kritische Auseinandersetzung mit der Rezeptionsgeschichte, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/505737