Soziales Lernen im Musikunterricht der Klassenstufe 5. Kann Klassenmusizieren die Motivation und das Gemeinschaftsgefühl stärken?


Hausarbeit, 2019

23 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe

Inhalt

1 Themenbegründung

2 Theoretischer Überblick
2.1 Soziales Lernen
2.2 Soziales Lernen im Musikunterricht
2.3 Verankerung des sozialen Lernens durch Klassenmusizieren im Bildungsplan 2016 und in den Ausbildungsstandards

3 Umsetzung im eigenen Unterricht
3.1 Überblick über den Verlauf
3.2 Vorüberlegungen und Planung
3.3 Durchführung und Beobachtungen im Musikunterricht

4 Zusammenfassende Ergebnisse der Durchführung

5 Reflexion
5.1 Schlussfolgerungen
5.2 Kritik
5.3 Persönliches Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang

1 Themenbegründung

„Wann ist unser nächster Auftritt?“ (Schüler L.)

„Wir haben so viel Applaus bekommen.“ (Schüler A.)

„Gemeinsames Musizieren macht echt Spaß.“ (Schüler M.)

Diese Fragen und Aussagen kamen von Schülern und Schülerinnen1 der Keyboardklasse der XXXX Schule, die ich seit dem Schuljahr 2018/19 unterrichte. Diese Klasse wurde im Zuge der Etablierung eines Musikprofils gegründet und soll den SuS Grundfertigkeiten an ihrem gewählten Schwerpunktinstrument vermitteln, aber auch gemeinsames Musizieren erlebbar machen.

Ich war überrascht, als oben genannte Aussagen der SuS nach unserem ersten Auftritt auf der Weihnachtsfeier der XXXX Schule kamen, da die ersten Stunden mit dieser Klasse, welche aus SuS aus den Klassen 5a-5d (Werkrealschule und Realschule) besteht, ganz anders abliefen. Ich bemerkte zwar schnell, dass die SuS eine enorme Motivation im Hinblick auf ihr Schwerpunktinstrument mitbrachten und dieses so schnell wie möglich erlernen wollten, allerdings fiel mir auch sofort auf, dass die Zusammensetzung der SuS aus vier verschiedenen Klassen nicht ganz einfach ist. Ich konnte beobachten, dass die SuS hauptsächlich mit ihren Klassenkameraden aus ihrer Stammklasse zusammenarbeiten wollten, aber auch, dass es immer wieder zu Konflikten zwischen den SuS kam. Daher machte ich mir Gedanken, wie ich ein besseres Arbeits- und Lernklima in dieser Klasse (mit zwei Stunden Musik in der Woche) schaffen kann. Es stellte sich für mich also die Frage, wie ich die Sozialkompetenzen der SuS gezielt fördern kann, um sowohl die Motivation als auch das Gemeinschaftsgefühl in der Klasse zu stärken.

Zu Beginn dieser Ausarbeitung wird ein theoretischer Überblick über das soziale Lernen gegeben. Dabei wird speziell auf die Einbettung im Musikunterricht (hier: durch Klassenmusizieren) eingegangen. Zudem soll ein Bezug zu den Ausbildungsstandards und zum Bildungsplan hergestellt werden, um die Wichtigkeit für die SuS und für die Lehrpersonen zu verdeutlichen.

Im weiteren Verlauf wird die praktische Umsetzung im Unterricht dargestellt. Es wird erläutert, welche Methoden und Maßnahmen in der Klasse eingesetzt wurden und zu welchen Beobachtungen und Erfolgen diese geführt haben. Der Schwerpunkt wird hierbei auf die Entwicklung der Motivation und des Gemeinschaftsgefühls der SuS gelegt.

Des Weiteren werden die Ergebnisse der zwei Fragebögen, welche von den SuS ausgefüllt wurden, analysiert und auf die Leitfrage „Kann Klassenmusizieren die Motivation und das Gemeinschaftsgefühl stärken?“ bezogen.

Abschließend wird das Vorhaben reflektiert sowie ein Ausblick über den weiteren Verlauf gegeben.

2 Theoretischer Überblick

2.1 Soziales Lernen

„Dem Sozialen Lernen kommt in unserer Gesellschaft eine zentrale Rolle zu. Nicht nur, weil der Arbeitsmarkt Soziale Kompetenzen fordert, sondern vor allem auch, weil wir die Erfahrung gemacht haben, dass Soziales Handeln menschlich und sinnstiftend ist“ (Annette Schavan, ehem. Kultusministerin) (Bartsch 2002, S.6).

Soziales Lernen ist im Zuge der gesellschaftlichen Veränderungen für die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen sehr bedeutsam und stellt eine Schlüsselqualifikation in der Berufswelt dar. Sozialkompetenz nimmt neben der Methoden-, Sach- und Selbstkompetenz eine wichtige Rolle ein, da diese Kompetenz einem Menschen ermöglicht an der Gesellschaft teilzuhaben und mit anderen Menschen situationsangemessen umzugehen (vgl. Online Lexikon für Soft Skills, Soziales Lernen2 ).

Hierzu zählt die Aneignung sozialer Fertigkeiten und Verhaltensweisen, wie die Entwicklung von Wahrnehmungs- und Kommunikationsfähigkeit, Empathie sowie Kooperations- und Konfliktfähigkeit. Darüber hinaus müssen jedoch auch soziale Einstellungen und Werthaltungen gebildet werden (vgl. Bartsch 2002, S.6). Bezogen auf die Schule müssen die SuS die Fähigkeit zur Aufnahme einer Schüler-Lehrer-Beziehung, zur Einordnung in die Klassengemeinschaft und die Übernahme einer Rolle als Schüler sowie die Anerkennung von Regeln und Normen und die damit verbundene Zurückstellung eigener Interessen erwerben (vgl. Bastian 2003, S.47). Doch wie zeigt sich soziale Kompetenz konkret?

Soziale Kompetenz schlägt sich zum einen in der Gestaltung von Gleichaltrigenbeziehungen – in Form von prosozialem Verhalten3 – nieder. Zum anderen zeigt sich soziale Kompetenz auch in einem guten Selbstmanagement, durch das die eigenen Emotionen und Stimmungen in Konfliktsituationen kontrolliert werden können.

In der Literatur finden sich zahlreiche Modelle und Theorien, die sich mit dem Konstrukt des sozialen Lernens beschäftigen4. Um den Begriff der sozialen Kompetenz näher zu erläutern, werde ich mich auf das Drei-Ebenen-Modell der sozialen Kompetenz beziehen (vgl. Perren/Malti 2015, S. 284).

1) Die erste Ebene beinhaltet intrapsychische Prozesse wie Emotion (z.B. Empathie), Kognition und Motivation. Zum Bereich der Kognition zählen z.B. Problemlösefähigkeit oder die Fähigkeit der Perspektivenübernahme.
2) Zu der zweiten Ebene gehört das soziale Verhalten, welches selbstbezogen oder fremdbezogen sein kann. Fremdorientiertes Verhalten fokussiert die Bedürfnisse von anderen und zeigt sich z.B. in prosozialem und kooperativem Verhalten.
3) Auf der dritten Ebene steht die psychosoziale Anpassung. Diese Ebene zeigt die Folgen sozialer Kompetenz auf, welche sowohl Auswirkungen auf das Individuum (Wohlbefinden und Gesundheit) als auch auf die Qualität sozialer Beziehungen (z.B. Lehrer-Schüler-Beziehung) eines Menschen haben können (vgl. ebd., S.285).

Die Ebenen sind dabei interaktiv und stehen in ständiger Wechselwirkung zueinander.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Drei-Ebenen-Modell der sozialen Kompetenz5

Sowohl für die Motivation als auch für das Gemeinschaftsgefühl ist das soziale Lernen bedeutsam, da ein harmonisches Klassenklima positive Auswirkungen auf die Motivation und das Selbstwertgefühl hat, da die Klasse - als sozialer Referenzrahmen - den SuS Anerkennung, Unterstützung und Feedback geben kann. Dadurch wird „soziale Einbettung und soziale Verankerung“ (Klippert 2005, S.38) ermöglicht.

Soziales Lernen stellt einen lebenslangen Prozess dar. Diese Kompetenzen müssen jedoch erst erworben werden. Daher sollte man möglichst früh mit dem Aufbau genannter Kompetenzen beginnen. Grundlegende soziale Kompetenzen entstehen durch Sozialisation in der Familie, im Freundeskreis und in Institutionen. In der Schule ist soziales Lernen nicht nur auf ein Unterrichtsfach beschränkt, sondern muss von allen Pädagogen als Team in das Schulleben integriert werden (vgl. Breit 2013, S.5).

2.2 Soziales Lernen im Musikunterricht

Oft sind sich die Lehrer einig, dass der Fachunterricht sehr vom Stoff dominiert wird und man darauf achten muss, alle Lerninhalte in einem Schuljahr behandelt zu bekommen. Wie soll dann noch soziales Lernen integriert werden?

Mit Sozialformen wie Einzelarbeit oder lehrerzentriertem Klassenunterricht lässt sich soziales Lernen nur schwer ermöglichen. Hierfür bietet der Musikunterricht einen optimalen Rahmen, da oft Partner- und Kleingruppenarbeit eingesetzt wird.

Das soziale Verhalten ist im Musikunterricht sehr wichtig. Klassenmusizieren ist ein wichtiger Bestandteil des Musikunterrichts und gerade diese Form des gemeinsamen Musizierens verlangt soziales Handeln. Die SuS müssen sich in der Auseinandersetzung und im Zusammenspiel mit anderen üben. So findet fast schon unausweichlich soziales Lernen statt, da die SuS ihr eigenes soziales Handlungsrepertoire immer wieder bewusst und differenziert weiterentwickeln müssen (vgl. Klippert 2005, S.39). Individuelle Leistungen werden hierbei in einer Sozietät (z.B. musizierendes Ensemble oder Klassenverband) präsentiert. Die Gesamtleistung der Klasse oder des Ensembles wird dadurch in den Fokus gerückt. So wird den SuS auch deutlich, dass Fleiß und Disziplin wichtig sind und auch Spaß machen können. Die SuS erfahren ihre Einzelleistung als wichtigen Beitrag zu einem Gesamtwerk. Es wird jedoch nicht nur auf das Endprodukt geschaut, sondern auch auf den Prozess. SuS erfahren Leistung hierbei nicht nur als Druck, sondern auch als persönliche Bereicherung (vgl. Bastian 2003, S.69).

In Bezug auf die erste Ebene des oben aufgeführten Modells spielt Motivation im Musikunterricht eine tragende Rolle. Das Wahrnehmen eigener Stärken kommt im gemeinsamen Musizieren zum Ausdruck. Besonders in Übungsphasen lernen die SuS darüber hinaus die Beachtung der Mitschüler und sie müssen ihre Positionen manchmal relativieren, um sich in die Gesamtheit des Spiels einfügen zu können (vgl. Bastian 2003, S.68). Zugleich lernen sie, bei Fehlern nicht gleich aufzugeben und entwickeln eine gewisse Frustrationstoleranz.

„Hoffnungsvolle Erwartungen wurden schon immer auf die soziale Wirkung von […] Musizieren gerichtet. Musikerzieher vertreten gerne die Ansicht, ein ‚guter’ Musikunterricht, die Erziehung durch und zur Musik sei das geeignete Mittel, die individuelle Sozialisierung der Schüler, das soziale Klima in der Schule und die so genannte Empathiefähigkeit nachhaltig zu verbessern“ (Bastian 2003, S.51).

Daraus lässt sich die These ableiten, dass Klassenmusizieren in besonders affektiver und effektiver Weise die sozialen Kompetenzen der SuS fördert.

2.3 Verankerung des sozialen Lernens durch Klassenmusizieren im Bildungsplan 2016 und in den Ausbildungsstandards

Der Bildungsplan 2016 führt in seinen Leitgedanken zum Kompetenzerwerb die sozialen Kompetenzen auf. Danach fördert Musikunterricht unter anderem die Entwicklung sozialer Kompetenzen. Beim gemeinsamen Musizieren wird gegenseitige Rücksichtnahme und Anerkennung erlernt.

Soziales Lernen leistet aber auch einen Beitrag zu den Leitperspektiven. Unter der Leitperspektive ‛Bildung für Toleranz und Vielfalt’ werden Aspekte sozialen Lernens deutlich, wie z.B. die Förderung von Respekt und die Achtung von Verschiedenheit. Des Weiteren wird unter der Leitperspektive ‚Prävention und Gesundheitsförderung’ der Aspekt der Selbstregulation, des wertschätzenden Kommunizierens und Handelns oder der Knüpfung von Kontakten als wichtiger Bestandteil aufgeführt. Zuletzt spielt auch die Leitperspektive ‛Berufliche Orientierung’ noch eine wichtige Rolle, da wie unter 2.1 bereits erwähnt, der Sozialkompetenz in unserer heutigen Gesellschaft eine immer größere Bedeutung zukommt (vgl. Ministerium für Kultus, Jugend und Sport (2016) (Hrsg.), Musik, S.4f.).

In Bezug auf das gemeinsame Musizieren wird im Bildungsplan nochmals deutlich, dass das Erlernen von Instrumenten ein Teil des Musikunterrichts ist. Besondere Modelle des Klassenmusizierens (z.B. Keyboardklassen) unterstützen und ergänzen dabei den allgemeinbildenden und ganzheitlich orientierten Musikunterricht (vgl. ebd.)

In den fünf Bereichen der prozessbezogenen Kompetenzen spiegeln sich die Facetten sozialen Lernens ebenso wider. Der Bereich ‛Persönlichkeit und Identität’ gliedert sich dabei in Selbstwahrnehmung, Selbstkonzept und Selbstregulierung. Die SuS sollen bei der Selbstwahrnehmung eigene musikalische Fähigkeiten wahrnehmen und wertschätzen. Das Selbstkonzept wird durch das Wahrnehmen eigener Potenziale gefördert. Nicht zuletzt wird durch die Auseinandersetzung mit Erfolg und Misserfolg und der ausdauernden Beschäftigung mit Musik die Selbstregulierung der SuS begünstigt. Im Bereich ‛Gemeinschaft und Verantwortung’ wird die soziale Wahrnehmungsfähigkeit, wie z.B. das gegenseitige Zuhören und sich in unterschiedlichen Gruppen einordnen können, angestrebt. Die Rücksichtnahme und Solidarität beinhaltet zudem, sich an vereinbarte Regeln halten zu können. Ebenso spielen Kooperation und Teamfähigkeit eine wichtige Rolle in der Gemeinschaft. Durch gemeinsames Planen und Gestalten von Arbeitsprozessen, der gemeinsamen Auswahl und Gestaltung von Musik sowie der Verteilung von musikalischen Aufgaben, werden diese Kompetenzen eingeübt. Es lässt sich feststellen, dass das soziale Lernen in vielen Bereichen zu finden ist und ein wichtiger Bestandteil für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen ist.

Neben dem Bildungsplan 2016 wird soziales Lernen auch in den Ausbildungsstandards WHRS 2016 des Staatlichen Seminars aufgeführt. Darin werden die Kompetenzen beschrieben, welche die Lehramtsanwärter und Lehramtsanwärterinnen in ihrer Ausbildung erwerben sollen. Das soziale Lernen kann dem pädagogischen Handlungsfeld ‛Erziehen’ zugeordnet werden:

„Die Anwärterinnen und Anwärter können das pädagogische Handeln auf Grundlage relevanter Theorien zur Entwicklung, Sozialisation sowie sozialer Interaktion reflektieren und gestalten“ (Seminar Weingarten, Ausbildung WHRS, S.8).

Soziales Lernen kann unter den Themeninhalt ‛Identitätsentwicklung und gruppendynamische Prozesse’ eingeordnet werden. Somit stellt die Kenntnis über die Entwicklung von Sozialkompetenz sowie die Umsetzung und Beobachtung im Unterricht eine wichtige Kompetenz für angehende Lehrkräfte dar. Überdies spielt auch der Bereich ‛Unterrichten’ eine Rolle, da soziales Lernen dem Themeninhalt ‛Lern- und Motivationstheorien’ zugeordnet werden kann.

Soziales Lernen ist als soziale Kompetenz neben den personalen, fachlichen und methodischen Kompetenzen in den Rahmenplänen fest verankert. Diese dargestellte Bedeutung des sozialen Lernens zeigt die Notwendigkeit auf, sich mit diesem Bereich intensiver zu beschäftigen und diese Kompetenzen verstärkt zu fördern.

Auf dieser Grundlage wurde soziales Lernen in der Keyboardklasse der XXXXX Schule verstärkt gefördert, da aufgrund der speziellen Gruppenkonstellation ein erhöhter Bedarf bei einigen SuS vorlag und dadurch sowohl die Motivation als auch das Gemeinschaftsgefühl in der Klasse verstärkt werden sollte.

3 Umsetzung im eigenen Unterricht

3.1 Überblick über den Verlauf

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.2 Vorüberlegungen und Planung

Nachdem das Grobziel, die Förderung des sozialen Lernens feststand, habe ich mir Leitziele überlegt, die ich anstrebe, um am Ende der Durchführung besser reflektieren zu können, ob es zu einer Veränderung bei den SuS kam. Folgende Leitziele habe ich dafür aufgestellt:

Die SuS…

- nehmen ihre Mitschüler ernst, gehen freundlich und fair miteinander um, bestärken und bestätigen sich gegenseitig
- hören aktiv zu und akzeptieren die Meinungen anderer
- lösen Konflikte auf friedliche Weise, vermeiden Aggressionen
- agieren behutsam in Feedbackphasen, äußern konstruktive Kritik (vgl. Klippert 2005, S.39f.)

Natürlich sind diese Ziele für den kurzen Zeitraum der Durchführung so nicht erreichbar. Dennoch soll damit eine Tendenz vorgegeben werden, welche Kompetenzen konkret angebahnt werden sollen. Besonders wichtig war mir, dass das Wir-Gefühl in der Gruppe gefördert wird und dass dies auch im Unterricht spürbar wird.

Um soziales Lernen erfassen zu können, bedarf es einer multiperspektivischen Erfassung. Zunächst sind Beobachtungen das zentrale Instrument für die Evaluation, da soziales Lernen am besten in der Interaktion der SuS im Unterricht zu sehen ist. Selbst- und Fremdeinschätzung müssen dazu betrachtet und ausgewertet werden. Dafür wurden zusätzlich zwei Fragebögen6 eingesetzt, um meine Einschätzung um eine weitere Perspektive (Schülerperspektive) zu erweitern. Dadurch haben die SuS auch die Möglichkeit, sich selbst einzuschätzen und ihre Selbstwahrnehmung zu üben. Die Fragebögen wurden selbst erstellt und sind entsprechend dem Alter der SuS gestaltet. Als Erstes wurde ein einfaches Stimmungsbild durch Ankreuzen auf einer Skala von 0 bis 10 zu den Bereichen Motivation und Gemeinschaftsgefühl erhoben. Anschließend wurden weiterführende Fragen zur sozialen Kompetenz gestellt, die sich in Teamfähigkeit, das Beachten von Regeln, gegenseitigem Zuhören sowie gegenseitiger Rücksichtnahme gliedern.

Da der Fragebogen zu zwei verschiedenen Zeitpunkten (Anfang November und Anfang Dezember) durchgeführt wurde, eröffnet sich dadurch die Chance, vergleichende Betrachtungen anzustellen und mehr über die Entwicklung der SuS zu erfahren. Dies kann später einen geeigneten Reflexions- und Gesprächsanlass mit den SuS geben. Zudem können so die Effekte auf die soziale Kompetenz abgeschätzt werden. Besonders die Skala ermöglicht einen quantitativen Ausdruck über die Richtung und Stärke der Einstellung der SuS.

Um soziales Lernen im Zeitraum zwischen den zwei Erhebungen verstärkt im Musikunterricht zu fördern, wurden folgende Maßnahmen im Unterricht eingesetzt:

Regeln

Im Musikunterricht bedarf es klarer Regeln, um die Lernzeit effektiv nutzen zu können. Besonders eine Keyboardklasse mit 26 SuS erfordert klare und routinierte Abläufe und ein transparentes Sanktionssystem. Regeln bieten die Chance und Perspektive, dass die SuS sensibler miteinander umgehen. Dafür ist es allerdings notwendig, dass die Regeln gemeinsam entwickelt werden, damit die SuS auch selbst hinter den Regeln stehen und deren Einhaltung einfordern. Die Regeln sollten zudem auf einem Plakat visualisiert werden und anschließend zentral im Musikraum aufgehängt werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Beispiel eines Regelplakats (eigene Darstellung).

Eine weitere Regel bestand darin, dass die SuS sofort still sind und mit dem Üben pausieren, wenn die Lehrkraft mit der Glocke klingelt. Diese Regel war bei dem doch manchmal stark erhöhten Lärmpegel in Übungsphasen notwendig.

Belohnungssystem

Zusätzlich wird mit positiver Verstärkung und Bestrafung gearbeitet. Hierfür werden nach jeder Doppelstunde Musik in der Woche Murmeln verteilt. Für sehr gute Mitarbeit, eine angenehme Lautstärke und Atmosphäre sowie die Einhaltung der Regeln bekommt die Klasse drei Murmeln. Bei gutem Verhalten entsprechend zwei Murmeln und bei mäßigem Verhalten eine Murmel. Es kann selbstverständlich auch gar keine Murmel verteilt werden. Dabei ist es wichtig, dass die Anzahl der Murmeln nicht nur von der Lehrkraft bestimmt wird, sondern dass sich die SuS selbst einschätzen. Dies fördert sowohl die Selbst- als auch die Fremdeinschätzung, was zum sozialen Lernen beiträgt. Hat die Klasse mehr als 10 Murmeln erreicht, werden sie mit einem Spiel ihrer Wahl belohnt.

Bilanz- und Reflexionsphasen

Am Ende jeder Doppelstunde wird eine Bilanz- und Reflexionsphase eingeführt. Dies soll zu intensivem Nachdenken über den Prozess führen. Dies ist besonders in der Kernphase der Teamentwicklung (die ersten 3-4 Monate) enorm wichtig. In dieser Phase wird der Übungsprozess reflektiert und die Kooperation unter den SuS thematisiert. Dies kann mittels Impulsen erfolgen. Die SuS geben dabei in einem kurzen Blitzlicht mit den Leitfragen: „Wie habt ihr die heutige Übungsphase erlebt?“, „Mir hat gefallen...“, „Mich hat gestört…“, „Ich wünsche mir für nächstes Mal…“ ein kurzes Statement ab. Bei auftretenden Regelverstößen während des Unterrichts wird in dieser Phase auch konstruktives Feedback geübt. Das Fehlverhalten soll dabei sachlich beschrieben werden und ein Verbesserungsvorschlag oder Wunsch geäußert werden. Positives Verhalten soll zugleich gelobt werden (vgl. Haep/Steins/ Wilde 2017, S.21)

Atmosphäre

Die Atmosphäre muss stimmen. Sie ist eine zentrale Voraussetzung, um intrinsische Motivation zu fördern. Hierfür müssen sich die SuS in der Klasse wohl und akzeptiert fühlen. Da die XXX Schule über 13 Keyboards verfügt, war es notwendig, dass die SuS kontinuierlich mit einem Partner am Keyboard arbeiten. Dieser Partner wurde am Anfang des Schuljahres von den SuS selbst gewählt, um den SuS Sicherheit zu geben und sie zu motivieren.

In Übungsphasen, in denen in Partner- oder Gruppenarbeit Lieder erarbeitet werden sollen, ist es darüber hinaus wichtig, den SuS dafür genügend Zeit zu geben, um zu einem Resultat zu kommen, welches die SuS auch selbst wertschätzen können. Im Doppelstundenmodell ist dies sehr gut umsetzbar. Daher bietet sich auch die Möglichkeit, die Ergebnisse am Ende einer Doppelstunde präsentieren zu lassen. Dies würdigt die Bemühungen der SuS und gibt ihnen Rückmeldung.

[...]


1 Der Einfachheit halber wird in der Arbeit die Abkürzung ‛SuS’ verwendet.

2 http://www.soft-skills.com/glossar/soziales-lernen/ (aufgerufen am 31.12.18)

3 Prosoziales Verhalten: z.B. Freundschaften knüpfen, andere loben.

4 In der pädagogischen Psychologie wird z.B. die Theorie des Modelllernens nach Albert Bandura verwendet, um zu verdeutlichen, dass die SuS aus dem Verhalten der Lehrperson lernen. Die Lehrkraft sollte ein Verhalten zeigen, welches sie auch von ihren SuS erwartet.

5 https://docplayer.org/17077682-Soziale-kompetenzmessung-in-der-cocon-studie-tina-malti-jacobs-center-for-productive-youth-development.html (aufgerufen am 01.01.19)

6 Siehe Anhang I und III

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Soziales Lernen im Musikunterricht der Klassenstufe 5. Kann Klassenmusizieren die Motivation und das Gemeinschaftsgefühl stärken?
Hochschule
Pädagogische Hochschule Heidelberg
Note
1,0
Autor
Jahr
2019
Seiten
23
Katalognummer
V506064
ISBN (eBook)
9783346054081
ISBN (Buch)
9783346054098
Sprache
Deutsch
Schlagworte
soziales, lernen, musikunterricht, klassenstufe, kann, klassenmusizieren, motivation, gemeinschaftsgefühl
Arbeit zitieren
Ramona Frommknecht (Autor:in), 2019, Soziales Lernen im Musikunterricht der Klassenstufe 5. Kann Klassenmusizieren die Motivation und das Gemeinschaftsgefühl stärken?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/506064

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