Die USA und der Erste Weltkrieg. Vom Ende des Isolationismus von 1917


Hausarbeit (Hauptseminar), 2015

18 Seiten, Note: 1,3

Michael Prestele (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die neue Weltmacht
2.1 Die USA vor
2.1 Woodrow Wilson

3. Kriegsausbruch in der Alten Welt 1914
3.1 Die geteilte US-Gesellschaft

4. Der schöne Schein des Neutralitätskurses
4.1 Der Exporteur USA
4.2 Die uneingeschränkte U-Bootkriegsführung
4.3 Der Rücktritt William J. Bryans
4.4Wiederwah1l
4.5 Diplomatie Woodrow Wilsons

5. Der Wendepunkt
5.1 Der Bruch mit den Mittelmächten
5.2 Das Zimmermann-Telegramm

6. Fazit

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Situation der USA zu Beginn des Ersten Weltkrieges 1914 stellt ein Novum der Geschichte dar. Die Wurzeln der amerikanischen Gesellschaft lagen in Europa, doch ihre Heimat wurde von einem Krieg unbekannten Ausmaßes erfasst. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren die USA zudem als Weltmacht aufgestiegen und in das Licht der Weltbühne getreten. Wie sich der amtierende amerikanische Präsident Woodrow Wilson auf dieser Bühne sich und sein Land präsentierte, wird im Verlauf des Textes geklärt. Neben einem innersozialen Spannungsfeld musste der eingeschlagene Neutralitätskurs die europäischen Ereignisse berücksichtigen. Dabei gilt es zu klären, ob die Sympathien der entscheidenden Akteure an ihrem Handeln erkennbar sind.

Der Krieg bot einer neutralen Wirtschaftsmacht wie den USA ein lukratives Geschäft. Die europäische Nachfrage nach Gütern beendete rasch die amerikanische Depression. Diese wirtschaftliche Bindung an Europa wird sich als entscheidend herausstellen. Doch der Export wurde durch völkerrechtswidrige Mittel im Zuge des Krieges belastet. Einig über die Bedeutung einer florierenden Wirtschaft für das Innere und somit auch für die Außenpolitik eines Landes, wird der Aspekt der Wirtschaft mit seinen Größen Import und Export nicht vernachlässigt. Das Scheitern des Verständigungsfriedenskonzepts ohne Sieger wird analysiert und dem Ziel des Siegfriedens der kriegsführenden Staaten gegenüber gestellt. Das Meinungsbarometer Innenpolitik wird vor allem bei Wahlen erkennbar. 1916 stellte sich Wilson erfolgreich zur Wiederwahl. Die Einstellung der Bevölkerung zum Krieg, der nun schon seit über 2 Jahren getobt hatte, kann am Zuspruch für den Präsidentschaftskandidaten und dessen Inhalte im Wahlprogramm gemessen werden.

Der Fokus dieser Arbeit liegt auf Woodrow Wilson und der Neutralität der USA während des Ersten Weltkriegs. Deshalb werden seine 14 Punkte und sein Konzept der leauge of nations als Konstrukte für die Nachkriegszeit bewusst außen vorgelassen. Eine genauere Betrachtung dieser würde einen Einblick in die Erkenntnis Wilsons bieten. Für ihn war die Isolationspolitik der Gründerväter nach dem Ersten Weltkrieg für die Weltmacht USA nicht mehr möglich und der Friede sei vielmehr in einer internationalen Gemeinschaft zu sichern. Was jedoch letztlich die Entwicklung hin zu einem Kriegsbeitritt abschloss, stellt das Zimmermann-Telegramm dar. Kurzum gilt es neben der Analyse des Neutralitätskurses zu klären, wieso die USA in den Ersten Weltkrieg eintraten. Ist dadurch das Ende des Isolationismus erreicht?

2. Die neue Weltmacht

2.1 Die USA vor 1914

Dem 20. –amerikanische– Jahrhundert liegt der Aufstieg der Vereinigten Staaten von Amerika zur Weltmacht vor 1914 zu Grunde. Ihr enormes wirtschaftliches Potenzial schuf die Möglichkeit, politische Entscheidungen auch mit militärischen Mitteln durchsetzen zu können.1 Der unter Präsident William McKinley geführte Spanisch-Amerikanischen Krieg trug entscheidend zum Ende der inneren Kolonisation und zur Entwicklung der USA hin zu einer imperialistischen Weltmacht bei. Neben dem weltweit im ausgehenden 19. Jahrhundert entstehenden Nationalismus, der eine sozialdarwinistische Interpretation von manifest destiny in sich trug,2 kam unter großen Teilen der amerikanischen Bevölkerung eine Aufbruchsstimmung, geknüpft an Reformstreben auf.3 Vor diesem Hintergrund lässt sich eine expansionistische Phase bis zum Amtsantritt von Woodrow Wilson 1913 erklären.

Sinnbildlich für das Zeitalter des Imperialismus4 steht hierfür die Erweiterung der Monroe- Doktrin durch den Zusatz Theodor Roosevelts (Roosevelt-Corollary) von 1904.5 Bereits 1823 hatte James Monroe, sich auf die US-Tradition seit Thomas Jefferson beziehend, die US- Außenpolitik mit den Prämissen der non-intervention sowie der two spheres auf einen isolationistischen Kurs gegenüber der Alten Welt Europa festgelegt. Zum Erhalt des erlangten Weltmachtstatus definierte Roosevelt für sein Land hingegen eine Schiedsrichterfunktion für Konflikte auf dem amerikanischen Kontinent.6 Das darin enthaltene Interventionsrecht zeigt deutlich den Bruch mit der isolationistischen Tradition und die Zuwendung der US- Außenpolitik zu imperialistischen und militärischen Grundpfeilern.

2.2 Woodrow Wilson

Auf drei republikanische Präsidenten (1897-1913) folgte der Demokrat Thomas Woodrow Wilson als 28. Präsident in das Weiße Haus. Nach einem akademischen Aufstieg beendete der Sohn eines presbyterianischen Theologen7 den eingeschlagenen expansionistischen Kurs seiner Vorgänger.8 In seiner Inaugurationsrede Anfang März 1913 warf er den bisherigen republikanischen Administrationen Opportunismus und Selbstsucht vor.9 Noch im selben Monat verurteilte er darüber hinaus die dollar-diplomacy William Howard Tafts.10 Als Gegner des Imperialismus und überzeugt vom Progressivismus im Sinne der Aufklärung lag Wilson viel mehr an Reformen der US-Sozialpolitik.11 Dabei wird Wilsons politischer Führungsstil oft kritisch bewertet. Eingeengt durch seine moralische Strenge waren Zugeständnisse oder Übereinkommen im politischen Alltag enorm schwer zu treffen.12 Wilsons Amtszeit bis 1921 wurde jedoch in höchstem Maße vom Ersten Weltkrieg und den darauf folgenden Friedensverhandlungen in Paris geprägt.

3. Kriegsausbruch in der Alten Welt 1914

Die Bezeichnung des im Sommer 1914 ausgebrochenen Krieges als great war oder als Grande Guerre ist nicht zeitgenössisch. Die Maßstäbe eines totalen Krieges waren 1914 noch nicht erreicht und für die USA hatte fern über den Atlantik der Krieg starken europäischen Charakter. Hier wird nun ausgehend von der heterogenen amerikanischen Gesellschaft aus der ausgerufene Neutralitätskurs analysiert. Wer trug diesen Kurs und in welchem Grad bestand er die Herausforderungen des Krieges?

3.1 Die geteilte US-Gesellschaft

Für Neutralität appellierte Präsident Woodrow Wilson am 19. August 1914 vor dem Senat mit denWorten„everymanwhoreallylovesAmeric awilal cat ndspeakinthetruespiriot f neutralitiy“. „Utmost variety of symphaty[…]wouldbefatal to pure peace“13 beinhaltet gewissermaßen die Determination der USA auf Neutralität, denn die europäischen Wurzeln der US-Bevölkerung bargen ein immenses inneres Konfliktpotential. Die vorherrschende isolationistische Grundstimmung sowohl innerhalb der Bevölkerung als auch im Kongress liegt einer Wahrnehmung eines rein europäischen Krieges, wie er für die Alte Welt nicht üblich war –so zeitgenössische Meinungen zu Grunde.14 Für die Festung Amerika ging von Europa keine direkte militärische Bedrohung aus. Die amerikanische Gesellschaft genauer fokussierend, offenbart die differierende Sympathien und Ressentiments gegenüber den kriegführenden Staaten.

Der Anteil der Menschen mit deutschen oder österreichischen Wurzeln an der Bevölkerung der USA betrug 1914 ca. 10 Prozent und der Deutsch-Amerikanische Nationalbund zählte derzeit rund 2 Millionen Mitglieder. Deutsch-Amerikaner genossen ein hohes Renommee im Bildungs- und Bankenwesen.15 So hatte auch Präsident Wilson den deutschen Beitrag im Bereich der amerikanischen Kultur und Wirtschaft hervorgehoben.16 Der Ausdruck der Sympathien dieser ethnischen Gruppe fand in öffentlicher Freude über die anfänglichen Siege der Mittelmächte statt. Doch so schnell der Krieg sich hin zur Totalität entwickelte, so schnell stellten sich diese Bekundungen auch wieder ein.17

Dieser Gruppe stand jedoch die Mehrheit der Bevölkerung, welche mit den Alliierten bzw. die genauere Bezeichnung hierzu: entente cordiale, sympathisierte, entgegen. Die kulturelle Nähe sowie ideologische Schnittpunkte18 prägten die Neigung der Bevölkerung, der amerikanischen Eliten sowie Wilson selbst19 und seiner Administration.20 Die Mittelmächte und speziell das den preußischen Militarismus verkörpernde Deutschen Reich, das als Urheber der Störung des europäischen Mächtegleichgewichts angesehen wurde, riefen enorme Ressentiments hervor. Die zivile –auch amerikanische– Opfer fordernde völkerrechtswidrige U-Bootkriegsführung und der kriegsverbrecherische Einmarsch deutscher Truppen in das neutrale Belgien waren zentrale Ursachen hierfür.21 Gleichzeitig lag der Meinungsmonopol auf die öffentliche Meinung der USA gesichert in den Alliierten wohlgesonnener Hand. Gezielt erfolgte eine einseitige Berichterstattung in den Medien über Kriegsgräuel der Mittelmächte, wohingegen Informationen zu Verstößen der Royal Navy gegen das Seerecht zurückgehalten wurden.22 23 Gleichzeitig entstand die Befürchtung, die USA müsse an der Seite des autarkischen Russland kämpfen.24 Abschließend ist jedoch zu betonen, dass es zwischen den oben definierten Bevölkerungsgruppen innerhalb der USA während der gesamten Kriegszeit keinerlei nennenswerte gewaltsamen Auseinandersetzungen gab. Auch eine öffentlich, oder gar publizierte Sympathiebekundung gegenüber der Entente oder den Mittelmächten seitens Wilsons, seiner Administration oder sonstiger politischer Instanzen ist nicht erkennbar.25 Der Neutralitätskurs Wilsons verfehlte sein Ziel nicht, das inneramerikanische Konfliktpotential zu kontrollieren. Doch der eingeschlagene Neutralitätskurs bis zum Kriegseintritt 1917 muss kritisch hinterfragt werden.

4. Der schöne Schein des Neutralitätskurs

Den oben angeführten Status der USA als Weltmacht lässt sich auch an deren Bedeutung als wichtigster Bündnispartner im Ersten Weltkrieg messen. Das Gleichgewicht unter den Kriegsgegnern veränderte sich mit dem Eintreten der USA 1917 maßgeblich. Interessanterweise lässt sich widersprüchliches Handeln Wilsons gegen seinen Neutralitätsapell vor dem 6. April 1917 erkennen.

4.1 Der Exporteur USA

Das deutlichste Anzeichen hierzu bezieht sich auf die Rolle der USA als wichtigster Lieferer für Kriegsressourcen, Güter und als Kreditgeber26 des Ersten Weltkriegs.27 Allein diese wirtschaftliche Verflechtung mit Europa stellt die Neutralitätspolitik Wilsons in Frage. Dabei diente die stark gestiegene Auslandsnachfrage als funktionstüchtiger Auftrieb gegen die amerikanische Wirtschaftsdepression.28 Der Wert der deutschen Importe aus den USA sank durch die Seeblockade Großbritanniens, aber auch durch die Autarkiepolitik der Reichsführung,29 im Zeitraum von 1913-1916 von 331 auf 288 Millionen Dollar. Dieser Exportrückgang wurde durch die gestiegene französische und britische Nachfrage jedoch kompensiert. Großbritanniens Import war im selben Zeitraum von 600 auf 1,5 Milliarden und in Frankreich von 145 auf 628 Millionen Dollar gestiegen. Letztendlich hatten die Alliierten bei Kriegsende über 10 Milliarden Dollar zurückzuzahlen.30

[...]


1 Stöver, Bernd: United States of America. Geschichte und Kultur. München 2012, S 264.

2 Gassert, Philipp: Geschichte. Expansion 1815-1917, in: Lösche, Peter (Hg.): Länderbericht USA. Bonn 52008, S. 63f.

3 Heideking, Jürgen/ Mauch, Christof: Geschichte der USA. Tübingen 2008, S. 206f.

4 Combs, Jerald A: American Diplomatic History. Two Centuries of Changing Interpretations. London 1983, S. 113.

5 Commager, Henry Steele/ Cantor, Milton: Documents of American History. Volume II Since 1898. New Jersey 1988, S .33f.

6 Curti, Merle Eugene: Geschichte Amerikas 2. Frankfurt am Main 1958, S. 297f.

7 Herring, George C.: From Colony to Superpower. U.S. Foreign Relations since 1776. Oxford 2008, S. 379.

8 Curti, Geschichte Amerikas, S. 298.

9 Schambeck, Herbert u.a.(Hg.): Dokumente zur Geschichte der vereinigten Staaten von Amerika. Berlin 22007, S.426-430.

10 Commager/ Cantor, Documents, S. 85.

11 Berg, Manfred: Geschichte der USA. München 2013, S. 56.

12 Herring, Superpower, S. 379.

13 Zit. nach Commager/ Cantor, Documents, S. 96f.

14 Adams, Willi Paul: Die USA im 20. Jahrhundert. München 22008, S. 39.

15 Möckelmann, Jürgen: Deutsch-amerikanische Beziehungen in der Krise. Studien zur amerikanischen Politik im ersten Weltkrieg, in: Fischer, Fritz (Hg.): Hamburger Studien zur neueren Geschichte 6. Frankfurt am Main 1967, S. 11.

16 Doenecke, Justus D.: Foreign Policy, in: Whitfield, Stephen J. (Hg.): A Companion to 20th century America 9. Malden 2007, S. 318.

17 Gassert, Philipp u.a.: Kleine Geschichte der USA. Stuttgart 2008, S. 382.

18 Herring, Superpower, S. 399.

19 Gassert, Kleine Geschichte, S. 381.

20 DeConde, Alexander: A History of American Foreign Policy. Volume II Global Power (1900 to Present). New York 31979, S. 41.

21 Adams, USA im 20. Jahrhundert, S. 39.

22 Effenberger, Wolfgang/ Löw, Wolfgang: Pax Americana. Die Geschichte einer Weltmacht von ihren angelsächsischen Wurzeln bis heute. München 2004, S. 210-216.

23 Stolberg-Wernigerode, Otto Graf zu: Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika. Berlin/ New York 2 1973, S. 121.

24 Heideking/ Mauch, Geschichte der USA, S. 220.

25 Ebd. S. 220.

26 Ebd. S. 219.

27 Schaffer, Roland: USA, in: Hirschfeld, Gerhard u.a. (Hg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Paderborn 22014, S. 105.

28 Gassert, Keine Geschichte, S. 381.

29 Heideking/ Mauch, Geschichte der USA, S. 219.

30 Adams , USA im 20. Jahrhundert, S. 39-43.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Die USA und der Erste Weltkrieg. Vom Ende des Isolationismus von 1917
Hochschule
Universität Augsburg  (Lehrstuhl für die Geschichte des europäisch-transatlantischen Kulturraumes)
Veranstaltung
„Die Neue Welt“ und Europa – die Geschichte des US-Isolationismus 1776-1941
Note
1,3
Autor
Jahr
2015
Seiten
18
Katalognummer
V506837
ISBN (eBook)
9783346064042
ISBN (Buch)
9783346064059
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Geschichte Amerikas, Geschichte, Geschichte der USA, Erster Weltkrieg, US-Außenpolitik, Isolationismus, US-Isolationismus
Arbeit zitieren
Michael Prestele (Autor:in), 2015, Die USA und der Erste Weltkrieg. Vom Ende des Isolationismus von 1917, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/506837

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