Das St. Gallener Management-Modell. Einsatzmöglichkeiten für mittelständische Betriebe


Hausarbeit, 2018

21 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Motivation und Ziel der Arbeit
1.2 Vorgehensweise

2 Hauptteil
2.1 Theoretische Grundlagen und Einflüsse
2.1.1 Wissenschaftstheoretische Position
2.1.2 Rahmentheoretische Grundlagen und Konzepte
2.2 Das St. Galler Management-Modell
2.2.1 Entstehung und Zielsetzung
2.2.2 Das erste SGMM
2.2.3 Das zweite SGMM
2.2.4 Das dritte SGMM
2.2.5 Das vierte SGMM
2.2.6 Besonderheiten der Arbeit mit dem SGMM
2.3 Einsatzmöglichkeiten des SGMM für mittelständische Betriebe
2.3.1 Der mittelständische Betrieb und seine Bedeutung
2.3.2 Besonderheiten mittelständischer Betriebe
2.3.3 Das SGMM als Reflexionssprache und Arbeitsinstrument für den Mittelstand

3 Schluss
3.1 Fazit
3.2 Kritische Würdigung und Ausblick auf zukünftige Forschung

4 Literaturverzeichnis

5 Anhang

1 Einleitung

1.1 Motivation und Ziel der Arbeit

Das Verständnis von Wissenschaft ist historisch von einer kausalen Denkweise und der Suche nach Ursache-Wirkungsbeziehungen geprägt. Dementsprechend beruht auch das klassische Ma- nagementverständnis auf der Annahme, dass eine zielgerichtete Maßnahme auch das intendierte Ergebnis herbeiführen wird (Bleicher, 2004). Trends wie die rasante Globalisierung und techni- scher Fortschritt, schwerwiegende demographische Veränderungen, gesellschaftlicher Werte- wandel, abrupter Wechsel von starken Wachstumsimpulsen und Rezessionen sowie der steigen- de Stellenwert des Umweltschutzes führen dazu, dass simples Kausalitätsdenken der komplizier- ten Realität nicht mehr gerecht wird (Naisbitt, 1988).

Die heutige Unternehmenswelt ist dafür zu dynamisch und komplex. „Bewährte“ klassische Konzepte tendieren zur Reduktion dieser Komplexität durch vereinfachende Annahmen oder die Betrachtung lediglich eines Teilausschnitts der relevanten Realität (Ulrich & Probst, 1995). Mit diesem Vorgehen kann sich die Führungskraft weiterhin der Illusion hingeben, ihre Umwelt nach wie vor verstehen und nach ihren Vorstellungen beeinflussen zu können.

Die jüngeren globalen Wirtschaftskrisen bisher ungekannten Ausmaßes, unkontrollierte globale Erwärmung und eine historisch hohe Anzahl bewaffneter Konflikte sind traurige Indizien dafür, dass die gängigen Annahmen zur Beherrschbarkeit von Entwicklungen durch menschliche Inter- vention überholt sind und dringend durch realistischere Ansätze ersetzt werden müssen.

Die rapide Zunahme der Komplexität von Führungsaufgaben in den letzten Jahrzenten ist auch empirisch erwiesen (Greenberg, et al., 2001). Um diesen neuen Ansprüchen gerecht zu werden sind Führungsansätze notwendig, die neben ökonomischen auch soziale, ökologische und tech- nologische Aspekte berücksichtigen. Es ist daher ein höchst aktuelles Anliegen ein Management- Konzept zu entwickeln, das all diese Aspekte, die Unternehmen als soziale Systeme betreffen, durch ganzheitliches Denken integriert (Gomez & Probst, 1999).

Das St. Galler Management-Konzept (SGMM) stellt diesbezüglich einen vielversprechenden Ansatz dar.

Die Vorstellung dieses Konzepts und vor allem die Verdeutlichung seiner Potenziale für den Einsatz in mittelständischen Betrieben ist das Ziel dieser Arbeit.

1.2 Vorgehensweise

Im weiteren Verlauf dieser Arbeit werden zunächst relevante wissenschafts- und rahmentheoreti- sche Grundlagen erläutert. Darauf aufbauend wird das SGMM vorgestellt und dabei seine histo- rische Entwicklung über vier Generationen verdeutlicht.

Im Anschluss wird zunächst der Mittelstandsbegriff geklärt um schließlich die Einsatzmöglich- keiten des SGMM für mittelständische Betriebe zu diskutieren.

Abschließend erfolgen ein Fazit sowie die kritische Würdigung der Arbeit und ein Forschungs- ausblick.

2 Hauptteil

2.1 Theoretische Grundlagen und Einflüsse

2.1.1 Wissenschaftstheoretische Position

Das SGMM widerspricht dem in den Wirtschaftswissenschaften vorherrschenden Paradigma des Positivismus. Der Positivismus hat einen naturwissenschaftlichen Exaktheitsanspruch und akzep- tiert nur das als wissenschaftlich, was empirisch beobachtbar ist. Dabei geht er zudem von der Objektivität dieser Beobachtungen aus (Ulrich, 1984).

Hans Ulrich und Walter Krieg, die Entwickler des ersten SGMM, halten den Positivismus zur Erfassung und Bearbeitung sozialer Realität für völlig ungeeignet, da sie dessen reduktionisti- sche Vorgehensweise ablehnen und soziale Akteure für subjektiv halten (Ulrich & Krieg, 1972). Sie fordern stattdessen ein Paradigma, das sich nicht auf die physikalisch-technische Ebene be- schränkt, sondern die zusätzliche Betrachtung der biologisch-ökonomischen sowie der humanen Ebene nicht nur ermöglicht sondern auch einfordert (Ulrich, 1984). Dementsprechend bildet der Konstruktivismus, der den Beobachter und somit die Beobachtung als subjektiv versteht, die erkenntnistheoretische Basis des SGMM (Knöll, o.J.).

Diese Fundierung erlaubt die Integration dynamischer, sozialer und humaner Umweltaspekte und ist Bedingung für die rahmentheoretischen Grundannahmen des SGMM.

2.1.2 Rahmentheoretische Grundlagen und Konzepte

Der Konstruktivismus ermöglicht den Einsatz der Konzepte der Beobachtung und Kybernetik zweiter Ordnung sowie der Selbstreferenz sozialer Systeme. All diese sind Teil des SGMM, werden hier allerdings nur kurz und oberflächlich erläutert.

Eine Beobachtung zweiter Ordnung findet statt, wenn ein sozialer Akteur bei seiner Beobach- tung beobachtet wird. Dies ermöglicht das Erkennen von Fehlern, die bei der Beobachtung erster Ordnung aufgetreten sind. Der sogenannte „blinde Fleck“ kann dadurch teilweise aufgedeckt werden, wird jedoch, da auch der Beobachter zweiter Ordnung nicht perfekt ist und einen eige- nen blinden Fleck besitzt, niemals ganz verschwinden (von Foerster, 2003).

Die Kybernetik ist die Wissenschaft der Steuerung und Regelung technischer, lebendiger und sozialer Systeme (Wiener, 1963). Das Prinzip der Kybernetik erster Ordnung beruht auf negati- ver Rückkopplung in einem Regelkreis und ist am Beispiel eines Thermostats leicht verständlich. Da dieses Konzept nur für technische Systeme geeignet ist, nutzt das SGMM die Kybernetik zweiter Ordnung. Die Systemziele sind hier nicht mehr von außen vorgeschrieben sondern sys- temimmanent. Das System kann sich also eigene Ziele setzen und besteht darüber hinaus aus Subsystemen, die wiederum eigene Ziele entwickeln können (Schwaninger, 1994).

Die Kybernetik zweiter Ordnung bildet eine der Grundlagen für die Selbstreferenz sozialer Sys- teme. Selbstreferenz allgemein beschreibt die Fähigkeit von Systemen sich durch Selbstherstel- lung in einem zyklischen Prozess selbst zu erhalten. In sozialen Systemen wird dieser Aspekt durch einen, über bloßen Selbsterhalt hinausgehenden, Sinn- und Zielbezug ergänzt (Knöll, o.J.).

2.2 Das St. Galler Management-Modell

2.2.1 Entstehung und Zielsetzung

Ende der sechziger Jahre herrschte die ausufernde Tendenz, die Betriebswirtschaftslehre in ein- zelne Teildisziplinen wie Planung, Marketing und Vertrieb zu spezialisieren und abzugrenzen. Unter diesen Entwicklungen hatte der Gesamtüberblick zu leiden (Jeschke, 1992). Dies weckte an der Universität St. Gallen den Wunsch nach einem systemorientierten Managementansatz, der eine integrative Sicht der Kernaufgaben von Führung mit unternehmerischer Gesamtverantwor- tung ermöglicht. Mit diesem Ziel begann die oben angedeutete Auseinandersetzung mit Sys- temtheorie und Kybernetik. Um die Ergebnisse dieser Forschungen der Führungspraxis in sinn- voller Form bereitzustellen wurde das erste SGMM entwickelt (Rüegg-Stürm & Grand, 2015). Erklärtes Ziel des Modells ist es, den Gesamtzusammenhang komplexer Führungsaufgaben, mit all ihren Vernetzungen und Voraussetzungen, angemessen erfassen und effektiv verarbeiten zu können. Das SGMM versteht sich als anwendungsorientiertes Modell, mit der Intention Füh- rungskräften einen integralen Bezugsrahmen zur Verfügung zu stellen, der handlungsleitend ist und sie bei der Problemlösung unterstützt (Siegwart & Mahari, 1997).

2.2.2 Das erste SGMM

Das erste SGMM wurde unter den genannten Einflüssen und Zielsetzungen 1972 von Hans Ul- rich und Walter Krieg veröffentlicht. Sie verstehen die Hauptaufgabe des Managements in der Lenkung und Gestaltung von Unternehmen, die als produktive soziale Systeme modelliert sind. Führung selbst wird als die Verarbeitung relevanter Informationen, aus der Umwelt des Unter- nehmens, in Entscheidungen verstanden. Dabei besteht eine Entscheidung aus der Definition von Zielen sowie den zur Zielerreichung notwendigen Mittel und Verfahren (Ulrich, 1978).

Diese Entscheidungen, das In-Gang-Setzen ihrer Inhalte und das Kontrollieren der erzielten Er- gebnisse mittels eines Soll-Ist-Vergleiches bilden einen Führungskreislauf. Dabei regt das Er- gebnis dieses Vergleichs wiederum als zu verarbeitende Information den nächsten Zyklus an. Die Hierarchie innerhalb des Unternehmens wird letztlich durch ein dreistufiges Schema aus Unternehmenspolitik, Planung und Disposition verkörpert. Die Unternehmenspolitik beinhaltet grundsätzliche und langfristige Ziele, welche durch die Planung in Programme und Maßnahmen überführt und schließlich durch die Disposition angeordnet werden (Ulrich, 1984).

Die folgende Grafik veranschaulicht die beschriebene Aufgliederung des Führungsprozesses:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1 – Der St. Galler Führungswürfel (Ulrich, 1984)

2.2.3 Das zweite SGMM

Unter dem Einfluss wissenschaftlicher Beiträge zur Selbstorganisation sozialer Systeme (Probst, 1987) und der Management-Kybernetik evolutionärer Systeme (Malik, 2008) entwickelte Knut Bleicher, Ende der neunziger Jahre, das zweite SGMM.

Auch bei dieser Version ist der Kerngedanke eine ganzheitliche und integrative Sichtweise auf das Management. Im Vergleich zum Vorgängermodell wurden die einzelnen Entscheidungsfel- der geordneter und ihre Interdependenzen deutlicher gestaltet, was die Verständlichkeit des Mo- dells sowie dessen didaktische Anwendbarkeit verbessert (Drobeck, et al., 2005).

Das Herzstück des zweiten SGMM bildet die Gliederung in drei verschiedene Managementebe- nen mit je drei Funktionen. Auf der n ormativen Ebene wird das Handeln des Unternehmens begründet, welches sich wiederum aus der Managementphilosophie ableiten sollte, die die Wert- haltungen des Topmanagements verkörpert. Die Bausteine des normativen Managements, die Unternehmensverfassung, die Unternehmenspolitik sowie die Unternehmenskultur sollten unbe- dingt aufeinander abgestimmt werden (Bleicher, 2004).

Die Ebene des strategischen Managements ist für die Ausrichtung des Unternehmens an den normativen Positionen verantwortlich. Dies beinhaltet die Schaffung geeigneter organisationaler Strukturen, die Strategieauswahl und ein Problemverhalten welches deren Umsetzung fördert. Das operative Management ist schließlich für die Ausführung der strategischen Vorgaben zu- ständig. Es erstellt Prozesse, erteilt Aufträge und überprüft die Leistungs- und Kooperationsbe- reitschaft bei der Durchführung der Aufgaben (Drobeck, et al., 2005).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2 – Zusammenhang der Manage- mentebenen im zweiten SGMM (Drobeck, et al., 2005)

Diese logische Abgrenzung der Managementaufgaben in eine normative, strategische und opera- tive Dimension darf nicht als arbeitsteilige Abgrenzung verstanden werden! Sie soll im Gegen- teil die, bestehenden und zu analysierenden, gegenseitigen Durchdringungen verdeutlichen und eine Gestaltung der einzelnen Sachverhalte unter Berücksichtigung ihrer vernetzten Beziehungen ermöglichen (Gomez, 1981).

2.2.4 Das dritte SGMM

Die Weiterentwicklung zur dritten Generation des SGMM ist Peter Gomez und vor allem Johan- nes Rüegg-Stürm zu verdanken. Im Vergleich zu den früheren Generationen sind drei besonders wichtige Veränderungen zu erwähnen: Erstens, eine konkrete Benennung der Anspruchsgruppen die das Management eines Unternehmens zu berücksichtigen hat. Zweitens, eine stärkere Ge- wichtung ethischer und normativer Fragestellungen und drittens, die detailliertere Auseinander- setzung mit der prozessualen Sicht der Unternehmensführung (Capaul & Steingruber, 2010). Diese Anpassungen an aktuelle Entwicklungen sind dem gesellschaftlichen Wertewandel sowie der wachsenden Dynamik und Geschwindigkeit des Wettbewerbs geschuldet.

Das dritte SGMM besteht aus sechs Grundkategorien, die sich jeweils auf zentrale Dimensionen der Managementfunktion beziehen. Umweltsphären stellen den zu analysierenden Kontext der unternehmerischen Tätigkeit dar. Anspruchsgruppen sind all jene, die von den Wert- oder Schadschöpfungsketten des Unternehmens betroffen sind. Als Interaktionsthemen werden Themenfelder bezeichnet, in denen sich das Unternehmen mit seinen Anspruchsgruppen ausei- nandersetzen muss um bestehende Interessenskonflikte zu beheben. Die Ordnungsmomente sind dafür verantwortlich, dass der Unternehmensalltag geordnet und zielgerichtet ablaufen kann. Prozesse bestehen aus einer bestimmten sachlichen und zeitlichen Reihenfolge spezifischer Wertschöpfungsaktivitäten und der damit verbundenen Führungsarbeit. Der Notwendigkeit einer Anpassung an die dynamische Umwelt wird schließlich durch Entwicklungsmodi , im Sinne von fundamentalen unternehmerischen Veränderungsmustern, Rechnung getragen.

Folgende Grafik trägt zum besseren Verständnis dieser Ausführungen bei:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3 – Das dritte SGMM (Rüegg-Stürm, 2002)

2.2.5 Das vierte SGMM

Der Trend zu immer größeren und arbeitsteiligeren Unternehmen macht den Erhalt von Ent- scheidungsfähigkeit und der Balance zwischen Integration und Differenzierung zugleich schwe- rer und bedeutender (Bieger, et al., 2011). Hierauf reagierten Rüegg-Stürm und Grand mit der Betonung von Managemententscheidungen in sozialen Systemen, anstelle der vornehmlichen Prozessorientierung der dritten Generation. Eine graphische Veranschaulichung dieser Konzepti- on wird aus Platzgründen dem Anhang dieser Arbeit hinzugefügt.

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Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Das St. Gallener Management-Modell. Einsatzmöglichkeiten für mittelständische Betriebe
Hochschule
AKAD University, ehem. AKAD Fachhochschule Stuttgart
Note
1,3
Autor
Jahr
2018
Seiten
21
Katalognummer
V507091
ISBN (eBook)
9783346064400
ISBN (Buch)
9783346064417
Sprache
Deutsch
Schlagworte
St. Gallen, St. Galler Management Modell, SGM, Management-Modell
Arbeit zitieren
Tilmann Koch (Autor:in), 2018, Das St. Gallener Management-Modell. Einsatzmöglichkeiten für mittelständische Betriebe, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/507091

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