Deutschland hat politisch besonders mit dem demographischen Wandel und seinen Folgen zu kämpfen: Immer mehr Menschen erreichen ein hohes Alter und werden damit pflegebedürftig, wohingegen immer weniger junge Menschen den Pflegeberuf ausüben. Damit steht Deutschland vor dem Problem des Pflegenotstandes, der sich zukünftig noch verschlimmern wird: 2020 wird es etwa 2,9 Millionen und 2030 schon 3,4 Millionen Pflegebedürftige geben. Gleichzeitig werden bei einer Weiterführung der bisherigen Pflegepolitik 2030 ungefähr 3 Millionen Pflegekräfte fehlen. Daher liegt es nahe ausländische Pflegekräfte anzuwerben, um gegen den Pflegenotstand vorzugehen.
Seit der EU-Osterweiterung 2004 migrieren besonders polnische Pflegekräfte nach Deutsch-land, weil sie in Polen keinen Job finden oder sich generell einen höheren Lohn erhoffen. Seit 2011 dürfen sie ältere Menschen auch uneingeschränkt in der häuslichen Pflege betreuen. Da Polen ein Nachbarland von Deutschland ist, bietet sich das Pendeln für die Migrantinnen an. So können sie mehr verdienen als in Polen und gleichzeitig ihre Familien alle paar Monate sehen. Dabei sind sie meistens in sogenannten Live-In Arrangements beschäftigt. Das bedeutet, dass sie bei den Pflegebedürftigen leben und diese 24 Stunden lang betreuen können. Diesbezüglich wechseln sich die Migrantinnen in einem Rotationssystem nach ein paar Monaten mit anderen Frauen ab. Die Live-In Situation scheint eine Win-Win- Situation sowohl für die Pflegekraft als auch für die pflegebedürftige Person zu sein, weil beide davon scheinbar profitieren. Doch ist dem auch wirklich so? Dazu hilft es die Situation der Pflegemigrantinnen in Live-Ins genauer zu betrachten und ihre Perspektive einzunehmen. Dementsprechend werden im Folgenden die Vorteile, die sich durch das Zusammenleben (Live-In) ergeben sowie die hauptsächlich emotionalen (Burn-Out) und weitere Probleme herausgearbeitet. Dabei steht besonders im Fokus, welche Erwartungen die Migrantinnen vor der Migration hatten und ob sich diese im Arbeitsalltag erfüllen bzw. welche weiteren Probleme oder Vorteile sich ergeben.
Inhaltsverzeichnis
- Live-In oder Burn-Out? Zur Situation polnischer Pflegemigrantinnen in deutschen Live-In Arrangements
- Einleitung
- Die Situation von Pflegekräften in Deutschland
- Die Migration von Pflegekräften nach Deutschland
- Live-In Arrangements
- Vorteile der Live-In Situation
- Sprachkenntnisse und Kultur
- Emanzipation und Selbstwertgefühl
- Selbstständigkeit und Flexibilität
- Häuslicher Schutz und erhöhter Nettogewinn
- Nachteile der Live-In Situation
- Sprachbarriere und kulturelle Unterschiede
- Monotone und dequalifizierende Arbeit
- Soziale Isolation und körperliche Belastung
- Zwanghafte Selbstständigkeit
- Schlussfolgerung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit beleuchtet die Situation von polnischen Pflegemigrantinnen in Deutschland, die in Live-In Arrangements arbeiten. Sie untersucht die Vorteile und Nachteile dieser Beschäftigungsform, insbesondere in Bezug auf die Erwartungen der Migrantinnen und die tatsächlichen Erfahrungen im Arbeitsalltag.
- Die Herausforderungen der Sprachbarriere und kultureller Unterschiede
- Die Auswirkungen der Live-In Situation auf das Selbstwertgefühl und die Emanzipation der Migrantinnen
- Die Ambivalenz von Selbstständigkeit in der häuslichen Pflege
- Die Vorteile der Live-In Situation in Bezug auf den Schutz vor Entdeckung und den erhöhten Nettogewinn
- Die Unterschiede zwischen legaler und illegaler Beschäftigung für Pflegemigrantinnen
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung erläutert die demographische Entwicklung in Deutschland und die daraus resultierende Pflegenotstandsituation. Sie zeigt auf, warum die Anwerbung ausländischer Pflegekräfte, insbesondere aus Polen, notwendig geworden ist.
- Das zweite Kapitel befasst sich mit der Migration von polnischen Pflegekräften nach Deutschland und den Bedingungen, die diese Migration antreiben.
- Der dritte Abschnitt beschreibt die Live-In Arrangements und erläutert die scheinbar positiven Aspekte sowohl für die Pflegekräfte als auch für die Pflegebedürftigen.
- Die folgenden Kapitel beleuchten die Vorteile der Live-In Situation, insbesondere in Bezug auf die Verbesserung der Sprachkenntnisse, die kulturellen Erfahrungen, die mögliche Emanzipation und die Selbstständigkeit der Pflegemigrantinnen.
- Danach werden die Nachteile der Live-In Situation aufgezeigt, darunter die Sprachbarriere, die kulturellen Unterschiede, die monotone und dequalifizierende Arbeit, die soziale Isolation und die zwanghafte Selbstständigkeit.
Schlüsselwörter
Pflegemigration, Live-In Arrangements, polnische Pflegekräfte, Deutschland, Arbeitsbedingungen, Sprachbarriere, kulturelle Unterschiede, Selbstständigkeit, Emanzipation, soziale Isolation, illegale Beschäftigung, Nettogewinn
- Quote paper
- Jana Cordes (Author), 2019, Live-In oder Burn-Out? Zur Situation polnischer Pflegemigrantinnen in deutschen Live-In Arrangements, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/507239