Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Leseförderung
1.1.1 Ziel der Leseförderung
1.1.2 Modelle der Leseförderung
1.1.3 Bedeutung der Leseförderung
2 Hauptteil
2.1 Leben in einer multikulturellen Gesellschaft
2.2 Schulische Möglichkeiten zur Leseförderung
2.2.1 Literaturangebot
2.2.2 Handlungs- und produktionsorientierter Unterricht
2.2.3 Lesebücher
2.2.4 Leseförderung am Computer
2.2.5 Leseförderung durch das Fernsehen
2.2.6 Zusammenarbeit mit Bibliotheken
2.2.7 Einbindung der Eltern
3 Schluss
4 Literaturverzeichnis
5 Internetquellen
1 Einleitung
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Förderung des Lesens. Einleitend wird zunächst darauf eingegangen, was unter Leseförderung zu verstehen ist und worin sich die Wichtigkeit der Leseförderung begründet. Das besondere Augenmerk liegt hierbei auf der Leseförderung für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund. Es werden deren besondere Ausgangslagen und Probleme beleuchtet. Im Mittelpunkt der Arbeit stehen die praktischen Umsetzungsmöglichkeiten der Leseförderung, die die Schule gestalten kann. Beispielhaft werden verschiedene Leseförderungsprojekte und –aktionen vorgestellt werden, wobei immer wieder der Bezug zu dem Deutschen als Zweitsprache und –kultur hergestellt werden soll.
1.1 Leseförderung
1.1.1 Ziel der Leseförderung
Als Einstieg in das Thema der Leseförderung, möchte ich zunächst kurz auf den Begriff des Lesens eingehen.
Der Lesebegriff hat im Laufe der Geschichte tiefgreifende Veränderungen und Erweiterungen erfahren. Anhand dieser Entwicklung lassen sich mehrere Ebenen des Lesens aufzeigen. Der Leser muss in der Lage sein, Buchstaben zu erkennen, sie einem Laut oder einer Lautfolge zuordnen zu können und diesen Lauten Bedeutung zuzuschreiben. Dabei benutzt er sein Alltags- und Weltwissen, stellt neue Zusammenhänge her, vergleicht und reflektiert. Es können jedoch nicht nur Buchstaben `gelesen` werden; alles, was wahrnehmbar ist kann durch einen Leseprozess erfasst und gedeutet werden, also auch Bilder, Piktogramme oder Tabellen. Durch den Begriff des Deutens wird deutlich, dass Lesen subjektiv ist. Es setzt ein Subjekt voraus, da ohne ein solches kein Lesen stattfinden kann. Der Deutungsaspekt impliziert ein variables, also kein fest vorgegebenes System von Regelanwendungen.
Das Ziel der Leseförderung ist es jedoch nicht, Kindern und Jugendlichen das Lesen als technische Fertigkeit zu vermitteln. Diese Fertigkeit wird stattdessen vorausgesetzt. Erst wenn das Kind das Lesen beherrscht, kann Leseförderung ansetzen. Die Intention der Leseförderung ist es, Menschen zum Lesen literarischer Texte zu bringen. Grundlage dafür ist der Aufbau der Motivation zum literarischen Lesen und das Vermitteln der dazu notwendigen Kompetenzen. Kompetenz meint einen Idealzustand einer ausgebildeten Fähigkeit, den zu erreichen das Ziel darstellt. Hierin zeigt sich, dass der Entwicklung zu einem lesekompetenten Menschen Zeit und Übung beansprucht und immer als unabgeschlossen angesehen werden kann. Dem Leser bieten sich immer neue Leseherausforderungen, mit deren Hilfe er seine Kompetenzen trainieren und schulen kann.
1.1.2 Modelle der Leseförderung
Durch die sog. PISA-Studie (Programme for International Student Assessment) ist das Lesen bzw. die Lesekompetenz in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt worden. Auf Grund des schlechten Abschneidens deutscher Schüler[1] im internationalen Vergleich besonders im Bereich Lesen verstärkten Politiker, Lehrer und andere Institutionen das Bemühen darum, die Lesefähigkeit von Kindern und Jugendlichen zu verbessern.
Um die Bedeutung des Lesens und damit auch der Leseförderung erkennen zu können, ist es hilfreich den Begriff der Lesekompetenz nach Auffassung der PISA-Autoren zu betrachten.
Unter Lesekompetenz wird in der Studie die Fähigkeit verstanden, den Inhalt, die Absicht und die formale Struktur von verschiedenen Texten zu verstehen. Der lesekompetente Schüler kann das Gelesene in andere Kontexte einordnen und selbstständig Texte für verschiedene Zwecke auswählen und nutzen. Damit stellt die Lesekompetenz zum einen ein Mittel zur Erreichung persönlicher Ziele dar und ist Bedingung für die Weiterentwicklung des eigenen Wissens und der eigenen Fähigkeiten. Zum anderen befähigt sie darüber hinaus den Menschen zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben (vgl. Artelt 2001, S. 11). In dem folgenden Schema wird das Verständnis der Lesekompetenz nach PISA deutlich:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Darstellung ist ein Hierarchie-Modell, in dem die Lesekompetenz in verschiedene Teilfähigkeiten aufgeschlüsselt wird. Das Modell umfasst fünf Ebenen, die aufeinander aufbauen. Der Leser durchläuft in der Entwicklung seiner Lesekompetenz nacheinander diese Stufen und erreicht auf der Grundlage der vorhergehenden eine höhere Stufe, die mit einer höheren Kompetenz korrespondiert. Den Stufen werden unterschiedliche Wertigkeiten zugeschrieben. Die Teilfähigkeiten erscheinen selbstständig und isoliert, Wechselbeziehungen zwischen ihnen werden durch das Modell nicht dargestellt.
Hurrelmann hat an diesem Modell der PISA-Autoren Kritik geübt und ihm ein anderes gegenüber gestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Sie bettet die Lesekompetenz in eine allgemeine Medienkompetenz ein. Im Zeitalter der Multimedialität stehen schriftliche Texte neben anderen Medien, so dass die Lesekompetenz als eine Fähigkeit zur Nutzung eines speziellen Mediums aufzufassen ist. So erfordern auf dem Hintergrund des heutigen Lesebegriff nicht nur ´traditionelle´ schriftliche Texte Lesekompetenz, sondern auch andere ´Texte´. Dazu gehören das Fernsehen, das Internet, Computerspiele u.a..
Hurrelmanns Kritik bezieht sich des Weiteren auf die Darstellung des Modells. Sie stellt dem Hierarchie-Modell ein Dimensionen-Modell entgegen. Im Unterschied zu dem PISA-Modell sind die einzelnen Dimensionen interdependent. Auf Grund der Wechselwirkungen beeinflussen sich die verschiedenen Fähigkeiten, was dazu führt, dass diese nicht einmal erworben überwunden und hinter sich gelassen werden, sondern in jeder Phase der Entwicklung von Lesekompetenz eine Rolle spielen. Die Dimensionen bauen nicht aufeinander auf und legen daher auch keine feste Reihenfolge des Erwerbs der Kompetenzen fest.
Außerdem ergänzt Hurrelmann das PISA-Modell auch inhaltlich. Ihrer Ansicht nach sei das PISA-Modell stark kognitionspsychologisch ausgerichtet und vernachlässige wichtige Dimensionen der Lesekompetenz. Daher ergänzt Hurrelmann in ihrem Modell weitere Teilfähigkeiten. Zunächst ist dabei die Lesemotivation als zentraler Faktor für die Entwicklung von Lesekompetenz zu nennen. Es geht dabei darum, schriftsprachliche Texte als etwas Bedeutungsvolles zu erkennen. Bei dem Leser müssen Zielstrebigkeit, Ausdauer und das Bedürfnis nach Verstehen aufgebaut und erhalten werden. Wenn dies gelingt, erkennt der Leser das Lesen als für ihn persönlich gewinnbringend (Hurrelmann 2002, S. 13).
Neben der Lesemotivation hält Hurrelmann das Ergänzen der emotionalen Dimension für notwendig. Diese Dimension umfasst die Fähigkeit, Texte nach bestimmten persönlichen Bedürfnissen auszuwählen, mit dem Gelesenen eigene Erfahrungen und Gefühle zu verbinden, sich identifizieren zu können, den Text als ästhetisch wahrnehmen und genießen zu können. Hurrelmann ist der Auffassung, dass diese emotionale Komponente nicht nur für fiktionale Literatur, sondern auch für das Lesen von Sachliteratur eine Rolle spielt (Hurrelmann 2002, S. 13).
Als dritte und letzte ergänzende Dimension nennt Hurrelmann schließlich die Fähigkeit zur Anschlusskommunikation. Besitzt der Leser diese Fähigkeit, kann er sich mit anderen Personen über das Gelesene austauschen. Durch diese Gespräche werden Toleranz gegenüber anderen Meinungen und Einstellungen, Diskussionsfähigkeit und das Aushandeln eines Konsens in Bezug auf die Interpretation eingeübt (vgl. Hurrelmann 2002, S. 14).
[...]
[1] In dieser Arbeit wird jeweils nur die männliche Form von Schüler, Lehrer, usw. verwendet, die weibliche ist jedoch selbstverständlich ebenso gemeint.