Im Spätmittelalter entstanden in zahlreichen Städten der heutigen Bundesrepublik Deutschland sogenannte „Fastnachtsspiele“, welche zur Karnevalszeit von kleinen Handwerkergruppen aufgeführt wurden. Nürnberg und Lübeck waren die zwei Ballungsorte dieses Parts des Fastnachtstreibens.
Die Fastnachtsspieltradition scheint heute ausgestorben. Doch kann man auch in unserem Alltag noch gewisse Elemente der Fastnachtsspiele wiederfinden. Die umherziehende Truppe erinnert an die Sternsinger, die zu Beginn eines jeden neuen Jahres von Haus zu Haus ziehen und vor den Bewohnern ihre eingeübten Darstellungen vorführen. Der derb-fäkalische Humor kommt in der Gegenwart in den Büttenreden der Fastnachtssitzungen wieder zum Vorschein. Dennoch finden bei solchen Sitzungen die Feiernden zusammen, um sich unterhalten zu lassen, während die Fastnachtsspiele nur eine Unterstützung der Heiterkeit waren. Auch werden diese Büttenreden auf einer Bühne und nicht inmitten der Anwesenden aufgeführt. Hingegen wird in manch modernen Theatern dieser stilistische Effekt wieder genutzt, um die Begrenzung zwischen Schauspielern und Zuschauern zu verwischen.
Auch im Bezug zu Theatergruppen verschiedener Schulen kann eine Parallele festgestellt werden. Dort differenziert der Zuschauer ebenfalls nicht zwischen vertrautem Schauspieler und dessen Rolle, was die hauptsächliche Komik ausmacht. Mit Hilfe solch vertrauter Geschehnisse erscheint es einfacher, sich in die damalige Situation hinein zu denken und hinein zu fühlen und somit einen wichtigen Teil des spätmittelalterlichen Lebens zu erfahren.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Nürnberger Praxis
- Die Kontrolle des Nürnberger Rates
- Zusammenschluss als Schauspielgruppe
- Rahmenbedingungen
- Ausstattung
- Darstellungsweise
- Kostümierung
- Körperliche Abnormitäten
- Gestik und Mimik
- Ablauf
- Eigentliches Spiel
- Schlusstanz
- Entwicklung zum „Typus des neuzeitlichen Dramas"
- Lübecker Praxis
- Schlussbetrachtung
- Literaturangaben
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Aufführungspraxis der Fastnachtsspiele im Spätmittelalter, insbesondere in Nürnberg und Lübeck. Sie analysiert die Rahmenbedingungen, die Ausstattung, die Darstellungsweise und den Ablauf dieser Spiele, um ein umfassendes Bild der damaligen Theaterkultur zu zeichnen. Die Arbeit befasst sich auch mit der Entwicklung der Fastnachtsspiele hin zum „Typus des neuzeitlichen Dramas", wobei die Werke von Hans Sachs und Jakob Ayrer im Vordergrund stehen.
- Kontrolle und Einfluss des Rates auf die Fastnachtsspiele
- Zusammenschluss und Rolle der Handwerkergesellen als Schauspieler
- Ausstattung und improvisierte Spielweise
- Darstellungsweise: Kostümierung, Körperliche Abnormitäten, Gestik und Mimik
- Entwicklung der Fastnachtsspiele hin zum „Typus des neuzeitlichen Dramas"
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Fastnachtsspiele als ein wichtiges Element der spätmittelalterlichen Kultur vor und erläutert die Schwierigkeiten der Analyse aufgrund mangelnder Quellen. Der Hauptteil der Arbeit konzentriert sich auf die Nürnberger Praxis, wobei die Kontrolle des Rates, die Zusammensetzung der Schauspielgruppen, die Rahmenbedingungen, die Ausstattung und die Darstellungsweise der Spiele im Detail untersucht werden. Die Kapitel über die Kostümierung, die Körperlichen Abnormitäten und die Gestik und Mimik beleuchten die Bedeutung der Körperlichkeit und der Komik in der Fastnachtsspieltradition. Der Abschnitt über den Ablauf der Spiele analysiert die verschiedenen Elemente des Spiels, den Schlusstanz und die Entwicklung der Fastnachtsspiele hin zum „Typus des neuzeitlichen Dramas".
Das Kapitel über die Lübecker Praxis bietet einen Überblick über die Fastnachtsspiele in Lübeck und zeigt die Unterschiede zur Nürnberger Tradition auf. Die Schlussbetrachtung zieht Parallelen zwischen der Fastnachtsspieltradition und modernen Formen des Theaters und stellt die Bedeutung dieser Spiele für das Verständnis der spätmittelalterlichen Kultur heraus.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Fastnachtsspiele, die Aufführungspraxis, die Nürnberger und Lübecker Tradition, die Kontrolle des Rates, die Handwerkergesellen, die Ausstattung, die Darstellungsweise, die Komik, die Entwicklung zum „Typus des neuzeitlichen Dramas", Hans Sachs, Jakob Ayrer, die Körperlichkeit, die Gestik und Mimik, der Schlusstanz, die Tradition und die Moderne.
- Quote paper
- M.A. Nicole Nieraad (Author), 2002, Zur Aufführungspraxis der Fastnachtsspiele, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50883
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