Leseprobe
I. Inhaltsverzeichnis
I. Inhaltsverzeichnis
II. Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Problemstellung
1.2. Zielsetzung
1.3. Aufbau der Arbeit
2. Grundlagen
2.1. Theorie
2.2. Empirismus und Rationalismus
2.3. Verifikation und Falsifikation
3. Kritischer Rationalismus
3.1. Grundidee des Kritischen Rationalismus
3.2. Anwendung der deduktiv-theoriekritischen Methode
3.3. Stellung des kritischen Rationalismus
4. Schlussbetrachtung
III. Literaturverzeichnis
II. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Zielsetzung der Arbeit
Abbildung 2: Deduktion im Rationalismus und Induktion im Empirismus
Abbildung 3: Asymmetrie zwischen Verifikation und Falsifikation
Abbildung 4: Anwendung des Kritischen Rationalismus
1. Einleitung
1.1. Problemstellung
Es liegt in der Natur des Menschen Begründungen für aufgestellte Theorien zu sammeln und danach zu streben, diese zu verifizieren. Damit die Wissenschaft an Erkenntnisse gelangt gibt es verschiedene wissenschaftliche Methoden. Eine der wichtigsten wissenschaftstheoretischen Methoden des 20. Jahrhunderts ist der Kritische Rationalismus, welcher von Karl Raimund Popper begründet wurde (vgl. Kirchgässner, 2002, p. 567). Popper äußerte sich zum Kritischen Rationalismus selbst wie folgt:
„ Unser Wissen kann nur endlich sein, während unser Nichtwissen notwendigerweise unendlich sein muß. (Our knowledge can only be finite, while our ignorance must necessarily be infinite.)“ (Popper)
Der Kritische Rationalismus ist eine Erkenntnistheorie, die vor allem durch die deduktiv- theoriekritische Methode geprägt wurde. Eine Theorie wird hierbei immer kritisch betrachtet und kann niemals verifiziert, jedoch durch eine einzelne Aussage falsifiziert werden. Die Anwendung der deduktiv-theoriekritischen Methode sowie deren Stellung im gegenwärtigen Wissenschaftsbetrieb sollen in der vorliegenden Ausarbeitung behandelt werden.
1.2. Zielsetzung
Das Finalziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Stellung des Kritischen Rationalismus im gegenwärtigen Wissenschaftsbetrieb bewerten zu können. Dafür wird zunächst die Grundidee des Kritischen Rationalismus erläutert sowie die konkrete Anwendung der deduktiv-theoriekritischen Methode anhand einer zuvor formulierten All-Aussage erläutert. Diese Aussage muss den Anforderungen des kritischen Rationalismus genügen. Aus den Ergebnissen dieser Modalziele kann dann die Stellung des kritischen Rationalismus anhand einer kritischen Betrachtung dieser Methode erarbeitet werden. Das Finalziel sowie die abgeleiteten Modalziele sind in Abbildung 1 dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Zielsetzung der Arbeit
1.3. Aufbau der Arbeit
Um die Grundlagen für das Verständnis der vorliegenden Arbeit zu schaffen, werden zunächst die zentralen Begriffe Theorie, Empirismus und Rationalismus sowie Verifikation und Falsifikation definiert. Aus der Definition dieser Begriffe werden im Hauptteil der Kritische Rationalismus sowie die deduktiv-theoriekritische Methode definiert. Darauf aufbauend wird die Anwendung dieser Methode anhand einer vorher formulierten Theorie gezeigt sowie das Zusammenspiel der bereits definierten Begriffe Empirie, Theorie, Verifikation und Falsifikation im Detail erläutert. Nachdem der Kritische Rationalismus als solcher betrachtet wurde kann eine Aussage über die Stellung des kritischen Rationalismus im gegenwärtigen Wissenschaftsbetrieb getroffen werden. Zum Schluss werden die Methode des Kritischen Rationalismus sowie die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit kritisch betrachtet.
2. Grundlagen
2.1. Theorie
Der Begriff Theorie beschreibt eine bloße Vermutung, die rein begriffliche und abstrakt ist (vgl. Duden, 2016b). Eine Theorie beschreibt somit kein bestätigtes sondern nur vermutetes Wissen. Um eine Theorie zu überprüfen, kann diese nicht selbst empirisch untersucht werden. Die Aussage „Kein SAP-Berater beherrscht alle SAP ERP-Module vollständig.“ ist solch eine Theorie. Aus dieser Theorie lassen sich jedoch mittels Deduktion Einzelaussagen ableiten. Aus dieser Theorie und der Prämisse, dass Herr Müller ein SAP-Berater ist, lässt sich die Aussage „Herr Müller beherrscht nicht alle SAP ERP- Module vollständig“ ableiten. Diese Einzelaussage kann im Gegensatz zur Theorie untersucht werden. Anders herum ist es auch möglich aus mehreren empirisch untersuchten und bestätigten Einzelaussagen durch Induktion auf eine allgemeingültige Theorie zu schließen. Die empirische Fundiertheit ist ebenso wie die Möglichkeit der Falsifikation eine der Voraussetzung für die Formulierung von wissenschaftlichen Theorien (vgl. Carone, 2008).
2.2. Empirismus und Rationalismus
Es gibt fünf verschiedene Erkenntnistheorien oder auch Epistemologien genannt, mit denen die Wissenschaft Erkenntnisse gewinnt. Diese Erkenntnistheorien sind der Realismus, der Empirismus, der Konstruktivismus, der Rationalismus sowie der Kritische Rationalismus, welcher in dieser Ausarbeitung behandelt wird (vgl. Filzinger, 2007). Da der Kritische Rationalismus sowohl auf Methoden des Empirismus als auch auf Methoden des Rationalismus zurückgreift sollen nun die Grundideen dieser beiden Erkenntnistheorien erläutert werden (vgl. Ramb and Thommen, o.A.b).
Der Empirismus basiert auf dem Prinzip der Induktion. Damit steht der Empirismus der Auffassung des Rationalismus gegenüber. Der Begriff Empirie leitet sich aus dem griechischen Wort empeiria ab, welches Erfahrung bedeutet (vgl. Spektrum, 1999). Die menschlichen Erkenntnisse werden in der Empirie ausschließlich aus wissenschaftlichen Erfahrungen gewonnen (vgl. Duden, 2016a). Erfahrungen sind hierbei alles, was durch die Sinne wahrgenommen werden kann, also beispielsweise Beobachtungen, Interviews oder Experimente. Die empirische Wissenschaft trifft demnach Aussagen über die Realität, indem sie aus der Erfahrung heraus Theorien ableitet und diese dann wiederum durch Erfahrungen überprüft. Empirische Aussagen sind somit Aussagen, die anhand der Realität intersubjektiv überprüfbar sind (vgl. Thommen, o.A.a).
Bei der induktiv-empiristischen Vorgehensweise wird eine spezielle Vorhersage V getroffen, die sich durch Erfahrungen X verifizieren lässt. Aufgrund dieser speziellen Beobachtungen wird induktiv auf eine Allgemeingültigkeit, die Theorie T geschlossen. Eine Vorhersage V wäre beispielsweise „Es gibt keinen SAP-Berater, der alle SAP ERP- Module vollständig beherrscht“, diese Vorhersage basiert auf Erfahrungen X. Induktiv lässt sich daraus über V ⇒ T schließen, dass alle SAP-Berater nicht alle SAP ERP-Module beherrschen. Aus einer nicht wahren Vorhersage ¬V lässt sich über ¬V ⇒ ¬ T auf eine nicht wahre Theorie schließen. Diese beiden induktiven Schlüsse werden Verifikation bzw. Falsifikation genannt.
Der Rationalismus basiert, im Gegensatz zum Empirismus, auf dem Prinzip der Deduktion. Der Begriff Rationalismus leitet sich aus dem lateinischen Wort ratio für Vernunft ab, menschliche Erkenntnisse werden aufgrund von Verstand und Vernunft gewonnen und basieren auf allgemeingültigen Gesetzen (vgl. Popper and Hansen, 1994, p. 11). Das bedeutet, dass jeder Vorhersage V immer eine Theorie T vorausgeht, aus der diese abgeleitet werden kann. Somit gilt im Rationalismus T ⇒ V. Eine Theorie T wäre beispielsweise „Kein SAP-Berater beherrscht alle SAP ERP-Module vollständig.“, gemeinsam mit der Prämisse „Herr Müller ist SAP-Berater.“ lässt sich daraus deduktiv schließen, dass Herr Müller nicht alle SAP ERP-Module vollständig beherrscht.
Die beiden Prinzipien Induktion und Deduktion aus Empirismus und Rationalismus sind in
Abbildung 2 grafisch dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Deduktion im Rationalismus und Induktion im Empirismus (vgl. Brune, o.A.)
2.3. Verifikation und Falsifikation
Wie bereits erläutert beschreibt eine Theorie nur vermutetes und nicht bestätigtes Wissen, kann jedoch durch Verifikation bestätigt und durch Falsifikation widerlegt werden. Verifikation beschreibt den wissenschaftlichen Nachweis über die Richtigkeit einer Theorie, hierfür wird mindestens ein bestätigender Befund benötigt. Die Verifikation ist dann der induktive Schluss von der wahren Vorhersage V zur verifizierten Theorie T, es gilt also V ⇒ T (vgl. Thommen, o.A.b). Dieser Sachverhalt wird auch als modus ponens bezeichnet (vgl. Lackes and Siepermann, o.A.a).
Falsifikation beschreibt das Gegenteil der Verifikation, also die wissenschaftliche Widerlegung einer allgemeinen Aussage. Hierfür wird ebenso mindestens ein Gegenbefund benötigt (vgl. Brockhaus, 1988), der gegensätzliche Befund ist der Beweis dafür, dass eine singuläre oder allgemeine Aussage falsch ist (vgl. Spektrum, 2000). Die Falsifikation beschreibt also im allgemeinen Sinne das Herausstellen der Falschheit einer Theorie (vgl. Ulfig, 1996) durch den induktiven Schluss von der falschen Vorhersage ¬V zur falsifizierten Theorie ¬T. Es gilt also ¬V ⇒ ¬ T, dieser Sachverhalt wird auch als modus tollens bezeichnet (vgl. Lackes and Siepermann, o.A.b).
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