Die Form macht's - aber wie?! Umfrage unter Personalfachleuten zur optimalen Bewerbungsgestaltung


Diplomarbeit, 2005

54 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

1.1 Aktualität und Wichtigkeit des Themas

1.1.1 Aktuelle Situation auf dem Arbeitsmarkt

1.1.2 Möglichkeitenvielfalt und neue Trends

1.1.3 Gewicht der Bewerbungsunterlagen im Auswahlprozess

1.2 Problemstellung

1.2.1 Unübersichtliche Menge und widersprüchliche Ratschläge in

Bewerbungsratgebern

1.2.2 Unklarheit über Anforderungen der Personalfachleute

1.3 Ziel ..

1.4 Fragestellungen

2 Experiment

2.1 Gestaltung der exemplarischen Bewerbungsmappen

2.1.1 Klassische Bewerbung

2.1.2 Moderne Bewerbung

2.1.3 Edle Bewerbung

2.1.4 Unkonventionelle Bewerbung

2.2 Ablauf der Untersuchung

3 Ergebnisse und Diskussion

3.1 Interpretation der Ergebnisse

3.1.1 Unterschiede in der Bewertung der exemplarischen Mappen

3.1.2 Gewichtung der Elemente

3.1.3 Ergebnisse der Zusatzfragen

3.1.3.1 Zeugnisse

3.1.3.2 Anruf vor einer Bewerbung

3.1.3.3 Beifügung von Deckblatt und „Dritter Seite“

3.2 Einfluss weiterer Variablen

3.2.1 Einfluss des Geschlechtes

3.2.2 Einfluss der Branche

3.2.3 Einfluss der Unternehmensgröße

3.2.4 Zusammenhänge mit weiteren Variablen

3.3 Einschränkung der Generalisierbarkeit

3.4 Schlussfolgerung: Praxisnähe der einzelnen Bewerbungsratgeber

3.5 Ausblick: die Bewerbung der Zukunft - E-Mail-Bewerbungen oder

klassische Bewerbungsmappen?

4 Literaturverzeichnis

5 Anhang

Anhang A : exemplarische Bewerbungsmappen

Anhang B : verwendeter Fragebogen

Zusammenfassung

Zur Gestaltung schriftlicher Bewerbungsunterlagen existieren viele Ratgeber, die nie auf Praxisnähe und Allgemeingültigkeit überprüft wurden. In der vorliegenden Untersu- chung wurde erstmalig versucht, die dort formulierten Vorschläge und Tipps empirisch zu prüfen. Dazu wurden anhand verschiedener Bewerbungsratgeber exemplarische Be- werbungsmappen erstellt und von 95 Fachleuten, die in ihren jeweiligen Unternehmen für die Personalauswahl zuständig sind und somit zu den „wahren Entscheidern“ gehö- ren, beurteilt. Erfasst wurde die Bewertung verschiedener Varianten der Bewerbungs- elemente (z. B. Art der Mappe, Layout des Lebenslaufes, Gestaltung des Fotos) und deren Gewichtung. Zusätzlich erfragt wurde, ob ein Anruf im Vorfeld einer Bewerbung günstig ist, welche Zeugnisse beigelegt werden sollen und ob Zusatzelemente wie ein Deckblatt oder persönliche Darstellungen positiv bewertet werden.

Die beste Bewertung erhielt die klassischste Bewerbung, mit Ausnahme der dazugehörigen Mappe und des Fotos. Lebenslauf und Anschreiben waren die wichtigsten Elemente in einer Bewerbung. Weitere Variablen wie Unternehmensgröße, Geschlecht und Branche zeigten wenig Einfluss, gehäuft trat dieser nur beim Einfluss der Branche auf die Gewichtung der Elemente einer Bewerbung auf.

Geforderte Zeugnisse sind vor allem Arbeits- und Hochschulzeugnisse. Ein Anruf ist unter bestimmten Voraussetzungen sinnvoll, ein Deckblatt oder eine „Dritte Seite“ sind mögliche, aber nicht nötige Elemente.

Bevorzugt werden klassische Bewerbungsmappen bzw. Online-Bewerbungsbögen vor E-Mail-Bewerbungen.

1 Einleitung

1.1 Aktualität und Wichtigkeit des Themas

1.1.1 Aktuelle Situation auf dem Arbeitsmarkt

In Zeiten wirtschaftlicher Schwierigkeiten und großer Unsicherheit auf dem Arbeitsmarkt ist die Kompetenz, sich erfolgreich zu bewerben, zum unbedingten Bestandteil des Allgemeinwissens geworden. Die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt steigt (Bosch, 2001). So haben eine hohe Qualifikation (Bosch, 2001) und erfolgreiche Stellenwechsel zum richtigen Zeitpunkt für alle Arbeitsmarktteilnehmer an existentieller Bedeutung gewonnen, da sie einen hohen Wert der eigenen Arbeitskraft sichern und im Falle von Arbeitslosigkeit Vorteile gegenüber Mitbewerbern bedeuten.

Auch die Arbeitnehmer fühlen sich dem Arbeitgeber gegenüber nicht mehr so sehr verpflichtet, sondern vielmehr der Aufgabe und persönlichen Beziehungen, und sehen sich im Falle geringer Arbeitszufriedenheit auch extern nach besseren Bedingungen oder neuen Herausforderungen im Sinne eines Karrieresprungs um (Gmür & Klimecki, 2001).

Dafür ist es jedoch notwendig, nicht nur erstklassige Qualifikationen nachweisen zu können, sondern sich beim neuen Wunsch-Arbeitgeber insgesamt optimal zu präsentie- ren. Dies geschieht meist im ersten Schritt mit schriftlichen Bewerbungsunterlagen.

1.1.2 Möglichkeitenvielfalt und neue Trends

Um mit den schriftlichen Bewerbungsunterlagen nicht schon zu Beginn des Auswahlverfahrens auszuscheiden, gilt es in dieser ersten Kontaktaufnahme, den Anforderungen der Firma zu entsprechen und sich an gängige Standards zu halten.

Von technischer Seite sind der Kreativität in der Bewerbungsgestaltung kaum mehr Grenzen gesetzt, was auch zu neuen Trends in diesem Bereich führte; inwieweit hinge- gen aufgedruckte digitale Fotos statt aufgeklebter Abzüge oder ein aufwändig gestalte- tes Layout dem Bewerber Plus- oder gar Minuspunkte einbringen, ist oft nicht ganz klar.

Gerade diese Vielfalt verursacht jedoch die Unsicherheit vieler Bewerber, wie ein guter Eindruck beim Zielunternehmen denn nun erreicht werden kann.

1.1.3 Gewicht der Bewerbungsunterlagen im Auswahlprozess

Die optimale Gestaltung von Bewerbungsunterlagen erscheint besonders wichtig ange- sichts des Gewichts, das ihnen im Personalauswahlprozess beigemessen wird. So fan- den Schuler, Frier und Kauffmann (1993) in einer Untersuchung zur Personalauswahl, dass in Deutschland in 98 % der an der Umfrage beteiligten Unternehmen und für fast alle zu besetzenden Positionen die Bewerbungsunterlagen gesichtet und zur Vorauswahl genutzt werden. Die Bedeutung der schriftlichen Unterlagen wird von Personalfachleu- ten laut dieser Untersuchung hoch eingeschätzt und der Einfluss des daraus gewonnenen Eindrucks über den Bewerber auf den Verlauf des Interviews sowie die Einstellungsent- scheidung wurde mehrfach nachgewiesen (z. B. Schönborn, 1988; Tucker & Rowe, 1979)

Sowohl Schuler und Berger (1979) als auch von Rennenkampff (Diplomarbeit, Uni- versität Mannheim, Angaben aus Ross, 2003, SPIEGEL ONLINE-Artikel) konnten den Einfluss des Bewerberfotos auf die Kompetenzeinschätzung sowie auf die Einstellungs- entscheidung zeigen. Wenn diese Ergebnisse auch auf die Wahrnehmung anderer opti- scher Reize übertragbar sind, also emotionale Urteilskomponenten eine ebenso große Rolle bei der Beurteilung der äußeren Form der Bewerbung spielen, können sich auch Unterlagen, die der Beurteiler rein optisch als nicht vorteilhaft empfindet, ungünstig auswirken. Eine Statistik (Göpfert, 2002) bestätigt, dass bei 39 % der abgelehnten Be- werbungen ein billiger Schnellhefter und bei 35 % ein schlechtes Foto negativ auffiel und die Auswahlentscheidung zu deren Ungunsten beeinflusste. Vor dem Hintergrund dieser Informationen erscheint die optimale Gestaltung einer Bewerbung umso wichti- ger.

1.2 Problemstellung

1.2.1 Unübersichtliche Menge und widersprüchliche Ratschläge in Bewerbungsratgebern

Eine stichprobenartige Recherche bei einem der größten Online-Buchversandhäuser ergab unter der Rubrik allgemeine Bewerbungsratgeber 582 Ergebnisse. Das Problem ergibt sich aber erst daraus, dass nicht alle einschlägigen Bücher bzw. Datenträger die gleichen Hinweise enthalten; schon beim Durchsehen einiger Exemplare findet man beträchtliche Unterschiede. Die Ratschläge widersprechen sich dabei zum Teil oder es werden ergänzende und neuartige Ideen, wie eine besondere grafische Gestaltung oder Zusatzelemente wie z. B. ein Deckblatt und ein persönliches Resümee („Dritte Seite“) eingebracht. Nun stellt sich für den Bewerber die Frage, welchem Ratgeber er glauben soll, was die gängigen Standards sind und welche Elemente moderner gestaltet sein dürfen oder gar müssen.

1.2.2 Unklarheit über Anforderungen der Personalfachleute

Welche Gestaltung der Bewerbungsunterlagen Personalfachleute erwarten, wurde nach eigenen Recherchen nie systematisch erhoben und zusammengefasst, obwohl sie die Adressaten der Unterlagen sind und aufgrund ihrer Bewertung eine erste Auswahlent- scheidung getroffen wird. Somit ist nicht klar, welche Gestaltung die eigentlichen Be- werbungsempfänger wünschen, ob die Empfehlungen der Bewerbungsratgeber dem entsprechen und ob Mitarbeiter verschiedener Unternehmen die gleichen Varianten gut heißen würden.

Doch selbst wenn dies unter Personalfachleuten bekannt wäre, fehlte noch immer die Rückmeldung an die Bewerber; diese können daher nur auf Bewerbungsratgeber ein- zelner Autoren (die nicht einmal alle aktuell mit Personalauswahl betraut sind) zurück- greifen.

1.3 Ziel

In der vorliegenden Untersuchung wurden verschiedene Empfehlungen dieser Ratgeber in Beispielmappen umgesetzt und Personalfachleuten zur Bewertung vorgelegt. Die Beurteilung und Kommentierung jedes einzelnen Elementes der Unterlagen sowie eine statistische Auswertung ermöglichten eine empirisch fundierte Aussage über die Anforderungen der wahren Entscheider, nämlich der Personalfachleute. Die Antworten sollten zusammengestellt dem ersten Bewerbungsratgeber entsprechen, der auf systematisch erhobenen, praxisnahen Daten basiert. Dies könnte Bewerbern erstmals ermöglichen, die wahren Anforderungen der Firmen zu kennen und zu erfüllen.

1.4 Fragestellungen

Die Fragestellungen der vorliegenden Untersuchung waren im Einzelnen,

a) ob die Mappen bzw. deren einzelne Elemente überhaupt unterschiedlich bewer- tet werden;
b) ob die Bewertungen bei der Mehrzahl der Teilnehmer für die gleiche Mappe bzw. das gleiche Element jeweils in die gleiche Richtung (gut oder schlecht) ge- hen;
c) und besonders, welche Varianten und speziell welche Elemente dabei positiv bewertet werden;
d) ob in Abhängigkeit von Branche und Firmengröße unterschiedlich bewertet wird;
e) ob das Geschlecht des Bewerbers und/oder des Beurteilers einen Einfluss auf die Bewertung ausübt;
f) ob Eigenschaften der Personalfachleute, wie z. B. die Erfahrung in der Personal- auswahl (Dauer der Tätigkeit in Jahren und Bewerbungen pro Jahr) einen Zu- sammenhang mit der Präferenz bestimmter Gestaltungsvarianten aufweisen;
g) welche und wie viele Zeugnisse vom Bewerber beigelegt werden sollen;
h) ob eine telefonische Kontaktaufnahme im Vorfeld sinnvoll bzw. erwünscht ist;
i) wie Zusatzelemente wie eine „Dritte Seite“ oder ein Deckblatt bewertet werden;
j) wie die einzelnen Elemente der Bewerbung (Anschreiben, Lebenslauf, Foto, Zeugnisse und äußere Gestaltung) von Personalfachleuten gewichtet werden;
k) ob klassische Bewerbungsmappen oder E-Mail-Bewerbungen beliebter sind.

Die letzte Frage sollte vor allem einen Ausblick auf die mögliche Zukunft der Bewerbungsformen und zugleich eine Bewertung der bisherigen Erfahrungen ergeben.

2 Experiment

2.1 Gestaltung der exemplarischen Bewerbungsmappen

Für die Befragung wurden vier exemplarische Mappen konzipiert (vgl. Anhang A), die jeweils eine bestimmte Stilrichtung verkörpern sollten: eine in allen Elementen sehr klassische Mappe; als zweite eine noch klassische Mappe, jedoch mit moderneren Ge- staltungselementen; bei der dritten Mappe wurde besonders viel Wert auf Layout und eine aufwändige, „edle“ Gestaltung gelegt; und die vierte Bewerbung war vollkommen unkonventionell.

Jede Mappe wurde sowohl als Bewerbung eines männlichen als auch eines weibli- chen fiktiven Bewerbers erstellt, um mögliche Einflüsse des Bewerbergeschlechtes auf die Bewertung der Gestaltung feststellen zu können. Die Festlegung auf die Qualifikati- on eines Studiums der Betriebswirtschaftslehre mit vorheriger Ausbildung zum Indust- riekaufmann bzw. -frau sowie das Berufsziel „Personalreferent“ sollten gewährleisten, dass möglichst viele Personalabteilungen mit dem Profil vertraut sind und somit keine Einschränkungen bei der Wahl der Teilnehmer gegeben sind. Einzige Einschränkung war die Größe der Unternehmen, da erst ab einer gewissen Mitarbeiterzahl vom Vor- handensein einer gesonderten Personalabteilung ausgegangen werden kann.

Zu beachten ist, dass die Differenzierung der Mappen bewusst auf äußere Kriterien beschränkt wurde. So enthielt jede Bewerbung denselben Werdegang und dieselben persönlichen Daten (mit Ausnahme des Bewerbergeschlechtes, von dem es zwei Aus- prägungen gab), nur in unterschiedlicher sprachlicher Darstellung und optischer Gestal- tung.

2.1.1 Klassische Bewerbung

Bei der Durchsicht dieser Bewerbung sollte der Eindruck einer sehr sachlichen Darstel- lung entstehen, die auf aufwändige Gestaltung bewusst verzichtet. Sie wurde daher in einen einfachen Klemmhefter aus dunkelblauem Kunststoff mit durchsichtigem Deck- blatt verpackt und enthielt nur ein Anschreiben und einen Lebenslauf auf jeweils einer Seite. Das Layout entsprach dem eines klassischen Geschäftsbriefes bzw. beim Lebens- lauf einer einfachen Tabelle im Hochformat. Beim chronologisch dargestellten Lebens- lauf wurde außerdem durch große Überschriften und einer deutlichen Absetzung der Zeiträume eine besonders klare Struktur hergestellt. Der Sprachstil war betont sachlich und konservativ, ohne werbende oder bewertende Inhalte. Das Anschreiben war argu- mentativ aufgebaut und ging daher recht detailliert auf einzelne Erfahrungen und Kom- petenzen ein. Zusätzlich war im Lebenslauf neben den üblichen Angaben über Zeit und Ort eine stichpunktartige Beschreibung der jeweiligen Tätigkeiten bzw. Schwerpunkte hinzugefügt.

Das klassische Passfoto mit weißer Umrahmung wurde rechts oben auf den Lebenslauf neben die persönlichen Daten geklebt. Sowohl das zurückhaltende Lächeln des Bewerbers als auch der unauffällige blaue Hintergrund sollten zur Sachlichkeit und Unaufdringlichkeit dieser Mappe passen.

Grundlage dieser Gestaltungsvariante war hauptsächlich der Bewerbungsratgeber „Überzeugen mit Anschreiben und Lebenslauf“ der Autoren Püttjer und Schnierda (2003).

2.1.2 Moderne Bewerbung

In dieser Bewerbung wurde versucht, eine klassische Grundgestaltung mit einigen mo- dernen Elementen zu kombinieren. So blieb zwar die Aufteilung in Anschreiben und Lebenslauf mit je einer Seite und die Verpackung in einer einfachen Klemmmappe, diesmal cremefarben und aus Pappe, erhalten, aber das Layout war deutlich aufgelo- ckert.

So enthielt das Anschreiben nicht nur eine Aufzählung in Stichpunkten anstatt eines reinen Fließtextes, es wurde auch mit den Symbolen „ “ und „ “ und einer Linie im Briefkopf versehen und enthielt in einem kleinen grauen Textfeld eine Zusammenfas- sung der wichtigsten Angaben über den Bewerber (übernommen aus Hofert, 2002, S. 21).

Der Lebenslauf war im Querformat, mit einer senkrechten Linie und dem etwas größe- ren Foto des Bewerbers in der Mitte. Er zeigte die Daten in umgekehrter chronologi- scher Reihenfolge. Die Strukturierung erfolgte hier durch verschiedene Grautöne z. B. der Zeit- und Ortsangaben und die Zusammenfassung jeder Station im Lebenslauf zu je einem Textblock.

Das Foto war deutlich größer und bunter (im Hintergrund ein kräftiges Blau mit „weißen Wölkchen“) und zeigte einen herausfordernd ins Bild geneigten Bewerber mit nur leichtem Lächeln.

Diese Bewerbung wurde aus mehreren Bewerbungsratgebern kombiniert; hauptsächlich aus den Büchern „Die perfekte Bewerbungsmappe“ von Hesse und Schrader (2003) und „Praxismappe für die kreative Bewerbung“ von Hofert (2002).

2.1.3 Edle Bewerbung

Die edle Mappe zeichnet im Vergleich zu anderen Beispielen eine besonders aufwändige und edle optische Gestaltung aus. Sie ist in Layout und Stil stark an einen Vorschlag von Hesse und Schrader (2002) angelehnt. Layoutelemente sind z. B. ein Rahmen um jede Seite, die Wiederholung der Adresse rechts oben und der Ausrichtung der Schrift an einer imaginären Linie im rechten Drittel der Seiten.

Diese Mappe sollte den Eindruck eines selbstbewussten Bewerbers vermitteln, der sich weniger in der Bittsteller-Position denn in der Verkäufer-Position sieht und ent- sprechend viel Wert auf die anspruchsvolle Aufmachung seiner Bewerbung legt. Von Selbstbewusstsein und der Einforderung einer angemessenen Würdigung seiner Person zeugt neben dem sehr knappen Stil des Anschreibens auch die hohe Zahl der einzelnen Seiten mit einem zusätzlichen Deckblatt (siehe Empfehlungen von Hesse & Schrader, 2002, Hofert, 2002) und einem Extrablatt für die persönlichen Daten und das Foto, auf denen der Bewerber beinahe verschwenderisch mit Platz umgeht. Für die große Anzahl der Seiten bot sich eine dreiseitige Mappe besonders an, und zum eleganten Stil passte das Material aus dunkelblauem, kräftigem Pappkarton mit dem silbernen Schriftzug „Bewerbungsunterlagen“ besonders gut.

Der Lebenslauf war thematisch gegliedert und enthielt pro Seite nur je einen Themenblock (z. B. Praxiserfahrung), so dass er sich über zwei Seiten erstreckte. Das Schwarz-Weiß-Foto zeigte einen stehenden, in Körperhaltung und Mimik sehr selbstbewussten Bewerber vor einem schwarzen Hintergrund. Entsprechend war das Format des Bildes schmal und hoch.

2.1.4 Unkonventionelle Bewerbung

Diese Bewerbung sollte in möglichst jeder Hinsicht mit gängigen Standards brechen. So beschränkte sie sich nur auf eine einzige laminierte Seite im Querformat, war im Layout besonders lebhaft und insgesamt eher umgangssprachlich formuliert.

Die Abgrenzung der Elemente erfolgte über eine grau gemusterte Unterlegung der Textfelder für die Adresse und die sogenannte „Kurz-Vita“, die aus Platz- und Stilgrün- den den klassischen Lebenslauf ersetzte und lediglich ein paar Stichworte enthielt. Das Foto wurde rechts oben aufgedruckt, was durch die zweispaltige Darstellung des fort- laufenden Textes aber eine Platzierung mitten im Anschreiben bedeutete. Ein quadrati- sches Format und der schwarze Hintergrund des Fotos wirkten zusätzlich unkonventio- nell. Der Bewerber war dem Betrachter frontal zugewandt, hatte das Kinn leicht in die Hand gestützt und zeigte ein strahlendes Lächeln.

Grundlage für die Gestaltung war der Bewerbungsratgeber „Praxismappe für die kreative Bewerbung“ (Hofert, 2002).

2.2 Ablauf der Untersuchung

An jeden der 95 teilnehmenden Personalfachleute wurden alle vier Bewerbungsmappen gesandt mit der Bitte, die einzelnen Elemente auf einem Fragebogen (vgl. Anhang B) zu benoten und dazu ggf. Begründungen und weitere Anmerkungen zu geben. Um Einflüs- se des Bewerbergeschlechtes feststellen zu können, bekam jeder Befragte nur die Be- werbungen eines männlichen ODER eines weiblichen Bewerbers zu Gesicht und war auch nicht über die Variation des Bewerbergeschlechtes informiert. Neben der Beno- tung der Beispielmappen wurden offene Fragen zu Zeugnissen, Anruf im Vorfeld einer Bewerbung, Zusatzelementen, Gewichtung der Elemente und E-Mail-Bewerbungen im Vergleich zur klassischen Bewerbungsmappe gestellt (vgl. Fragestellungen, Kap. 1.4 und Fragebogen, Anhang B).

Die Akquisition der Teilnehmer erfolgte durch telefonische Anfrage in den Personal- abteilungen der Unternehmen, in denen dann meist mehrere Mitarbeiter einen Fragebo- gen bearbeiteten. Laut ihren eigenen Angaben erhielten die Personalfachleute im Mittel ca. 1300 Bewerbungen pro Jahr und hatten für die Analyse einer Mappe durchschnitt- lich etwa 7 Minuten Zeit.

Insgesamt wurden von 41 Unternehmen Fragebögen zurückgesandt. Die Unternehmen hatten zwischen 100 und 230 000 Mitarbeitern und gehörten verschiedenen Branchen an. Sie wurden vom Versuchsleiter den folgenden sieben Kategorien zugeordnet:

Tabelle 1: Überblick über die verwendeten Branchenkategorien

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3 Ergebnisse und Diskussion

3.1 Interpretation der Ergebnisse

3.1.1 Unterschiede in der Bewertung der exemplarischen Mappen

In diesem Experiment zeigen sich deutliche Unterschiede in der Bewertung der vier exemplarischen Bewerbungen durch die Personalfachleute. Es ergeben sich bei den Bewertungen aller Bewerbungsteile signifikante Differenzen; des Weiteren ist jeweils eine Systematik hinsichtlich der Bevorzugung bestimmter Beispielmappen bei den verschiedenen Elementen festzustellen.

So wird bei der äußeren Mappe die Variante der edlen Bewerbung, also ein Modell aus stabiler, strukturierter Pappe, bevorzugt, sowie die bloße Laminierung einer Bewer- bung an Stelle einer Mappe deutlich abgelehnt. In den Textfeldern, in denen die Teil- nehmer ihre Meinung in Worten formulieren konnten, waren zur Laminierung oft Kommentare wie „erinnert eher an eine Speisekarte“, „ein Tischset“ oder „einen Aus- hang“ (zitiert aus den Bemerkungen der Teilnehmer auf den Fragebögen, auch im Fol- genden in den Kapiteln 3.1.1 bis 3.1.3) zu lesen. Außerdem erweckte das Laminat den (negativen) Eindruck, die Bewerbung solle vor Verschmutzung geschützt werden bzw. sei „abwaschbar“.

Bei der Beurteilung der Mappe ist zu beachten, dass zwar das Material „Pappe“ sig- nifikant besser bewertet wurde, nicht jedoch das dreiseitige Design; hier wurde der Un- terschied nicht signifikant. Möglicherweise wurde die Frage nach dem Design der Map- pe von unterschiedlichen Teilnehmern auf zwei Arten interpretiert: Von einigen wurde die optisch ansprechende Aufmachung einer Mappe benotet und von anderen die Auf- teilung und Funktionalität der Mappe. In vielen Anmerkungen wurde nämlich darauf hingewiesen, dass das Design zwar „schön“, die dreiseitige Aufteilung der Mappe bei der Bearbeitung aber „extrem unpraktisch“ sei und zu „hohem Arbeitsaufwand beim erforderlichen Kopieren“ führe.

Die klassische Mappe dagegen sei sehr „benutzerfreundlich“ und „funktional“, habe dadurch aber „optisch etwas gelitten“. Ein Teilnehmer sprach sogar von einer „ollen Mappe“, weshalb die Wahl einer Klemmmappe mit der gleichen Funktionalität, aber einer ansprechenderen optischen Gestaltung einen guten Kompromiss schaffen könnte.

Dabei wird aus diesen Ergebnissen jedoch nicht ganz klar, ob das Material nun Pap- pe sein soll (was am besten bewertet wurde, oft begründet durch die Umweltfreundlich- keit) oder die Mappe lieber ein durchsichtiges Deckblatt haben sollte (was in den Be- merkungen mehrmals als gut bezeichnet wurde), um einen Bewerber „im Stapel“ schnell wieder zu finden, was wiederum für Plastik spräche. Die Variante der modernen Mappe war jedenfalls nicht die Lösung dieses Problems, obwohl sie den Präferenzen der Teilnehmer (zweiseitige Klemmmappe aus Pappe) in den einzelnen Kriterien entspricht. Negativ wurde hier vor allem angemerkt, dass ihr „der Pep fehle“ und die helle Farbe sowohl „langweilig“ als auch „zu empfindlich“ sei.

Was die Gestaltung des verbalen Inhaltes betrifft, schnitt in allen Fragen die klas- sische Bewerbungsmappe am besten ab. Dies legt eine Bevorzugung einer argumentati- ven und sachlichen Darstellung in geschäftlichem Ton nahe. Sowohl die Begründung des Berufswunsches als auch die Identifikation mit dem Unternehmen wirkten in der klassischen Mappe den Teilnehmern zufolge überzeugend. Allerdings wurde auch des öfteren angemerkt, das Anschreiben sei zu lang, was sicherlich zu ändern wäre. Hierbei wurden oft die Kürze und Prägnanz des Anschreibens der edlen Bewerbung gelobt, es fehlten darin allerdings die nötige Darstellung der Praktikumsinhalte und die Begrün- dung des Berufswunsches. Der Stil im Anschreiben der unkonventionellen Bewerbung wurde als „flapsig“ und „zu locker“ bezeichnet.

Eine Ausgestaltung des Textes durch verschiedene Schriftfarben oder Layoutvarianten wie Linien, Rahmen oder Textfelder wird offensichtlich nicht gewünscht. Die optische Darstellung der unkonventionellen Bewerbung wurde mehrfach als „ungenügend“ bezeichnet, und „das Hintergrundmuster der Kurz-Vita wirkt eher störend“. Auch der „Merkzettel“ mit den wichtigsten Daten des Bewerbers und der Lebenslauf im Querformat in der modernen Mappe wurde schlecht beurteilt: das Textfeld sei „eher störend“ und „überflüssig“, und die Darstellung des Lebenslaufes im Querformat erinnere an eine „Metaplanwand“ und führe bei gleichzeitigem Hochformat des Anschreibens dazu, dass die Bewerbung „ständig gedreht“ werden muss.

In den Bemerkungsfeldern auf den Fragebögen wurde in Bezug auf die edle Mappe besonders häufig darauf hingewiesen, dass die Gestaltung an einen „Kondolenzbrief“ oder eine „Todesanzeige“ erinnert und negativ wirkt, weshalb sie sicherlich eher zu vermeiden ist. Das beliebteste Layout entsprach hingegen einem klassischen Geschäftsbrief bzw. im Lebenslauf einer einfachen, auf Übersichtlichkeit angelegten Tabellenform auf einer Seite. Diese Bewertung wird auch durch die häufige Ablehnung eines auf mehreren Seiten dargestellten Lebenslaufes in der edlen Bewerbung unterstützt, der „häufiges Blättern“ erfordert und die Übersicht erschwert.

Bei dem Element Foto wurde die edle Bewerbungsmappe in den Kriterien Wirkung des Fotos, Körperhaltung und Mimik des Bewerbers auffallend schlecht bewertet, was gegen eine sehr selbstbewusste und kühle Darstellung auf einem Bewerbungsfoto spricht. Beliebt waren bei diesen Kriterien hingegen die klassische und die unkonventi- onelle Bewerbung, die vor allem im Gegensatz zur edlen Bewerbung und im Hinblick auf Körperhaltung und Mimik auch im Unterschied zur modernen Bewerbung sehr freundlich und offen wirken. Dies wurde auch in den Bemerkungen bestätigt, in denen der Bewerber in der unkonventionellen Mappe als besonders „sympathisch“ bezeichnet wurde. Das Foto der klassischen Mappe wurde dagegen auch oft als „brav“ bezeichnet, was eher negativ im Sinne von „schwach“ und „langweilig“ bewertet wurde. In der Fra- ge der Platzierung des Fotos waren sich die Teilnehmer weitgehend einig; es soll oben rechts auf dem Lebenslauf oder auch auf ein Deckblatt zu den persönlichen Daten ge- klebt werden. Dies entspricht interessanterweise auch den Empfehlungen vieler Bewer- bungsratgeber, womit diese bestätigt wurden. In der Broschüre „Bewerbungstrainer“ der Mappe „Jobprofi“ der (damaligen) Bundesanstalt für Arbeit wird dies ebenfalls korrekt empfohlen, während der Hinweis, das Foto solle „ca. 5 x 7 cm, besser etwas größer“ sein (S. 22) in dieser Untersuchung nicht bestätigt werden konnte. Das Foto der moder- nen Mappe, das eine Größe von 6 x 8 cm hatte, wurde nämlich als „erschlagend“, „un- verhältnismäßig groß“ und „zu füllend platziert“ (es war in der Mitte des Lebenslaufes) bezeichnet, so dass eine solche Hervorhebung eher nicht zu empfehlen ist, zumal das Foto als unwichtigstes Element eingestuft wurde.

Bei der Farbe des Fotos (farbig/schwarz-weiß) wurden die moderne und die klassi- sche Bewerbung bevorzugt, der Unterschied wurde jedoch nur im Vergleich mit der unkonventionellen Bewerbung signifikant. Da das Foto auf der unkonventionellen Be- werbung ebenso wie auf der klassischen und der modernen Bewerbung farbig ist, je- doch als einziges Foto aufgedruckt anstatt als Abzug aufgeklebt wurde, liegt die Vermu- tung nahe, dass diese Frage von den meisten Teilnehmern falsch verstanden und statt der Farbe die Farbqualität des Fotos beurteilt wurde. Daraus lässt sich jedoch wiederum die Hypothese ableiten, dass das Foto in einer Bewerbung nicht aufgedruckt, sondern stets ein Abzug aufgeklebt werden sollte.

Eine andere Erklärung für die schlechtere Bewertung des unkonventionellen Fotos wäre, dass der Bewerber auf diesem Foto vor einem schwarzen Hintergrund dargestellt ist, was auch in den Bemerkungen als „schlecht“ bezeichnet wurde, besser sei „farbig oder hell“. Betrachtet man dazu die gute Bewertung des klassischen und des modernen Fotos, wird dies bestätigt.

Die im Vergleich zur modernen und klassischen Bewerbung tendenziell signifikante schlechtere Bewertung des schwarz-weißen Abzugs in der edlen Bewerbung deutet jedoch im Sinne der ursprünglichen Fragestellung (farbige oder schwarz-weiße Fotos) auch darauf hin, dass farbige Bilder beliebter sind als schwarz-weiße.

Ein Vergleich der Gesamtnoten zeigt ebenfalls signifikante Unterschiede zwischen fast allen Varianten. Am besten bewertet wurde die klassische Mappe, an zweiter Stelle steht die edle, an dritter die moderne und an vierter die unkonventionelle Bewerbung.

In den Bemerkungen wurde an der unkonventionellen Mappe sehr häufig kritisiert, dass sie „zu wenig Informationen“ enthält (vor allem im Lebenslauf, dem als wichtigsten bewerteten Element) und „schlecht weiter zu bearbeiten“ ist. Sie könne höchstens „als Kurzbewerbung“ (z. B. auf Jobmessen) dienen bzw. sei als Bewerbung wohl besser für kreative Berufe geeignet.

Die moderne Bewerbung provozierte im Vergleich zur unkonventionellen Bewer- bung erheblich weniger Kommentare. Am treffendsten wurde die Wirkung wohl von einem Teilnehmer mit den Worten „Bewerbung vom Gesamteindruck her nicht anspre- chend“ formuliert.

Der klare Aufbau und das einheitliche Layout der edlen Mappe zeigten dagegen eine optisch ansprechende, konservative Bewerbung. Die „aufgeblasene“ Gestaltung auf vielen Seiten und der als zu „pathetisch“ empfundene Stil in Kombination mit dem „zu arroganten“ Foto (vor allem für einen Berufsanfänger) brachten der Bewerbung jedoch viele Minuspunkte ein. Insgesamt kristallisierte sich aus den Bewertungen heraus, dass die Bewerbung zwar z. T. optisch schön, jedoch „unpraktisch“ sei.

Die klassische Mappe wurde meist auch als solche beschrieben, auch als „Standard- bewerbung“, die dadurch zwar teilweise „brav“ oder „zurückhaltend“ wirkt, gleichzeitig „aber die starken Punkte heraushebt“ und vor allen Dingen „übersichtlich und gut hand- habbar“ ist. Letzteres wurde besonders häufig betont und bei anderen Mappen gerade auch ein Mangel daran kritisiert; daher kann man davon ausgehen, dass dies eines der wichtigsten Kriterien ist. Man könnte sich allerdings vorstellen, die Bewerbung in eini- gen Elementen noch etwas ansprechender zu gestalten, z. B. bei den Elementen Foto oder äußere Mappe, ohne dass jedoch Übersichtlichkeit und Funktionalität leiden.

[...]

Ende der Leseprobe aus 54 Seiten

Details

Titel
Die Form macht's - aber wie?! Umfrage unter Personalfachleuten zur optimalen Bewerbungsgestaltung
Hochschule
Universität Regensburg
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
54
Katalognummer
V51042
ISBN (eBook)
9783638471138
Dateigröße
9054 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Eingereicht bei Deutschen Studienpreis 2005, Preisverleihung steht noch aus.
Schlagworte
Form, Umfrage, Personalfachleuten, Bewerbungsgestaltung
Arbeit zitieren
Susanne Gruber (Autor:in), 2005, Die Form macht's - aber wie?! Umfrage unter Personalfachleuten zur optimalen Bewerbungsgestaltung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/51042

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