Individualisierte Musiktherapie bei Menschen mit einer Alzheimer Demenz


Hausarbeit, 2019

15 Seiten, Note: 1,3

Julia Kersten (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Alzheimer Demenz
1.2 Musiktherapie
1.3 SOK- Model
1.4 Forschungsfrage

2. Methodik

3. Ergebnisse
3.1 “Music and Memory Intervention” Program – Kali et al., 2017
3.2 „Individualisierte Musik für Menschen mit Demenz“ in Deutschland
3.3 Aktive vs. Rezeptive Musiktherapie – Särkämö et al., 2015
3.4 Auswirkungen auf das autobiographische Gedächtnis – El Haj et al., 2015
3.5 Musikgedächtnis – Jacobsen et al., 2015

4. Diskussion der Ergebnisse

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

Kurzzusammenfassung

Hintergrund Der demographische Wandel sorgt für eine Zunahme demenzieller Erkrankungen und damit verbunden auch für ein Ansteigen der Versorgungskosten. Eine Musiktherapie ist dagegen kostengünstig und hat in vielen Bereichen bereits Erfolge erzielt. Wie sich eine individualisierte Musiktherapie bei Menschen mit einer Alzheimer Demenz auswirkt soll in dieser Arbeit geklärt werden.

Methoden Es erfolgte eine systematische Literaturrecherche in Pubmed nach Studien unterschiedlichen Designs und in einem Veröffentlichungszeitraum von 2008 bis 2018. Priorität erhielten Studien des jüngeren Zeitpunktes der Veröffentlichung.

Ergebnisse Die Auswertung der Studien ergab ausschließlich positive Ergebnisse, unter anderem in Bezug auf die Lebensqualität, die Emotionalität, bei Gedächtnisleistungen – insbesondere beim autobiographischen Erinnerungsvermögen - und sorgte für medikamentöse Veränderungen bei Demenz Erkrankten. Weiterhin wurde in einer Studie das „Musikgedächtnis“ lokalisiert.

Diskussion Eine individualisierte Musiktherapie wird in den USA bereits zunehmend implementiert. Deutschland hat dahingehend noch Nachholbedarf. Eine effiziente Umsetzung musiktherapeutischer Maßnahmen spart Kosten und sorgt für eine Steigerung der Lebensqualität. Bisher sind Studien in diesem Bereich eher quantitativ ausgerichtet. Das macht sie objektiv, messbar und vergleichbar. Um jedoch subjektive Empfindungen und gegebenenfalls auch Einzelphänomene, die durch eine individualisierte Musiktherapie ausgelöst werden, zu erforschen, sollten zukünftig vor allem qualitative Studiendesigns entwickelt und durchgeführt werden.

Schlüsselwörter Musikgedächtnis, Alzheimer Erkrankung, Demenz

1. Einleitung

Die fortschreitende Alterung der Bevölkerung gewinnt immer mehr an Bedeutung. Insbesondere in den Industrienationen ist der demographische Wandel gekennzeichnet durch ein Fortschreiten der Lebenserwartung bei gleichzeitigem Geburtenrückgang. Deutschland gilt als Vorreiter bei der Bevölkerungsalterung. 2008 standen 18,8 Prozent der unter 20-Jährigen im Verhältnis zu 25,9 Prozent der über 60-Jährigen. Die häufigste, mit dem Alter in Verbindung stehende Erkrankung ist die Demenz. Unter den Erkrankten sind rund zwei Drittel von der Alzheimer Demenz betroffen. Schätzungen für Deutschland ergaben eine Anzahl von 1,3 Millionen dementiell Erkrankter. Bis 2050 soll sich die Anzahl verdoppeln (Süttlerin et al. 2011: 4). 2015 ergab die Summe aller Krankheitskosten in Deutschland 15,122 Milliarden Euro (Statistisches Bundesamt 2018). Demenz ist bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht heilbar. Daher ist es für Akteure des Gesundheitswesens besonders wichtig Maßnahmen zu finden und umzusetzen um ein Fortschreiten der Erkrankung zu mindern, die Lebensqualität zu erhalten beziehungsweise zu steigern und eine Kostenexplosion zu verhindern (Süttlerin et al. 2011:5). Mit Hilfe des SOK-Modells von Baltes und Baltes können Menschen im höheren Alter selbst lernen Anforderungen des Alltags gerecht zu werden, indem sie diese zunächst selektieren, danach optimieren und schließlich kompensieren. Die Forschung hat bereits gezeigt, dass selbst in späten Stadien einer Demenz noch erschließbare Ressourcen zur Verfügung stehen, die als Therapiemöglichkeit genutzt werden können (Süttlerin et al. 2011: 5). Eine mögliche Methode zur Nutzung solcher Ressourcen ist der Einsatz von Musik. Diese erhält im pflegerischen und therapeutischen Alltag von Demenz Erkrankten immer mehr Einzug (BMFSJ 2018). Im Folgenden werden die Begriffe Alzheimer Demenz, Musiktherapie und SOK-Modell erklärt.

1.1 Alzheimer Demenz

Es gibt unterschiedliche Formen von Demenzen, die sich in ihren Symptommustern gleichen, jedoch unterschiedliche Ursachen haben. Bedeutende Merkmale einer Demenz sind unter anderem der Verlust kognitiver Leistungsfähigkeit, Veränderungen der Persönlichkeit und der Sprache, Orientierungsschwierigkeiten und damit verbundene zunehmende Handlungsunfähigkeit im Alltag. Eine Symptomausprägung ist möglich von geringen Veränderungen bis zum völligen Verlust der Selbständigkeit (Kurz et al. 2017: 6). Die Alzheimer Demenz ist mit einem Anteil von 65 Prozent aller demenziellen Erkrankungen die Häufigste (Sütterlin et al. 2011: 9). Sie zeichnet sich durch Ablagerung von Proteinen - sogenannte Amyloid-Ablagerungen - im Gehirn aus. Im Bereich des Temporallappens sowie des Parietallappens sorgen sie für einen fortschreitenden Verlust von Neuronen und Synapsen. Schädigungen in diesen Bereichen führen vor allem zur Desorientierung, Beeinträchtigung der Sprache und des Gedächtnisses (Kurz et al. 2017: 12).

1.2 Musiktherapie

Bei der Musiktherapie nutzen Therapeut*innen eine zielorientierte Implementierung von Musik sowohl zur Gesundheitsförderung als auch zur Prävention von psychischer und physischer Gesundheit. Als praxisbezogene Wissenschaft ist die Musiktherapie multidisziplinär ausgerichtet. Sie interagiert insbesondere mit der Musikwissenschaft, der Pädagogik, der Psychologie, der Medizin, und den Gesellschaftswissenschaften (dmtg 2018). Eine Musiktherapie ist immer im kulturellen Kontext zu verstehen und kann niemals ohne diesen funktionieren. Anwendungsgebiete sind unterschiedliche Wissenschaftsbereiche wie beispielsweise die Psychotherapie, die Psychosomatik, die Neonatologie, die neurologische Rehabilitation, die Onkologie oder die Palliativmedizin. Ebenso findet die Musiktherapie Anwendung bei Menschen mit chronischen und stressbedingten Erkrankungen, in der Sonder- und Heilpädagogik, bei Menschen mit Behinderungen, bei Kindern mit einer Entwicklungsverzögerungen und in der Gerontopsychiatrie (Tüpker, 2018: 404-409). Die Vielfältigkeit der Einsatzmöglichkeiten von Musik als Therapiemethode resultiert aus der Tatsache, dass Menschen mit ihr „zum Ausdruck bringen, was sich nicht in Worte fassen lässt. Sie fühlen sich von Musik, die sie hören verstanden, getröstet, angeregt oder über sich selbst hinausgehoben“ (Tüpker, 2018: 405). Dabei ist es unerheblich ob und inwieweit eine musikalische Vorbildung vorhanden ist. Der Einsatz von Musik ist möglich als Einzel- oder Gruppentherapie. Unterschieden werden aktive und rezeptive Formen. Aktive Musiktherapie bezeichnet eine handlungsorientierte Intervention bei der eine improvisierte Musik zum Einsatz kommt. Ein musikalischer Dialog kann beispielsweise durch Singen oder Spielen eines Instrumentes zustande kommen. Eine rezeptiv ausgerichtete Musiktherapie ist eher durch Passivität und das Hören sowie Wahrnehmen von Musikstücken oder Klängen bestimmt, ohne dass die Akteure selbst Einfluss zu nehmen (Tüpker, 2018: 404-409).

1.3 SOK- Model

Wie Menschen erfolgreich Altern wird durch das zu Beginn der 1990er Jahre von Baltes entwickelte SOK-Modell erklärt. Das Konzept beschreibt, wie Menschen ihre Ressourcen effizient einsetzen um handlungsfähig zu bleiben. Eine erfolgreiche Entwicklung, besonders im Alter, wird durch Maximierung von Gewinnen bei gleichzeitiger Minimierung von Verlusten verstanden. Entscheidend sind dabei die Prozesse der Selektion, der Optimierung und der Kompensation. Bei der Selektion werden bestimmte Entwicklungsziele ausgewählt, die bewältigt werden sollen. Es wird zwischen elektiver und verlustbasierter Selektion unterschieden. Ziele werden elektiv ausgewählt um eine optimale altersentsprechende Entwicklung und Ressourcennutzung zu ermöglichen. Eine auf Verlusten basierte Zielauswahl erfolgt durch Umstrukturierung und Neudefinierung von Prioritäten. Optimierung bezeichnet eine Verbesserung der Handlungskompetenz und die bestmögliche Nutzung von Ressourcen beispielsweise durch Übung, Anstrengung und Zeitinvestition. Mit Hilfe der Kompensation werden Ressourcenverluste ausgeglichen und gegebenenfalls das Ziel verändert um bestimmte Fähigkeiten weiterhin aufrecht zu erhalten. Durch die Auswertung eines Interviews mit dem damals 80- jährigen Pianisten Arthur Rubinstein fanden Baltes und Baltes heraus warum er trotz seines hohen Alters immer noch so erfolgreich war. Rubinstein verringerte sein Repertoire an Stücken (Selektion), übte diese häufig (Optimierung) und nutzte Kunstgriffe bei komplizierten Sätzen (Kompensation) (Baltes und Baltes 1990: 1-34).

1.4 Forschungsfrage

In diesem Literaturreview soll erforscht werden welche Auswirkungen eine individualisierte Musiktherapie, die vor allem rezeptiv ausgerichtet ist, bei Menschen mit einer Alzheimer Demenz hat. Es soll außerdem geklärt werden, inwiefern eine solche Therapiemethode im pflegerischen und versorgungstechnischen Alltag geeignet und integrierbar ist. Verbesserungsvorschläge für zukünftige Implementationen von musiktherapeutischen Maßnahmen sowie zukünftigen Studien werden im Anschluss diskutiert.

2. Methodik

Die Literaturrecherche erfolgte zunächst als freie Suche über das Google- Suchfeld um mit dem Themengebiet „Musiktherapie bei Menschen mit Demenz“ vertraut zu werden und eine konkrete Fragestellung zu generieren. Suchbegriffe waren Musiktherapie, Demenz und SOK- Modell. Die Literatursuche erfolgte nach dem Schneeballsystem. Interessante und für die Arbeit relevante Autoren und Quellen wurden detaillierter recherchiert um Themen und Fragestellungen der Einleitung beantworten zu können. Ebenso wurden durch diese Suchstrategie Hinweise auf die derzeit laufende deutsche Studie „Individualisierte Musik für Menschen mit Demenz“ gefunden. Die Studienleitung Prof. Dr. Gabriele Wilz der Universität Jena wurde per email kontaktiert um Studienergebnisse zu erfragen. Diese sind aktuell noch nicht veröffentlicht. Als Alternative sendete Prof. Dr. Wilz Links, die in dieser Arbeit als Quelle im Ergebnisteil 3.2 verwendet wurden. Die weitere Studiensuche erfolgte über die medizinische Datenbank PubMed. Dazu wurde mit Hilfe der „keywords“: „music memory, Alzheimer disease, dementia“ nach Ergebnissen gesucht.

Einschlusskriterien waren:

- Musiktherapie als Interventionsmaßnahme
- Menschen mit einer Alzheimer Demenz und/oder Demenz im allgemeinen Sinn
- Studien im Lebensumfeld von dementiell erkrankten Menschen
- Individualisierte Musiktherapie
- Primärstudien und systematische Metaanalysen
- Veröffentlicht im Zeitraum 2008 bis 2018
- Verfasst in englischer und deutscher Sprache
- Europäische und amerikanische Studien

Ausschlusskriterien waren:

- Keine Musiktherapie als Interventionsmaßnahme
- Es lag keine Alzheimer Demenz oder Demenz vor
- Studien fanden nicht im Lebensumfeld dementiell erkrankter Menschen statt
- Veröffentlichungen vor 2008
- Keine europäische oder amerikanische Studie
- Beiträge waren nicht in deutscher oder englischer Sprache verfasst
- Beiträge hatten keinen europäischen oder amerikanischen Ursprung

Die Suche ergab insgesamt 54 Treffer. Alle Abstracts wurden zunächst kursorisch gelesen. Im Anschluss wurden 31 Abstracts detaillierter gelesen. Es erfolgte eine engere Auswahl von neun Studien und Beiträgen sowie die Anfertigung von sechs Exzerpten aus diesen Studien. Für die vorliegende Arbeit wurden vier Exzerpte verwendet. Die Studie zur Erforschung des Musikgedächtnisses von Jacobsen et al. enthält im Grunde nicht alle Ein-, und Ausschlusskriterien. Sie wird aber wegen der hohen Relevanz und als Ergänzung zur Beantwortung der Forschungsfrage in die vorliegende Arbeit einbezogen. Insgesamt wurden 12 Quellen aus allen Suchergebnissen verwendet.

3. Ergebnisse

Im Folgenden Abschnitt werden die Ergebnisse aus fünf internationalen Studien vorgestellt. Als Einstieg in die Ergebnissicherung dienen zwei Studien die das „reine Abspielen“ von personellen Songs als rezeptive Musiktherapie untersuchen. Die dritte Studie gibt einen Überblick darüber, wie sich die aktive Musiktherapie, die durch das Singen charakterisiert ist, vom „reinen“ Musik hören unterscheidet. In der vierten Studie wird erneut die rezeptive Musiktherapie thematisiert. Sie untersucht wie diese sich auf das autobiographische Gedächtnis auswirkt. Studie fünf hat keinen direkten Zusammenhang mit der Musiktherapie als eigentliche Therapiemethode. Sie wird wegen ihrer Relevanz trotzdem in das Literaturreview einbezogen, da sie Aufschlüsse über die mögliche Existenz eines „Musikgedächtnisses“ gibt.

[...]

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Individualisierte Musiktherapie bei Menschen mit einer Alzheimer Demenz
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin
Note
1,3
Autor
Jahr
2019
Seiten
15
Katalognummer
V510765
ISBN (eBook)
9783346081230
ISBN (Buch)
9783346081247
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Musiktherapie, Demenz, Musikgedächtnis, Alzheimer Erkrankung
Arbeit zitieren
Julia Kersten (Autor:in), 2019, Individualisierte Musiktherapie bei Menschen mit einer Alzheimer Demenz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/510765

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