Am 22. Juli 1995 reichte Rumänien sein Beitrittsgesuch beim Europäischen Rat ein. Im Februar 2000 begannen die Beitrittsverhandlungen mit der sog. Helsinki-Gruppe - darunter Lettland, Litauen, die Slowakei, Bulgarien, Malta und Rumänien. Schließlich konstatierte der Europäische Rat 2003 auf seiner Tagung in Thessaloniki:
„Nach den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates (Kopenhagen) und abhängig von den weiteren Fortschritten dieser Länder bei der Erfüllung der Mitgliedschaftskriterien besteht das Ziel darin, Bulgarien und Rumänien im Jahre 2007 als Mitglieder begrüßen zu können. (...) Aufbauend auf den bereits erzielten erheblichen Fortschritten unterstützt die Union Bulgarien und Rumänien bei ihren Bemühungen, das Ziel zu erreichen, die Verhandlungen im Jahr 2004 abzuschließen, und fordert sie auf, ihre Vorbereitungen vor Ort zu beschleunigen.“
Vor dem Hintergrund des baldigen EU- Beitritts Rumäniens stellen sich im Rahmen dieser Hausarbeit folgende Leitfragen:
(1) Welche Fortschritte hat Rumänien bis dato unter dem Gesichtspunkt der Kopenhagener Kriterien erzielt (wie weit ist es mit der Übernahme des gemeinschaftlichen Besitzstandes der Europäischen Union (EU) fortgeschritten)?
(2) Erscheint auf dieser Grundlage ein EU-Beitritt im Jahre 2007 realistisch, welche Chancen und Risiken sind damit verbunden?
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung
1.1 Die Beziehungen zwischen der EU und Rumänien
1.1.1 Förderprogramme
1.1.2 Partnerschaften
1.1.3 Struktur- und Kohäsionsfonds
2 Kopenhagener Kriterien – Politische Dimension
2.1 Politische Faktoren
2.1.1 Demokratie
2.1.2 Rechtsstaatlichkeit
2.1.3 Menschenrechte
2.1.4 Minderheitenschutz
2.2 Bewertung: Chancen und Risiken
3 Einleitung ökonomischer Teil
4 Wirtschaftliche Entwicklung
4.1 Wirtschaftliche Strukturindikatoren & Trends
4.1.1 BIP-Wachstum
4.1.2 Arbeitslosenquote
4.1.3 Inflationsrate
4.2 Bewertung: Chancen & Risiken
5 Kopenhagener Kriterien – Ökonomische Dimension
5.1 Weiche Faktoren
5.1.1 Freier Warenverkehr
5.1.2 Freizügigkeit
5.1.3 Freier Dienstleistungsverkehr
5.1.4 Freier Kapitalverkehr
5.2 Harte Faktoren
5.2.1 Liberalisierung
5.2.2 Privatisierung
5.2.3 Abbau von Markzutritts- und -ausstrittsschranken
5.2.4 Aufbau des Finanzsektors
5.3 Bewertung: Reformen, Schwachpunkte & Lösungsstrategien
6 Zusammenfassung: Ökonomische Chancen & Risiken
7 Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres
8 Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik
9 Prognose: Per Aspera Ad Astra
10 Literaturverzeichnis
1 Einführung
Am 22. Juli 1995 reichte Rumänien sein Beitrittsgesuch beim Europäischen Rat ein. Im Februar 2000 begannen die Beitrittsverhandlungen mit der sog. Helsinki-Gruppe - darunter Lettland, Litauen, die Slowakei, Bulgarien, Malta und Rumänien.[1] Schließlich konstatierte der Europäische Rat 2003 auf seiner Tagung in Thessaloniki:
„Nach den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates (Kopenhagen) und abhängig von den weiteren Fortschritten dieser Länder bei der Erfüllung der Mitgliedschaftskriterien besteht das Ziel darin, Bulgarien und Rumänien im Jahre 2007 als Mitglieder begrüßen zu können. (...) Aufbauend auf den bereits erzielten erheblichen Fortschritten unterstützt die Union Bulgarien und Rumänien bei ihren Bemühungen, das Ziel zu erreichen, die Verhandlungen im Jahr 2004 abzuschließen, und fordert sie auf, ihre Vorbereitungen vor Ort zu beschleunigen.“[2]
Vor dem Hintergrund des baldigen EU- Beitritts Rumäniens stellen sich im Rahmen dieser Hausarbeit folgende Leitfragen:
(1) Welche Fortschritte hat Rumänien bis dato unter dem Gesichtspunkt der Kopenhagener Kriterien erzielt (wie weit ist es mit der Übernahme des gemeinschaftlichen Besitzstandes der Europäischen Union (EU) fortgeschritten)?
(2) Erscheint auf dieser Grundlage ein EU-Beitritt im Jahre 2007 realistisch, welche Chancen und Risiken sind damit verbunden?
Zur Heranführung an das Thema werden zunächst Sinn und Zweck der Kopenhagener Beitrittskriterien näher beleuchtet (Kapitel 2). Auf dieser Basis werden im Folgenden die politischen Entwicklungen Rumäniens in den Bereichen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie Menschenrechte und Minderheitenschutz analysiert. Daran anschließend werden die wirtschaftlichen Entwicklungen Rumäniens auf den Gebieten Freier Waren-, Dienstleistungs-, Personen- und Kapitalverkehr sowie Wirtschafts- und Währungsunion, Industrie-, Sozial- und Beschäftigungspolitik erörtert und auf die Liberalisierung und Privatisierung bei der Transformation der rumänischen Wirtschaft eingegangen (Kapitel 3 bis 6). Auf diese Weise soll ein umfassendes Bild über die wirtschaftspolitischen Möglichkeiten Rumäniens im Rahmen des europäischen Integrationsprozesses vermittelt werden.
Fragen der Sicherung des gemeinsamen Binnenmarktes einer erweiterten Union und der dafür erforderlichen polizeilichen und justitiellen Kooperation sowohl inner- als auch zwischenstaatlich werden im Kontext der Zusammenarbeit von Justiz und Innerem zwischen Rumänien, der EU und Drittländern aufgegriffen und untersucht (Kapitel 7). Bemühungen in der Krisenbewältigung und Friedenssicherung durch die Aufwendung finanzieller militärischer Mittel und Truppenkontingente gelten als Ausweis Rumäniens für dessen Kompetenzen in Bezug auf die 3. Säule - Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) – der EU (Kapitel 8). An dieser Stelle sollen u.a. die vielfach beschworenen unkalkulierbaren Sicherheitsrisiken durch neue Außengrenzen, die mit der EU-Osterweiterung einhergehen, sachlich bewertet werden.
Auf der Grundlage obiger Ausführungen sollen am Ende dieser Hausarbeit die Chancen und Herausforderungen, die sich aus einem EU-Beitritt Rumäniens ergeben herausgearbeitet werden, um ein differenzierte Bewertung der wechselseitigen Kosten und Nutzen, die sich aus diesem möglichen Schritt ergeben, zu erstellen (Kapitel 9).
1.1 Die Beziehungen zwischen der EU und Rumänien
Im Rahmen der im Dezember 1994 auf dem Essener Gipfel beschlossen „Heranführungsstrategie“ soll die Umsetzung der Europaabkommen zum Beitritt der zehn mittel- und osteuropäischen Länder (MOE-Staaten) - Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn - mit den Instrumenten der Heranführungshilfe und Beitrittspartnerschaften voran getrieben werden. Grundvoraussetzung für den Beitritt in die EU ist die Übernahme des gemeinschaftlichen Besitzstandes (Acquis Communautaire), d.h. des Primär- und Sekundärrechts der EU. Dabei unterstützt die EU die Beitrittskandidaten mit umfangreichen Förderprogrammen.
1.1.1 Förderprogramme
Die Entwicklungsprogramme („pre-accession instruments“) Poland and Hungary Assistance for Restructuring of Europe (PHARE), welches mittlerweile auf alle Beitrittskandidaten erweitert wurde und das Special Accession Programme for Agriculture and Rural Developement (SAPARD) konzentrieren sich auf die Bereiche Agrarwirtschaft und ländliche Entwicklung, während das Instrument for Structural Policies for Pre-Accession (ISPA) auf die Finanzierung von Infrastrukturprojekten für Umwelt und Verkehr ausgerichtet ist. Im Zeitraum von 2000 bis 2003 beliefen sich die finanziellen Zuschüsse im Rahmen der genannten Förderprogramme auf insgesamt 2049 Millionen €. Davon entfielen 280 Mio. jährlich auf PHARE, 156 Mio. auf SAPARD und 247 Mio. wurden jedes Jahr für ISPA aufgewendet.[3]
Entsprechend der Höhe der zugewiesenen Gelder zeichnet sich PHARE in Verbindung mit SAPARD als das umfangreichste Förderprogramm ab. Die aus dem Programm erwachsenden Mittel gelten (1) dem Ausbau des Sozialsystems, (2) der Unterstützung der nationalen Wirtschaft, (3) der Stärkung der Verwaltungskapazität, (4) Integrationsmaßnahmen.
Ad.(1): Aspekte der beruflichen Aus- und Weiterbildung, Kinderfürsorge, Bekämpfung sozialer und/ oder rassistischer Diskriminierung.
Ad.(2): Ausbau der Kapazitäten der rumänischen Nationalbank zur Übernahme des gemeinschaftlichen Besitzstandes, Hilfe für die Regierung im Bereich der Wirtschaftspolitik (Erstellung wirtschaftlicher Analysen und makroökonomische Planung).
Ad.(3): Unterstützung bei der Reform des öffentlichen Dienstes, Entwicklung und Installierung leistungsfähiger Computersysteme zur Datenverarbeitung und -verwaltung.
Ad.(4): Hilfe bei der Erfüllung der sich aus dem Besitzstand ergebenden Verpflichtungen in Form von Investitionen in den Bereichen Landwirtschaft, Beschäftigung, Justiz und Inneres, Zollunion, Telekommunikation etc..
Die finanziellen Aufwendungen im Rahmen von ISPA dienen der Behebung schwerwiegender Mängel im rumänischen Straßen- und Schienennetz, um eine effiziente Nutzung der transeuropäischen Korridore und damit den freien Warenverkehr technisch zu gewährleisten. Desweiteren werden in umfangreichem Maße Gelder für Umweltprojekte zur Verfügung gestellt, um die hohe Luft-, Gewässer- und Bodenverschmutzung aufzuhalten und umweltfreundliche Müllverbrennungsanlagen und -entsorgungssysteme in Rumänien zu installieren.
1.1.2 Partnerschaften
Um den Prozess der Übernahme des gemeinschaftlichen Besitzstandes insbesondere in den Bereichen Justiz und Verwaltung zu beschleunigen, kam die Europäische Kommission 1998 überein, im Rahmen sog. Partnerschaften zwischen EU-Mitgliedstaaten und Bewerberländern, finanzielle und personelle Hilfe zu leisten. Die Beitrittspartnerschaften basieren auf nationalen Programmen zur Anpassung an den acquis und werden eng mit den unter Punkt 1.1.1 genannten Hilfsprogrammen verzahnt. Ziel des „Twinning“ ist es, den betroffenen Staaten
„durch langfristige Abstellung von Beamten und ergänzende kurzfristige Experteneinsätze sowie Ausbildungsmaßnahmen das umfangreiche Fachwissen der Mitgliedstaaten zugänglich (zu machen).“[4]
Besonderes Augenmerk gilt in Rumänien dem Aufbau neuer Institutionen, wie der Staatlichen Kontrollbehörde, die Aufsichts- und Koordinierungsbefugnis über eine Reihe gouvernementaler Entscheidungsstellen besitzt. Hinzu kommen gemeinsame Bemühungen bei der Angleichung bestehender Gesetze an den EU- Standard sowie bei der Formulierung neuer Gesetzestexte v.a. auf den Gebieten der Korruptionsbekämpfung und des Menschenrechts- und Minderheitenschutzes.
1.1.3 Struktur- und Kohäsionsfonds
Um die wirtschaftlichen und sozialen Unausgewogenheiten des europäischen Integrationsprozesses auszugleichen wurden in der EG verschiedene Strukturfonds und ein Kohäsionsfonds eingerichtet. Der Europäische Sozialfonds fördert Maßnahmen proaktiver Beschäftigungspolitik und die Entwicklung von Humanressourcen. Im Rahmen des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung stellt die EG finanzielle Hilfe für Investitionen in unterentwickelte Regionen in Form von Infrastrukturprojekten u.ä.. Der Kohäsionsfonds dient der Unterstützung wirtschaftsschwacher Mitgliedsstaaten im Hinblick auf den Beitritt zur Wirtschafts- und Währungsunion.[5]
Die Programmplanung und Verwaltung der Struktur- und Kohäsionsfonds in Rumänien obliegt derzeit zum Teil dem Ministerium für Europäische Integration, andererseits ist sie durch Ministeriumskürzungen während der Regierungsumbildung 2003 ins Stocken geraten und die Zuständigkeiten sind nicht vollständig geklärt.[6]
2 Kopenhagener Kriterien – Politische Dimension
„Die Union beruht auf den Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit; diese Grundsätze sind allen Mitgliedstaaten gemeinsam.“
Artikel 6.1 EUV
Die 1993 in Kopenhagen vom Europäischen Rat auf Basis des Artikels 6.1 [Grundlagen der Union] des Vertrages über die Europäische Union (EUV) beschlossenen „Kopenhagener Kriterien“ beinhalten die politischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Mitgliedschaft eines Staates in der EU. Zu den politischen Kriterien Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Minderheitenschutz tritt auf wirtschaftlicher Ebene die Forderung nach einer funktionierenden Marktwirtschaft. Im Bereich des Acquis wird das Einverständnis mit den Zielen der Politischen Union sowie der Wirtschafts- und Währungsunion vorausgesetzt. Sofern diese Kriterien erfüllt werden kann „Jeder europäische Staat der die in Artikel 6 Absatz 1 genannten Grundsätze achtet, (.) beantragen Mitglied der Union zu werden.“[7]
2.1 Politische Faktoren
Im Jahr 1997 legte der Europäische Rat in Luxemburg fest, dass die Einhaltung der politischen Kriterien von Kopenhagen Voraussetzung für die Aufnahme von Verhandlungen ist, die wirtschaftlichen und die Acquis-Kriterien hingegen „aus einer zukunftsorientierten, dynamischen Sicht heraus" zu beurteilen sind. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit Regelmäßiger Berichte der Europäischen Kommission über den Stand der Beitrittsverhandlungen im Hinblick auf die Übernahme des gemeinschaftlichen Besitzstandes, welcher zum Zwecke der besseren Übersichtlichkeit und Bewertung in 31 Kapitel aufgeteilt wurde. Die Verhandlungen werden im Rahmen von Beitrittskonferenzen geführt, wobei die Kommission „(.) in bi- oder auch multilateralen Sitzungen mit den Bewerberländern Anforderungen bei der Übernahme und Anwendung des aktuellen Acquis (erläutert).“[8]
Im Folgenden sollen die Fortschritte Rumäniens bei der Erfüllung der politischen Kriterien bündig erläutert werden.
2.1.1 Demokratie
Im Rahmen der Verfassungsreform werden die Aufgaben und Funktionen des Abgeordnetenhauses und des Senats ausdifferenziert und der gesamte Regierungsapparat reduziert, um Transparenz in den Entscheidungsstrukturen zu fördern und ein höheres Maß an Effektivität zu erzielen. Die Rekrutierung von politischem Fachpersonal für die parlamentarische Arbeit gestaltet sich in Rumänien schwierig. Um dieses Manko langfristig zu beheben wurde die Staatliche Verwaltungsakademie gegründet, die Fortbildungen für das mittlere Management öffentlicher Verwaltung anbietet, welches die Verwaltung von EU-Mitteln miteinschließt. Vor dem Hintergrund von Korruption und politischer Vetternwirtschaft regelt eine revidierte Fassung des Beamtenstatus das Einstellungsverfahren seit 2003 nach den Grundsätzen des Wettbewerbs, der Transparenz, beruflichen Qualifikationen und des generell gleichberechtigten Zugangs. Zusätzlich enthält es Bestimmungen zur Offenlegung und Kontrolle der Vermögensverhältnisse der öffentlich Bediensteten und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Professionalisierung des öffentlichen Dienstes. Im Bemühen um mehr Transparenz der politischen Entscheidungsprozesse wurde im Januar 2003 das sog. „Sonnenschein-Gesetz“ verabschiedet.
„Demnach ist es nun gesetzlich vorgeschrieben, Gesetzesentwürfe zu veröffentlichen, die Öffentlichkeit und regierungsunabhängige Organisationen (...) in den Entscheidungsprozess einzubeziehen und jährlich Transparenzberichte vorzulegen.“[9]
Um die Reformen und neu eingerichteten Institutionen nachhaltig wirksam zu gestalten - so wird an verschiedenen Stellen des Berichts angemerkt - fehlen die nötigen finanziellen Ressourcen. In diesem Zusammenhang wird auch der geringe Einfluss neugeschaffener öffentlicher Ämter aufgrund unzureichender Integration in die nationalen politischen Strukturen bemängelt. Ein weiteres Problem stellt die Schwächung der Legislative durch den häufigen Einsatz von Notverordnungen auf Seiten der Regierung dar. Die Einbindung der Wissenschaft und Zivilbevölkerung bei Gesetzgebungsverfahren ist eher gering. Demnach finden „Konsultationen mit regierungsfernen Beteiligten bei der Strategieformulierung und der Vorbereitung von Gesetzen nur begrenzt statt.“[10] Im Hinblick auf die Dezentralisierung der Verwaltungsstrukturen wurden Aufgaben in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Verkehr an die kommunale Ebene transferiert. Die Gesetzeslage ist jedoch insbesondere was den finanziellen Mitteltransfer betrifft undurchsichtig: dem kommunalen Aufgabenspektrum steht oft keine entsprechende Ressourcenzuteilung gegenüber.
Als sehr positiv ist die Tätigkeit des Exekutivkomitees für die Europäische Integration zu bewerten, welches die technischen Aspekte des EU-Beitritts regelt (Erstellung von Statistiken, Prognosen, Stellungnahmen und Verhandlungsdokumenten zum Beitritt) und als Koordinierungsinstanz zwischen den EU- Abteilungen der einzelnen Ministerien fungiert.
2.1.2 Rechtsstaatlichkeit
Mit der Reform der Verfassung wird die Unabhängigkeit und Gleichstellung der Justiz gegenüber Exekutive und Legislative formaljuristisch gewährleistet. Trotz einiger wesentlicher Verbesserungen ist deren Umsetzung in der Praxis allerdings problematisch. Der Generalsekretär verfügt über das Rechtsmittel mit Hilfe von Dringlichkeitseinsprüchen in laufende Strafrechtsverfahren einzugreifen und auf diese Weise nach seinen Vorstellungen zu beeinflussen um beispielsweise bestimmte Personen zu schützen.[11] Der Justizminister ist ermächtigt Richter aus dem Kreis anderer Rechtsberufe bzw. der Hörer der Rumänischen Richterakademie unmittelbar zu benennen. Diese Befugnisse unterlaufen die Europäischen Menschenrechtskonvention.
Die Korruptionsbekämpfung auf justitieller Ebene ist ein zentraler Bestandteil der gemeinsamen Bemühungen Rumäniens und der EU die Effizienz und Legitimität des Staatsapparates zu erhöhen und die Wirtschaftsentwicklung des Landes zu fördern. Unter diesem Gesichtspunkt verabschiedete die Regierung eine neue Strafprozessordnung und im September 2003 eine Justizreformstrategie, mit der
„die Schwachpunkte des Justizwesens ausgeschaltet, die Rechtssicherheit und die Angleichung an den Standard des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs, eine Verbesserung der Qualität der Urteile und die Unabhängigkeit der Justiz von der Exekutive hergestellt werden sollen.“[12]
In Anlehnung an die unter 2.1 genannten Bestimmungen für das Berufsbeamtentum, werden Beförderungen im Justizwesen nach den Kriterien der beruflichen Leistung vollzogen sowie offene Auswahlverfahren durchgeführt.
Im Bereich der Rekrutierung von Fachpersonal für Richterberufe wurden einschneidende Fortschritte erzielt. Die Rumänische Richterakademie sowie das Schulungszentrum für Justizbeamte wurden 2003 ausgebaut, weitere regionale Bildungszentren geschaffen und die Lehreinheiten thematisch erweitert. Allerdings wird die Spezialausbildung in den Bereichen Wirtschaftskriminalität und Korruptionsbekämpfung nicht genügend beachtet. Auf dem Feld der beruflichen Fortbildung für Richter und Staatsanwälte „fehlt (es) an einer klar formulierten Strategie“. Die hohe Arbeitsbelastung der Richter aufgrund rarem qualifizierten Nachwuchses ist im Kontext des gesamten rumänischen Bildungssystems zu beurteilen, welches über die Grundausbildung hinaus wenig Anreize bietet.
2.1.3 Menschenrechte
Die Menschenrechte umfassen sowohl individuelle Freiheitsrechte (Recht auf Leben, Schutz, freie Religionsausübung, Recht auf Eigentum) als auch politische und - seit dem 19. Jahrhundert - soziale Rechte (Recht auf demokratische Mitbestimmung, Meinungs- und Pressefreiheit sowie Recht auf Arbeit und soziale Sicherheit, Recht auf Bildung). Spätestens seit der Gründung der Vereinten Nationen bzw. durch die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 sind diese mit einem universalen Gültigkeitsanspruch - d.h. für alle Menschen eines Territoriums, unabhängig ihrer Staatsangehörigkeit - ausgestattet.
In Anlehnung an Immanuel Kants Hervorhebung der Autonomie als Prinzip jeder Ethik[13] leitet sich die Würde des Menschen ab aus dessen Unabhängigkeit gegenüber staatlicher Autorität bzw. Gewaltausübung und wurde in diesem Sinne zu einer Grundanforderung der Gesellschaft an die politische Verfassung des Staates.
„Ein Staat ist nur dann legitim, wenn er die Freiheit, Gleichheit und verantwortliche Mitwirkung jedes einzelnen in allen dem Menschen wesentlichen Daseinsbereichen nicht lädiert und für die faktischen Bedingungen ihrer Wahrnehmung Sorge trägt.“[14]
Aus diesem Kontext heraus erschließt sich die nähere Bestimmung der Menschenrechte mit den Begriffen „natürlich“, „vorstaatlich“, „angeboren“ und „unveräußerlich“.[15]
Auf der Ebene der Menschenrechte der Kopenhagener Kriterien steht die Ratifizierung der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten - Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) - vom 4.11.1950 und ihrer elf Zusatzprotokolle im Vordergrund. Sie enthält einen umfangreichen, rechtlich breitgefächerten Menschenrechtskatalog, der die Mitgliedsstaaten zur Wahrung elementarer Menschenrechte, Schutz der persönlichen Freiheit, Ehe und Familie sowie rechtsstaatliche Verfahrensgarantien, besondere Freiheitsrechte etc. verpflichtet.[16] Als wirksames Mittel zur Durchsetzung dieser Rechte, kann die EMRK auf die Europäische Kommission für Menschenrechte (EKMR), den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) und ein eigens für die Erfüllung dieser Zecke eingerichtetes Ministerkommitee des Europarats zurückgreifen. Ist der nationale Rechtsweg ausgeschöpft, kann sich der einzelne mit einer Beschwerde unmittelbar an den Menschenrechtsgerichtshof wenden, dessen Urteil für die betroffenen Mitgliedstaaten bindend ist.[17] An diesem Punkt wird die Abgrenzung der Menschenrechte gegenüber Bürgerrechten als von der Staatsangehörigkeit unabhängig insofern problematisch, dass die Gültigkeit der EMRK an die Mitgliedschaft in der EU und damit an die Unionsbürgerschaft gebunden ist. Damit verbunden ist die Klassifikation der EMRK als den Instrumenten und Verfahren des regionalen Menschenrechtsschutzes zugehörig, welche „eine vergleichsweise stärkere Schutzwirkung für den einzelnen haben.“[18] Umso mehr ist der Begriff „vorstaatlich“ als Definitionsmerkmal der Menschenrechte in diesem Kontext mit Vorsicht zu behandeln.
[...]
[1] Die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Zypern, Ungarn, Polen, Estland, der Tschechischen Republik und Slowenien wurde bereits 1997 beschlossen (Luxemburg-Gruppe).
[2] Europäische Kommission (Hrsg.): Regelmäßiger Bericht 2003 der Europäischen Kommission über die Fortschritte Rumäniens auf dem Weg zum Beitritt (BKBR). http://www.europa.int/comm/enlargement/report_2003/pdf/rr_ro_final_de.pdf [Stand 19.04.2004]
[3] Vgl. Europäische Kommission (Hrsg.): Regelmäßiger Bericht 2003 der Europäischen Kommission über die Fortschritte Rumäniens auf dem Weg zum Beitritt (BKBR). a. a. O.
[4] ebd. (S. 7)
[5] Vgl. Seidel, Bernhard: Regional-, Struktur- und Kohäsionspolitik. In: Weidenfeld, Werner/ Wessels, Wolfgang (Hrsg.): Europa von A bis Z. Bundeszentrale für politische Bildung. Bonn 2002. (S. 321-328).
[6] Vgl. Europäische Kommission (Hrsg.): Regelmäßiger Bericht 2003 der Europäischen Kommission über die Fortschritte Rumäniens auf dem Weg zum Beitritt (BKBR). a. a. O.
[7] Artikel 49, Absatz 2 [Beitritt zur Union]. In: Europa-Recht. 18. Auflage. Becksche Reihe. München 2003. S. 24
[8] Lippert, Barbara: Erweiterung. In: Weidenfeld, Werner/ Wessels, Wolfgang (Hrsg.): a.a.O. (S. 122-132.)
[9] Europäische Kommission (Hrsg.): Regelmäßiger Bericht 2003 der Europäischen Kommission über die Fortschritte Rumäniens auf dem Weg zum Beitritt (BKBR). a. a. O. (S. 18)
[10] ebd. (S.18)
[11] Im Jahr 2002 geschah dies in immerhin 295 Fällen. Vgl. ebd.
[12] ebd. (S. 21)
[13] Vgl. Kant, Immanuel: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten. Werke IV. In: Cassirer, Ernst: Immanuel Kants Werke. Berlin 1912 ff.
[14] Schwartländer, Johannes (Hrsg.): Menschenrechte und Demokratie. Kehl/ Straßbourg 1981. (S. 201)
[15] Vgl. Dicke, Klaus: Menschenrechte. In: Woyke, Wichard (Hrsg.): a.a.O. (S. 261-269).
[16] Vgl. Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten. In: Europa-Recht. 18. Auflage. Becksche Reihe. München 2003. (S.630 ff).
[17] Vgl. Gimbal, Anke: Europäische Menschenrechtskommission. In: Weidenfeld, Werner/ Wessels, Wolfgang (Hrsg.): a.a.O. (S.152-153).
[18] Dicke, Klaus: a.a.O. (S. 265)
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