Softwareunterstützung im Produktentstehungsprozess. Das Beispiel des Schaltschrankbaus


Hausarbeit, 2019

30 Seiten, Note: 1,3

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Phasen des Schaltschrankbaus
2.1 Planungs- und Entwurfsphase
2.2 Fertigungsphase/Montage
2.3 Fertigstellung/Abnahmetests
2.4 After-Sales-Phase/Wartung

3. Softwareunterstützung - IST Zustand
3.1 Dimensionierung
3.2 Komponentenauswahl
3.3 Detailplanung/Engineering
3.4 Produktion/Montage

4. Softwareunterstützung in der Zukunft
4.1 Vernetzung
4.2 Konfiguration
4.3 Beschaffung
4.4 Einfluss neuer Technologien

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

7. Abbildungsverzeichnis

8. Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

Der Produktentstehungsprozess eines Schaltschrankes hat sich in dem letzten Jahrzehnt sehr stark gewandelt. Wo anfänglich von der Auftragsvergabe (Erarbeitung Lasten- und Pflichtenheft) bis hin zur Endabnahme der Schaltanlage (Funktionsprüfung, Prüfsiegel, DGUV-V3,…) zwischen dem Auftraggeber, Elektrokonstrukteur, Schaltplaner und dem Schaltschrankmonteur sehr viele persönliche Absprachen von Nöten waren, kommunizieren mittlerweile die Fertigungsmaschinen untereinander und korrigieren teilweise die Fehler der Planer und Konstrukteure prozessbegleitend von allein. Zu früheren Zeiten verdrahtete der Monteur mit Hilfe eines Stromlaufplanes in Papierform, welcher aus einer A4 - Mappe mit zahlreichen Einzelplänen stammt.

Heutzutage liegen die kompletten MCAD und ECAD Zeichnungen auf einem Server, in der sogenannten „Cloud“, ab. Der Bearbeiter des Schaltschrankes kann diese über ein Tablet abrufen und auftretende Änderungen, die im Schaltschrank umgesetzt worden, ergänzen und sofort für alle Projektmitarbeiter sichtbar machen. Durch die Datensynchronisation sind alle Dokumentversionen für die gesamte Wertschöpfungskette auf einem Stand und dem Übel von tausend unterschiedlichen Speicherversionen ist entgegengewirkt. Dieses Beispiel ist eines von vielen, wie die Digitalisierung den Produktionsprozess des Schaltschrankbaus unterstützt.

Doch wie kam es dazu?

Aus der Vergangenheit ist nämlich bekannt, dass wenn ein Außenstehender, beispielsweise aus einer Serienproduktionsstätte der Automobilindustrie stammend, einen Blick auf die Prozesse und Arbeitsabläufe der Schaltschrankbaubranche werfen würde, er dort eine sehr werkstattorientierte Arbeitsweise und wenig Automation oder Materialfluss vorfinden würde. [1] Bis vor wenigen Jahren und wahrscheinlich auch heute noch in vielen KMUs vorfindbar, ist eine umständliche bis gar keine Verknüpfung von elektronischen und mechanischen Arbeitsschritten. Deswegen möchte ich darauf hinweisen, dass womöglich die neuesten Trends der Digitalisierung im SSB vorerst bzw. lediglich in den Großbetrieben und Konzernen mit sehr hohen Stückzahlen umgesetzt werden können, um dort existierende Skaleneffekte effektiv zu nutzen.

Welche weiteren Möglichkeiten der Softwareunterstützung im Produktionsprozess und damit verbundene Verbesserungspotenziale noch existieren sowie was die Gefahren sind, die diese Änderungen mit sich bringen, möchte ich in meiner Arbeit etwas näher betrachten.

Auf die Fragen welche Voraussetzungen für den Wandel in der SSB Automation nötig waren und welche Entwicklungen in den nächsten Jahren noch möglich sind, möchte ich versuchen in dieser Arbeit Antworten zu finden.

Aus diesen Erkenntnissen aufbauend ist eine Abschätzung zu treffen, welche Höhe des Grades an Automatisierung bzw. Digitalisierung im klassischen Schaltschrankgewerbe noch als sinnvoll erachtet werden kann, damit die Unternehmen weiterhin rentabel „verdrahten“ und sich nicht in die Illiquidität innovieren.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 Ist-Situation in der klassischen Schaltschrankbaubranche 2016 [2]

2. Die Phasen des Schaltschrankbaus

Zu Beginn eines jeden Projektes steht immer die Absprache über die Anforderungen und Ziele, welche der Auftraggeber an den Projektleiter aus dem Schaltschrankbauunternehmens hat. Ein gutes Verständnis der Wünsche und Vorstellungen beider Parteien sowie das technische Verständnis dazu, dienen einem reibungslosen Ablauf des folgenden Projektes. Nachdem die Absprache über die Aufgaben und Funktionen der elektrischen Anlage (hier: Schaltschrank) getroffen wurde, sei es eine Steuerungsaufgabe oder lediglich eine Unterverteilung, folgt im nächsten Schritt die Planung und der Entwurf der Anlage sowie die Erstellung der Dokumente, welche für den folgenden Fertigungsprozess benötigt werden.

2.1 Planungs- und Entwurfsphase

Wo früher der Planungs- und Entwurfsphase der Schaltanlagen nur eine durchschnittliche Bedeutung, in Hinblick auf Kosten und Zeit, in der Prozesskette zugeordnet wurde, ist es heutzutage die bedeutsamste Phase im Projekt. Denn mittlerweile ist die Fertigungsplanung mit den weiteren Prozessschritten so verknüpft, dass jeder Fehler in der Planungs- und Entwurfsphase immense Kosten in der weiteren Wertschöpfungskette verursachen würde sowie eine Abweichung in der Zeitplanung und so höchstwahrscheinlich eine Verzögerung des Auftrages mit sich bringt.

Vor dem Start des allgemeinen Entwurfs- und Konstruktionsprozesses ist die generelle Frage zu beantworten, ob der Schaltschrank ein komplett neues Projekt (à Neukonstruktion) oder eventuell bereits vorhandene Entwürfe genutzt werden können und der Planer so lediglich eine Anpassungskonstruktion erarbeiten muss. [3]

Ist das geklärt macht sich der Elektrokonstrukteur erst an die eigentliche Arbeit. Nun gilt es die Stromlaufpläne in Hinblick auf die Schaltaufgabe zu zeichnen, sowie die benötigten Bauteile, welche in den Stromlaufplänen ihre Aufgabe besitzen im Schaltschrank richtig zu positionieren. Bei der Positionierung der Bauteile sind die Aspekte der EMV, sowie des Routings (möglichst kurze Kabelwege) als auch Anforderungen bezüglich des Wärmemanagements zu berücksichtigen.

Die Dokumente, die aus der Planungs- und Entwurfsphase hervorgehen, sind unter anderem ein Übersichtsplan der Anlage, ein CAD-Modell des Schaltschrankes, Stromlaufplan, Klemmen- und Kabelplan (Übersicht über die Längen der Kabel zur Drahtkonfektionierung), Drilling-Plan für die CNC-Maschine zur Bearbeitung der Gehäuseteile sowie Stücklisten für den Einkauf und zur Angebotserstellung für den Vertrieb.

2.2 Fertigungsphase/Montage

Der Schaltschrank muss in dieser Phase mit all seinen Komponenten zu einer Einheit zusammengeführt werden. Er besteht aus dem Gehäuse, welches das Innenleben vor Wasser, Nässe, Schmutz und Staub schützt sowie die elektromagnetische Störfestigkeit gewährleistet. Ein Gerät erfüllt nach der Elektromagnetischen Verträglichkeitsverordnung (EMVV RICHTLINIE 2014/30/EU DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES) die Bedingungen zur Störfestigkeit, wenn es bis zu einem bestimmten Pegel gegenüber einer externen Störquelle ungestört seine Aufgabe verrichtet. [4]

Auf der anderen Seite sorgt das Gehäuse auch dafür, dass keine anderen Geräte in unmittelbarer Umgebung durch elektromagnetische Emissionen beeinträchtigt werden. Deswegen ist das Gehäuse ein sehr wichtiger Bestandteil zur Realisierung der EMV, das heißt, dass weder die Elektronik durch elektrische oder magnetische Felder gestört wird oder andere Geräte in nächster Umgebung gestört werden. [5]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2 Dualität der EMV; Anforderungen an Störfestigkeit und Störemission [6] [7]

In dem Schaltschrankgehäuse befindet sich die Montageplatte, auf welcher sowohl die Trag- bzw. Befestigungsschienen als auch die Kabelkanäle mit Nieten montiert werden. Die Tragschienen, umgangssprachlich auch Hutschienen genannt, sind nach der DIN EN 60715 genormt und dienen zur schnellen Montage der elektrischen Bauteile mit Hilfe einer Schnapp- oder Klemmfederbefestigung. Damit dieser Klemmfedermechanismus bei allen Bauteilherstellern einwandfrei funktioniert, sind die Abmaße für die Tragschienen standardisiert. Die wohl am häufigsten verbauten Maße sind die der TS 35 (35 mm Breite) mit einer Höhe von 7,5 mm (zu sehen als mittlere Hutschiene in Abb. 3).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3 Tragschienenvarianten nach DIN EN 60715 [8]

Es gibt drei verschiedene Schlitzbreiten von 4,2 mm; 5,2 mm und 6,2 mm und je nach Anwendungsbedarf können die Tragschienen aus den Materialien Aluminium, Edelstahl, Kupfer, PVC oder Stahl sowie einer Legierung aus diesen Materialien sein. [9]

Die Kabelkanäle sorgen für Ordnung und ein optisch aufgeräumtes Bild im Schaltschrank und dienen der mechanischen Entlastung der Kabel. Im speziellen Anwendungsfall des Schaltschrankbaus werden die Kabelkanäle auch als Verdrahtungskanal bezeichnet, da sie dem Monteur zum Beispiel durch das Herausbrechen der Stege die Verdrahtungsarbeit deutlich erleichtern.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4 Verdrahtungskanal (links: mechanisches Herausbrechen der Stege; rechts: unterschiedl. Füllgrade) [10]

Sind alle Bauteile auf den Tragschienen montiert, beginnt die Verbindung der einzelnen elektrischen Komponenten miteinander. Dies passiert meist noch händisch, da dort das größte Fehlerpotenzial liegt sowie auch viel Geschicklichkeit gefragt ist. Zum Schritt der Verdrahtung gehört das Abisolieren der Leitungen sowie das richtige Crimpen bzw. Verpressen der Aderendhülsen und eine Beschriftung der internen Bauteile und der Leitungen.

Grundsätzlich existiert im Schaltschrank eine Unterteilung in die sogenannte Leistungs- und Steuerseite. [3] Auf der Leistungsseite befinden sich meist die Bauteile mit einer höheren Wärmeentwicklung und größeren Leitungsquerschnitten. Deshalb sind sie meist in entsprechenden Bereichen des Schaltschrankes zusammengefasst, um durch angebrachte Kühlsysteme konstant auf Betriebstemperatur gehalten zu werden. [3] Typische Bauteile auf der Leistungsseite sind NH-Sicherungen, Leitungsschutz- und Motorschutzschalter, Trennschalter sowie Schaltschütze oder Frequenzumrichter zur Anlaufsteuerung der Motoren.

Die Steuerseite ist gekennzeichnet durch kleine Leitungsquerschnitte, 24 V oder 12 V DC Steuerspannung, den Verbau von kleinen Schmelzsicherungen, Gleichstromnetzteilen und einer Vielzahl an Relais oder einer SPS-Steuerung. In Abbildung 5 sehen wir in das Innenleben eines typisch aufgebauten Schaltschrankes, welcher im oberen (orange eingerahmten) Bereich seine Leistungsseite aufzeigt und im unteren (gelb eingerahmten) Bereich die Steuerungslogik zu sehen ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5 Innenansicht eines Schaltschrankes; Leistungs- und Steuerseite

Nach der Verdrahtung der Leistungs- und Steuerseite im Inneren ist abschließend eine Verbindung der unterschiedlichen Leitungen nach außen zu führen. Dies geschieht über ein Bedienfeld oder Touchdisplay in der Tür (meist für die Steuerung) und mit Steckverbindungen am Dach oder an den Seitenausgängen für angeschlossene Antriebe oder Kommunikationssysteme.

Für spätere Überlegungen hinsichtlich der Softwareunterstützung und Automatisierung der Montage ist zu benennen, ob man sich auf eine Serien- oder Sonderanfertigung eines Schaltschrankes bezieht. Da auf Grund der Einrichtungszeiten und des Anlernens der Maschinen meist der erste Schaltschrank einer Serie eine ähnliche Fertigungszeit hat „wie die Abwicklung einer Sonderanfertigung“ [3] lohnt sich der Einsatz von allumfassenden Softwareunterstützung lediglich bei der Serienfertigung. Dort ist allerdings schon ab dem zweiten Schaltschrank eine signifikante Verbesserung bemerkbar, da die gewonnenen Erkenntnisse vom Aufbau des ersten Schaltschrankes direkt in die Verbesserung der Anlage eingeflossen sind.

Daher nehmen wir bei späteren Betrachtungen immer die Serienfertigung an, da bei dieser vorrangig auch alle Softwareinstrumente zum Einsatz kommen, die zur Reduzierung der Fertigungszeiten dienen

2.3 Fertigstellung/Abnahmetests

Die Abnahme, welche nach der Fertigstellung eines Schaltschrankes erfolgt, ist ein sehr „heikler Teilprozess“. [3] Der problematische Punkt dabei ist, wie lebe ich meine Fehlerkultur im Unternehmen, wenn die Qualität abweichend zum Soll ist. Übertragen in den SSB, wie handelt man als Mitarbeiter bzw. Führungskraft, wenn Fehler bei der Verdrahtung bzw. die komplette Anlage nicht arbeitet, aufgrund mangelhafter Verdrahtungsarbeit.

In der Praxis sollte immer ein unabhängiger Mitarbeiter, der nicht am Bau der Anlage beteiligt war, die Endkontrolle durchführen. Das wäre der Idealfall, damit alle Fehler offen kommuniziert und ausgetauscht werden, um zur Verbesserung für weitere Schaltschränke zu dienen und die Erfahrung der Monteure zu erweitern. Doch oftmals wird auf Grund mangelnder Zeit selbst kontrolliert oder von einem befreundeten Mitarbeiter, welcher die Fehler nur intern mit dem zuständigen Monteur diskutiert. Aus Schamgefühl oder Angst der Bestrafung wird nicht jeder Fehler offen eingestanden und nicht nach außen getragen, sondern nach dem Erkennen schnell ausgebessert.

Um diese Vorgehensweisen zu verbessern und den ungewünschten Umgang mit der Fehlerdokumentation zu verringern, wird mittlerweile im Serienbau mit vorprogrammierten Testprogrammen und umfangreichen Teststationen gearbeitet. Die Abnahme, mit all ihren Erstüberprüfungen, muss nach den allgemein geltenden Normen und elektrischen Richtlinien durchgeführt werden. Diese wären die Unfallverhütungsvorschrift für „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“ (DGUVV3) sowie die DIN VDE 0100-600:2017-06 für Inbetriebnahme und Erstprüfungen. Da der Prüfablauf vorschreibt, dass vom Errichter eine Prüfung durch Besichtigen, Erproben und Messen [11] durchzuführen ist, kann die Teststationen lediglich in den Punkten Erproben und Messen die Arbeit erleichtern und bei der Endabnahme unterstützen.

Das Prozedere der optischen Begutachtung kann ausschließlich von einem Menschen mit umfangreicher Erfahrung im Bau oder Betrieb von elektrischen Anlagen durchgeführt werden. [12]

Wir stellen fest, dass die menschliche Komponente auf jeden Fall in dieser Phase der Prozesskette des SSB womöglich nicht durch einen Roboter oder Kamera ausgetauscht werden kann, sofern die Gesetzgebung sich nicht ändert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6 Prüfablauf; Erstprüfung nach DIN VDE 0100-600 [12]

Beispielhafte Messungen die im Punkt „Messen“ und „Erproben“ durchgeführt werden, sind:

- Prüfung der Isolationswiderstände (siehe Abb. 7)
- Durchgängigkeit der Schutzleiter und des Schutzpotenzialausgleichs
- Fußboden und Wandwiderstände (bei ortfester Aufstellung)
- Polarität der Spannung
- Drehfeldrichtung an Drehstromsteckdosen
- Einhaltung des zulässigen Spannungsfalls
- Trennung der Stromkreise bei Schutzkleinspannung SELV, Funktionskleinspannung PELV und Schutztrennung
- Nachweis des Fehlerschutzes - Automatische Abschaltung im Fehlerfall

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 7 Mindestwerte Isolationswiderstand [11]

Zusammenfassend zur Phase der Fertigstellung lässt sich sagen, dass die Endabnahme in Hinblick auf das Produkt mit die wichtigste ist, da dort geprüft wird ob die Anlage den Errichtungsbestimmungen entspricht und ein Fehler während der Erstprüfung kann über Leben und Tod im späteren Betrieb entscheiden, wenn zum Beispiel geplante Schutzfunktionen, wie angenommen der RCD nicht auslöst oder die automatische Abschaltung im Fehlerfall nicht bestimmungsgemäß funktionieren.

2.4 After-Sales-Phase/Wartung

Der Arbeitgeber, welche eine elektrische Anlage betreibt, ist „zum Schutz der Sicherheit und der Gesundheit von Arbeitnehmerinnen“ laut Elektroschutzverordnung BGBl. II Nr. 228/2007 §9 dazu verpflichtet in regelmäßigen Intervallen durch „wiederkehrende Prüfungen“ die Sicherheit der Anlage nachzuweisen und zu zeigen, dass auf Grund von Verschleißerscheinungen keine Gefahr für den Benutzer des Schaltschrankes ausgeht und die Anlage ohne Anpassungen weiterbetrieben werden darf.

Die Schaltschrankhersteller haben sich diese Verpflichtung als zusätzliche Geschäftsidee zu Nutzen gemacht und bieten für gewöhnlich nach Inbetriebnahme der Anlage über unterschiedlichste Serviceverträge eine Instandhaltung der Anlagen an. Da Umfang und Leistungen (Reaktionszeit im Stillstand, Garantie, Aufteilung der Kosten im Produktionsausfall, Vorratshaltung von Ersatzteilen, usw.) [3] von Anbieter zu Anbieter sehr unterschiedlich ausfallen können und immer Verhandlungssache im Gesamtprojekt sind, möchte ich diese Thematik nicht näher im Detail erläutern.

Der Hersteller der elektrischen Anlage nutzt zur Fehlererkennung und zum allgemeinen Monitoring der Anlagen natürlich computergestützte Software, welche über das Internet den Fernzugriff erlauben und es ermöglicht Bugs in Programmen oder Softwareaktualisierungen aus der Ferne einzupflegen. Wenn allerdings hardwareseitig ein Bauteil ausfällt, stößt die Software schnell an ihre Grenzen und der Servicetechniker muss an die Anlage vor Ort, um den Fehler zu beheben. Da die „wiederkehrende Prüfung“ größtenteils aus Besichtigung und Erprobung besteht, ist dort eine menschliche Anwesenheit an der Anlage unverzichtbar und die gleiche Verpflichtung wie bei der Erstprüfung tritt hier ebenfalls in Kraft.

Weitere Inhalte der „wiederkehrenden Prüfung“ zur Instandhaltung elektrischer Anlagen sind:

- Prüfen der Durchgängigkeit der Schutzerdungs- und Potentialausgleichsleiter
- Isolationswiderstände prüfen
- Allgemeine Funktionsprüfung
- Trennung der Stromkreise bei Schutzkleinspannung, Funktionskleinspannung und Schutztrennung
- Messung des Ausbreitungswiderstandes des Anlagenerders
- u.v.m.

3. Softwareunterstützung - IST Zustand

Die Digitalisierung vollzog in den vergangenen 30 Jahren sehr große Effizienzschritte im Prozess der Elektrokonstruktion und des Schaltanlagenbaus. Vorreitende Firma bei dieser Thematik ist unumstritten das Unternehmen E-Plan, welches bei der Entwicklung seiner ECAD/MCAD-Tools sehr große Anstrengungen betreibt, um eine komplette Datendurchgängigkeit im gesamten Wertschöpfungsprozess zu gewährleisten. [13]

Verschiedenste Programme zum Konstruieren der Schaltpläne als auch Fluidik Pläne, MCAD Programme für die Schaltschrankgehäuse mit den Bohrmaßen, Software zur Fließbilderstellung und dazugehörig ein umfangreiches Datenportal mit allen Bauteilen verschiedenster Hersteller mit ihren Spezifikationen und CAD-Dateien, gehören zum Portfolio bei E-Plan. [14] Doch um nicht zu herstellerspezifisch die Softwarelösungen zu benennen, werde ich in den nachfolgenden Unterpunkten lediglich die Funktionen und teilweise Beispielsoftware anführen. Ein Überblick über freie und herstellerabhängige ECAD/MCAD Software sind in Abbildung 8 zu finden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 8 Softwareübersicht zur Erstellung von Schaltanlagen [15]

3.1 Dimensionierung

Heutzutage hilft die computergestützte Planung vorab besonders bei der normenkonformen Dimensionierung der elektrischen Anlage und deren Bauteile. Wenn der Planer die ungefähren Anforderungen für die Leistungsseite und den Energietransport in seiner Anlage kennt, berechnet ihm das ECAD-Programm auf Basis des Stromlaufplanes auch gleichzeitig die Last- und Kurzschlussströme und wählt die passenden Schutzeinrichtungen (LS-Schalter bzw. Sicherungen) dafür aus. Außerdem erstellt das Programm Übersichtsschaltbilder für die Monteure und dimensioniert automatisch die Kabelquerschnitte. Und wenn doch unerwartet ein paar elektrische Verbraucher in der Anlage dazukommen und nicht alle Komponenten mit ausreichend Energie versorgt werden, schlägt die Software von sich aus, eine zusätzliche Einspeisung oder Netzteil vor. [15]

Dem Planer wird so viel Arbeit abgenommen, allerdings der Stromlaufplan, als Grundlage auf dem die Dokumente und Berechnungen erstellt werden, muss vorerst vom Elektrokonstrukteur in großer Sorgfalt erarbeitet worden sein. Auf wirtschaftlicher Seite hilft die computergestützte Planung bei der Erstellung einer Kostenkalkulation und erstellt gleichzeitig auch für den Kunden ein allererstes Angebot, welches aber in der Konfigurationsphase noch abweichen kann.

3.2 Komponentenauswahl

Nachdem dem Planer die Dimensionen bzw. Arbeitsbereiche seiner Bauteile bekannt sind, knüpft sich als nächster Schritt die Auswahl der Komponenten an. Dabei muss er sich zwischen den Produkten verschiedenster Hersteller entscheiden, in welchen Stückzahlen und in welcher Ausführung er diese vom Lieferanten bezieht, um ein möglichst hohes Kosten-Nutzen-Verhältnis zu erzielen. Auch ein entscheidender Punkt bei der Auswahl des Herstellers ist die umfangreiche Auswahl des angebotenen Zubehörs und den Service im Ersatzteilmanagement. Die Software erleichtert in dieser Phase durch das Erstellen von detaillierten Stücklisten und erstellt auf Grund der Informationen aus der Herstellerdatenbank ein allgemeines Angebot für die Bauteile, welches aber je nach Einkaufsvolumen natürlich noch individuell nachverhandelbar ist.

Bei der Komponentenauswahl sind für den Planer auch die Aspekte der Positionierung innerhalb des Schaltschrankes, Mindestabstände untereinander und Sperrflächen zu berücksichtigen. Bei der Firma Eplan wird dieser Service zum Beispiel durch die Software „Eplan Pro Panel“ bereitgestellt. Dort kann der E-Konstruktionsingenieur vorab die Wärmebelastung bei verschiedensten Positioniervarianten simulieren.

Die CAD Daten der verwendeten Komponenten stammen aus der Datenbank „Eplan Data Portal“ und stehen dem Planer auch im „Pro Panel“ zur Verfügung. In dieser sind bereits 272 Hersteller mit über 880.000 Daten zu ihren Produkten gelistet. Nach vollendeter Komponentenauswahl steht dem Planer anhand der Stückliste im Warenkorb eine vorläufige Kostenschätzung und dank der Gewichtsangaben der jeweiligen Bauteile eine akkumulierte Gewichtsberechnung zur Verfügung. Diese ist im Planungsprozess frühzeitig vor allem bei Bauprojekten für Statiker und zur Planung der Flächennutzung besonders hilfreich.

3.3 Detailplanung/Engineering

In der Engineering Phase werden die detaillierten Dokumente für den Fertigungsprozess erstellt und unterstützen somit vorrangig den Schaltanlagenbauer und Installateur. Die vorangegangenen Softwareunterstützungen aus 3.1 und 3.2 kommen hauptsächlich der Effizienzsteigerung der Vertriebsaktivitäten und der Auftragsverarbeitung zugute.

Das größte Potenzial an Zeiteinsparung liegt nämlich im Fertigungsprozess bei der Unterstützung der Schaltanlagenbauer, vorausgesetzt dieser wird von fehlerfreien Plänen und Dokumenten von dem Planungsteam versorgt. Das diese Unterlagen qualitativ hochwertig werden und keine Widersprüche bzw. Abweichungen zwischen den einzelnen Dokumenten vorliegen, gibt es in dieser Phase zahlreiche Programme, die dem Planer im Engineering Prozess unterstützen und die Plausibilität untereinander permanent überprüfen.

Für die Unternehmen empfiehlt es sich sowohl eine herstellerunabhängige Software zu benutzen, um frei bei der Komponentenwahl entscheiden zu können, als auch bei der Erstellung von Stromlaufplänen, Kabelplan, Klemmenplan, Übersichtsschaltplan, etc. die verschiedenen ECAD-Tools von einem Anbieter zu verwenden. Dies ist notwendig, damit die Dokumente untereinander einer Plausibilitätsprüfung unterzogen werden können und keine Probleme bei der Übergabe der Dateiformate existieren. Die Schnittstellen für 3D-Daten (MCAD) sind vorwiegend standardisiert, doch zwischen den Programmen verschiedener ECAD-Toolhersteller ist ein verlustfreier Datentransfer selten erfolgreich.

Die Detailplanung bis in den letzten Bereich, welche digital dem Planer schon seinen fertigen Schaltschrank vor Augen führt, ist auch als „Virtual Prototyping“ bekannt. Laut einer Fallstudie von Rittal, lässt sich durch die „ganzheitliche[] Optimierung der Wertschöpfungsprozesse durch ein Virtual Prototyping mit einem durchgängigen Datenkonzept“ [16] die Fertigungszeit des Schaltschrankes von durchschnittlich 58 Stunden (herkömmliche Aufbauweise) auf bis zu 34 Stunden und noch weniger reduzieren. Mit Hilfe des 3D-Prototypen lassen sich auch Fertigungsdokumente und -daten „automatisiert erstellen und durchgängig ändern“. [16]

3.4 Produktion/Montage

Der Produktions- bzw. der Montageprozess war in der Vergangenheit neben der Engineering Phase einer der an zeitintensivsten Schritten in der Entstehung des Schaltschrankes. Mühselige Arbeitsschritte sind dabei das Bestücken der Hutschienen, Ablängen der Verdrahtungsleitungen, das Crimpen der Leitungsenden mit Aderendhülsen oder Kabelschuhen, die Kontaktierung mit Schraubverbindungen und die normgerechte Beschriftung der Betriebsmittel. Mittlerweile existieren aber für all diese Tätigkeiten ausgereifte Programme, welche den Ablauf deutlich beschleunigen. Diese Programme werden von Daten aus dem vorangegangenen Engineering Prozess gespeist. Hier zeigt sich abermals die essenziell wichtige Bedeutung eines durchgängigen Datenkonzeptes.

Die Bestückung der Tragschienen übernimmt die Maschine, welche die Hutschienen auf die jeweils voreingestellte Länge einkürzt und die vorkonfigurierte Bestückung mit Hilfe eines Greifarmes aufsetzt (siehe Abb. 9).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 9 Automatisierte Tragschienenbestückung bei Phoenix Contact [17]

Die Software, mit welcher eine solche Tragschiene konfiguriert werden kann, ist zum Beispiel der kostenlose Weidmüller Configurator [18], aus welchem eine einfach bestückte Reihenklemme im Bildschirmausschnitt in Abbildung 10 zu sehen ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 10 Weidmüller Configurator Tragschienenkonfiguration

Bei der Konfektionierung von Verdrahtungsleitungen (Zuschneiden, Abisolieren, Crimpen, Beschriften) ist ein zeitliches Einsparpotenzial bis zu 50 % möglich. [19] Die Leitungen werden anhand der Drahtlisten aus der ECAD Datei von „Eplan Pro Panel“ gefertigt oder mit einer herstellereigenen Software, welcher die Konfektioniermaschine bereitstellt. Führend in der Kabelverarbeitung ist die Komax AG mit Sitz in der Schweiz. Die eigens entwickelte Software der Firma aus dem Kanton Luzern heißt Digital Lean Wiring (DLW). In dieser ist es auch durch ein besonderes Feature möglich, sofern man vorab keine Daten aus der Drahtliste besitzt, über ein hochauflösendes Foto eines Musterschaltschrankes eine fotografische Vermessung der Leitungen durchzuführen. Somit können die Daten aufbereitet direkt in das DLW importiert werden. [19]

Des Weiteren erleichtert die Software mit dem integrierten DLW Viewer dank einer virtuell geführten Verdrahtungshilfe die Montage für den Schaltschrankbauer um ein Vielfaches. Ein ähnliches Programm bietet auch Eplan mit ihrer Verdrahtungslösung „Smart Wiring“, bei welcher der Anwender softwareunterstützt die einzelnen Verdrahtungsschritte nacheinander abarbeiten kann. [16] Diese Hilfe führt zu einer deutlich sinkenden Fehlerquote während der Verdrahtungstätigkeit. Ebenfalls erleichtert die smarte Verdrahtungssoftware die Dokumentation im Änderungsmanagements.

Durch einen „teils aufwendigen Projektvergleich von neuem Soll- und aktuellem Ist-Zustand“ [16] bekommen die Monteure sofort Änderungen, die auf Grund gestiegener Anforderungen vom Kunden entstanden sind, durch die Software mitgeteilt. Auf der anderen Seite sehen auch die Elektroplaner bzw. der Vertrieb, wenn Last-Minute Änderungen in der Fertigung vollzogen wurden, falls es technisch nicht anderweitig realisierbar gewesen ist. Somit wird gewährleistet, dass die Dokumente im gesamten Wertschöpfungsprozess auf demselben Stand sind.

Zur Betriebsmittelbeschriftung, welche laut Vorschrift DIN EN 60204-1:2006 auf jedem elektrischen Bauteil sowie an den Klemmen enthalten sein muss, gibt es zahlreiche technische und softwareseitige Unterstützung. Das digitale labeln der Komponenten wird vorher in den ECAD Programmen realisiert (Eplan Electric P8 oder Weidmüller Configurator) und die Daten werden direkt über das ERP System zum Beispiel einer Laserbeschriftungsanlage, wie sie in Abbildung 11 zu sehen ist, geschickt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 11 Klippon® Automated RailLaser von Weidmüller [20]

Diese Klippon® Automated RailLaser Technologie ist in der Serienversion Ende 2019 auf dem Markt erwerbbar. Bei dieser lassen sich Tragschienen mit einer Länge von 100 bis 1.200 mm im Lasertunnel beschriften. [20] Das heißt aber nicht, dass momentan kein anderes System dafür auf dem Markt existiert. Stand 2018/19 sind vielfach Tintenstrahl- oder Thermotransferdrucker im Einsatz und erledigen die Beschriftungsaufgabe. Bei Weidmüller besteht das momentane Gesamtsystem aus der Software (M-Print-Pro), Markierer (Verbinder-, Leiter- und Gerätemarkierer) und die oben genannte Tintenstrahl- und Thermotransferdruckgeräte. [21]

Alles in allem erkennt man, dass der Schlüssel zu einer effizienten, schnellen und kostenoptimierten Prozessgestaltung im Schaltschrankbau in der Datendurchgängigkeit, über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg, liegt. Die Barrieren zwischen ECAD und MCAD Programmen sind schon weitestgehend abgebaut und man spricht meist nur noch von allgemeinen CAE-Daten (Computer Aided Engineering), welche über den gesamten Produktionsprozess verfügbar sind.

Abb. 12 Datendurchgängigkeit bei Eplan über die gesamte Wertschöpfungskette

Anmerkung der Redaktion: Abbildung 12 wurde aus urheberrechtlichen Gründen entfernt.

4. Softwareunterstützung in der Zukunft

Für die Softwareunterstützung in der Zukunft lassen sich nur allgemeine Trends ableiten, welche momentan im Internet und in der Branche durchsickern und an welchen Thematiken aktuell geforscht wird. Inwieweit diese umgesetzt werden, bleibt offen. Trotzdem ist es spannend zu sehen, was alles in naher oder ferner Zukunft möglich sein könnte.

4.1 Vernetzung

Sehr wahrscheinlich ist der Trend, dass eine weiter „zunehmende Vernetzung von Geräten und Softwareplattformen“ [15] in den Schaltschrankbau einher ziehen wird. Dieses Geschehen ist aus anderen Branchen und Produktbereichen in der Serienproduktion bekannt. Voraussetzung dafür ist das Schaffen von offenen Schnittstellen durch die Softwarehersteller. Damit wird eine komplette Datendurchgängigkeit gewährleistet, welche auch für kleinere Betriebe finanziell stemmbar ist, sofern diese bei der Beschaffung von Software und Maschinenpark herstellerunabhängiger agieren können.

Des Weiteren wird eine Vernetzung aller Projektbeteiligten im Schaltschrankbau eingeführt werden. Ähnlich wie der Kunde bei der Deutschen Post schon sieht, wo und in welchem Bearbeitungszustand sich sein Paket gerade befindet, wird der Auftraggeber des Schaltschrankes den Planungs- und Fertigungsprozess durch interne Prozessdaten, die ihm zur Verfügung gestellt werden, hautnah mitverfolgen können. Somit wird der Prozess für alle gläserner und es kann deutlich schneller auf Fehler reagiert werden, sobald diese vom Kunden erkannt werden. Es lässt sich darüber streiten, ob es mehr Fluch oder Segen ist, dass der Kunde alles so zeitnah weiß. Zur Bewertung der zukünftigen Trends wird im abschließenden Fazit noch einmal darauf eingegangen.

4.2 Konfiguration

Ein weiterer Trend, der womöglich sich durchsetzen wird, ist die softwaregestützte funktionsorientierte Konfiguration des Schaltschrankes (E-Commerce im b2b Bereich). Mit dem Ziel, dass der Kunde durch einen Bestellprozess geführt wird und kein Gespräch mehr stattfinden muss, bei welchem das Lastenheft durchgesprochen wird.

Im weiteren Prozess kann auch der Planer der Software als Inputgröße, anstatt von fixen Bauteilen, Funktionen angeben und das rechnergestützte Tool stellt selbstständig die notwendigen Komponenten zusammen. Es verschiebt sich quasi die Frage von: „Was soll er alles haben?“

hin zu „Was soll der Schaltschrank alles können?“. Und das nicht wie üblich im Gespräch zwischen Kunden und Projektingenieur, sondern in der Schnittstelle zwischen Elektroplaner und der Software. [15] Das Tool bzw. die KI, ich denke in diesem Fall lässt sich von künstlicher Intelligenz sprechen, fragt lediglich die Grunddaten und bestimmte Parameter ab, welche es zur Berechnung noch benötigt und plant daraus den kompletten Schaltschrank mit allen Bauteilen und Verdrahtung eigenständig. Die Software dafür muss sehr ausgiebig erprobt und durch unglaublich viele Zeilen an Quellcode angelernt worden sein. Somit sehe ich es als sehr weit entfernte Zukunftsvision, bis eine rechnergestützte Anwendung ein solches Knowhow antrainiert bekommen hat und all die Aufgaben eines Elektroplaners selbstständig übernehmen kann.

4.3 Beschaffung

Um die Prozesse im SSB weiter zu beschleunigen werden die Komponenten anhand der Planung Just-in-time bestellt und das im selben Atemzug, sobald der Design Freeze des virtuellen Prototypens stattgefunden hat. Über sogenannte Level werden die Kunden bei den Lieferanten eingestuft und bekommen je nach Rang ihren eigenen Rabatt gewährt. Diese Einstufungskriterien sollen dafür so transparent gestaltet sein, dass der Kunde permanent sieht, wie viel Umsatz oder Auftragshäufigkeit er noch erreichen muss, um in das nächsthöhere Level aufzusteigen. Somit sollen ewige Lieferantengespräche und Nachverhandlungen der Vergangenheit angehören.

Teilweise kann das Geschäftsmodell in der Beschaffung der Bauteile auch sich dahin entwickeln, dass die Schaltschrankhersteller ihre Komponenten nicht mehr pro Stück kaufen müssen, sondern per 3D-Multimaterialdruck ihre gewünschten Artikel selbst produzieren. Somit hat der Komponentenhersteller nur noch die Drucker bereitzustellen und verkauft die jeweiligen Lizenzen an den Schaltschrankhersteller. Den Machbarkeitsnachweis dazu haben Forscher der TU Chemnitz der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik geliefert, als sie dieses Jahr auf der Hannover Messe einen kompletten Elektromotor mittels 3D-Multimaterialdruck gefertigt haben. [22]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 13 Stator einer Wickelkopflosen Reluktanzmaschine. Links: CAD-Modell, mitte: gesinterter Stator, rechts: 3D gedrucktes Teil vor der Wärmebehandlung [23]

4.4 Einfluss neuer Technologien

So wie sich der Schaltschrankbau mit dem „Internet der Dinge (IoT)“ und dem Thema „Industrie 4.0“ rasant geändert hat, werden auch andere neue Technologien und Trends einen Motor der Veränderung für diesen Bereich darstellen.

Ein neuer Standard, welcher sich unmittelbar auf die Branche auswirkt, ist zum Beispiel das Building Information Modeling. Wenn sich dieser durchgesetzt hat, dann ist nicht nur die elektrische Schaltanlage in 3D-Daten verfügbar, sondern das ganze öffentlich Bürogebäude, Stadion, Konzerthalle oder Einfamilienhaus. Doch mit dem BIM arbeiten momentan probeweise nur die ganz großen Unternehmen, aber nach und nach benutzen immer mehr Firmen im Baugewerbe diesen Standard. Alle Installationskanäle, Heizungsrohre, Fahrstuhlschächte, Treppenhäuser und die kompletten sanitären Einrichtungen werden dann dem Architekten, dem Fliesenleger oder dem Elektroplaner vorab in 3D als digitaler Zwilling zur Verfügung stehen. Besonders bei Großprojekten im öffentlichen Bausektor wird das BIM eine große Erleichterung für die Planungsarbeit, den Bauprozess und der nachfolgenden Unterhaltung des Gebäudes darstellen.

Der Planer befindet sich gefühlt direkt vor Ort und kann die Abmessungen seiner Anlage in Abhängigkeit zu anderen Objekten planen und den Schaltschrank in das bestehende elektrische Versorgungsnetz im Gebäude einbetten.

Für die Software in der Schaltschrankbaubranche stellt dieser 3D-Gebäude Standard eine nicht allzu große Herausforderung dar, da die CAD-Daten aus dem Konstruktionsprozess recht einfach in BIM-Daten zu übertragen sind. Schwieriger wird es für Heizungsinstallateure oder für die Anbieter im Sanitärbereich schnell mit passenden Softwaretools BIM konform zu arbeiten, aber auch dort haben sich die ersten Anbieter schon gut aufgestellt. Zum Beispiel das Unternehmen Geberit AG stellt auf ihrer Homepage schon sämtliche Produktgruppen als BIM-Daten zur Verfügung. [24]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 14 Möglichkeiten der BIM Software [25]

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Details

Titel
Softwareunterstützung im Produktentstehungsprozess. Das Beispiel des Schaltschrankbaus
Hochschule
Ernst-Abbe-Hochschule Jena, ehem. Fachhochschule Jena
Note
1,3
Jahr
2019
Seiten
30
Katalognummer
V511307
ISBN (eBook)
9783346103222
ISBN (Buch)
9783346103239
Sprache
Deutsch
Schlagworte
softwareunterstützung, produktentstehungsprozess, beispiel, schaltschrankbaus
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Anonym, 2019, Softwareunterstützung im Produktentstehungsprozess. Das Beispiel des Schaltschrankbaus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/511307

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Titel: Softwareunterstützung im Produktentstehungsprozess. Das Beispiel des Schaltschrankbaus



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