Diese Arbeit knüpft thematisch an die Brasilianisierungsthese von BECK an und überprüft, ob seit der Einführung der Arbeitsmarktreformen von einer Brasilianisierung des deutschen Wohlfahrtsstaates gesprochen werden kann, in dessen Zuge das Normalarbeitsverhältnis immer mehr durch atypische Beschäftigungen verdrängt wird.
Seit den Einführungen der Gesetze für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt kam es in der Öffentlichkeit immer wieder zu heftigen Debatten, welche die negativen Auswirkungen für Erwerbslose betonten. Zwar zeigte sich mit der Einführung der Arbeitsmarktreformen eine Trendumkehr bei der Arbeitslosenquote, die in den darauffolgenden Jahren graduell abnahm, jedoch bildete die Kürzung der früheren Lohnersatzleistungen den Dreh- und Angelpunkt der Arbeitsmarktreformen zur Bekämpfung der (Langzeit-)Arbeitslosigkeit, welche die finanzielle Situation zahlreicher Arbeitssuchenden zusätzlich verschlechterte.
Ein Nebeneffekt, der mit diesen Reformen einherging, war die Ausweitung atypischer Beschäftigungsverhältnisse, die durch verschiedene Regelungen gefördert wurden. In diesem Kontext besteht die Befürchtung, dass durch die Zunahme atypischer Beschäftigungsverhältnisse das traditionelle Normalarbeitsverhältnis verdrängt werden könnte. Einer der Befürworter dieses Verdrängungsprozesses war der weltweit renommierte Soziologe ULRICH BECK, der dieser Entwicklung skeptisch gegenüberstand und die These der Brasilianisierung formulierte:
"Bösartig gesagt erleben wir eine Brasilianisierung der Wohlfahrtsgesellschaften: Die bunten, fragilen Beschäftigungsformen, die in der sogenannten Dritten Welt Normalität sind, ersetzen zunehmend auch in den Ländern des Zentrums die sichere Berufsarbeit" (Beck 2016, S. 17).
Das bis dahin sichere Normalarbeitsverhältnis würde allmählich durch das unsichere atypische Beschäftigungsverhältnis abgelöst, welches die soziale Unsicherheit für den Großteil der Beschäftigten weiter zuspitzen würde. Schließlich führen die fehlenden arbeitsrechtlichen Bestimmungen, das geringe Einkommen sowie die Befristung des Arbeitsverhältnisses dazu, dass die individuelle Zukunftsplanung infolge der Zunahme von Unsicherheiten erschwert werde, was unter dem Begriff der Risikogesellschaft einzuordnen wäre.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Lage vor den Arbeitsmarktreformen
- Einführung der Hartz-Reformen
- Hartz I
- Hartz II
- Hartz III
- Hartz IV
- Die Lage nach den Arbeitsmarktreformen
- Bekämpfung der (Langzeit-)Arbeitslosigkeit
- Kennzeichen und Ausweitung atypischer Beschäftigungsformen
- Abgrenzung atypischer Beschäftigungsformen gegenüber Normalarbeitsverhältnissen
- Mini- und Midijobs
- Teilzeitarbeit
- Leiharbeit/Zeitarbeit
- Solo-Selbstständige
- Verschärfung sozialer Ungleichheit
- Mögliche Ursachen der unerfüllten Erwartungen im Rahmen der Arbeitsmarktreformen
- Alternative Lösungsansätze
- Resümee und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Auswirkungen der Hartz-Reformen auf die Verbreitung atypischer Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland. Sie setzt sich mit der Frage auseinander, ob die Reformen zu einer Brasilianisierung des deutschen Arbeitsmarktes geführt haben, d. h. ob das traditionelle Normalarbeitsverhältnis durch unsichere und flexible Beschäftigungsformen ersetzt wird.
- Auswirkungen der Hartz-Reformen auf die Arbeitslosenquote und die Beschäftigungsstruktur
- Zunahme atypischer Beschäftigungsformen wie Mini- und Midijobs, Teilzeitarbeit und Leiharbeit
- Veränderung der sozialen Sicherung und der Arbeitsbedingungen
- Analyse der Brasilianisierungsthese von Ulrich Beck
- Diskussion möglicher Ursachen für die Entwicklung des Arbeitsmarktes
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit stellt die Problematik der Hartz-Reformen und die Brasilianisierungsthese von Ulrich Beck vor. Sie skizziert die Forschungsfrage und den Aufbau der Arbeit.
- Die Lage vor den Arbeitsmarktreformen: Dieses Kapitel beschreibt die Situation auf dem deutschen Arbeitsmarkt vor der Einführung der Hartz-Reformen. Es zeigt die Bedeutung der sozialen Sicherung für Arbeitslose auf und beleuchtet die Funktionsweise des dreigliedrigen Systems aus Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe.
- Einführung der Hartz-Reformen: Dieses Kapitel stellt die vier Hartz-Reformen vor und erläutert ihre wichtigsten Ziele und Maßnahmen. Es wird auf die Veränderungen im Arbeitslosensystem, die Einführung von Sanktionen und die Förderung atypischer Beschäftigungsformen eingegangen.
- Die Lage nach den Arbeitsmarktreformen: Dieses Kapitel analysiert die Auswirkungen der Hartz-Reformen auf den Arbeitsmarkt. Es untersucht die Entwicklung der Arbeitslosenquote und die Ausweitung atypischer Beschäftigungsformen. Außerdem werden die Folgen für die soziale Sicherung und die Arbeitsbedingungen beleuchtet.
- Mögliche Ursachen der unerfüllten Erwartungen im Rahmen der Arbeitsmarktreformen: Dieses Kapitel beschäftigt sich mit den Ursachen für die begrenzte Reichweite der Hartz-Reformen und den unerfüllten Erwartungen. Es werden verschiedene Faktoren wie die mangelnde Flexibilität des Arbeitsmarktes, die fehlende Investitionsbereitschaft der Unternehmen und die gestiegenen Anforderungen an Arbeitnehmer diskutiert.
- Alternative Lösungsansätze: Dieses Kapitel präsentiert verschiedene alternative Lösungsansätze, die den Verdrängungsprozess des Normalarbeitsverhältnisses durch atypische Beschäftigungsformen entgegenwirken könnten. Es werden Vorschläge zur Verbesserung der sozialen Sicherung, zur Förderung von qualifizierter Arbeit und zur Stärkung der Arbeitnehmerrechte diskutiert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themenfeldern Arbeitsmarktreformen, atypische Beschäftigung, Brasilianisierung, Hartz-Reformen, soziale Sicherung, Arbeitsbedingungen, Arbeitslosigkeit, Arbeitsmarktpolitik und Wohlfahrtsstaat.
- Quote paper
- Julien Dietrich (Author), 2019, Die Auswirkungen der Hartz-Reformen auf die Verbreitung atypischer Beschäftigungsverhältnisse, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/511367