Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Zielsetzung und Fragestellung
1.2. Aufbau und Gliederung
2. Theoretische Grundlagen
2.1. Intergouvernementalismus
2.2. Förderliche Bedingungen für den Aufbau einer politischen Gemeinschaft nach Stanley Hoffmann
3. Southern African Development Community (SADC)
3.1. Entwicklungsstand
3.2. Struktur und Organe
3.3. Grundlegende Ziele und Ausrichtung
4. Analyse der SADC auf der theoretischen Grundlage des Intergouvernementalismus
4.1. Förderliche Bedingungen für den Aufbau einer politischen Gemeinschaft
4.2. Zusammenfassung der Ergebnisse
5. Schlussbetrachtung
6. Literatur- und Quellenverzeichnis
7. Anhang
1. Einleitung
Der Gedanke afrikanischer Staaten eine Integrationsgemeinschaft zu schaffen, orientierte sich ab den 1960er Jahren zunächst an dem grundlegenden Ziel der Entkolonialisierung, um die künstlichen kolonialen Grenzziehungen aufzuheben und die neokolonialen Abhängigkeiten der jungen afrikanischen Staaten zu beenden (Zeuner, 2005: 15; Ferraz, 2005: 21).
Im Jahre 1964, mit der Unabhängigkeitserklärung Sambias, begann die Entkolonialisierung im südlichen Afrika, darauf folgte 1965 der beginnende Befreiungskrieg im heutigen Simbabwe (Mandela, 2010: 355ff) und endete schließlich 1990 mit der Souveränität Namibias beziehungsweise dem Regimewechsel in Südafrika 1994 (Schultze, 2003: 31f.).
Im südlichen Afrika war neben der Beseitigung des Kolonialismus, die Bekämpfung der Apartheidregimes in Südrhodesien (Simbabwe) und Südafrika bzw. Südwestafrika (Südafrika und Namibia) von höchster Priorität, da diese die farbige Bevölkerung systematisch unterdrückten. (Mandela, 2010:197ff.). Dies führte 1974 zum Zusammenschluss von den sogenannten Frontlinienstaaten[1], welche sich für bewaffnete Befreiungskämpfe der kolonialen Herrschaft in der Region einsetzten. Der Prozess der Entkolonialisierung ging einher mit dem Panafrikanismusgedanken[2] und zog den Prozess der Nationalstaatenbildung nach sich. Beide Prozesse verfolgten das gemeinsame Ziel einer vollständigen, nichtrassistischen Unabhängigkeit (Mandela, 2010: 386).
So gründeten neun unabhängige südliche Afrikastaaten 1980 die Integrationsorganisation Southern African Development Coordination Conference (SADCC), um den zu dieser Zeit noch bestehenden Apartheidregimes wirtschaftlich entgegen zu treten (vgl. Soest, Scheller. 2006: 2). Folglich zielte diese Form des Regionalismus in den 1990er-Jahre auf wirtschaftliche Integration ab, um die afrikanischen Wirtschaften wettbewerbsfähig zu machen und gleichzeitig Lösungsstrategien für die ökonomische Unterentwicklung bereitzustellen. Die Notwendigkeit kooperierender Staaten wird umso deutlicher im Kontext der sich verändernden politischen wie auch wirtschaftlichen Lage im Zuge der Globalisierung in der Region, welche im Jahr 1992 die Transformation der SADCC zur Southern African Development Community (SADC) veranlasste (vgl. Mair, 2001: 2)
Die in der SADCC organisierten Staaten haben erkannt: „To be a positive agent of economic liberalization and integration in the region, SADCC had to go beyond ‚sectoral programming’ as a policy sectoral programming limited itself to a particular sector of activity in order to deepen rather than widen the integration movement.” (Kyambalesa/Houngnikpo, 2006: 83). Als konzeptionelle Erweiterung und qualitative Vertiefung des ursprünglichen Ansatzes bietet die SADC neue Perspektiven regionaler Entwicklungszusammenarbeit im südlichen Afrika.
Zunächst ist im Vertrag der SADC die Errichtung einer politischen Union nicht explizit als Ziel der Entwicklungsgemeinschaft vorgesehen. Dennoch besteht ein allgemeiner Konsens darüber, dass zur Erreichung der integrationspolitischen Ziele sowie einer funktionierenden Wirtschaftsunion die Schaffung politischer Komplementarität und gemeinsamer Werten grundlegend sind (Mair/Peters-Berries, 2001: 309). Die vorliegende Arbeit knüpft an diesen Punkt an und untersucht Indikatoren, welche die Entwicklung einer politischen Gemeinschaft begünstigen und somit einen Integrationsprozess in diesem Bereich anstoßen könnten.
1.1 Zielsetzung und Fragestellung
Für die Auswahl der SADC war besonders ausschlaggebend, dass diese ein noch sehr junges regionales Integrationsprojekt darstellt und gleichzeitig in der einschlägigen Fachliteratur als eine der wichtigsten Organisationen und Hoffnungsträger für die Entwicklung des südlichen Afrikas betrachtet wird. Ebenso ist die historische Entwicklung, ferner die Gründung aus politischen Gründen des wirtschaftlich orientierten Zusammenschluss SADC, ein interessanter Forschungsgegenstand. Bei der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem regionalen Integrationsprozess SADC stellt sich die Frage, welcher integrationstheoretischer Ansatz für diese Analyse anwendbar ist. Der Fokus wurde bewusst auf die Anwendung der klassischen Theorie des Intergouvernementalismus gelegt. Im Verlauf der Analyse der SADC wird sich zeigen, dass der Ansatz am besten geeignet ist, um den Integrationsprozess im südlichen Afrika zu erklären.
Daher besteht die wesentliche Zielsetzung der vorliegenden Hausarbeit darin, mit Hilfe der von Stanley Hoffmann (1963) aufgestellten Indikatoren zum wirksamen Aufbau einer politischen Gemeinschaft, die stark wirtschaftlich ausgerichtete Entwicklungsgemeinschaft SADC zu analysieren und ferner zu betrachten inwieweit die Möglichkeit der Herausbildung einer politischen Gemeinschaft besteht. Weiterhin soll geklärt werden, weshalb hierauf die Konzepte des Intergouvernementalismus anwendbar sind und welche Rahmensetzungen sowie Akteure für die bisherigen Entwicklungen der SADC relevant sind. Vor allem soll der aktuelle Stand der wirtschaftlichen Integration aufgezeigt und ein Ausblick auf mögliche Auswirkungen eines verstärkt politischen Integrationsprozesses gegeben werden.
1.2 Aufbau und Gliederung
Zur Beantwortung der Fragestellung wird zunächst eine kurze Einführung in die theoretischen Grundlagen des Intergouvernementalismus geben, welche die Basis für die vorliegende Arbeit bilden. Hier wird speziell auf die durch Stanley Hoffmann (1959) geprägte Theorie des Intergouvernementalismus eingegangen. Als nächster Untersuchungsgegenstand der SADC wird die historische Entwicklung der Entwicklungsgemeinschaft betrachtet. Es folgt eine Darlegung des aktuellen Entwicklungsstands sowie eine Charakterisierung der Organstruktur und Ziele. Hierauf baut dann im nächsten Schritt die Erläuterung der förderlichen Bedingungen für den Aufbau einer politischen Gemeinschaft nach Stanley Hoffmann (1963) auf. In der Schlussbetrachtung werden die gewonnenen Erkenntnisse über die förderlichen Bedingungen einer politischen Integration zusammengefasst und abschließend Aussagen zu den konkreten Auswirkungen auf den Integrationsprozess der SADC formuliert. Ferner wird ein kurzer Ausblick zur weiteren Entwicklung der SADC, unter Berücksichtigung der analysierten Indikatoren, gegeben.
2. Theoretische Grundlagen
2.1. Intergouvernementalismus
Als ein wichtiger Vertreter der klassischen Theorie gilt der Intergouvernementalismus, welcher im Versuch entstand die beginnenden Integrationsprozesse der europäischen Staaten zu erklären und somit einen wichtigen Grundstein für die Forschung legte. Die nachfolgenden Ausführungen und Analysen werden auf Grundlage der politischen Integrationstheorie nach Stanley Hoffmann (1959), dem Begründer des Intergouvernementalismus, ausgeführt.
Der Intergouvernementalismus geht davon aus, dass der regionale Integrationsprozess den nationalstaatlichen Interessen dient und somit die Anpassung der Staaten an sich wandelnde internationalen Bedingungen unterstützt, wodurch die jeweilige Position im weltpolitischen Geschehen gesichert wird (Hoffmann, 1959: 348). Somit stellen sich die souveränen Staaten als wichtigste Akteure der internationalen Beziehungen dar. Demzufolge ist regionale Integration eine Bemühung der beteiligten Staaten, ihre konkurrierenden, nationalen Interessen nach Möglichkeit in Einklang miteinander zu bringen und gleichzeitig ihre eigenen vorrangig durchzusetzen (Hoffmann, 1959: 348). Somit stellen die Staaten sicher ihr „höchstes Gut“ nationaler Souveränität nicht aufzugeben (Hoffmann, 1959: 348). Weiterhin dienen, in Hoffmanns Theorie, die Integrationsgemeinschaften den Nationalstaaten als Verhandlungsplattformen zur Lösungsfindung in internationalen Problembereichen und fungieren als Unterstützer in der Anpassung an sich global und international verändernde Bedingungen (Hoffmann, 1983: 21, 35). Hierbei sind erneut die wichtigsten Motive der Nationalstaaten zu Integrationsmaßnahmen erkennbar – Bewahrung und Stärkung ihrer Macht. Dabei ergeben sich die nationalen Interessen der Staaten aus ihrer relativen Machtposition im internationalen System (Hoffmann, 1959: 348f.). Die Nationalstaaten sowie deren staatlichen Eliten nehmen die Funktion einer Kontrollinstanz ein und legen als rational handelnde Akteure, durch bewusste Entscheidungen, den Integrationsverlauf fest. So bestimmen die Nationalstaaten ebenfalls die am Integrationsprozess beteiligten Akteursgruppen (beispielsweise transnationale Interessensgruppen und Parteien), welche nur handeln können, weil die Nationalstaaten die dafür notwendigen Bedingungen und Institutionen schaffen. Ebenso ist die Bereitschaft der Nationalstaaten den spill-over-Mechanismus[3] walten zu lassen auf die Bereiche der sogenannten „low-politics“[4] beschränkt (Hoffmann, 1966: 881f.). Folglich sind nach intergouvernementalistischer Sichtweise die Staaten nur in Bereichen nachrangiger Relevanz zu Regionalintegration bereit. Politikbereiche, welche die staatliche Autorität und Souveränität direkt betreffen (beispielweise Außen-und Sicherheitspolitik) bergen hohes Konfliktpotenzial und bleiben vom Integrationsprozess ausgeschlossen (Hoffmann, 1966: 881f.). Zu einer Ausweitung gemeinschaftlicher Aufgabenbereiche kann es nur kommen, wenn die Nationalstaaten ihre Interessen miteinander in Einklang bringen und Übereinstimmungen in ihren nationalstaatlichen Interessen erreichen (Keohane/Hoffmann, 1994: 254ff.). So überarbeitet Hoffmann (1983) sein Konzept und hebt die Unterteilung von „low politics“ und „high politics“ auf. Ersetzt werden diese Begriffe durch die Aufteilung in Politikbereiche, welche einerseits auf die Steigerung des allgemeinen Wohls und andererseits auf Einigungen mit Nullsummenspielcharakter ausgerichtet sind (Hoffmann, 1983: 29f.). Dennoch bleiben durch die Bemühungen der Nationalstaaten ihre Souveränität zu bewahren, bestimmte Politikbereiche für Integrationsmaßnahmen weniger zugänglich als andere. Weiterhin geht der klassische Intergouvernementalismus davon aus, dass Integration kein fortlaufender Prozess ist, sondern in einzelnen Integrationsschüben vollzogen wird (Hoffmann, 1966; 1983).
Hoffmann konzentriert sich in seinem Theorieverständnis auf den deskriptiven Charakter einer Theorie, um mit Hilfe der theoretischen Konzepte die Realität möglichst genau zu beschreiben. Die Entwicklung einer umfassenden Theorie zur Erklärung kausaler Gesetzmäßigkeiten sozialer Prozesse und ferner der Vorhersage zukünftiger Entwicklungen, war nie sein Ziel (Hoffmann, 1959: 357f.).
Eine nähere Erläuterung des Integrationsprozesses innerhalb der SADC erfolgt im Kapitel 4. Hier wird genauer auf den Vergleich der Motive und Zielsetzungen des Intergouvernementalismus mit denen der SADC eingegangen.
2.2. Förderliche Bedingungen für den Aufbau einer politischen Gemeinschaft nach Stanley Hoffmann
Stanley Hoffmann erörtert in seinem 1963 veröffentlichten Werk „Discord in Community: The North Atlantic Area as a Partial International System“ dienliche Indikatoren innerhalb eines Staatenzusammenschlusses für den Aufbau einer politischen Gemeinschaft und somit zum Ausbau eines Integrationsprozesses.
Die von ihm beschriebenen Indikatoren lassen sich wie folgt zusammenfassen (Hoffmann, 1963: 528f.; 1966: 904ff.):
a) Pluralistische Gesellschaftstrukturen und ideologische Homogenität der nationalen Eliten der Gemeinschaft
b) Pro-integrative politische Führer, welche durch bewusste und aktive politische Entscheidungen den Integrationsprozess vorantreiben
c) Die formale politische Einheit der Gemeinschaft
d) Eine als ähnlich empfundene nationale Lage der Staaten, welche sich in der subjektiven Wahrnehmung von Gemeinsamkeiten widerspiegelt
e) Der Einfluss individueller Vergangenheit der beteiligten Staaten
f) Bestimmung einer konkreten Richtung der Integration durch die beteiligten Akteure.
Die vorliegende Arbeit analysiert anhand dieser sechs Indikatoren den Integrationsprozess innerhalb der SADC genauer und versucht somit eine Schlussfolgerung bezüglich der möglichen Entstehung einer politischen Gemeinschaft, ferner einer vertiefenden Integration, zu ziehen.
3. Southern African Development Community (SADC)
3.1. Entwicklungsstand
Im Jahr 1980 gründeten die sogenannten Frontlinienstaaten (Angola, Botswana, Lesotho,
Malawi, Mosambik, Swasiland, Tansania, Sambia, und Simbabwe) die Southern African Development Co-ordination Conference (SADCC), um der Machtposition des Apartheidstaates Südafrika in der Region entgegen zu wirken und ihren politischen Widerstand zu organisieren (vgl. Soest, Scheller. 2006: 2). Dieser zunächst lose Staatenzusammenschluss, in Form der Koordinationskonferenz, konzipierte sich im Jahr 1992 auf Grundlage des Vertrags von Windhoek zur Southern African Development Community (SADC) neu und stellte von da an eine qualitativ vertiefte Entwicklungsgemeinschaft dar, welche die Entwicklungsintegration vorantrieb, Armut bekämpften und somit die Stabilität innerhalb der Region stärkte (Soest, Scheller. 2006: 2). In den Jahren von 1994 bis 1998 erlebte die SADC eine Erweiterungsphase und vergrößerte sich auf 14 Mitglieder, inklusive dem demokratischen Südafrika; 2005 schließlich wurde das 15. Mitglied Madagaskar aufgenommen (siehe Tabelle 1, Anhang) (SADC, 2012).
Am 24. August 1996 wurde eines der grundlegendsten Protokolle[5] des regionalen Integrationsprojektes SADC verabschiedet: das Handelsprotokoll trat im Januar 2001 in Kraft und soll zur weiteren Liberalisierung des intraregionalen Handels beitragen. Dabei sollen beispielsweise Handelshemmnisse abgebaut, Zollverfahren erleichtert und die Handelspolitiken an internationale Standards angepasst werden (SADC, Protcol on Trade, 1996). Weiterhin spielt das Handelsprotokoll eine zentrale Rolle im Übergang von der Projektkoordinierung (SADCC) zur Entwicklungsorganisation (SADC), da es die Entstehung einer Freihandelszone innerhalb von acht Jahren vorsieht. Deutlich wird hierbei, dass sich die Handelsliberalisierung und -integration in unterschiedlichen Geschwindigkeiten vollziehen soll[6].
Im Jahr 2001 wurden dann schließlich auf einem außerordentlichen Gipfeltreffen in Windhoek die strukturellen Grundlagen zur Erreichung der Integrationsziele, durch eine institutionelle Umstrukturierung[7] im Rahmen einer Vertragsänderung der SADC, geschaffen (vgl. Jaspert, 2005: 81). Das angestrebte Maß an Supranationalität und die teilweise Abgabe nationaler Souveränität wird benötigt, um eine größere Effektivität als selbstständige Entscheidungsinstanz zu erlangen.
2005 wurden dann zwei grundlegende strategische Pläne für die praktische Politik, zwei Jahre nach der Anerkennung durch die SADC-Gipfelkonferenz, initiiert: der Regional Indicative Strategic Development Plan (RISDP) und Strategic Indicative Plan for the Organ (SIPO). Der RISDP stellt einen umfassenden Entwicklungs- und Umsetzungsrahmen für den 15-jährigen Zeitraum von 2005 bis 2020 und somit die grundlegende Voraussetzung für Zusammenarbeit dar, um wirtschaftliche Entwicklungsziele strategisch zu koordinieren umso die Integration in der Region durch wirtschaftliches Wachstum zu vertiefen (SADC, 2012a). Schwerpunkte sind hierbei der Handel, Finanzen, Infrastruktur, Wirtschaft und Energie- und Nahrungsmittelsicherheit (SADC, 2012a). Weiterhin soll der RISDP konkrete Herausforderungen, Zielsetzungen und Prioritäten benennen, welche die Mitgliedsstaaten zur Basis ihrer regionalen Politik machen und in Einklang mit der Common Agenda[8] bringen sollen, um die großen sozialen Probleme (Armut, Arbeitslosigkeit, Ernährung, Gesundheit) der Region zu bewältigen (Jaspert, 2010: 86).
Der SIPO zielt auf die Errichtung eines soliden sicherheitspolitischen Rahmens zur wirksamen Umsetzung der regionalen Integrationsziele ab und stellt somit die institutionelle Grundlage zur Verwirklichung des Protocol on Politics, Defence and Security von 1999 dar (SADC Secretariat, 2017: 24). Weiterhin soll SIPO zur Harmonisierung in den Bereichen Politik, Verteidigung, Staatssicherheit, öffentliche Sicherheit und Polizeiarbeit beitragen, indem konkrete Ziele und Strategien für die jeweiligen Sektoren festgesetzt werden (SADC Secretariat, 2017: 24).
An den RISDP und SIPO knüpfen strategisch und inhaltlich der Regional Infrastructure Development Master Plan (RIDMP) und die Regional Industrialisation Strategy and Roadmap an, um die weiterführende Integration der kommenden Jahrzehnte sicherzustellen (SADC Secretariat, 2017: 5).
Der RIDMP wurde 2012 von der Gipfelkonferenz angenommen und beinhaltet die Umsetzung von Infrastrukturprojekten in den Sektoren Informationskommunikation, Technologie, Energie, Meteorologie, Tourismus, Transport und Wasser, welche bis 2027 verwirklicht werden sollen (SADC Secretariat, 2017: 18). Die Regional Industrialisation Strategy and Roadmap vom April 2015 wurde im März 2017 mit der Aufstellung eines Kostenplans bewilligt und soll zur Stärkung regionaler Wertschöpfungsketten und dem Aufbau von neuen Industrien sowie der Verbesserung von Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit beitragen (SADC Secretariat, 2017: 18):
„[…] industrialisation, as a champion of economic transformation; enhanced competitiveness; and, deeper regional integration.“ (SADC Secretariat, 2017: 20).
Im August 2008 wurde die Verwirklichung der im Handelsprotokoll von 1999 als Ziel festgelegten Freihandelszone erreicht (SADC, 2012c). Hierbei zeigte sich deutlich wie unterschiedlich schnell die jeweiligen Staaten das Handelsprotokoll implementierten. Zunächst wurden nur die Mindestanforderungen eines intraregionalen Handelsvolumens von 85% zwischen den Partnerstaaten der SADC sowie schrittweisen Zollsenkungen erfüllt, sodass erst im Jahr 2012 von einer vollständigen Freihandelszone, welche bisher 14 Mitgliedsstaaten angehören, gesprochen werden kann (SADC, 2012c). Die wiederrum den Staaten Malawi, Simbabwe und Tansania Ausnahmen bezüglich der Regulierung von Zolltarifen gewährleistete und erst im Jahr 2015 ihre Vollendung, mit Ausnahme der Demokratischen Republik Kongo, erlangte (SADC, 2012c). Die vollständige Implementierung der Freihandelszone, einschließlich der DRK, soll bis 2025 erfolgen (SADC Secretariat, 2017: 21).
Der Regional Renewable Energy and Energy Efficiency Strategy and Action Plan (REEESAP) wurde im Oktober 2016 durch die Gipfelkonferenz angenommen und soll im Zeitraum von 2016-2030 zur Entwicklung von Strategien, Intensivierung der Nutzung von Ressourcen und der Mobilisierung von finanziellen Mitteln im Bereich erneuerbare Energien beitragen (SADC Secretariat, 2017: 70).
Die jüngsten Entwicklungen hinsichtlich finanzieller Integration ist der Implementation Plan for the Strategy for Financial Inclusion and SMEs Access to Finance und das SADC Integrated Regional Electronic Settlement System (SIRESS), welches den Zugang sowie die Nutzung von Finanzdienstleistungen für Konsumenten bis 2021 erleichtern soll, um deren Teilnahme an der regionalen Entwicklung zu gewährleisten (SADC-Secretariat, 2017:12). Weiterhin dient es der Beibehaltung von einem stabilen niedrigen Inflationsniveau und der Vermeidung von großen Haushaltsdefiziten (SADC Secreatriat, 2017: 42). Unter anderem unterstützt diese Maßnahme die makroökonomische Harmonisierung der Region und ist ein erster Schritt zur Verwirklichung der langfristig ehrgeizigen Konvergenzziele der SADC. Diese beinhalten außerdem die Errichtung einer Zollunion, eines gemeinsamen Marktes, einer Währungsunion sowie ferner einer Wirtschaftsunion (SADC, 2012b). Jedoch zeigt sich anhand der anvisierten Umsetzungszeiträume, welche bis Ende 2018 abgeschlossen sein sollten, dass die Integrationsprozesse diesbezüglich nur langsam voranschreiten. “A number of challenges [...], in particular, the issue of overlapping membership and inadequate resources, both human and financial [...]” (SADC Secretariat, 2012: 15) behindern die Implementierung von notwendigen Schritten zur Verwirklichung dieser Ziele.
[...]
[1] Frontlinienstaaten werden Staaten genannt, welche aufgrund ihrer geostrategischen Lage an ein Konfliktgebiet grenzen. Speziell hier die südafrikanischen Länder, welche sich für bewaffnete Befreiungskämpfe zum Ende der kolonialen und weißen Minderheitsherrschaft engagierten und geographisch an die Länder angrenzten, in denen diese Kämpfe stattfanden (Peter Meyns. (2004): Frontlinienstaaten. In: Jacob E. Mabe (Hrsg.): Das kleine Afrika-Lexikon. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung
[2] Panafrikanismus wird definiert als das Bestreben, die wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit aller afrikanischen Staaten zu verstärken (Duden, Die deutsche Rechtschreibung, 27. Auflage, Berlin: Dudenverlag). Er etablierte sich 1961 auch auf dem afrikanischen Kontinent (Mandela, 2010: 368).
[3] Ein Spill-over Effekt beschreibt die Auswirkungen nationalpolitischer und internationalpolitischer Entscheidungen oder Aktivitäten auf andere Ebenen und Bereiche. Die Auswirkungen können mittelbar oder unmittelbar geschehen. So kann beispielsweise eine sektorale Integration im wirtschaftlichen Bereich, eine Verflechtung weiterer Sektoren nach sich ziehen (Hoffmann, 1966: 881f.).
[4] Das Konzept der „low-politics“ bezieht sich in diesem Zusammenhang auf alle Politikbereiche, die nicht die nationale Sicherheit und somit die Existenz des Nationalstaates (Außen- und Sicherheitspolitik) betreffen. Low politics betreffen vor allem wohlfahrtsstaatliche Bereiche wie soziale und humanitäre Sicherheit (Hoffmann, 1966: 881f.).
[5] Protokolle sind das wichtigste Instrument der SADC. Diese rechtsverbindlichen Dokumente verpflichten alle Mitgliedstaaten zu den darin vereinbarten Zielen und Maßnahmen. Damit dieses in Kraft treten kann, muss es von zwei Drittel der Mitgliedstaaten ratifiziert werden (SADC, 2012d). Verbindlich ist dieses dann auch nur für die Staaten, welche es ratifiziert haben.
[6] Bei Gütern mit Zollsätzen unter 17 Prozent sollen die Zölle sofort fallen, bei der Gütergruppe mit Zöllen von weniger als 25% gilt eine dreijährige und bei Gütern mit höheren Sätzen eine fünfjährige Übergangsfrist (SADC, Protcol on Trade, 1996). Die sogenannten sensiblen Güter haben Vorrechte, da hier ein Wegfall der Zölle einen nationalen Wirtschaftsbereich gefährden könnte. Zölle können hier über das Jahr 2008 hinaus bestehen. Weiterhin werden wirtschaftlich schwächeren Ländern längere Übergangszeiten gewährt (SADC, Protcol on Trade, 1996).
[7] Ausführliche Beschreibung der Struktur der SADC im Unterpunkt 3.2.
[8] Die Common Agenda konstituiert sich in Art. 5 des Vertrags der SADC und umfasst die Strategien der Organisation zur Erreichung der ihr gesetzten Ziele (vgl. SADC, 2015, Art. 5). Eine nähere Erläuterung erfolgt im Unterpunkt 3.3. Ziele und Ausrichtung.