Konzeption eines Interviewleitfadens zur Kundenbindung bei Abonnementzeitungen


Einsendeaufgabe, 2018

39 Seiten, Note: 1,0

Sophie Bergmann (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Konzeption eines Interviewleitfadens
1.1 Der empirische Forschungsprozess
1.2 Interviewtechnik als Erhebungsmethode
1.2.1 Das Leitfadeninterview
1.2.2 Die Stichprobenauswahl
1.2.3 Die Auswahl der Fragen

2. Verzerrungen im Interview
2.1 Verzerrungen durch den Interviewer
2.2 Verzerrungen durch den Befragten
2.3 Vermeidung von Verzerrungen

3. Gütekriterien in der qualitativen Forschung
3.1 Stellenwert der Gütekriterien
3.2 Ausgewählte Gütekriterien
3.2.1 Verfahrensdokumentation
3.2.2 Kommunikative Validierung
3.2.3 Triangulation
3.2.4 Regelgeleitetheit
3.2.4 Argumentative Interpretationsabsicherung

4. Güte der qualitativen Inhaltsanalyse

Literaturverzeichnis

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Phasen des empirischen Forschungsprozesses

Abbildung 2: Fokus offener Frageworte

Abbildung 3: Einordnung der Frageformen

Abbildung 4: Einflüsse auf Antworten im Interview

Abbildung 5: Ebenen der Triangulation in der Forschung

1. Konzeption eines Interviewleitfadens

Im empirischen Forschungsprozess kommt der Beschaffung von Informationen bzw. Daten eine zentrale Rolle zu. Es ist der zeitaufwendigste und meist kostenintensivste Teil des Vorhabens, bei dem unterschiedliche Methoden der Datenerhebung zum Einsatz kommen können.(Reinhardt & Ornau, 2015, S. 9)

Das Interview als mündliche Form der Befragung stellt dabei in der empirischen Sozialforschung die meist angewendete Erhebungsmethode dar.(Atteslander & Kneubühler, 1975, S. 9)Eine Sonderform bildet das Leitfadeninterview. Beim Leitfaden handelt es sich um eine schriftliche Ausarbeitung von Fragen, an dem sich der Interviewer orientiert. In der vorliegenden Arbeit wird mit Hilfe eines Leitfadens das Konstrukt „Kundenbindung bei Abonnementzeitungen“ bestimmt. Der Leitfaden ist im Anhang zu finden und kann später im Rahmen einer mündlichen Befragung im Face-to-Face-Interview eingesetzt werden.

1.1 Der empirische Forschungsprozess

Ziel einer wissenschaftlichen Untersuchung ist es, durch den Einsatz spezieller Methoden Erkenntnisse zu gewinnen bzw. beständiges Wissen zu generieren. Es handelt sich somit um einen Prozess des Problemlösens bzw. der Frage, wie man zu einer eindeutigen und gesicherten Antwort auf die wissenschaftliche Fragestellung gelangt. Mit Hilfe ausgewählter Datenerhebungsmethoden möchte man vom Ausgangszustand (einer Hypothese) in einen Zielzustand (geprüfte Aussage) gelangen. (Hussy, Schreier & Echterhoff, 2013, S. 5-6)

Die fünf Schritte und drei Phasen des Prozesses sind in Abbildung 1 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Phasen des empirischen Forschungsprozesses

(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Reinhardt, 2013, S. 50)

Bei der Planung einer Untersuchung muss man sich unter Berücksichtigung des Forschungsgegenstandes bzw. der Art der Fragestellung für ein quantitatives oder qualitatives Vorgehen entscheiden. Dabei kommen beim quantitativen Ansatz objektiv messende und somit standardisierte Verfahren zum Einsatz, während in der qualitativen Forschung vor allem sinnverstehende bzw. unstandardisierte Verfahren angewendet werden. Zugleich werden beim quantitativen Ansatz bestimmte Parameter an einer großen Gruppe von Individuen exakt gemessen, beim qualitativen Verfahren hingegen soll eine intensive Untersuchung einzelner Fälle bzw. Individuen zu einer Aussage führen. Im qualitativen Ansatz können bspw. folgende Untersuchungsmethoden der Datenerhebung dienen: unstandardisiertes Interview, teilnehmende Beobachtung, Gruppendiskussion oder qualitative Inhaltsanalyse. Qualitative Untersuchungen kommen meistens zum Einsatz, wenn neue Forschungsfragen generiert oder neue Themengebiete erschlossen werden sollen. Sie sind weniger zur Überprüfung von Hypothesen und somit zum deduktiven Vorgehen geeignet. (Hussy, Schreier & Echterhoff, 2013, S. 9-10) Ein zentraler Aspekt in der qualitativen Forschung stellt eine gewisse Offenheit gegenüber der Erfahrung der untersuchten Personen dar. Dies bildet einen großen Unterschied zu quantitativen Untersuchungen, in denen generalisierbare Merkmale erforscht werden und weniger in die tiefen Strukturen der sozialen Realität eingegangen wird. Die beiden Ansätze schließen sich jedoch nicht aus, beide Untersuchungsmethoden haben ihre Möglichkeiten und Grenzen. (Mikos & Wegener, 2017, S. 10)

1.2 Interviewtechnik als Erhebungsmethode

Interviews lassen sich prinzipiell in nicht-standardisiert, halbstandardisiert und standardisiert einteilen. Während ein nicht-standardisiertes Vorgehen bspw. beim Experteninterview oder einer Gruppendiskussion vorliegt, ist das Leitfadeninterview dem halbstandardisierten Vorgehen zuzuordnen. Standardisiert hingegen sind Interviews mit dem höchsten Grad an Strukturiertheit und werden bspw. als Einzel- oder Gruppeninterviews geführt. Ziel eines methodisch gut angelegten Interviews ist es, die Befragten zu einer befriedigenden Antwort zu führen. (Reinhardt, 2013, S. 91)

1.2.1 Das Leitfadeninterview

Beim Leitfadeninterview wird in der Regel ein einheitlicher Leitfaden entwickelt und für sämtliche Befragungen im Rahmen des Forschungsprojektes verwendet. Er wird schriftlich festgehalten und der späteren Ausarbeitung des Forschungsprojektes als Anhang angefügt. (Helfferich, 2014, S. 565)

Dabei sind im Aufbau des Leitfadens bestimmte Eckpunkte zu beachten. Dem eigentlichen Leitfaden vorangestellt sind dessen Titel und Auftraggeber, sowie einführende/formelle Fragen zum Einstieg. (Reinhardt & Ornau, 2015, S. 17)

Es geht in diesem ersten Abschnitt darum, den Forschungsgegenstand und den Grund der Befragung zu erläutern. Dabei sollte sich der Interviewer bei seinem Gesprächspartner für die Bereitschaft der Teilnahme bedanken. Ziel dieser Eingangssituation ist es, den Befragten zu motivieren und mit dem Ablauf vertraut zu machen. Anschließend werden Hinweise zum Datenschutz erläutert und der Befragte wird gebeten, eine entsprechende Erklärung zu unterzeichnen.

Zu Beginn des Gespräches wird der Befragte zudem darauf hingewiesen, sich so offen wie möglich zu äußern – somit lässt sich ein breites Antwortspektrum generieren. (Helfferich, 2014, S. 566-567) Im nun folgenden, formalen Teil werden persönliche Angaben erfasst. Aus den entsprechenden Daten wie bspw. Alter, Beruf, Familienstand lassen sich bei der Analyse ggfs. weitere Rückschlüsse auf die Nutzung des Abonnements und mögliche Zielgruppen ziehen. Die zusätzliche Aufzeichnung von Datum, Uhrzeit und Ort dient der Übersichtlichkeit in der Datensammlung.

Nach dem formellen Teil beginnt mit dem speziellen Teil die Fokussierung auf den Forschungsgegenstand. Der Hauptteil besteht aus mehreren offenen Fragen oder Erzählaufforderungen bzw. aus einer Kombination der beiden Formen (Helfferich, 2014, S. 565). Beim Leitfadeninterview sind die Reihenfolge, sowie die Art der Fragen somit schriftlich festgehalten und dienen als Orientierungshilfe für die Durchführung. Die Fragen werden dabei im Vorfeld festgelegt und in Themengruppen zusammengefasst. (Reinhardt & Ornau, 2015, S. 17) Dabei werden aus definierten Dimensionen unterschiedliche Kategorien gebildet. Diese wiederum splitten sich in entsprechende Indikatoren auf. Zur Messung des geplanten Konstrukts kommt im Rahmen dieser Forschungsarbeit die Operationalisierung von Rogall zum Einsatz.(Rogall, 2000, S. 150–152)

Bevor der konzipierte Leitfaden zum „realen“ Einsatz kommt, sind im Vorfeld so genannte Pretests notwendig. Hiermit möchte man die Gefahr für Probleme im späteren Verlauf vermeiden bzw. deren Auftretenswahrscheinlichkeit verringern. Diese können z.B. in der Befragungsdauer, der Antwortvariation, dem Verständnis der Fragen und möglichen Effekten der Fragereihenfolge liegen. Wenn die Pretests inkl. eventueller Nachjustierungen im Leitfaden abgeschlossen sind, kann die Befragung der ausgewählten Interviewpartner beginnen.

Das Interview selbst sollte dabei von einigen Verhaltensregeln bestimmt sein. So ist neben der Orientierung am Leitfaden auch das Auftreten des Interviewers von zentraler Bedeutung. Das Gespräch sollte von aktivem Zuhören und gesprächsgenerierenden Beiträgen geprägt sein. Es liegt in der Verantwortung des Interviewers, das Gespräch im Fluss und das Thema im Fokus zu halten. (Reinhardt & Ornau, 2015, S. 20) Neben dem Leitfaden an sich kommt der Gestaltung der Interviewsituation bzw. dem Setting ebenfalls eine zentrale Rolle zu. Im Interviewgespräch entsteht ein asymmetrisches und komplementäres Rollenverhältnis – es handelt sich um eine Kommunikationssituation, bei der interaktiv Daten erzeugt werden. Im Gesprächsverlauf gehen der Interviewende und der Befragte wechselseitig aufeinander ein und produzieren dabei einen Text, der im Nachgang der Auswertung zu Grunde gelegt wird. (Helfferich, 2014, S. 559-561) Mit leitfadengestützten Interviews lassen sich qualitative Daten erzeugen. Hierbei bildet der so genannte Leitfaden als zentrales Dokument die Führung im Gesprächsverlauf. Nach dem Gespräch liegen qualitative Daten in Textform vor. Diese lassen sich mit hermeneutischen, inhaltsanalytischen Verfahren auswerten. Beim halbstandardisierten Vorgehen ist eine rein quantitative Auswertung, wie sie beim standardisierten Vorgehen durchführbar ist nicht ein zu eins abbildbar. (Reinhardt, 2013, S. 92)

Die Analyse von standardisierten Interviews mit offenen Fragen gestaltet sich sehr aufwendig. Offene Fragen sind solche, bei denen es keine festen Antwortvorgaben gibt. Dem Interviewten ist es dabei gänzlich überlassen, wie ausführlich er in seinen eigenen Worten antwortet. Sinnvoll sind offene Frage zur Motivation und zur Informationsgewinnung auf neuen Forschungsfeldern. Der Befragte muss hohe kognitive Fähigkeiten aufweisen, da er die Antworten in eigenen Worten formulieren und den Kern der Aussage verbalisieren muss. (Züll & Menold, 2014, S. 713-715)

1.2.2 Die Stichprobenauswahl

Im empirischen Forschungsprozess werden zum Erkenntnisgewinn in Bezug auf den entsprechenden Forschungsgegenstand Erfahrungen gesammelt und die Daten ausgewertet, um sie anschließend zu verallgemeinern. Hierbei steht eine unendliche Vielzahl von möglichen Probanden und Daten zur Verfügung. Daher nimmt das Thema der Stichprobenziehung bzw. Sampling eine entscheidende Rolle in der qualitativen Forschung ein. Von Beginn an, d.h. ab dem Festlegen der Forschungsfrage muss über die Auswahl der Erhebungseinheiten nachgedacht werden. Es muss geklärt sein, wie die Fallpopulation ausgewählt wird und wie man an diese herantritt. (Akremi, 2014, S. 265-267) Um zu repräsentativen Ergebnissen zu gelangen, ist die Auswahl der Interviewpartner von entscheidender Bedeutung. Hierbei muss man sich zunächst die Frage stellen, welche Personen oder Personengruppen über die benötigten Informationen verfügen. (Reinhardt, 2013, S. 91)

Im Falle einer Kundenzufriedenheitsumfrage einer Zeitung trifft dies auf die Abonnementkunden und eventuell auch ehemalige Kunden zu. Nur Sie können Auskunft über die Zufriedenheit mit der ausgewählten Zeitung geben, die Thema des Interviews ist. Hier gilt es, eine möglichst vielfältige Gruppenzusammensetzung zu erlangen, d.h. eine Stichprobe mit einem möglichst breiten Spektrum an Eigenschaften und Merkmalen wie Alter und sozialem Status anzusprechen. Das Ziel einer wissenschaftlichen Studie liegt darin, Rückschlüsse von den Untersuchungsergebnissen der Stichprobe auf die Grundgesamtheit zu ziehen. Konkret ist bei der Vorliegenden Erhebung bspw. eine Stichprobengröße von 20 Personen denkbar. Es sollten im Rahmen eines selektiven Samplingvorgangs Abonnenten und Kunden sämtlicher Altersstufen, Geschlechter und mit unterschiedlicher Abonnement-Dauer befragt werden. Hat man nun eine große Gruppe an potentiellen Kandidaten für das Leitfadeninterview ausgewählt, so stellt sich die Frage, wer am ehesten bereit ist, an der Befragung teilzunehmen. Zu beachten ist dabei, welche Personenkreise aus Zeit- und Kostengründen für ein Leitfadeninterview in Frage kommt.(Reinhardt, 2013, S. 91)

So ist es berufstätigen Personen ggf. schlechter möglich, an einem zeitaufwendigen Face-to-Face-Interview teilzunehmen, Rentnern hingegen schon. Hier liegt jedoch zugleich die große Gefahr darin, dass Verzerrungen in der Zusammensetzung der Gruppe entstehen. Somit sollte es möglichst vielfältig versucht werden, den Personen eine Teilnahme zu ermöglichen.

1.2.3 Die Auswahl der Fragen

Mit der Art der Frage bzw. ihrer Konstruktion nimmt man entscheidenden Einfluss auf ihre Wirkung. Man unterscheidet zwei bzw. drei Arten: die offene, die geschlossene und die alternative Frageform. Letztere ist eine Sonderform der geschlossenen. Geschlossene Fragen zielen auf eine Ja- oder Nein-Antwort des Interviewten ab. Sie beginnen üblicherweise mit einem Verb und lassen wenig Spielraum für ausführliche Antworten. Mit dieser Art der Frage wird psychologisch eine Art Druck ausgeübt, indem man den Gesprächspartner zum Befragten macht. Ziel ist weniger der Gewinn von völlig neuen Informationen, sondern das Herbeiführen einer direkten Entscheidung ("Entscheidungsfrage"). Sie dienen somit dem direkten Herbeiführen von Entscheidungen oder man verwendet sie als Rückfrage, um sich in Form des aktiven Zuhörens zu versichern, die zuvor getroffene Aussage des Befragten richtig verstanden zu haben. Die Frageform sollte daher nur sehr zielgerichtet und sparsam zum Einsatz kommen. Möchte man jedoch tatsächlich neue Informationen gewinnen, sollte man die Form der offenen Fragen verwenden. Hierdurch wird der Befragte dazu verleitet, detaillierter zu berichten. Offene Fragen beginnen üblicherweise mit "W-Wörtern". Durch ausführliche Antworten lassen sich so neue Details erfahren. Demgegenüber besteht bei dieser Frageform jedoch das Risiko, dass Antworten zu ausführlich gegeben werden und irrelevante Themen vom Befragten angesprochen werden. Der Interviewer hat somit nicht mehr die volle Kontrolle und Einfluss über den Verlauf des Gespräches. (Patrzek, 2017, S. 13-14) Offene Frageworte selbst lassen sich je nach Fokus kategorisieren und sind beispielhaft in Abbildung 2 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Fokus offener Frageworte

(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Patrzek, 2017, S. 15)

Alternative Fragen sind Varianten von geschlossenen Fragen, hierbei werden mehrere Antwortoptionen bereits in der Fragestellung mitformuliert und bieten damit mehr Spielraum als geschlossene Fragen. Hiermit lässt sich das Spektrum der Antwortmöglichkeiten ausweiten, empfohlen wird jedoch maximal drei bis vier Alternativen in einer Frage anzubieten, um den Befragten nicht zu überfordern. (Patrzek, 2017, S. 18)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Einordnung der Frageformen

(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Patrzek, 2017, S. 19)

Das Vorgehen Mittels halbstandardisiertem Interview bietet dem Interviewten die Möglichkeit der Nachfrage, wenn Unklarheiten bestehen oder weitere Details notwendig sind. Der Interviewer sollte im Optimalfall geschult sein, damit er das Interview lenken kann. d.h. bei zu ausführlichen/ausschweifenden Antworten den Befragten wieder zum Thema zurückführen und bei zu kurzen Antworten ggf. nachfassen. Vergleicht man die Methode bspw. mit einem standardisierten Fragebogen, so ist die leitfadengestützte Interview-Methode mit deutlich mehr Zeitaufwand verbunden. Die Face-to-Face-Anwendung bietet für einen erfahrenen Interviewer zum einen die Möglichkeit, direkt mimische Reaktionen des Gegenübers wahrzunehmen und auf der anderen Seite kann der Befragte auch gehemmt sein, bspw. negative Aspekte oder Beschwerden zu thematisieren. Die Auswahl und Reihenfolge der Fragen sollten gut geplant werden. Der Interviewte sollte dabei zu Beginn des Gesprächs über die Freiwilligkeit, den Umfang, das Ziel und den Aufbau informiert werden. Während den Fragen sollten Fremdwörter und überfordernde Fragen vermieden werden.

Entsprechend wurde der anhängige Interviewleitfaden konzipiert. Die konkrete Auswahl der Fragen beinhaltet bei diesem Projekt hauptsächlich offene Fragen, die teilweise durch alternative Fragen ergänzt werden. Einzelne Erzähl-Aufforderungen (bspw. auch bei der Einstiegsfrage im speziellen Teil) sollen den Interviewten dabei in einen Erzählfluss bringen. Im Gesprächsverlauf stellt der Interviewer die Fragen und nennt ggf. Stichpunkte zu den jeweiligen Themen. Mit dem Stellen der vielen offenen Fragen soll dem Interviewten die Möglichkeit gegeben werden, seine Antwort zu begründen und näher auszuführen. Zu Beginn einer jeden neuen Dimension wird der Befragte zudem darauf hingewiesen, auf welches Themenfeld sich die nun folgenden Fragen beziehen. Damit bilden sie die Grundstruktur des speziellen Teils und sind durch Rahmen optisch voneinander abgehoben. Die Dimensionen werden nacheinander behandelt, wobei diejenige der „Kundenzufriedenheit“ als letzte Frage gestellt wird. Es handelt sich hierbei um das Kernelement und im Laufe des Interviews eine Meinung beim Befragten gebildet bzw. gefestigt hat.

Im Schlussteil wird der Interviewte gefragt, ob es noch offene Punkte oder Aspekte gibt und darauf hingewiesen, dass er diese auch unter den angegebenen Kontaktmöglichkeiten nachreichen kann. Der Interviewende sollte sich erneut beim Befragten für das Interview bedanken und verabschieden.

2. Verzerrungen im Interview

Bei Interviewsituationen kommt es stets zu komplexen sozialen Interaktionen. Hierbei können im Verlauf des Gespräches unterschiedliche – bewusst oder unbewusst erzeugte – Verzerrungen auftreten. Es handelst sich dabei um Verfälschungen des Untersuchungsergebnisses, die durch den Interviewer oder den Befragten hervorgerufen werden. Die Tatsache, dass es sich bei einem Interview um eine soziale Situation handelt, unterscheidet es von den meisten anderen Datenerhebungsverfahren. Es gibt unterschiedliche Interaktionseffekte, die in dieser kommunikativen Situation in verschiedener Ausprägung auftreten können und somit Möglichkeiten der Verzerrung bieten. (Möhring & Schlütz, 2010, S. 41)

Einheitliche Kriterien für ein fehlerfreies Interview (= Hervorbringen der „wahren“ Antworten des Befragten) sind schwer zu stellen, da diese meist unbekannt sind. Auch sind die Verzerrungen nicht immer eindeutig einem der beiden Gesprächspartner zuzuordnen, da sie sich teilweise spiegeln bzw. gegenseitig bedingen. Wie in jeder Gesprächs-/Kommunikationssituation liegen demnach im Interview wechselseitige Einflussfaktoren zu Grunde. (Bortz & Döring, 2006, S. 246), sie sind in Abbildung 4 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Einflüsse auf Antworten im Interview

(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Möhring & Schlütz, 2010, S. 42)

2.1 Verzerrungen durch den Interviewer

Das menschliche Denken folgt bestimmten Strukturen und Schemata, zudem ist die Kapazität dessen, was an Informationen aufgenommen und verarbeitet werden kann, begrenzt. In der Interviewsituation kann es daher beim Beobachten und Bewerten seitens des Interviewenden zu Beobachtungsfehlern kommen. Je weniger stark ein Interview strukturiert ist, desto häufiger treten solche Verzerrungen auf. Hierzu zählen Effekte, die auf einer zu frühen Eindrucks- und Erwartungsbildung basieren. Interviewer tendieren dazu, ihre Entscheidung und Bewertung zu einem zu frühen Gesprächszeitpunktes zu treffen. Hierbei spielt auch das Phänomen des ersten Eindrucks eine wichtige Rolle. Der erste Eindruck, den der Interviewende vom Befragten erlangt, wird sich während des gesamten Gespräches inkl. Nachbereitung auf die Bewertung auswirken. Diese vorab gebildete Meinung bzw. Erwartung beeinflusst nicht nur das Verhalten des Interviewenden sondern kann dadurch auch auf den Befragten spiegeln – wodurch dieser evtl. zu deren Erfüllung bewegt wird.(Strobel, Franke-Bartholdt, Püttner & Kersting, 2018, S. 79–80)

Es ist unbestritten, dass der Interviewer mit seinem Auftreten und Verhalten die Antworten des Befragten und somit das Ergebnis der wissenschaftlichen Arbeit entscheidend beeinflussen kann. Bereits das äußere Erscheinungsbild, das Auftreten und die Erwartungshaltung des Interviewers können Einfluss auf die Aussagen des Befragten nehmen, ohne dass sich der Interviewer darüber bewusst ist. (Bortz & Döring, 2006, S. 246) Um ergiebige und valide Daten vom Befragten zu bekommen, die der Realität möglichst nah sind, ist vor allem nur die Auswahl der Fragen von zentraler Bedeutung. Hierbei können unterschiedliche Effekte entstehen, die zum einen dem Interviewer als Ersteller des Fragebogens, auf der anderen Seite jedoch auch dem Befragten zugeordnet werden können. Bei der Konzeption des Fragebogens kann es auf Grund der Reihenfolge der Fragen zu Ausstrahlungseffekten kommen, d.h. dass eine Frage auf die nächste überstrahlt. Es entstehen inhaltliche Verknüpfungen zwischen zwei Sachverhalten, die die Antworten beeinflussen können. Der Befragte produziert hierbei eine affektive Verknüpfung von zwei Sachverhalten, die eigentlich separat voneinander zu betrachten sind. (Brosius, Haas & Koschel, 2012, S. 86-87)

Von Kontrasteffekten spricht man, wenn die Formulierung der Frage eine bestimmte Antwort nahelegt. D.h. wenn man bspw. nach der Meinung des Interviewten von vor einem Jahr fragt und nun die aktuelle Meinung damit vergleichen möchte, fühlt sich der Befragte in der Situation, dass er konträr antworten muss. (Brosius, Haas & Koschel, 2012, S. 87)

[...]

Ende der Leseprobe aus 39 Seiten

Details

Titel
Konzeption eines Interviewleitfadens zur Kundenbindung bei Abonnementzeitungen
Hochschule
SRH Fernhochschule
Note
1,0
Autor
Jahr
2018
Seiten
39
Katalognummer
V511756
ISBN (eBook)
9783346137814
ISBN (Buch)
9783346137821
Sprache
Deutsch
Schlagworte
konzeption, interviewleitfadens, kundenbindung, abonnementzeitungen
Arbeit zitieren
Sophie Bergmann (Autor:in), 2018, Konzeption eines Interviewleitfadens zur Kundenbindung bei Abonnementzeitungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/511756

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