Die Burschenschaften als Jugendbewegung 1945 - 1989


Seminararbeit, 2004

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die deutschen Burschenschaften
2.1. Geschichte der Burschenschaften
2.2. Organisation der Burschenschaften

3. Die Burschenschaften als Jugendbewegung
3.1. Neuanfang der Burschenschaften nach dem II. Weltkrieg
3.2. Themen und Aktionen der Burschenschaften 1945 - 1989
3.3. Burschenschaft: Bewegung oder Kultur?

4. Zusammenfassung 13

5. Anhang
5.1. Aus der Verfassung der Deutschen Burschenschaft
5.2. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Es gibt nur wenige menschliche Gemeinschaften, die seit nunmehr fast 200 Jahren bestehen und alle politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Veränderungen scheinbar schadlos und unverändert überstanden haben. Die Studentenverbindungen und hier insbesondere die Burschenschaften gehören dazu. Sie wurden verboten und als staatsfeindliche Elemente verfolgt, Todesurteile wurden gegen ihre Mitglieder ausgesprochen und trotzdem überlebten diese Zusammenschlüsse junger und alter Studenten. Schon lange gelten sie in der öffentlichen Meinung als unzeitgemäß und überholt, und trotzdem bestehen sie weiter, begeistern ihre jungen Mitglieder für schon längst totgesagte Ideale und pflegen ihre für Außenstehende oft nicht nachvollziehbare Rituale.

Die Themen und Aktionen, mit welchen sich die Burschenschaften auseinander setzten, änderten sich seit ihrem Entstehen im Jahre 1815, drehten sich jedoch immer um die drei Kernbegriffe, die zum Wahlspruch des Dachverbandes, der Deutschen Burschenschaft (DB), wurden: Ehre, Freiheit, Vaterland.

Literatur kann zum Thema Burschenschaft in großer Zahl recherchiert werden, jedoch muss hier auf die Objektivität der Verfasser eingegangen werden. Verfasser wie Wolfgang Bluhm, die selbst Mitglieder einer Burschenschaft sind, haben durch diese intensive Erfahrung oft die nötige Distanz zum Thema verloren. Kritische Vermerke zur Arbeit der Burschenschaften bleiben hier die Ausnahme.

Anders gestaltet sich dies bei Verfassern wie bspw. Dietrich Heither, die die Burschenschaften ohne nähere persönliche Einblicke beschreiben. Eben diese fehlenden, zugegebenermaßen schwer zu erlangenden, Einblicke färben ihre Arbeiten mit einem Ton von Halbwissen. Die in ihrer Außenwirkung zu beobachtende Handlung wird ohne konkretes Eingehen auf die innere Struktur beschrieben und bewertet und verliert damit zumindest teilweise ihren Anspruch auf Objektivität. In der vorliegenden Arbeit soll herausgearbeitet werden, wie sich die politische und kulturelle Arbeit in der Nachkriegszeit vor dem Hintergrund der Burschenschaften als Jugendbewegung gestaltete. Einzelaktionen und Veranstaltungen einzelner Burschenschaften oder Burschenschafter stehen hier nicht im Mittelpunkt der Betrachtung, vielmehr soll auf die Gesamtrichtung der Ziele aller Burschenschaften eingegangen werden. Durch die verschiedene Initiativen der einzelnen Mitgliedsbünde des Dachverbandes und die daraufhin vom Burschentag beschlossenen Maßnahmen kann die Gesamtheit der Burschenschaften beurteilt werden.

Dazu wird in Kapitel 2 näher auf die Geschichte der Burschenschaften eingegangen. Zudem wird die Organisation und der Aufbau einer Burschenschaft erläutert, was für das Verständnis des nachfolgenden Kapitels unabdinglich ist.

Im Kapitel 3 wird nach einem kurzen geschichtlichen Abriss über die Lage der Burschenschaften nach dem II. Weltkrieg auf die Themen und Aktionen der Burschenschaften in der Zeit von 1945 bis 1989 eingegangen. Abschließend wird die Burschenschaft als Jugendbewegung und -kultur definiert.

2. Die deutschen Burschenschaften

2.1. Geschichte der Burschenschaften

Die Burschenschaften haben ihren Ursprung in der ersten, am 12. Juni 1815 in Jena gegründeten Burschenschaft, der sogenannten „Urburschenschaft". Sie war der Zusammenschluss von Jenaer Studenten, deren Ziele die nationale Einheit aller Deutschen und die Befreiung vom obrigkeitsstaatlichem Regiment waren. Viele der späteren Burschenschafter hatten als Freiwillige an den Befreiungskriegen gegen Napoleon in den Jahren 1813 bis 1815 teilgenommen und widersetzten sich nun den Beschlüssen des Wiener Kongresses vom Sommer 1815, der eine Zersplitterung Deutschlands in 38 Teilstaaten festgeschrieben hatte. Diese Ziele wurden trotz Verfolgung und Unterdrückung immer wieder in die Öffentlichkeit getragen. Das Wartburgfest im Oktober 1817 in Eisenach, das Hambacher Fest 1832 in der Pfalz, die Revolution 1848 und daran anschließend die stark von Burschenschaftern geprägte Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche1 bildeten Höhepunkte in der von der burschenschaftlichen Bewegung mitbestimmten Entwicklung auf dem Weg zum Nationalstaat.2

Nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871 besannen sich auch die Burschenschaften auf ein einheitlicheres Auftreten und gründeten 1881 den Allgemeinen Deputierten-Convent (ADC). Dieser bestand aus 35 reichsdeutschen Burschenschaften und hatte als kleinsten gemeinsamen Nenner das Ziel, ein Zusammengehen in allen allgemeinen studentischen und burschenschaftlichen Angelegenheiten zu bewirken. Der ADC war der Vorläufer des bis heute bestehenden Dachverbandes, der Deutschen Burschenschaft (DB), in welchen sich der ADC im Jahre 1902 umbenannte.

Während des ersten Weltkrieges rekrutierte die Deutsche Burschenschaft aus Ihren Reihen Freiwillige für den „Vaterländischen Studentendienst“. 3300 Burschenschafter fielen im Rahmen dieser Verwendung.

Ihren Anspruch auf den in Ihrer Verfassung eingegliederten volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriff 3 machten viele Burschenschafter 1921 bei dem Sturm auf den Annaberg deutlich. Hier verhinderten von Burschenschaftern geführte Selbstschutzverbände erfolgreich eine völkerrechtswidrige Annektion Oberschlesiens durch Polen.4

Nach 1933 setzte eine zunehmende Verfolgung der freiheitlich gesinnten Burschenschaften ein. Otto Schwab5 versuchte schon 1933, das Führerprinzip nicht nur im Dachverband, sondern auch in den einzelnen Mitgliedsbünden einzuführen, welches mit zunehmenden Austritten einzelner Burschenschaften beantwortet wurde. 1935 verbot Reichsjugendführer Baldur von Schirach Angehörigen der Hitlerjugend die Mitgliedschaft in einer studentischen Verbindung. Die Verfolgung gipfelte 1935 nach dem Plauener Abkommen6 in der Auflösung der Deutschen Burschenschaft, welche in den Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund (NSDStB) überführt wurde.7

Erst nach dem Krieg konnte sich der Verband nach anfänglichem Verbot 1950 auf dem Burschentag in Marburg neu gründen. In den folgenden Jahren der jungen Bundesrepublik engagierte sich der Verband vor allem in der Frage der nationalen Einheit und des volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriffs, in Auslegung dessen er sich für die ehemals deutschen Ostgebiete und den einsetzenden Unabhängigkeitskampf der Südtiroler, dem „Südtiroler Freiheitskampf“, einsetzte. Die Frage nach der Mitgliedschaft österreichischer Burschenschaften in der DB wurde 1971 mit dem „historischen Kompromiss“8 gelöst.

Nach der deutschen Wiedervereinigung zogen viele Bünde zurück zu ihren alten Studienorten in den neuen Bundesländern, in welchen sie bis zur Wende verboten waren. Heute besteht die Deutschen Burschenschaft aus 123 Burschenschaften aus der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich.9

2.2. Organisation der Burschenschaften

Die Burschenschaften in der Bundesrepublik Deutschland, Österreich und Chile organisieren sich in zwei Dachverbänden, der Deutschen Burschenschaft (DB) und der Neuen Deutschen Burschenschaft (NDB)10. Die DB ist der mit Abstand größere und somit repräsentativere Dachverband und soll im Schwerpunkt der Betrachtung liegen.

Die DB umfasst 123 Burschenschaften in der Bundesrepublik Deutschland, Österreich und Chile. Sitz der DB ist der Hochschulort der vorsitzenden Burschenschaft der Deutschen Burschenschaft, im Geschäftsjahr 2004/05 somit Marburg.

Das oberste Organ der DB ist der Burschentag, der jährlich in Eisenach stattfindet.11 Er bestimmt im Rahmen der in der Verfassung verankerten Grundsätze die burschenschaftliche und hochschulpolitischen Ziele der Deutschen Burschenschaft und erlässt die Richtlinien für ihre Verwirklichung.

Alle Mitgliedsbünde sind unabhängig von ihrer Größe mit gleicher Stimme vertreten.12

Die Gliederung in einer einzelnen Burschenschaft gestaltet sich anders. Neben der Gruppe der noch studierenden Burschenschafter, der Aktivitas, sammeln sich die das Studium bereits abgeschlossene Mitglieder in der Altherrenschaft (AH-Schaft).

Die Aktivitas spaltet sich weiter in drei Gruppen. Die jüngsten Mitglieder des Bundes sind die sogenannten Füxe. Sie sind Mitglieder auf Probe13 und müssen gewisse Aufgaben übernehmen, um nach erfolgreicher Erledigung dieser geburscht zu werden. Als aktive Burschen sind sie vollwertige Mitglieder des Bundes und haben Stimmrecht auf dem Convent14. Nach der Erfüllung diverser Pflichten wird der Bursche inaktiviert, ist von fast aller Verantwortung entbunden und schließt sein Studium ab.

Beim Bundesconvent15, welcher in der Regel jährlich tagt, werden, ähnlich wie beim Burschentag, die Rahmenrichtlinien des Bundes festgelegt und bestimmt. Er ist auch hier das höchste Gremium der Burschenschaft.

3. Die Burschenschaften als Jugendbewegung

3.1. Neuanfang der Burschenschaften nach dem II. Weltkrieg

Nach dem Ende des II. Weltkrieges verbot der Alliierte Kontrollrat die Wiederbelebung der Korporationen. Häuser wurden beschlagnahmt und der Aktivenbetrieb, das Tragen von Farben und das Fechten verboten. Den Burschenschaften wurde kollektiv die Unterstützung des NS-Regimes vorgeworfen.16

Lange hielt sich das Verbot nicht, im Juni 1950 kam es zur Wiedergründung der Deutschen Burschenschaft. Das Fechten wurde 1954 wieder eingeführt, nachdem der Bundesgerichtshof 1953 feststellte, das die Mensur nicht strafbar sei.17

Auch begann die DB im Jahre 1952 im Rahmen ihrer selbst auferlegten staatsbürgerlichen Bildungsarbeit eine Arbeitsrunde, die Berliner Tagungen, zu etablieren, welche sich als deutschlandpolitisches Forum verstand und sich im Schwerpunkt mit der deutschen Teilung auseinander setzte.18 Die Berliner Tagungen fanden jährlich in Berlin statt, auf sie als wesentlicher Teil der politischen Arbeit der Burschenschaften soll im Kapitel 3.2. noch genauer eingegangen werden.

[...]


1 Die Nationalversammlung in der Paulskirche und deren demokratische Folgeeinrichtung wurde auch als das burschenschaftliches Parlament bezeichnet.

2 vgl. Wreden, Grundriss der burschenschaftlichen Geschichte, 1998, S. 82 - 92.

3 vgl. Verfassung der Deutschen Burschenschaft, Absatz 9, Kapitel 5.1..

4 vgl. Wreden, Grundriss der burschenschaftlichen Geschichte, 1998, S. 98 - 104.

5 Otto Schwab wurde nach Einführung des Führerprinzips die Führung der DB übertragen.

6 Plauener Abkommen: Glauning, Schwabs nachfolgender Vorsitzender der DB , beschloss 1935 mit Derichsweiler, Führer des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes (NSDStB), die Auflösung der DB und die Eingliederung der Mitgliedsbünde in den NSDStB als sog. Kameradschaften.

7 vgl. Wreden, Grundriss der burschenschaftlichen Geschichte, 1998, S. 105 - 106.

8 „Historischer Kompromiss“: Österreichische Burschenschaften können dem Verband beitreten, dafür gibt dieser das pflichtschlagende Prinzip auf und überlässt den einzelnen Mitgliedsbünden die Entscheidung, ob diese ihren Mitgliedern die Mensur vorschreibt oder nicht.

9 vgl. Kopp und Oldenhage, Die Deutsche Burschenschaft nach 1945, 1998, S. 106 - 111.

10 Im Januar 1996 traten acht Einzelburschenschaften wegen angeblich rechtsradikaler Strömungen im Dachverband aus der DB aus und gründeten die Neue Deutsche Burschenschaft.

11 vgl. Heither und Schäfer, Im rechtextremen Netzwerk, 1997, S. 280.

12 vgl. Niederhausen, Die Deutsche Burschenschaft, 1998, S. 2 - 3.

13 Die Probezeit dauert in etwa ein Jahr.

14 Der Convent ist das bestimmende Gremium der Aktivitas.

15 Auch genannt Bundestag oder Bundesversammlung.

16 vgl. Elm, Zur Geschichte studentischer Korporationen in Deutschland, 1992, S. 180 f..

17 vgl. Stephan und Vogel, Studentisches Fechten und Mensur, 1998, S. 372.

18 vgl. Bluhm, Für Einigkeit und Recht und Freiheit, 2001, S. 13.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Die Burschenschaften als Jugendbewegung 1945 - 1989
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München
Note
1,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
18
Katalognummer
V51226
ISBN (eBook)
9783638472500
ISBN (Buch)
9783638764940
Dateigröße
419 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Burschenschaften, Jugendbewegung
Arbeit zitieren
Johann Leo Paul (Autor:in), 2004, Die Burschenschaften als Jugendbewegung 1945 - 1989, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/51226

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