Fundraising durch Non-Profit-Organisationen mit Schwerpunkt Privatpersonen in Deutschland

Grundfragen und Entwicklungstendenzen


Bachelorarbeit, 2019

68 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Gliederung

Danksagung

Gliederung

1. Einleitung

2. Non-Profit-Organisationen
2.1 Historie und Entwicklung
2.2 Non-Profit-Organisation – Ein Teil der sozialen Marktwirtschaft
2.3 Klassische Finanzierungsformen

3. Fundraising
3.1 Historie und Entwicklung
3.2 Sozialmanagement – Ein Aufgabenfeld der Sozialen Arbeit
3.3 Fundraising – Ein Aufgabenfeld des Sozialmanagements
3.4 Instrumente des Fundraising

4. Fundraising bei Privatpersonen
4.1 Privatpersonen: Wer oder was sind Sie?
4.2 Die Spenderpyramide – Ein fundiertes Marketing

5. Zwischenergebnis

6. Grundfragen des Fundraising
6.1 Motive der Spender
6.2 Motive der Non-Profit-Organisationen
6.3 Moralische, ethische und rechtliche Grundsätze
6.3.1 Darstellung und Informationsgabe
6.3.2 Bereitschaft der Spender und aktiver Aufruf
6.3.3 Spendengabe und Transaktion
6.3.4 Bindung an die Organisation
6.3.5 Selbstbestimmung und Transparenz
6.4. Professionalisierung – ein zentraler Erfolgsfaktor im Fundraising
6.5 Einschätzung und Schlussfolgerung

7. Entwicklungstendenzen des Fundraising in der Zukunft
7.1 Gesellschaftliche Veränderungen
7.2 Der Spendenzweck und -anstoß
7.3 Das Spendeverhalten und -volumen
7.4 Online-Fundraising und Crowdfunding
7.5 Einschätzung und Schlussfolgerung

8. Fazit und Diskussion

Literaturverzeichnis

Danksagung

An dieser Stelle möchte ich die Gelegenheit nutzen, um verschiedenen Menschen zu danken.

Aus professionellem Anlass möchte ich Danke sagen bei:

- Herrn Werner Schönig für die Bereitschaft, meine Thematik weiter zu verfolgen und die wertschätzende Betreuung während meiner schriftlichen Ausarbeitung. Vielen Dank!
- Frau Ingrid Sitzenstuhl für die freundliche Unterstützung durch die Zweitkorrektur dieser Arbeit. Vielen Dank!

Aus persönlichem Anlass möchte ich Danke sagen bei:

- Meinen Eltern für die Unterstützung und Herzlichkeit während des Studiums und außerhalb dessen, ohne die ich nicht dort stehen würde, wo ich es heute tue. Vielen Dank!
- Der Firma TRANSPARENZ NRW GmbH, insbesondere der Geschäftsleitung und der Geschäftsführung für die Gabe verschiedener Chancen und Möglichkeiten, mich persönlich und beruflich weiterentwickeln zu können. Vielen Dank!
- Frau Luisa Cortes, Herrn Florian Hümbs, Frau Lea Lessenich, Herrn Martin Pfohl und Herrn Manuel Denegri Willms für das immer wiederkehrende Vertrauen und die motivierende Art während meiner Ausarbeitung und auch darüber hinaus. Vielen Dank!

Diese Arbeit wird verfasst mit Gedanken an meinen Bruder Jonas (†04.04.1995) und Herrn Sebastian Leng, dessen Persönlichkeit und Charakter ich sehr schätze.

1. Einleitung

Schon in der Zeit des Mittelalters wurden bedürftige Menschen in ihrem Leben und ihrer Existenz unterstützt. Die Art und Formen dieser Hilfen haben sich im Lauf der Jahrhunderte ausdifferenziert und verändert. In Deutschland gewann die soziale Marktwirtschaft gerade im Non-Profit-Bereich zur Zeit des 19. Jahrhunderts zunehmend an Bedeutung und Zulauf. Die institutionelle Festigung und Ausweitung der Unterstützung von steuerbegünstigten Organisationen, sogenannten Non-Profit-Organisationen, ist im Sozialstaat Deutschland schon lange nichts Neues mehr. Seit der Jahrtausendwende jedoch befindet sich der Non-Profit-Sektor in einer Art „Umbruchssituation“: Leere öffentliche Kassen, überlastete Sozialversicherungen sowie ein steigender Wettbewerb innerhalb des Sektors und gesellschaftliche Einflussfaktoren führen vermehrt zu Problematiken; vor allem in der Ressourcenbeschaffung. Dass sich wirtschaftliche und soziale Interessen hierbei vermehrt überschneiden, ist ebenso evident wie die Tatsache, dass jene Umbruchssituation einen Einfluss auf die zukünftige Soziale Arbeit haben wird.

Umso interessanter ist es, Grundfragen des Fundraising, also der professionellen Mittelbeschaffung, bei Non-Profit-Organisationen zu bearbeiten, zu hinterfragen und zu reflektieren. Was ist überhaupt eine Non-Profit-Organisation und welche Funktion erfüllt diese im deutschen Sozialsystem? Was steckt hinter dem Wort Fundraising und welche Bedeutung hat dieses für Non-Profit-Organisation? Was sind hierbei Privatpersonen und woran lassen sich diese charakterisieren? Was oder Wer sind Spender und welche Motive stecken hinter der Spende von Privatpersonen? Welche Motivation bzw. welcher Anspruch steckt in der Handlung von Non-Profit-Organisationen, Fundraising zu betreiben? Gibt es im Fundraisingprozess rechtliche, ethische oder moralische Vorgaben bzw. Grundfragen, die zu beachten oder zu stellen sind? Inwieweit sind Entwicklungstendenzen für die kommenden Jahre abzusehen und wie wird sich Soziale Arbeit an diesen Wandel anpassen müssen? Das Ziel der vorliegenden Bachelorarbeit ist es, sich genau mit den genannten Fragen zu beschäftigen und sie im optimalen Fall umfassend zu beantworten.

Im ersten Teil der Arbeit werden Fundraising, Non-Profit-Organisationen und Privatpersonen dargestellt, erklärt sowie in Bezug zueinander gesetzt. Hierbei wird nicht nur historisch ein Exkurs getätigt, sondern auch eine Einordnung in zeitlich-aktuelle Strukturen vorgenommen. Daneben sollen die in diesem Teil ausgearbeiteten Informationen als Grundlage dienen, ein einheitliches und umfassendes Verständnis der Thematik, auch für die folgenden Kapitel, zu erhalten. Im zweiten Teil werden die Grundfragen des Fundraising genauer betrachtet. Hierzu werden zunächst Motive von Privatpersonen und Non-Profit-Organisationen literarisch untersucht. Weiterführend sollen rechtliche, ethische und moralische Grundfragen im Fundraisingprozess beleuchtet, hinterfragt und gegenübergestellt werden, um möglicherweise weitere Grundfragen erschließen zu können. Diese kritische Betrachtung soll in einer wertneutralen kritischen Auseinandersetzung folgen. Im dritten und letzten Teil werden zukünftige Entwicklungstendenzen des Fundraising anhand von Statistiken und Berichten festgemacht. Die in der Arbeit verwendete Literatur- und Quellenauswahl ist aufgrund ihrer Aktualität und Qualität weiterzuempfehlen.Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird in der vorliegenden Bachelorarbeit die männliche Sprachform bei personenbezogenen Substantiven und Pronomen verwendet. Dies impliziert jedoch keine Benachteiligung des weiblichen Geschlechts, sondern soll im Sinne der sprachlichen Vereinfachung als geschlechtsneutral zu verstehen sein.

2. Non-Profit-Organisationen

Non-Profit-Organisationen sind im Sozialstaat Deutschland nicht mehr wegzudenken. Sie sind elementarer Bestandteil des sozialen Sektors und übernehmen für die Gesellschaft wichtige Aufgaben. Um ein umfassendes Verständnis hierfür und auch für die Bedeutung des Fundraising als Aufgabenfeld für solche Organisationen entwickeln zu können, bedarf es zunächst einer genaueren Kategorisierung der teils komplexen Strukturen und einer Einordnung in die Soziale Marktwirtschaft. Dazu wird zunächst näher betrachtet werden, was eine Non-Profit-Organisation überhaupt ist und wie sie sich entwickelt hat, im zweiten Schritt wo sie in der sozialen Marktwirtschaft einzuordnen ist, um im dritten Schritt die Finanzierung im Non-Profit-Bereich in den Fokus nehmen zu können.

2.1 Historie und Entwicklung

Erste Anknüpfungspunkte lassen sich zur Zeit der mittelalterlichen Epochen festmachen. Hier schlossen sich Menschen mit gleichen Interessen und Bedürfnissen zusammen, um diesen nachzugehen. Jene Zusammenschlüsse wurden in verschiedenen Formen, wie beispielsweise Kulturvereinen, organisiert. Diese könnten aufgrund der oftmals gemeinnützigen Zielsetzung aus heutiger Sicht als eine Art erste Form von Non-Profit-Organisationen bezeichnet werden. Ein Teil jener Zusammenschlüsse existiert noch bis in die heutige Zeit, auch wenn sich deren Strukturen möglicherweise zu Gunsten aktueller rechtlicher Vorgaben und gesellschaftlicher Nachfrage geändert haben. Im Wandel der Zeit differenzierten sich solche Zusammenschlüsse aus. Zur Zeit Otto von Bismarcks im 19. Jahrhundert wurden Entscheidungen und Prozesse, die dem Wohl des Volkes gewährt waren, fast vollständig durch den Staat selbst vollzogen. Eine Einflussnahme auf das politische Geschehen war zwar möglich, jedoch häufig durch die Interessen des Staates bestimmt. Um dennoch politisches Mitspracherecht haben zu können, organisierten sich die Bürger daher selbst und förderten die Gründung einer Vielzahl von Vereinen, Gewerkschaften sowie Berufsverbände und freien Trägern, die sich dem Gemeinwohl versprachen. Die eingangs erwähnten Zusammenschlüsse von Menschen mit gleichen Interessen fokussierten sich also nicht mehr ausschließlich auf freizeitliche Aktivitäten, sondern nunmehr auch auf politische und dem Gemeinwohl förderliche Tätigkeiten. Diese Veränderungen lassen sich unter anderem durch eine veränderte Machtstruktur erklären, die sich vom Herzogtum hin zu einer multipersonalen Vertretung gesellschaftlicher Interessen wandelte. Zusammenschlüsse gewannen vor allem durch die Gründung und Kooperation von Caritas, Diakonie und weiteren Trägern der freien Wohlfahrtspflege zunehmend an gesellschaftlicher Bedeutung und politischem Einfluss. Entscheidungen des Staates konnten somit zunehmend durch die Unternehmen des, aus heutiger Sicht, dritten Sektors mitbestimmt werden. [vgl. Kreuzer, 2004: S. 3-4 und Drews, 2002: S. 3-5]

„Zum Dritten oder Nonprofit-Sektor sind all diejenigen Organisationen zu rechnen, die for­mell strukturiert, organisatorisch unabhängig vom Staat und nicht gewinnorientiert sind, ei­genständig verwaltet werden sowie keine Zwangsverbände darstellen.“ [Drews, 2002: S. 4]

Aus den oben genannten Ausführungen lassen sich folglich drei allgemein geltende Charakteristika von Non-Profit-Organisationen festmachen, die Ihre Ausgestaltung und Ausrichtung charakterisieren. An erster Stelle ist eine Non-Profit-Organisation grundsätzlich selbstverwaltend. Die aus den Konflikten des 19. Jahrhunderts zwischen Staat und Bürgertum heraus entstandene Autokratie solcher Organisationen bestimmt zum einen die unabhängige Entwicklung dieser und zeigt zum anderen klar, dass diese durch gesellschaftliche und kommunale Einflüsse entstehen. An zweiter Stelle steht der Grundsatz der Subsidiarität (lat.: subsidum = Hilfe aus der Reservestellung), also die Anerkennung der Selbstverwaltung seitens des Staates und die im selben Zug finanzielle staatliche Unterstützung jener Organisationen, die sich um Bedürfnisse des Volkes kümmern und somit Funktionen des Staates übernehmen. Das dritte Charakteristikum gilt demnach der Gemeinwirtschaft, also dem Ziel, nicht gewinnorientiert oder vermögensmaximierend zu handeln. Sie sind im Verständnis der Definition auch nicht privat-gewerblich oder öffentlichen Trägerschaften zuzuordnen. [vgl. Urselmann, 2014: S. 5 und Drews, 2002: S. 3-5]

Interessanterweise ist an dieser Stelle festzustellen, dass die Grundsätze des dritten Sektors in vielen Gegebenheiten mit den christlichen Sozialprinzipien identisch sind. Daraus lässt sich nicht nur ein bereichsübergreifender Einfluss der konfessionellen Kirche festmachen, sondern im selben Zug auch die Gegenwärtigkeit jener Grundsätze in vielen Bereichen des Alltags vermuten. Dabei ist vor allem zu sagen, dass viele der Organisationen im Non-Profit-Bereich einen konfessionellen Träger vorangestellt haben. [vgl. Misereor, 2018: S. 16-17 und Schönig et al., 2018: S. 206]

Seit der Jahrtausendwende haben sich die Mühen intensiviert, Non-Profit-Organisationen mit Hilfe systemischer und statistischer Techniken zu untersuchen, um Kenntnisse über Größe, Struktur und Finanzierung zu sammeln. Anhand der zu findenden Literatur, deren Erscheinungsjahre hauptsächlich dem Jahr 2000 folgend sind, wird diese Hypothese unterstützt. Zuvor lag der Fokus der Fachliteratur eher auf anderen Bereichen. Non-Profit-Organisationen erfahren also eine Bedeutungszunahme. Im Jahr 2017 ermittelte die ZiviZ-Survey der Bertelsmann Stiftung eine Gesamtheit von mehr als 630.000 gemeinnützigen Organisationen in Deutschland, in denen sich rund 16 Millionen Menschen ehrenamtlich engagieren. Somit ist fast jeder vierte Bundesbürger Mitgestalter in einer solchen Organisation. Damit steht dem Ergebnis der ZiviZ-Survey aus dem Jahr 2012 ein prozentualer Zuwachs von knapp fünf Prozent entgegen. Dies zeigt eine zunehmende Bedeutung der Non-Profit-Organisationen in Deutschland und zeitgleich einen Einfluss gesellschaftlicher Interessen und Engagement auf die Entwicklung dieser. [vgl. Liebig und Karla, 2003: S. 32 und Bertelsmann Stiftung, 2017]

2.2 Non-Profit-Organisation – Ein Teil der sozialen Marktwirtschaft

In Kapitel 2.1 wurde bereits auf die Zugehörigkeit von Non-Profit-Organisationen zum dritten Sektor hingewiesen. Diese Begrifflichkeit und Bezeichnung stellt in der vorliegenden Ausarbeitung eine weitere ungeklärte Komponente dar, die zweifelsohne für die Einordnung und das Verständnis der Funktion einer Non-Profit-Organisation im Sozialstaat Deutschland elementar ist. Aus der erhöhten Komplexität und eingangs erwähnter junger Forschung resultieren verschiedene Definitionsversuche und Debatten in der Fachliteratur, was der dritte Sektor ist, was er umfasst und was ihm zuzuordnen ist. Die unten abgebildete Grafik von Zimmer und Priller aus dem Jahr 2001 gibt eine Hilfestellung zur Erklärung und strukturellen Einordnung des dritten Sektors nach Meinung der Autoren wieder:

Abbildung 1: Dritter Sektor zwischen Markt, Staat und Familie

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Zimmer und Priller, 2001: S. 13

Der dritte Sektor bezeichnet aus ökonomischer Sicht einen Bereich zwischen dem Staat (als ersten Sektor), dem Markt (als zweiten Sektor) und Gemeinschaft bzw. Familie. Unternehmen im dritten Sektor versorgen die Bürger mit Waren und Dienstleistungen und dienen zudem als Ansprechpartner für den Bürger und seine Bedürfnisse. Zeitgleich fungiert der dritte Sektor als Bindeglied zwischen Staat, Markt und dem Bürger selbst. [vgl. Zimmer und Priller, 2001: S. 13-14, Liebig und Karla, 2003: S. 31-33 und Drews, 2002: S. 3-5]

Aus dieser Perspektive sind Non-Profit-Organisationen zwar dem dritten Sektor angehörig, stellen jedoch nur einen Teil aller Organisationen der sozialen Marktwirtschaft dar. Sie stehen also nicht alleine für soziale und/oder gesundheitliche Dienstleistungen, sondern neben einem zweiten Teil, den erwerbswirtschaftlichen Unternehmen, also dem zweiten Sektor, und mit diesem in sozialwirtschaftlicher Konkurrenz. [vgl. Liebig und Karla, 2003: S. 34-35 und Becker, 2017: S. 10]

Die Begrifflichkeit der Sozialwirtschaft, die freilich in der Literatur unter verschiedenen Definitionen zu finden ist, hebt diesen wichtigen und entscheidenden Faktor nochmals deutlich hervor:

„In einem engeren Sinne bezieht sich der Ausdruck „Sozialwirtschaft“ […] lediglich auf den (Aufgaben-)Bereich der Leistungsträger, zu denen gleichermaßen Nonprofit-Organisationen wie erwerbswirtschaftliche tätige Unternehmen gehören.“ [West, 2003: S. 35].

Um die Zielsetzung sowie die Grundausrichtung einer Organisation innerhalb der Marktwirtschaft direkt erkennen und die hohe Zahl an solchen klassifizieren zu können, sind bei der Gründung einer jeden Organisation, im Non-Profit-Bereich wie auch im Profit-Bereich, Rechtsformen festzulegen und beim Auftreten am Markt anzugeben. Die drei größten Rechtsformen im Non-Profit-Bereich sind der eingetragene Verein (kurz: e.V.), die Stiftung und die gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung (kurz: gGmbH). Die jeweilige Rechtsform gibt jedoch nicht nur Aufschluss über die Zielsetzung der Organisation, sondern beinhaltet auch Vorgaben in Steuer-, Haftungs- und Kapitalangelegenheiten. Dass die richtige Wahl der Rechtsform durchaus Vorteile für ein Unternehmen hat, ist evident. Da jene Unternehmen bzw. Organisationen langfristig nicht auf einen finanziellen Gewinn ausgerichtet sind, spielt die Finanzierung solcher eine entscheidende Rolle, um marktfähig bleiben zu können. [vgl. Schönig et al., 2018: S. 174-176]

Dieses Ziel der Marktfähigkeit bzw. Liquidität (=Zahlungsfähigkeit) ist jedoch nicht ausschließlich von der passenden formalen Rechtsformwahl abhängig. Auch die Konkurrenz um Nutzer verschiedener Dienstleistungen besteht innerhalb der Sozialwirtschaft zwischen Organisationen des dritten Sektors und solchen des zweiten Sektors. Nun bleibt letztlich noch eine Frage offen: Kommt die Konkurrenz der Organisationen ausschließlich durch die Nutzer und deren freier Wahl von Leistungserbringern zustande oder sind noch weitere Einflussfaktoren vorhanden? Die Gegenüberstellung von Staat, Sozialwirtschaft und Nutzer gibt hierauf die Antwort. Der Staat als Leistungsträger, die Sozialwirtschaft als Leistungserbringer und der Bedarfsträger als Nutzer stehen im sogenannten sozialrechtlichen Dreiecksverhältnis in Beziehung zueinander.

Abbildung 2 : Das sozialrechtliche Dreiecksverhältnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Schönig et al., 2018: S. 42

An erster Stelle steht der Staat in Form der Sozialverwaltung und der Sozialversicherungen. Er definiert gesellschaftliche Bedarfe und Zielsetzungen sowie Anspruchsgrundlagen und Qualitätsstandards, um diesen Bedarfen nachzukommen. Dabei ist er Nachfrager und Kunde der Sozialwirtschaft zugleich. Jene steht an zweiter Stelle und bietet verschiedene Angebote und Formen Sozialer Arbeit an und entwickelt diese stetig weiter. Grundlage hierfür sind sowohl die Vorgaben des Staates, als auch die Nachfragen der Nutzer. Diese stehen an dritter Stelle und besitzen einen gesetzlich geregelten Anspruch an den Staat auf soziale Dienstleistungen und gehen zeitgleich mit dem Leistungserbringer einen privatrechtlichen Vertrag ein. Die Nutzer zahlen in der Regel anfallende Kosten nicht selbst, sondern machen ihren Anspruch beim Staat geltend, welcher wiederum in Gestalt der Sozialversicherung bearbeitet wird. Aufgrund der Wahlfreiheit der Dienstleister seitens der Nutzer schafft dies eine marktwirtschaftliche Konkurrenz, welche vom Leistungserbringer fordert, stetig neue Angebote zu schaffen und die Qualität dieser zu möglichst geringen Kosten hoch zu halten. Außerdem wird hierbei deutlich, dass sich zunehmend mehr Anbieter den Finanzhaushalt des Staates teilen müssen und das Ausmaß staatlicher Regulierung steigt. [vgl. Schönig et al., 2018: S. 40-42]

Non-Profit-Organisationen stehen also mit ihren Gegenspielern, den gewinnorientierten Organisationen, aufgrund der Wahlfreiheit der Nutzer in Konkurrenz. Als Teil der sozialen Marktwirtschaft konkurrieren beide um Ressourcen seitens des Staates und die Nutzer der Dienstleistungen. Die Wahl einer passenden Rechtsform, gibt dem Nutzer der jeweiligen Dienstleistung eine Möglichkeit, die Grundausrichtung der Organisation zu erkennen und der Organisation selbst im Gegenzug unterschiedliche steuerliche Vorteile. Letztendlich jedoch kann die Organisation nur dann marktfähig sein und sich weiterentwickeln, wenn sie der Konkurrenz standhält und ihre Betriebskosten decken kann, was eine Fokussierung auf Finanzierungsmöglichkeiten zwingend notwendig macht.

2.3 Klassische Finanzierungsformen

Prof. Dr. Bernd Hemlig, als Lehrstuhlinhaber für Allgemeine BWL, Public & Nonprofit Management an der Universtität Mannheim, definiert eine Non-Profit-Organisation wie folgt:

„Nonprofit-Organisationen (NPO) sind Organisationen, die nicht auf Gewinn ausgerichtet sind (Nonprofit, Not-for-Profit). Sie verkaufen i.d.R. nicht individuell nutzbare Güter/Dienstleistungen gegen mindestens kostendeckende Preise, um auf Konkurrenzmärkten Gewinne und Rentabilität aus dem investierten Kapital zu erzielen (wie die Profit-Unternehmung). […].“ [Helmig, 2018]

Diese eher auf betriebswirtschaftliche und finanzielle Standpunkte fokussierte Definition beschreibt Organisationen im Non-Profit-Bereich als solche, die zwar Gewinne durch verkaufte Güter oder Dienstleistungen erwirtschaften, diese Überschüsse jedoch bestimmten Zwecken, meist gemeinnützig oder sozial, zur Verfügung stellen. Primär steht also Erwirtschaften von Gewinnen im Vordergrund, sekundär folgend die Investition der Gewinne. [vgl. Helmig, 2018 und Spendwerk, o.J.]

Wie bereits erwähnt, steht der Staat bei der Finanzierung von Projekten und Dienstleistungen, vor allem im Non-Profit-Bereich, fast immer an erster Stelle. Die öffentliche Hand finanziert im dritten Sektor bis zu 90 % aller Kosten und ist damit der wichtigste Ressourcengeber im Non-Profit-Bereich. Nun mag zu Recht die Frage aufkommen, welche anderen Finanzierungsformen noch vorhanden sind und welchen Wert diese für die Organisation selbst haben. Grundsätzlich bilden drei Standbeine eine stabile Finanzierung von Non-Profit-Organisationen. Diese werden kategorisch anhand der Herkunft der Gelder voneinander unterschieden. [vgl. Schönig et al., 2018: S. 207-209]

Abbildung 3: Finanzierungsformen von Non-Profit-Organisationen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Bachert und Schmidt, 2010: S. 55

Die öffentliche Hand ist in erster Linie rechtlich zu sogenannten Pflichtleistungen verpflichtet, also solchen Leistungen, auf die Dienstleister und Nutzer im sozialrechtlichen Dreiecksverhältnis gesetzlichen Anspruch besitzen. Beispielsweise sind nach §106 Abs. 1 SGB XII Kosten zu erstatten, die bei Aufenthalt einer bedürftigen Person in einer Einrichtung aufgewendet werden, wenn die sachliche Zuständigkeit gegeben und die Unterbringung in Absprache mit der zuständigen Institution getätigt wird. In zweiter Linie ist sie auch daran interessiert, durch freiwillige Leistungen das Gemeinwohl der Bevölkerung zu fördern und sich aktuellen Problemlagen zu widmen. In der Regel sind jene Mittel befristet und können somit ohne großen Aufwand wieder gestrichen werden. Dass Non-Profit-Organisationen sich an aktuellen Problemlagen der Gesellschaft orientieren und Projekte entwickeln, um unter anderem auch freiwillige Leistungen des Staates zu erhalten und letztlich einen finanziellen Vorteil zu besitzen, ist evident. Als Beispiel können an dieser Stelle eine Vielzahl an inklusiven Hilfeangeboten für geflüchtete Menschen in den Jahren 2014 bis 2018 angeführt werden, die auf der einen Seite notwendig gewesen sind und durch den Staat, im Sinne des sozialrechtlichen Dreiecksverhältnisses, bei Dienstleistern nachgefragt worden sind. Auf der anderen Seite der Medaille resultierten diese jedoch auch aus dem finanziellen Interesse der Organisation, da jene Angebote durch Gelder des Staates finanziert worden sind und vorhandene Angebote in anderen Bereichen weniger Unterstützung erfuhren. [vgl. Wasmund, 2018 und Schönig et al., 2018: S. 206-209]

Hinterfragt man grundsätzlich die Herkunft der Mittel der öffentlichen Hand so wird von vier möglichen Ebenen gesprochen, nämlich der europäischen Ebene, der Bundesebene, der Landesebene und der kommunalen Ebene. Darunter fallen sowohl Zuschüsse durch europäische Förderprogramme, Bundesfördermittel für gesetzlich oder freiwillig festgelegte Bereiche und Leistungen seitens der Sozialleistungsträger, als auch Leistungen des Landes oder der Kommune für spezifisch bestimmte Aufgaben und Projekte. Beispielsweise erhalten Träger von Krankenhäusern einen je nach Fall festgelegten Beitragssatz seitens der gesetzlichen Kranken- oder Pflegekasse, mit dem sie ihre Leistungen finanzieren können. Es ist offensichtlich, dass hierbei durchaus Probleme in der Praxis auftauchen und Missbrauch betrieben wird. [vgl. Schönig et al., 2018: S. 206-207]

Als zweite Finanzierungsform bieten private Institutionen und (Privat-) Personen die wohl größtmögliche Gestaltungschance für Non-Profit-Organisationen in der sozialen Marktwirtschaft. Vor allem die Akquirierung von Spenden, Sponsoren und Fördermitteln ist eine wichtige, zentrale und zeitgleich führende Aufgabe. Privatpersonen, die bereit sind, dauerhaft und langfristig Beiträge zu spenden sind ebenso ein Gewinn für Non-Profit-Organisationen, wie Sponsoren die Geld- oder Sachleistungen bereitstellen oder Fördermittel seitens verschiedener Stiftungen. Auch ist die finanzielle Förderung durch Banken mit Hilfe verschiedener Kreditformen oder die Unterstützung durch Investoren in der Praxis wichtig, um das Überleben der Organisation zu sichern. Zeitgleich bedeutet die Werbung solcher Mittel für die Non-Profit-Organisation, durchaus ein hohes Maß an Verantwortung und Transparenz an den Tag zu legen sowie auch einen zusätzlichen Arbeitsaufwand zu betreiben. Je nach Rechtsform und Beschaffenheit der Organisation besteht auch die Möglichkeit, vom übergeordneten Träger, dem eine Non-Profit-Organisation angehören kann, Finanzierungsmittel oder Kredite zu erhalten. Als dritte Möglichkeit klassischer Finanzierungsformen können Projekte und laufende Kosten auch über Mitgliedsbeiträge, Fördermitgliedschaften oder Erträge des Stiftungskapitals finanziert werden. Die richtige Wahl der Rechtsform bietet also nicht nur steuerliche Vorteile, so wie bereits festgestellt, sondern auch verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten. [vgl. Schönig et al., 2018: S. 208-209 und Bachert und Schmidt, 2010: S. 55-56]

Die Gesamtheit aller Finanzierungsformen zeigt deutlich, dass der größte Teil aller Ressourcen seitens der öffentlichen Hand gestellt werden und diese damit als wichtigste Ressourcenquelle im Non-Profit-Bereich wird. Aufgrund der Wahlfreiheit der Dienstleister seitens der Nutzer, welche zu einer Konkurrenz innerhalb der sozialen Marktwirtschaft und zeitgleich zu einer (Auf-)Teilung der vorhandenen finanziellen Mittel seitens des Staates sowie Regulation dieser führt, stehen vor allem Non-Profit-Organisationen, die mit bis zu 90 % vom Staat finanziert werden, vor der Schwierigkeit, ihre Angebote zu finanzieren und sie personell zu besetzen. Für Organisationen bedeutet dies, alternative Möglichkeiten der Ressourcenbeschaffung zu finden, um einen Ausgleich herstellen zu können. Diese Alternative ist folglich in beiden anderen Kategorien zu finden. [vgl. Schönig et al., 2018: S. 208]

3. Fundraising

Klassische Finanzierungsformen unterliegen also einem stetigen Wandel. Diese Schwierigkeit der Finanzierung kann daher nur durch eine professionelle Mittelbeschaffung bewältigt werden, welche die Finanzierungslücke, die entweder vorhanden ist oder noch droht, schließen mag. Fundraising als professionelle Mittelbeschaffung stellt eine diese Möglichkeit dar. Die Wortbedeutung allein lässt bereits vermuten, dass dieser Begriff und die dahinterstehenden Prozesse nicht deutscher Herkunft sind, sondern vielmehr aus dem englischsprachigen Raum. Aus diesem Grund wird folgend das Fundraising unter dem Aspekt des historischen Ursprungs untersucht, anschließend in die deutsche Sozialwirtschaft strukturell eingeordnet und zuletzt die praktische Anwendung sowie Prozesse des Fundraising fokussiert.

3.1 Historie und Entwicklung

Ebenso wie Non-Profit-Organisationen hat auch Fundraising seinen Ursprung im Mittelalter. Bereits hier wurde Bedürftigen in ihrer Not geholfen. Ob Almosen, Kleidung oder Lebensmittel: Die Grundbedürfnisse eines jeden Menschen wurden geachtet und gestützt. Thomas von Aquin formulierte bereits im 13. Jahrhundert sieben Werke der Barmherzigkeit, welche 1879 zur „offiziellen Philosophie“ der katholischen Kirche erklärt wurden. Hungrige speisen, Durstige tränken, Nackte bekleiden, Fremde beherbergen, Kranke pflegen, Gefangene besuchen und Tote begraben. Diese offene und einfache Art der Hilfe und Unterstützung geschah auf der Basis eines Konsensualvertrages. Demnach findet die Hilfe durch eine bloße Übereinstimmung der Vertragsparteien (Antrag/Annahme) statt, z.B. erhält jemand bedürftiges eine warme Mahlzeit und betet wiederum für das Seelenheil der anderen Person. [vgl. Weimer, o.J.]

Wie bereits vermutet, entstammt die Begrifflichkeit des Fundraising dem englischsprachigen Raum, genauer den USA. In der US-amerikanischen Gesellschaft ist Fundraising in den Alltag integriert und im Vergleich zu Deutschland deutlich weiterentwickelt, was ebenfalls deutlich macht, dass Fundraising in Deutschland maßgeblich von dieser Weiterentwicklung beeinflusst wird. Im Besonderen ist dabei zu erwähnen, dass institutionelles Fundraising in Deutschland erst seit kurzer Zeit existent ist. Anfang der 1990er Jahre fanden die ersten Tagungen und Stammtische zur Fundraisingthematik statt. Es ist also, wie in einigen anderen Bereichen auch, eine Idee aus Amerika, die im deutschen Sozialstaat integriert wird, wobei zu beachten ist, dass es sich hierbei um zwei verschiedene Staatssysteme handelt. [vgl. Haibach, 2012: S. 94]

In den USA ist die soziale Fürsorge nicht so ausgeprägt wie hierzulande. Vielmehr ist jeder Bürger der United States of America für sich selbst verantwortlich und erhält nur wenig Unterstützung vom Staat selbst, hat jedoch zugleich auch deutlich weniger steuerliche Abgaben an den Staat. Durch diesen grundlegenden Unterschied im Vergleich zu Deutschland ist die Form einer freiwilligen Spende oder ehrenamtlichen Engagements dort hoch angesehen und oftmals selbstverständlich. Während in Deutschland bei der Ausübung eines Ehrenamts oft gefragt wird, welche Gegenleistung (in Form von Geld oder Vergünstigung) man selber erhalte, werden in Amerika Familie, Freunde und Bekannte gefragt, ob sie nicht auch ehrenamtlich helfen wollen. Die Bereitschaft zu helfen ist also aufgrund des Systems unterschiedlich ausgeprägt. Neben großen Charity-Veranstaltungen oder Stiftungen von Privatleuten ist das Fundraising in Amerika zum Selbstverständnis geworden und gehört mittlerweile zur Kultur. Während der deutsche Sozialstaat jedem Bürger eine gewisse Grundsicherung bietet, schafft er Möglichkeiten, ein gutes Leben führen zu können. Die Deutschen sind also in gewisser Weise verwöhnt und sehen oft nicht, dass die Notwendigkeit einer Spende gegeben und die Bedeutung des Fundraising hoch ist. Das Ehrenamt in Deutschland hat hierdurch eine ganz andere Bedeutung bzw. Wertigkeit, als in Amerika. [vgl. Schönig et al., S. 213-214 und Herbold, 2012]

Aus diesem historischen Exkurs wird die Frage deutlich: Ist Fundraising nur aus rein funktionaler Motivation seitens einer Organisationen und des Staates entstanden oder ist es möglicherweise das Ergebnis einer aus Bedürfnissen und Bedarfen entwickelten Nachfrage seitens der Spender, um sich dem Gemeinwohl zu widmen? Folgend soll dieser Frage auf den Grund gegangen und die Etablierung sowie Anwendung des Fundraising in Non-Profit-Organisation betrachtet werden. [vgl. Haibach, 2012: S. 25 und Schönig et al., 2018: S. 23]

3.2 Sozialmanagement – Ein Aufgabenfeld der Sozialen Arbeit

Seit Mitte der 1970er Jahre gewinnt der Begriff „Sozialmanagement“ in der Sozialen Arbeit zunehmend an Bedeutung. In seiner ursprünglichen Neuschöpfung beschrieb er nicht nur die Verbesserungsdürftigkeit sozialer Dienstleistungen, sondern vielmehr den Wunsch und das Streben nach einer effizienteren und effektiveren Sozialen Arbeit. Durch konkurrierende Unternehmen in der sozialen Marktwirtschaft wurde zunehmend deutlich, dass Soziale Arbeit professionell organisiert werden muss (vgl. Kapitel 2.2). Die Voranstellung des Begriffes „Sozial-“ sollte jedoch wiederkehrend hervorheben, dass soziale Dienstleistungen weiterhin den Interessen der Adressaten und der Profession selbst folgen und nicht ökonomischen Interessen verfallen sollen. Einfach gesagt: Es bestand der Wunsch, Soziale Arbeit zugunsten der Klienten professionell zu gestalten und durchzuführen, um marktfähig zu bleiben. [vgl. Lambers, 2015: S. 16 und Schönig et.al, 2018: S. 127-128]

Der hierbei angehängte Managementbegriff wandelte sich im Laufe der Jahrzehnte weg von einem Konzept zur Gestaltung und Durchführung verschiedener Prozesse und Dienstleistungen. Heute gestaltet er mit seinem angehängten sozialen Charakter aus Sicht der Sozialen Arbeit als Methode zunehmend ihre Tätigkeiten in Effizienz und Effektivität. Gesellschaftliche Entwicklungen und Veränderungen im Sozialstaat führen dazu, dass betriebswissenschaftliche Termini und Methoden Einzug in die Soziale Arbeit erhalten. Besonders seit dem ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts ist Soziale Arbeit kaum noch durchzuführen, ohne das Begriffe wie „Management“, „Finanzen“ oder „Personal“ verwendet und angesprochen werden. Diesen und weiteren Begrifflichkeiten, die durchaus zuvor schon eine Rolle im sozialen Geschehen gespielt haben, wurden im Laufe der letzten knapp 45 Jahre deutlich mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Die Etablierung wirtschaftlicher Instrumente und Elemente in die Soziale Arbeit schuf und schafft noch heute neue Tätigkeitsbereiche und Aufgabenfelder. [vgl. Lambers, 2015: S. 16-17 und Bundeszentrale für politische Bildung, 2008]

Der Begriff des „Sozialmanagements“ prägte im Laufe der Jahre zunehmend die theoretische und praktische Arbeit. Zeitgleich führt der Gebrauch des Begriffs zu zahlreichen Debatten über die Grundausrichtung und Interessen der Sozialen Arbeit als Profession sowie die Ökonomisierung der Sozialen Arbeit: Management in der Sozialen Arbeit oder Management der Sozialen Arbeit? Aus heutiger Sicht jedenfalls vereint der Begriff zwei Professionen miteinander: Betriebswirtschaft und Soziale Arbeit. Damit ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit beider Professionen unerlässlich, um Sozialmanagement auf dem Weg der professionellen und umfassenden Anwendung zu unterstützen. [vgl. Schönig et al., 2018: S. 126-128]

Sozialmanagement besitzt die Aufgabe,

„[…] das Überleben von sozialen Organisationen zu gewährleisten, gegebenenfalls der Organisation zum Wachstum zu verhelfen, eine professionelle Arbeit mit der jeweiligen Zielgruppe zu ermöglichen und die Wirkung der eigenen Organisation bei der Nutzung von möglichst geringen Ressourcen zu steigern.“ [Schönig et al., 2018: S. 127]

Diese Definition betont nicht nur die Wichtigkeit und Notwendigkeit des Sozialmanagements in der Sozialen Arbeit, sondern lässt zeitgleich auch eine Vielfältigkeit an Aufgabenfeldern innerhalb dieser vermuten. Die exemplarische Nennung verschiedener Aufgabenfelder (z.B. Controlling, Personalentwicklung, Qualitätsmanagement, Sozialmarketing und auch Fundraising) zeigt genau diese Vielfältigkeit und bekräftigt die bereits angesprochene Etablierung wirtschaftlicher Termini in die Soziale Arbeit. Die Aufgabe im Sozialmanagement umfasst also gleich zwei Bereiche: Das Bestreben, aus betriebswirtschaftlicher Sicht das Überleben der Organisation am Markt zu sichern und im selben Zug aus sozialwirtschaftlicher Sicht, die Fachlichkeit und das Management der verschiedenen Aufgabenfeldern zu sichern. [vgl. Becker, 2017: S. 9-10 und Wendt und Wöhrle, 2007: S. 114-115]

Sozialmanagement hat sich längst als Tätigkeitsbereich der Sozialen Arbeit etabliert und eröffnet stetig neue Wege, die Effizienz und Effektivität sozialer Dienstleistungen zu verbessern. Hierbei handelt es sich vermehrt um administrative Arbeiten und Aufgaben, welche sich in ihrer Gestaltung und Ausführung sowie ihrer Qualität von Organisation zu Organisation unterscheiden. Dies liegt nicht nur an der Vielschichtigkeit der Sozialleistungsträger, sondern auch an unterschiedlich ausgeprägtem (Fach-) Wissen um die korrekte und allumfassende Ausübung der verschiedenen Aufgabenfelder. Besonders bei Non-Profit-Organisationen steht die Koordination ökonomischer, verbandspolitischer und sozialpolitischer Ziele im Vordergrund. [vgl. Tiebel, 2008: S. 10 und Schönig et al., 2018: S. 127-128]

Sozialmanagement beschreibt also die Planung verschiedener Arbeits-, Koordinations- und Organisationsprozesse innerhalb der Sozialwirtschaft, um die sozialen Dienstleistungen zu verbessern und marktfähig zu halten. Diese Planung erfolgt auf drei Managementebenen: Dem normativen, dem strategischen und dem operativen Management. Sozialmanagement ist also aus Sicht der Sozialen Arbeit eine Methode, aber zeitgleich auch ein Tätigkeitsbereich dieser. Was hierbei letztendlich deutlich wird ist, dass Sozialmanagement viel umfasst, Fundraising ein zunehmender Teil hiervon ist und professionell organisiert wird. [vgl. Galuske, 2013: S. 360]

3.3 Fundraising – Ein Aufgabenfeld des Sozialmanagements

Die Finanzierung verschiedener Projekte, Arbeitsstellen und Bedarfe in der Sozialen Arbeit erfolgt zunehmend nicht mehr auf ursprünglichen Wegen, bei denen der Staat bzw. die Kommune Unternehmen oder Institutionen von innen mit bis zu 90 % des Gesamteinkommens fördert. Zwar sind sie nach wie vor die tragfähigsten Strukturen, jedoch nimmt die finanzielle Förderung zunehmend ab. Demografischer Wandel, steigende Kosten im Sozial- und Gesundheitswesen sowie ein nicht funktionierendes Selbstkostendeckungsprinzip sind nur einige der Gründe dafür (vgl. Kapitel 2.3).

Dies setzt Unternehmen und Institutionen zunehmend unter Druck und stellt sie vor Probleme. Jene fortschreitende Veränderung sorgt dafür, dass Finanzierungslücken entstehen, die auf anderen Wegen geschlossen werden müssen. Vor allem in Non-Profit-Organisationen kann das Fundraising eine mögliche Lösung darstellen, mit der eine stabile und konstante sowie steuerlich vorteilhafte Finanzierung von innen gesichert werden kann. [vgl. Schönig et al., 2018: S. 129, 213-214 und Bachert und Schmidt, 2010: S. 55-57]

„Fundraising ist die systematische Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle sämtlicher Aktivitäten einer steuerbegünstigten Organisation, welche darauf abzielen, alle benötigten Ressourcen (Geld-, Sach- und Dienstleistungen) durch eine konsequente Ausrichtung an den Bedürfnissen der Ressourcenbereitsteller (Privatpersonen, Unternehmen, Stiftungen, öffentlichen Institutionen) zu möglichst geringen Kosten zu beschaffen.“ [Urselmann, 2007: S. 1]

Fundraising erfordert also im ersten Schritt eine systematische und strategische Analyse des sozialen Marktes sowie der Organisation bzw. Institution selbst. Im zweiten Schritt erfordert es aber auch Kenntnisse über Finanzierungsmittel und die Steuerlehre. Im dritten Schritt benötigen die Mitarbeitenden im Fundraising die Fähigkeit mit Empathie, Transparenz und emotionaler sowie fachlicher Sicherheit im ständigen kommunikativen Austausch mit den Ressourcenbereitstellern zu stehen. Dies sorgt nicht nur bei der Institution bzw. dem Unternehmen für Sicherheit, dass weiterhin auch Mittel zur Verfügung stehen, sondern auch bei den Bereitstellern, die das Wissen besitzen, was mit ihren gespendeten Leistungen passiert. Beziehungspflege sowie Vertrauens- und Verantwortungsübernahme sind eine Investition in die Zukunft. Eine allumfassende und lösungsorientierte Reflexionsfähigkeit, ein hohes Maß an Belastbarkeit und Professionalität sowie der erlernte Umgang mit ausdifferenzierten Meinungsbildern und verschiedenen Standpunkten sowie Interessen macht Sozialarbeiter und Sozialpädagogen hierfür in der sozialen Komponente perfekt geeignet. Wichtig dabei zu erwähnen ist, dass die Soziale Arbeit nicht ausschließlich in der Funktion des Helfens steht, sondern dass jenes Interaktionsverhältnis einen institutionellen Rahmen besitzt. [vgl. Galuske, 2013: S. 360 und Schönig et al., 2018: S. 223]

3.4 Instrumente des Fundraising

Instrumente im Sinne des Fundraising können auch aus Sicht des Marketings als Vertriebsmöglichkeiten bzw. aus Sicht einer fachfremden Person als Maßnahme zum Erhalt von Spenden bezeichnet werden. Es steht eine Vielzahl von Instrumenten zur Verfügung, um Spenden zu gewinnen. Einflüsse und neue Möglichkeiten der Digitalisierung bieten hierbei zusätzliche, vielfältigere und zum Teil neue Möglichkeiten, Ressourcen zu akquirieren. Da der Fokus dieser Arbeit auf dem Fundraising bei Privatpersonen liegt, wird folgend auch jener Schwerpunkt bei der Nennung der Instrumente gewählt. Um diese Instrumente kategorisch zu unterscheiden, besteht die Möglichkeit, sie nach Art und Weise des Vertriebes darzustellen: Post-, Telefon-, Online-, Medialer- und Persönlicher- Vertrieb.

[...]

Ende der Leseprobe aus 68 Seiten

Details

Titel
Fundraising durch Non-Profit-Organisationen mit Schwerpunkt Privatpersonen in Deutschland
Untertitel
Grundfragen und Entwicklungstendenzen
Hochschule
Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen
Note
2,0
Autor
Jahr
2019
Seiten
68
Katalognummer
V513044
ISBN (eBook)
9783346101716
ISBN (Buch)
9783346101723
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fundraising, Soziale Arbeit, NGO, NPO, Privatpersonen, Spenderpyramide, Sozialwirtschaftliches Dreieck, Spender, Spendermotive, Sozialmanagement, Moral, Ethik, Recht, Entwicklungstendenzen, Grundfragen, Crowdfounding, Spendeverhalten, Spendenzweck, Deutscher Spendenrat, Rechtsformen, DZI, VENRO, DFRV, Deutscher Fundraisingverband, Deutschland, Gesellschaft, Demografischer Wandel
Arbeit zitieren
Joshua Fischer (Autor:in), 2019, Fundraising durch Non-Profit-Organisationen mit Schwerpunkt Privatpersonen in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/513044

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