Neues Standardverfahren ist kein Standard
Im Zuge der rasant wachsenden Unternehmenskapitalisierungen insbesondere im Bereich der New Economy zur Jahrtausendwende konnte man diese Wertentwicklung und die im Bereich der Unternehmensakquisitionen gezahlten Preise mit traditionellen Bewertungsverfahren wie der Discounted Cash Flow Methode, bei der die erwarteten Zahlungsmittelrückflüsse einer Investition auf den Gegenwartszeitpunkt abgezinst werden, nicht mehr erklären. Analysten behalfen sich damit, strategische Wachstumschancen und daraus resultierende künftige Gewinnpotentiale als Werttreiber zu identifizieren.1 Die Vertreter des Realoptionsansatzes, der diese Wachstumspotentiale durch Berücksichtigung strategischer und operativer unternehmerischer Flexibilität bei realen Investitionen im Gegensatz zu den traditionellen Bewertungsverfahren quantitativ erfassen soll, sahen in der Bewertungsmethode, die zu dem Zeitpunkt bereits seit etwa 20 Jahren in der wissenschaftlichen Literatur existierte, den sich in kürzester Zeit etablierenden Standard.2
In der Wissenschaft ist die vom Realoptionsansatz verwendete Übertragung von Bewertungsmethoden der Finanzoptionspreistheorie auf die Bewertung realer Investitionen umstritten 3, und empirische Studien belegen, dass der Realoptionsansatz sich in der Praxis bisher nicht durchgesetzt hat.4 Dies liegt zum Teil daran, dass der Realoptionsansatz als mitverantwortlich für ökonomische Desaster wie die Internetblase oder die gigantische Firmenpleite von Enron gemacht wird.5 Die vermeintlich durch den Realoptionsansatz resultierenden Fehlbewertungen wurden zum Argument gegen die Implementierung in der Praxis. Dabei ist es wesentliches Bestreben von Vertretern des Ansatzes, die Mängel und dabei insbesondere Unterbewertungen von realen Investitionen durch die traditionell verwendeten Investitionsrechenverfahren insbesondere der Kapitalwertmethode zu beheben.
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1 Vgl. Seiler/Stauber (2003), S.117.
2 Vgl. Hommel (2000), S.30; Seiler/Stauber (2003), S.117f.; Hommel/Müller (1999), S.177.
3 Vgl. Breuer (1998a), S.5; Müller (2005), S.176.
4 Vgl. Peemöller u.a. (2002), S.562ff.; Vollrath (2003), S.370.
5 Vgl. Triantis (2005), S.10.
Inhaltsverzeichnis
- 1. NEUES STANDARDVERFAHREN IST KEIN STANDARD
- 1.1. Problemstellung
- 1.2. Gang der Untersuchung
- 2. MOTIVE FÜR VERWENDUNG DES REALOPTIONSANSATZES
- 2.1. Voraussetzungen für den Wert von Handlungsspielräumen
- 2.1.1. Irreversibilität
- 2.1.2. Flexibilität
- 2.1.3. Unsicherheit
- 2.2. Begriffsbestimmung Realoption
- 2.3. Analogie zwischen Finanzoptionen und Handlungsspielräumen
- 3. TYPEN VON REALOPTIONEN
- 3.1. Flexibilitätsoptionen
- 3.1.1. option to wait – Warte- und Lernoption
- 3.1.2. option to default during staged construction- Verzögerungsoption
- 3.1.3. option to switch input and output- Wechseloption
- 3.1.4. option to abandon- Abbruchoption
- 3.1.5. option to shut down and reopen– Schließungs- und Wiedereröffnungsoption
- 3.1.6. option to expand and to contract capacity
- 3.2. Wachstumsoptionen- the option to expand
- 4. BEWERTUNG VON FINANZOPTIONEN
- 4.1. Theoretische Bewertungsgrundlagen
- 4.1.1. Modellunabhängige Wertgrenzen und Wertrelationen von Optionen
- 4.1.2. Prinzip der Arbitragefreiheit als Bewertungsgrundlage
- 4.2. Das Binomialmodell
- 4.3. Das Black und Scholes - Modell
- 5. ERMITTLUNG DER PARAMETER ZUR REALOPTIONSBEWERTUNG
- 5.1. Basiswert
- 5.2. Volatilität
- 5.3. Risikoloser Zins
- 5.4. Laufzeit, Ausübungspreis und Dividenden
- 6. DIFFERENZIERTE WÜRDIGUNG DES ANSATZES
- 6.1. Vorteile des Realoptionsansatzes
- 6.2. Limitationen und Vorbehalte hinsichtlich der Analogie
- 6.2.1. Unschärfe
- 6.2.2. Marktunvollkommenheiten
- 6.2.3. Endogenität und mangelnde vertragliche Fixierung
- 6.2.4. Interaktionen und multiple Unsicherheitsquellen
- 6.2.5. Exklusivität und Wettbewerbseffekte
- 6.3. Analogiegrenzen und ihre Auswirkungen
- 6.4. Probleme der praktischen Implementierung
- 6.5. Principle-Agent- Probleme des Realoptionsansatzes
- 7. ANWENDBARKEITSORIENTIERTER AUSBLICK
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit untersucht die Implementierung der Optionspreistheorie für reale Investitionen. Sie befasst sich mit den Motiven für die Verwendung des Realoptionsansatzes und analysiert die verschiedenen Typen von Realoptionen. Darüber hinaus werden die Bewertung von Finanzoptionen und die Ermittlung relevanter Parameter für die Realoptionsbewertung behandelt. Die Arbeit beleuchtet sowohl die Vorteile als auch die Limitationen und Vorbehalte hinsichtlich der Analogie zwischen Finanzoptionen und realen Investitionen.
- Bewertung von realen Investitionen unter Unsicherheit
- Verschiedene Typen von Realoptionen und deren Anwendung
- Analogie zwischen Finanzoptionen und realen Investitionen
- Vorteile und Limitationen des Realoptionsansatzes
- Praktische Implementierung der Optionspreistheorie
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel erläutert die Problemstellung, die im Fokus der Arbeit steht, und skizziert den Gang der Untersuchung. Das zweite Kapitel beleuchtet die Motive für die Verwendung des Realoptionsansatzes, indem es die Voraussetzungen für den Wert von Handlungsspielräumen wie Irreversibilität, Flexibilität und Unsicherheit beleuchtet. Es definiert den Begriff der Realoption und untersucht die Analogie zwischen Finanzoptionen und realen Investitionen.
Das dritte Kapitel befasst sich mit den verschiedenen Typen von Realoptionen, wobei es sowohl Flexibilitätsoptionen wie die Warte- und Lernoption, die Verzögerungsoption, die Wechseloption, die Abbruchoption, die Schließungs- und Wiedereröffnungsoption sowie die Option, Kapazitäten zu erweitern und zu reduzieren, als auch Wachstumsoptionen behandelt.
Das vierte Kapitel widmet sich der Bewertung von Finanzoptionen. Es untersucht die theoretischen Bewertungsgrundlagen, darunter modellunabhängige Wertgrenzen, das Prinzip der Arbitragefreiheit und das Binomialmodell sowie das Black und Scholes - Modell.
Das fünfte Kapitel befasst sich mit der Ermittlung relevanter Parameter für die Realoptionsbewertung, wie dem Basiswert, der Volatilität, dem risikofreien Zinssatz sowie der Laufzeit, dem Ausübungspreis und Dividenden.
Schlüsselwörter
Realoptionen, Optionspreistheorie, Investitionsentscheidungen, Unsicherheit, Flexibilität, Irreversibilität, Bewertung, Finanzoptionen, Analogie, Wachstumsoptionen, Flexibilitätsoptionen, Prinzip der Arbitragefreiheit, Binomialmodell, Black und Scholes - Modell, Parameter, Volatilität, Risikoloser Zins, Limitationen, Anwendung.
- Arbeit zitieren
- Christoph Oldekop (Autor:in), 2005, Zur Implementierung der Optionspreistheorie für reale Investitionen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/51351