Kurzinterventionen nach traumatischen Ereignissen - psychologisches Debriefing


Hausarbeit, 2005

19 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Gliederung

1. Definition von Debriefing

2. Geschichte des Debriefing
2.1 operational debriefing
2.2 historical group debriefing
2.3 psychologisches Debriefing

3. Critical Incident Stress Debriefing (CISD) nach J. Mitchell
3.1 Critical Incident Stress Management (CISM)
3.2 Ablauf eines Critical Incident Stress Debriefing (CISD)

4. Verbreitung des Debriefing

5. Evaluationsstudien zum Effekt von Debriefing
5.1 Heterogenität der Befunde
5.2 Debriefing and motor vehicle accidents: interventions and outcomes (Hobbs and Mayou, 2000)
5.3 Metaanalyse zur Wirksamkeit kurzfristiger Interventionen (Nachtigall, Mitte & Steil, 2003)

6. Diskussion der Ergebnisse
6.1 psychodynamischer Erklärungsansatz
6.2 mangelnde Selektion als Erklärungsansatz

7. Ausblick

8. Literaturverzeichnis

1. Definition von Debriefing

Der Begriff des Debriefing bezeichnet im umgangssprachlichen Sinne „darüber reden, was passiert ist“. Diese Herangehensweise beinhaltet schon in dieser Form einige wichtige Aspekte des Debriefing, wie es im fachlichen, psychologischen Sinn gebraucht wird. So stellt auch bereits das „darüber reden“ ein Art Rückblick über gemachte Erfahrungen dar, um eine gewisse Ordnung und Bedeutungshaftigkeit darin zu entdecken.

Konkret bezeichnet der Begriff des psychologischen Debriefing im fachlichen Sinn genau einen solchen Rückblick zur Ordnung und Verarbeitung gemachter Erfahrungen, impliziert allerdings auch schon ein spezifisches, aktives Interventionsprogramm um diese Ordnung und Verarbeitung zu erreichen (Raphael & Wilson, 2000).

2. Geschichte des Debriefing

2.1 operational debriefing

Zunächst entstand der Begriff des „operational debriefing“ im Kontext von Organisationen als strukturierter Prozess nach einer Aufgabe, der die vorgenommenen Aktionen noch einmal überblickt und die einzelnen Beiträge der verschiedenen Beteiligten sowie den Grad des Erfolgs einer Handlung differenziert. Das Ziel eines solchen Vorgehens besteht im Lernen aus der Erfahrung und weitergehend in der Entwicklung spezifischer Fähigkeiten und Fertigkeiten um ähnliche oder verwandte Probleme in Zukunft angehen zu können. Debriefing ist in diesem Kontext ein normalerweise eher formales Vorgehen, welches sich einige Zeit nach einem Ereignis auf die verwendete Ausstattung, die durchgeführten Aktivitäten,

das Erfüllen bestimmter Funktionen und Rollen bezieht. Allerdings wird ein „operational debriefing“ zeitweise auch auf informellem Weg ausgetragen als Teil der

Aktivitäten eines Arbeitsteams. Ein solches „operational debriefing“ kann den Beteiligten zu mehr Klarheit bezüglich des Ereignisses verhelfen und das Gemeinschaftsgefühl in der Gruppe stärken. Insofern gab es schon vor der Entwicklung anderer Debriefingkonzepte einen Hinweis auf den persönlichen Nutzen eines solchen Vorgehens für die Beteiligten.

2.2 historical group debriefing

Der Begriff des psychologischen Debriefings geht zurück auf eine abgewandelte Form dieses „operational debriefings“, das „historical group debriefing“ erstmals angewendet S. L. A. Marshall bei amerikanischen Soldaten während des Zweiten Weltkrieges. Diese Form des Debriefing wurde zunächst nur dazu verwendet einen vollständigen Ablauf des Kampfgeschehens während des Zweiten Weltkrieges zu rekapitulieren. Dabei wurde schnell festgestellt, dass eine solche Zusammenstellung der Ereignisse von verschiedenen ähnlich Betroffenen und deren geteilte Erfahrung auch für die Soldaten hilfreich war, auf die dieses gemeinschaftliche Rekapitulieren des Geschehenen stressmindernde Wirkung hatte.

2.3 psychologisches Debriefing

Das eigentliche psychologische Debriefing entstand in den siebziger Jahren und geht vor allem auf Jeffrey Mitchell zurück, einen der Pioniere auf diesem Gebiet. Das von Mitchell entwickelte Modell des Debriefing ist bekannt als Critical Incident Stress Debriefing (CISD) und hat eine klar geregelte Struktur. Das Modell wurde für eine stressreduzierende Umgehensweise mit belastenden Erfahrungen für Notfalleinsatzkräfte wie Sanitäter, Feuerwehrleute und Polizisten entwickelt (Mitchell, 1983, 1988).

3. Critical Incident Stress Debriefing (CISD) nach J. Mitchell

3.1 Critical Incident Stress Management (CISM)

Nach Mitchell und Everly sollte Debriefing in einem umfangreichen Interventionskontext geschehen, den sie als Critical Incident Stress Management bezeichnen und der eine ausführliche (auch psychische) Vorbereitung auf schwierige Einsätze, Unterstützung während und nach den Einsätzen, ein Arbeitsklima, welches die Einsatzkräfte unterstützt und auch die Begleitung der direkten Opfer, sowie eine ausführliche Nachbereitung beinhaltet.

Zu einem umfassenden Critical Incident Stress Management (CISM) gehören im Einzelnen:

1. Vorbeugende Unterrichts- und Trainingsmaßnahmen
2. Individuelle Krisenintervention
3. Critical Incident Stress Defusing
4. Critical Incident Stress Debriefing ( CISD )
5. Demobilisierung / (Groß-)Gruppen-Information
6. Family- / Organisation- Support / Unterstützung und Beratung der Familien bzw. Einheit/Organisation von Betroffenen
7. Follow-up Services / falls erforderlich Angebot, Vermittlung und Durchführung weiterführender Maßnahmen (z.B. Therapie)

In einen solchen Rahmen eingebettet, soll Debriefing nach Mitchell sinnvoll eingesetzt werden und präventiv auf die Ausbildung einer posttraumatischen Belastungsstörung wirken.

Gemeinsame Ziele aller CISM - Maßnahmen sind:

- eine schnelle Reduktion der sich aufschaukelnden, heftigen affektiv-emotionalen Reaktionen und überwältigender Gefühle
- allen Betroffenen das häufig empfundene Gefühl der „Einzigartigkeit“ ihrer Situation („uniqueness“) zu nehmen, eine Stärkung durch das Gemeinschaftsgefühl mit anderen aufzubauen
- Normalisierung der als außergewöhnlich („nicht normal“) empfundenen Erfahrung, Empfindungen und Reaktionen
- Herstellung des gleichen, möglichst vollständigen Informations- und Wissensstandes bei allen Beteiligten
- Reaktivierung durch das Ereignis beeinträchtigter kognitiver Funktionen und Prozesse
- Informationsvermittlung über Maßnahmen zur Stressbewältigung und über möglicherweise noch zu erwartende Reaktionen und Symptome; Unterstützung der eigenen Coping – Strategien
- Einschätzung der Notwendigkeit weiterer Unterstützung und entsprechender Interventionsmaßnahmen
- Herstellung persönlicher Kontakte zu geschultem Personal und der Bereitschaft zur Inanspruchnahme weiterer Unterstützung
- Schnellstmögliche Wiederherstellung der generellen Einsatz- und Funktionsfähigkeit

3.2 Ablauf eines Critical Incident Stress Debriefing (CISD)

Der eigentliche Ablauf eines Debriefing, welches nach Mitchell immer einen psychologischen Gruppenprozess darstellt, dauert ca 2 – 3 Stunden und verläuft strukturiert in sieben Schritten mit jeweils festen Zeiteinheiten, die von einem rational-kognitiv betonten Einstieg zu einem emotionalen Teil übergehen, um danach das Gespräch wieder auf rationaler Ebene ausklingen lassen zu können (Everly & Mitchell, 1997).

Schritt 1: Einführung: Begrüßung und Einführung in den Ablauf des Debriefing,

Schritt 2: Tatsachen: kognitive Erarbeitung des Ereignisablaufs, Gefühle werden in diesem Schritt nicht zugelassen beziehungsweise unterbunden, rein faktische Aufarbeitung

Schritt 3: Gedanken: die Beteiligten werden nach ihren Gedanken im Moment des Geschehens, den betroffenen Werten und zugehörigen Überlegungen gefragt, diese Phase stellt den Übergang von der kognitiven Ebene zur emotionalen Ebene im nächsten Schritt dar.

Schritt 4: Reaktionen: erst nach Erarbeitung eines solchen „kognitiven Sicherheitsrahmen“, werden nun die Emotionen besprochen. Die Teilnehmer erzählen, wie sie sich in der Situation gefühlt haben, damit ihre Verarbeitung nicht nur auf kognitiver, sondern auch auf der emotionalen Ebene stattfinden kann. Das soll verhindern, dass belastende Gefühle verdrängt werden.

Schritt 5: Auswirkungen, Symptome: die Teilnehmer versuchen die körperlichen, verhaltensmäßigen und psychischen Reaktionen zu beschreiben, die die Gefühle bei ihnen veranlassten. Dies dient dazu auch festzustellen, dass sie mit ihren Symptomen nicht alleine sind, sondern dass sich ihre Symptome ähneln

Schritt 6: Lehrphase: in dieser Phase muss zumindest bei der Neueinführung des Debriefings in einer Notfalleinsatzgruppe eine Psychoedukation erfolgen und über die Natürlichkeit und Normalität der akuten (traumatischen) Stressreaktion informiert werden. Außerdem wird den Teilnehmern hier erklärt, was in den nächsten Tagen und Wochen auf sie zukommen kann und wie sie im Einzelfall damit umgehen können (Stressreduktionsmechanismen, Copingstrategien, Mobilisierung sozialer Unterstützung,…). In dieser Phase sollen die Teilnehmer zu der Einsicht kommen, dass ihr Verhalten die normale Reaktion auf ein abnormales Ereignis ist. Außerdem können hier Fälle erkannt werden, die dringend weiterer Hilfe bedürfen.

Schritt 7: Abschluss: der Debriefer fasst das Wichtigste der Sitzung noch einmal zusammen, gibt Raum für Fragen und erklärt noch einmal kurz die nächsten Schritte. Außerdem nennt er Möglichkeiten zur weiteren Betreuung (Seelsorge, Psychotherapie,…) und verabschiedet die Gruppe

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.: Verlaufsüberblick des Debriefings (Quelle: Hötzendorfer et. al., 2002)

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Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Kurzinterventionen nach traumatischen Ereignissen - psychologisches Debriefing
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen  (Psychologisches Institut)
Veranstaltung
Fallarbeit
Note
2
Autor
Jahr
2005
Seiten
19
Katalognummer
V51448
ISBN (eBook)
9783638474191
ISBN (Buch)
9783656807148
Dateigröße
504 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kurzinterventionen, Ereignissen, Debriefing, Fallarbeit
Arbeit zitieren
Corinna Grau (Autor:in), 2005, Kurzinterventionen nach traumatischen Ereignissen - psychologisches Debriefing, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/51448

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