Inwiefern hat sich die Montage im Actionfilm verändert? Analyse der Filmreihe "James Bond"


Hausarbeit, 2019

21 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe

Inhalt:

1. Einleitung

2. Theoretischer Rahmen
2.1 Einstellung
2.2 Sequenz
2.3 Montage
2.4 Plansequenz

3. Analyse
3.1 Allgemeine Entwicklung der Montage in Hollywood
3.2 Wirkungsweise unterschiedlicher Montagestile
3.3 Szenenvergleich: Goldfinger, Ein Quantum Trost und Spectre
3.4 Plansequenz in Spectre
3.5 Blick auf anderen Actionfilm

4. Fazit

5. Literaturverzeichnis

6. Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

Seit der Erfindung des Films integrieren Schauspieler artistische Bewegungsformen in die Darstellung ihrer Figuren. Doch erst ab dem Jahr 1960 etablierte sich der Actionfilm als eigenständiges Gerne, welches aus dem Kriminalfilm hervorgegangen ist. Vergleicht man einen Actionfilm der 60er Jahre mit einem aktuellen Actionfilm, so fallen einem schon auf dem ersten Blick gravierende Unterschiede auf. Vor allem in der Montagefrequenz der Actionszenen hat sich seit den Anfängen des Genres einiges verändert und vor allem die spannenden Szenen wurden immer schneller geschnitten. Diese Entwicklung ist auch in der Filmreihe „James Bond“ festzustellen.

Diese Arbeit geht der Frage nach, inwiefern sich die Montage im Actionfilm, unter der Berücksichtigung der Filmreihe James Bond, verändert hat. Zu Beginn wird auf einige Begriffe des Filmschnitts eingegangen, die für das weitere Verständnis der Arbeit notwendig sind. Der Arbeit liegt eine im Jahr 2011 veröffentliche Studie von James Cutting zu Grunde, in der dieser 160 Hollywoodfilme aus den Jahren 1930 – 2010 auf mehrere filmgestalterische Aspekte hin untersucht hat. Er kam zu der Feststellung, dass sich die durchschnittliche Dauer einer Einstellungslänge im Hollywoodfilm immer weiter verkürzt hat. Dieses Phänomen ist auch bei den Bond Filmen zu erkennen. Cutting geht davon aus, dass sich die Einstellungslänge nicht unendlich weiter verkürzen wird, sondern dass es ein zeitliches Limit gibt, unter welchem die Einstellungslängen sich nicht weiter verkürzen werden.1 Daraus entwickelt er die These, dass sich die Montage in Filmen über die Jahrzehnte immer weiter der natürlichen Wahrnehmungsleistung des Menschen angepasst hat.2 Nach genauerer Betrachtung dieser Studie wird darauf eingegangen, wie verschiedene Montagetechniken auf den Zuschauer wirken. Die dabei betrachteten allgemeinen Techniken werden anschließend konkret auf Actionszenen aus den James Bond Filmen bezogen. Dafür werden drei Verfolgungsjagd Szenen aus den Filmen „Goldfinger“, „Ein Quantum Trost“ und „Spectre“ analysiert, um zu zeigen, dass Cuttings Vermutungen auch dort wiederzufinden sind. Dann wird noch ein Blick auf den inszenatorischen Sonderfall einer „Plansequenz“ geworfen, die im vermeintlichen Kontrast zu der anderen Entwicklung des Schnitts steht. Zu Schluss gibt es noch einen Vergleich mit der Filmreihe „Taken“.

2. Kapitel 1

2.1 Einstellung

Die Elemente eines Films können in verschiedene Bestandteile zerlegt werden. Im klassischen Film ist die kleinste Einheit ein Bild, wobei 24 Bilder in der Sekunde abgespielt werden, sodass für den Zuschauer der Eindruck einer fließenden Bewegung entsteht. Hans Beller spricht von einem „kinematographischen Gesamteindruck von Bewegung“ 3. Die gedrehten Bilder setzen sich zur nächstgrößeren Filmeinheit, der Einstellung zusammen. Bei der Einstellung handelt es sich um eine von der Kamera ohne Unterbrechung gefilmte Aufnahme. Diese stellt die kleinste Einheit in der Narration dar und wird seit Beginn der fünfziger Jahre auch „shot“ oder „take“ genannt.4 Laut Beller ist dabei im Normalfall die Filmzeit identisch mit der Realzeit, allerdings gibt es einige Ausnahmen, wie z.B. Zeitlupen und Zeitraffer Aufnahmen.5

2.2 Sequenz

Die gedrehten Einstellungen werden anschließend zu einer Sequenz zusammensetzt. Dabei werden inhaltlich und formal zusammenpassende Einstellungen, die in der Regel die Realzeit wiedergeben, aneinandergefügt. Die Begriffe Sequenz und Szene werden synonym verwendet.6

2.3 Montage

Der Begriff „Schnitt“ beschreibt im Deutschen den Prozess des Auswählens der Bilder aus dem Rohmaterial und deren anschließendes Zusammenfügen.7 Für den gleichen Prozess ist auch der Begriff „Montage“ anwendbar, der seinen Ursprung in dem Französischen hat.8 Die am häufigsten eingesetzte Schnitttechnik ist der „unsichtbare Schnitt“. Bei dieser Technik kommt der harte Schnitt zum Einsatz und es wird auf Überblendungen zwischen den Einstellungen verzichtet. Dies hat den Vorteil, dass alle Aspekte, die auf eine technische Fertigung oder auf eine Künstlichkeit der Filmwelt verweisen, in der Regel vom Zuschauer unbemerkt bleiben. Laut Alice Bienk werden die Schnitte so nicht bewusst wahrgenommen und der Zuschauer wird in die Filmwelt hineingezogen.9

2.4 Plansequenz

Eine Besonderheit in den Möglichkeiten eine Filmszene zu inszenieren, stellt die Plansequenz dar. Gemäß Hans Beller versteht man darunter eine Szene, in der nicht geschnittenen wird und es somit nur eine „autonome“ Einstellung gibt. Dabei wird die Dynamik und Bewegung nicht durch die Montage, sondern allein durch die Kamera und Handlungen vor der Kamera, erzeugt.10

3. Kapitel 3

3.1 Allgemeine Entwicklung der Montage in Hollywood

Im Folgende wird eine von James Cutting im Jahr 2011 durchgeführte Studie näher betrachtet. In dieser untersuchte er unter anderem die Einstellungslängen in Hollywoodfilmen aus den Jahren 1935 bis 2010. Bei den 160 untersuchten Filmen hat er eine durchschnittliche Anzahl von 1132 Einstellungen pro Film gemessen. 11 Dabei wurde ein linearer Trend zu kürzeren Einstellungslängen festgestellt. In den 1930er und 1940er Jahren lag die durchschnittliche Einstellungslänge noch bei ca. 10 Sekunden. In den Jahren nach 2000 hat sich die Einstellungslänge auf unter 4 Sekunden verkürzt (siehe Abbildung 1). Dieser Trend wurde für alle Filmgenres festgestellt.12

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Durchschnittliche Einstellungslänge von 160 Hollywoodfilmen aus den Jahren 1930-2010

Barry Salt hat eine gleich angelegte Studie mit 15.000 untersuchten Filmen durchgeführt und kam dabei zu ähnlichen Ergebnissen. 13 Eine Ausnahme bildeten allerdings Filme, die am Anfang der 30er Jahre, also am Ende der Stummfilmära, produziert wurden. Diese sind in ihrer durchschnittlichen Einstellungslänge deutlich kürzer als die nachfolgende Tonfilme (siehe Abbildung 2).14

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Entwicklung der durchschnittlichen Einstellungslänge in Filmen von 1930 – 2005

Zusätzlich zu den Einstellungslängen untersuchte Cutting die Filme auf ihre Bewegung. Dabei unterschied er zwischen der Bewegung der Objekte und Schauspieler vor der Kamera und der Bewegung der Kamera selbst. Die Kamera bewegt sich heutzutage sogar weniger als früher, dafür allerdings die Subjekte und Objekte im Bild mehr. Er fand heraus, dass kürzere Einstellungen mehr Bewegung und längere Einstellungen weniger Bewegung enthalten. Diese Entwicklung ist vor allem im Actionfilm Gerne zu beobachten, da in diesem oftmals eine sehr schnelle Montage mit chaotischer Bewegung verwendet wird. 15

Es ist ziemlich eindeutig, dass sich der Schnitt in den letzten Jahrzehnten drastisch verändert hat. Er ist allgemein schneller und die Darstellung der Szenen bewegungsreicher geworden.16 Bei der Frage nach den Ursachen dieser Entwicklung gibt es unterschiedliche Erklärungsansätze. Cutting sieht einen Aspekt darin, dass frühere Filmemacher mehr Charaktere in eine Einstellung integriert haben. Der Betrachter braucht somit mehr Zeit, um sich zu orientieren und einen Überblick über die Protagonisten zu bekommen. In einer weiteren Studie fand Cutting heraus, dass jeder zusätzliche Charakter der durchschnittlichen Einstellungslänge ca. 1,5 Sekunden hinzugefügt hat.17

Knut Hickethier beschreibt in seinem Werk „Film und Fernsehanalyse“ eine deutliche Veränderung der Montage im amerikanischen Film in den 1990er Jahren. Unter dem Aspekt der „Attraktionssteigerung und des Spektakelhaften“ soll die Montage zur „Reizakkumulation“ benutzt werden.18 Aufgrund der umfassenden Seherfahrung des modernen Publikums muss die Aufmerksamkeit mit allen Mitteln und durch Variationen in der Erzählweise aufrecht gehalten werden.

„Weil die traditionelle Form von Exposition-Steigerung-Höhepunkt-Wendepunkt- Lösung den Zuschauer/innen nachhaltig bekannt ist, kann diese im Sinne der zusätzlichen Attraktionssteigerung und erhöhten Aufmerksamkeitsgewinnung in oft überraschender Weise variiert werden.“19

Laut Hickethier ist es durch die umfassende Seherfahrung des Zuschauers möglich, die Zeiträume des Geschehens in der Montage radikal zu verkürzen. Dadurch entsteht ein Eindruck von Beschleunigung. Es bedarf keiner langen „establishing shots“20 mehr, die in eine Szene einführen, sondern es reicht kurze Einstellungen zu zeigen, die das Geschehen charakterisieren, um dann schnell wieder zu einer neuen Szene zu springen.21 Zusätzlich stellt Hickethier noch die These auf, dass diese Erzählweise mit abrupten Wechseln ihren Ursprung bei den Serien und Musikvideos hat, die ebenfalls eine solche Montage aufweisen.22 Walter Murch vertritt eine ähnliche Ansicht und sieht die Ursachen in erster Linie bei den Werbespots aus dem Fernsehen.

[...]


1 Vgl. Cutting, James: Quicker, faster, darker: Changes in Hollywood film over 75 Years. https://journals.sagepub.com/doi/pdf/10.1068/i0441aap, abgerufen am 14.10.2019

2 Vgl. Cutting, James: Perceiving film in scenes in film and in the world. https://www.researchgate.net/publication/237009484_Perceiving_scenes_in_film_and_in_the_world,

3 Beller, Hans: Handbuch der Filmmontage. Muenchen 1993, S.9-10

4 Vgl. Ast, Michaela S. : Geschichte der narrativen Filmmontage. Theoretische Grundlagen und ausgewählte Beispiele. Marburg 2002, S. 8

5 Vgl. Beller, Hans: Handbuch der Filmmontage. Muenchen 1993, S.10-11

6 Vgl. Ast, Michaela S. : Geschichte der narrativen Filmmontage. Theoretische Grundlagen und ausgewählte Beispiele. Marburg 2002, S. 8

7 Vgl. Ast, Michaela S. : Geschichte der narrativen Filmmontage. Theoretische Grundlagen und ausgewählte Beispiele. Marburg 2002, S. 9

8 Vgl. Ast, Michaela S. : Geschichte der narrativen Filmmontage. Theoretische Grundlagen und ausgewählte Beispiele. Marburg 2002, S. 9

9 Vgl. Bienk, Alice: Filmsprache: Einfuehrung in die interaktive Filmanalyse. Marburg 2008, S. 82

10 Vgl. Beller, Hans: Handbuch der Filmmontage. Muenchen 1993, S.29

11 Vgl. Miller, Greg: Data From a Century of Cinema Reveals How Movies Have Evolved https://www.wired.com/2014/09/cinema-is-evolving/, abgerufen am 14.10.2019

12 Vgl. Cutting, James: Quicker, faster, darker: Changes in Hollywood film over 75 Years. https://journals.sagepub.com/doi/pdf/10.1068/i0441aap, abgerufen am 14.10.2019

13 Vgl. Miller, Greg: Data From a Century of Cinema Reveals How Movies Have Evolved https://www.wired.com/2014/09/cinema-is-evolving/, abgerufen am 14.10.2019

14 http://www.cinemetrics.lv/salt_on_cutting.php, abgerufen am 14.10.2019

15 Vgl. Cutting, James: Quicker, faster, darker: Changes in Hollywood film over 75 Years. https://journals.sagepub.com/doi/pdf/10.1068/i0441aap, abgerufen am 14.10.2019

16 16 Vgl. Ebd.

17 Miller, Greg: Data From a Century of Cinema Reveals How Movies Have Evolved https://www.wired.com/2014/09/cinema-is-evolving/, abgerufen am 14.10.2019

18 Vgl. Hickethier, Knut: Film- und Fernsehanalyse. Stuttgart 2012, S. 153

19 Hickethier, Knut: Film- und Fernsehanalyse. Stuttgart 2012, S. 153

20 https://filmlexikon.uni-kiel.de/index.php?action=lexikon&tag=det&id=140, abgerufen am 14.10.2019

21 Vgl. Hickethier, Knut: Film- und Fernsehanalyse. Stuttgart 2012, S. 154

22 22 Vgl. Ebd.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Inwiefern hat sich die Montage im Actionfilm verändert? Analyse der Filmreihe "James Bond"
Hochschule
Universität Paderborn  (Medienwisschaften)
Note
2,3
Autor
Jahr
2019
Seiten
21
Katalognummer
V515102
ISBN (eBook)
9783346117427
ISBN (Buch)
9783346117434
Sprache
Deutsch
Schlagworte
inwiefern, montage, actionfilm, analyse, filmreihe, james, bond
Arbeit zitieren
Torben Orgelmacher (Autor:in), 2019, Inwiefern hat sich die Montage im Actionfilm verändert? Analyse der Filmreihe "James Bond", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/515102

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