Leseprobe
I. Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Definitionen und Erscheinungsformen von PPP
3. Verbreitung von PPP in Deutschland
3.1 Ursprung und Entwicklung
3.2 Nationale Anwendungsfelder
4. PPP-Vertragsmodelle
5. Ziele und Interessen der beteiligten PPP-Akteure
5.1 Anreize für die öffentliche Hand
5.2 Anreize für den privaten Partner
6. Chancen und Risiken des PPP-Ansatzes
6.1 Chancen/ Vorteile
6.2 Risiken/ Nachteile
7. Resümee
II. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Bund, Länder und Kommunen finden sich aufgrund der anhaltend angespannten, defizitären Haushaltslage immer häufiger in der Situation wieder, die fehlenden finanziellen Mittel auch in ihrem Handlungsspielraums berücksichtigen zu müssen. Die Folge hiervon sind vermehrte Kürzungen von staatlichen Zuschüssen und Subventionen, die die Lage entspannen und den Haushalt entlasten sollen. Diese Maßnahme ist aber meist unweigerlich mit einem Qualitätsverlust der öffentlichen Leistungserstellung verbunden. Um dringend nötige Investitionen tätigen zu können und dem Modernisierungsstau reformierungsnotwendiger Gebiete wie der öffentlichen Infrastruktur angemessen nachkommen zu können, suchen viele kommunale Verwaltungen bereits nach Alternativen zur konventionellen Beschaffungsstrategie. Hier treten Public Private Partnership (im Folgenden auch unter „PPP" abgekürzt) in den Interessen würdigen Betrachtungsblickwinkel vieler Kommunen. Durch eine Partnerschaft mit einem verwaltungsexternen, privatwirtschaftlichen Akteur erhoffen sie sich einen effizienzsteigernden Profit von den in die öffentliche Leistungserstellung eingebrachten Ressourcen des Partners wie etwa dem einschlägigen Fachwissen. PPP's stellen mittlerweile eine bundesweite, vielerorts favorisierte Reaktionsmöglichkeit auf die beschränkten Handlungsmöglichkeiten der Verwaltung dar, was aufgrund vielfältiger Anreize für beide in die Partnerschaft eingebundenen Akteure nicht verwunderlich ist.
In der vorliegenden Arbeit soll insbesondere der Frage nach der Rentabilität und Effizienz von PPP nachgegangen werden. Hierzu werden zunächst in den ersten vier Kapiteln die mit Public Private Partnership verbundenen zentralen Begriffe und Erscheinungsformen definiert beziehungsweise dargelegt, woraufhin die Verbreitung in Deutschland sowie mögliche Vertragsmodelle (insbesondere am Beispiel des Hoch- und Tiefbaus) erläutert werden. Kapitel fünf bezieht sich näher auf die primären Ziele beider Akteure, woraufhin die allgemeinen Chancen und Risiken dieser Form der Partnerschaft in Kapitel sechs Gegenstand der Betrachtung sind, um der übergeordneten Fragestellung Rechnung zu tragen. Die Arbeit schließt mit einem Resümee, welches sich vor allem auf die Abwägung der beschriebenen Vor- und Nachteile sowie auf die allgemeinen Anforderungen für den Erfolg von PPP-Projekten fokussiert.
2. Definitionen und Erscheinungsformen von PPP
Aufgrund der Interdisziplinarität des Themas Public Private Partnership und der, wie sich zeigen wird, unterschiedlichen praktischen Anwendungsbereiche dieser Kooperationsform ist es nicht verwunderlich, dass der Begriff sowohl im Alltag als auch in der fachlich einschlägigen wissenschaftlichen Literatur oft uneindeutig beziehungsweise unscharf verwendet wird, sodass Missverständnisse bei der Verwendung keine Seltenheit sind. Entsprechend der Denkrichtung des Nominalismus können Begriffe nicht wahr oder falsch sein, man kann sie aber anhand ihrer Zweckmäßigkeit und ihres Verständnisses durch die Allgemeinheit, z.B. durch Kriterien wie die Präzision beurteilen (vgl. Budäus u. Grüning 1997: 48).
Dietrich Budäus veröffentlichte 2004 eine Definition von PPP, die entsprechende Abgrenzungskriterien enthält: Demnach werden PPP als „dauerhafte Kooperation zwischen den öffentlichen Verwaltungsträgern und erwerbswirtschaftlichen Unternehmen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben [bezeichnet], wobei beide Sektoren spezifische Ressourcen, wie zum Beispiel Kapital, Rechte, Informationen und Know-How einbringen, um sowohl komplementäre, aber auch kongruente Ziele zu erreichen und gleichberechtigt Chancen und Risiken zu tragen“ (Herbold 2012: 3 f., zitiert nach: Budäus 2004: 12). Daneben bleiben aber die Identität und die Verantwortungsebene der Partner erhalten, die Zusammenarbeit ist zudem (gesellschafts-) vertraglich fixiert (vgl. Frey 2006: 212). Insbesondere das letzte Merkmal der vertraglichen Basis der Partnerschaft ermöglicht eine weitergehende Differenzierung in zwei grundsätzlich abzugrenzende Arten von PPP. Es kann eine Unterscheidung zwischen rein vertraglichen öffentlich-privaten Partnerschaften (engl.: purely contractual PPP's) sowie sogenannten institutionalisierten Partnerschaften (engl.: institutionalised PPP's) getroffen werden (vgl. Mühlenkamp 2016: 4 f.).
Die erste Form kennzeichnet die Übertragung von Leistungen, die im Rahmen der öffentlichen Aufgabenwahrnehmung zu erbringen sind, auf private Unternehmen auf der Basis von Verträgen zwischen öffentlicher Hand und Privatwirtschaft. Nachträgliche Konkretisierungen und situativ angepasste Veränderungen dieser Verträge entstehen durch entsprechende Nachverhandlungen (Ebd.). Diese Form wird auch als sogenanntes Tausch-Modell bezeichnet, was bereits den Tausch von Leistungen zwischen den Kooperationspartnern andeutet (vgl. Herbold 2012: 5 f.). Ein Kooperationsbedarf entsteht meist durch ein erstrebenswertes Überwinden der eigenen Unsicherheitssituation bezüglich der Leistungserstellung eines zeitlich befristeten Projekts, welches in seinem Zeitrahmen stark variieren und bis zu 30 Jahre andauern kann. Die Basis für diese Form der PPP bilden bilaterale Verträge über die jeweiligen Leistungen und Gegenleistungen während einer zeitlich befristeten Dauer eines abgegrenzten Projektes (Ebd.).
Die institutionalisierte Form schließt einen reinen Austausch von Dienstleistungen aus: Sie handelt von der gemeinsamen Beteiligung von Privaten und der öffentlichen Hand an einem Unternehmen - diese gemischtwirtschaftlichen Unternehmen werden auch als „Joint Ventures" und diese Form der PPP auch als Pool-Modell bezeichnet. Die Zusammenarbeit erfolgt innerhalb eines eigenständigen Rechtssubjekts (meist die Rechtsform einer GmbH) mit eigener Zielsetzung - Gegenstand ist hier eine generell zu erfüllende Aufgabe der sich gewidmet wird. Diese Aufgabe soll (in Bezug auf unterschiedlichste Zielsetzungen) durch die Kooperationsarbeit in Zukunft besser erfüllt werden, wobei die rechtliche Grundlage eine entsprechende Kooperationsverfassungsform darstellt. Durch das häufige Beteiligungsverhältnis von 51% der öffentlichen Hand und 49% des privaten Partners wird die interessengerichtete Kontrolle und Einflussnahme des Staates bei der öffentlichen Aufgabenwahrnehmung nachhaltig gesichert (vgl. Herbold 2012: 5-9). Neben der gemeinsamen Gründung einer neuen Gesellschaft existieren aber durchaus auch andere Formen der institutionellen Partnerschaft. So kann sich zum Beispiel eine natürliche oder juristische Person an einer Gesellschaft beteiligen, die im Eigentum der öffentlichen Hand steht (so etwa bei der Beteiligung eines privaten Partners an den Aufgaben der kommunalen Stadtwerke wie der Strom- und Wasserversorgung); andersherum ist aber ebenso die Beteiligung einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft an einer, sich im Eigentum von Privaten befindenden, Gesellschaft möglich (vgl. Roschmann 2005: 42; Herbold 2012: 9).
Schon durch den Definitionsversuch und die Abgrenzung der beiden grundsätzlich praktisch angewandten Formen von PPP wird deutlich, dass sich unter diesem Begriff verschiedenste Anwendungsbereiche und Modelle finden lassen (näheres dazu in Abschnitt 3.2 und 4). Neben den vielfältigen Erscheinungsformen können auch der zeitliche Rahmen und die Intensität der Leistungsübertragung beziehungsweise der Zusammenarbeit innerhalb einer eigenständigen Organisation weit differieren. Im Folgenden dieser Arbeit soll der Begriff gemäß der oben beschriebenen Definition von Budäus verwendet werden. Es werden deshalb beide Grundformen von PPP unter einer dominierenden Betrachtung rein vertraglicher Partnerschaften berücksichtigt.
3. Verbreitung von PPP in Deutschland
3.1 Ursprung und Entwicklung
Das in der Literatur am deutlichsten hervorgehobene Ereignis für die historische Entstehung von öffentlich-privaten Partnerschaften ist die Stadtentwicklung in Pittsburgh in den USA. Pittsburgh war Anfang der 40er Jahre des vorangegangen Jahrhunderts als altindustrieller Verdichtungsraum durch eine geringe Umweltqualität sowie eine überlastete Infrastruktur gekennzeichnet. Damit war schlussendlich ein enormer Attraktivitätsverlust der Stadt beziehungsweise der gesamten Region sowohl für (potenzielle) Anwohner als auch für Unternehmer verbunden (vgl. Eggers 2004: 17 ff.). Um dieser Entwicklungsrichtung Einhalt zu gebieten, wurde ein kooperatives Planungs-, Koordinierungs-, und Mobilisierungsinstrument aus kommunal engagierten Betriebswirten sowie ortsansässigen Politikern, Verwaltungs- und Hochschulvertretern unter dem Namen Alleghency Conference on Community Development („ACCD") gegründet. Innerhalb dieser (noch heute bestehenden) Organisation entstanden Ideen zur Umstrukturierung und Stadtentwicklung von Pittsburgh, sodass die Stadt heute als eine der lebenswertesten Städte in Amerika angepriesen wird (vgl. Eggers 2004: 17 ff.).
Das Pittsburgh-Projekt kann im Nachhinein als eine der ersten Formen einer institutionalisierten Public-Private-Partnership bezeichnet werden. Die USA können demnach als Ursprungsland von PPP- Projekten betitelt werden, während sich im europäischen Kontext besonders Großbritannien als früher Vorreiter herauskristallisierte (vgl. Mühlenkamp 2016: 5). In Deutschland gibt es kein derartiges, vorbildartiges Projekt wie in den USA. Die Entwicklung von öffentlich-privaten Partnerschaften entstand mehr schleichend in einer stückweisen Konzeption für verschiedene Bereiche der öffentlichen Aufgabenerfüllung und erhielt ihren Aufschwung durch die seit den 80er Jahren in der Politik vorherrschenden Begriffe wie Privatisierung, Deregulierung und Entbürokratisierung, wodurch PPP's noch heute von einer Vielzahl an Politikern als favorisierte Alternative zur konventionellen Leistungserstellung angepriesen werden (vgl. Eggers 2004: 23).
3.2 Nationale Anwendungsfelder
Gemäß dem Grundgesetz existiert in Deutschland für staatliche Aufgaben weder ein Privatisierungsverbot noch ein Verbot, bestimmte Aufgaben an Private zu übertragen. Der Staat ist somit nicht dazu gezwungen, jede von ihm durchzuführende Maßnahme durch eigene Dienstkräfte zu erledigen und kann sich für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben auch Privatpersonen beziehungsweise Organisationen außerhalb des Verwaltungsrahmens bedienen (vgl. Braune 2012: o.S.). Diese rechtliche Grundlage ermöglicht erst das Anwenden von vertraglichen PPP's auf viele Teilgebiete der öffentlichen Aufgabenerfüllung im Sinne einer effizienteren Leistungserstellung zugunsten der Bürger.
Wie durch die Definition des Begriffs PPP inklusive seiner Erscheinungsformen in Kapitel 1 schon deutlich wurde, existieren unterschiedliche Anwendungsfelder von öffentlich-privaten Partnerschaften in Deutschland. Ihre Existenz lässt sich vor allem bei größeren Projekten auf Bundesoder Landesebene zur Realisierung beziehungsweise Finanzierung größerer Infrastrukturprojekte oder auf kommunaler Ebene verstärkt im Städtebaubereich finden (vgl. Stember 2005: 8). Im Bereich der öffentlichen Infrastruktur sind dies zum Beispiel die (überregionalen) Verkehrsnetze, die Wasser- und Energieversorgung, die Abfall- und Abwasserentsorgung und öffentliche Gebäude wie staatliche Schulen, Universitäten, Gefängnisse oder Krankenhäuser. Im Bereich von Verkehrsnetzen stellt insbesondere der Öffentliche Personennahverkehr ein bevorzugtes Objekt für die Heranziehung privater Partner zur Leistungserstellung dar (vgl. Trabold 2014: 163). Im Städtebaubereich findet der Hoch- und Straßenbau besonders starke Verbreitung: Somit spielt auch der Bau der oben genannten Gebäude eine große Rolle bei der Bildung öffentlich-privater Partnerschaften (vgl. Mühlenkamp 2016: 6). Dementsprechend gehört auch der Bereich der Bebauungsplanung und Bautechnik dazu: Hier wird der private Sachverstand mit hoheitlicher Rechtsetzungsmacht kombiniert, um die Erschließung von Bauland so effizient wie möglich gestalten zu können. Ebenso gehören auch Stadtentwicklungsmaßnahmen wie Stadtquartierentwicklungen aber auch Konversionsprojekte zu den Anwendungsbereichen von PPP-Projekten (vgl. Beck 2005: 65 f.). Unter ersterem versteht man vor allem diejenigen Entwicklungsmaßnahmen, die der Attraktivitätssteigerung von einzelnen Stadtteilen dienen, wie zum Beispiel die Steuerung des Verkehrsaufkommens in Richtung eines forcierten Umweltschutzes und einer damit für die Bürger gesteigerten Lebensqualität. Konversionsprojekte beinhalten den Umbau und die anschließend anderweitige Nutzung von Bodenflächen - so zum Beispiel die Nutzung eines ehemaligen Kasernengeländes als Baufläche für ein neues Hochschul- oder Verwaltungsgebäude (Ebd.). Aber auch der Bereich der Datenverarbeitung und die Informationstechnologie gehören ebenso zu den Anwendungsgebieten wie die Zielsetzung der allgemeinen Wirtschaftsförderung durch institutionelle Kooperationen zwischen Kommunen und Wirtschaftsunternehmen (Ebd.). So wurde in der Stadt Duisburg eine privatrechtliche Wirtschaftsförderungsgesellschaft gegründet, die sich zur Hälfte im Eigentum der Stadt Duisburg und zur Hälfte im Eigentum verschiedener Wirtschaftsunternehmen befindet - diese Form stellt somit eine institutionalisierte PPP dar (vgl. Roschmann 2005: 46).
4. PPP-Vertragsmodelle
Als unmittelbare Konsequenz der Unterscheidung in rein vertragliche und institutionalisierte PPP's sowie ihrer unterschiedlichen Anwendungsfelder ergeben sich auch unterschiedliche rechtliche Grundlagen, die die inhaltliche Form der Vertragsgestaltung ausdrücken. Da es bei einer institutionalisierten PPP nicht nur um einen Austausch von Leistungen, sondern um die gemeinsame Bündelung vorhandener Ressourcen zur Erreichung eines gemeinsamen Ziels mithilfe von gemischtwirtschaftlichen Unternehmen geht, handelt es sich hier meist um einen GmbH- oder Gesellschaftervertrag, aufdem die Zusammenarbeit basiert (vgl. Roschmann 2005: 42; Herbold 2012: 6). Die mit der (oft eigens für die anvisierte Zweckerfüllung von der öffentlichen Hand und dem privaten Partner neu gegründeten) Gesellschaft einhergehende Zusammenarbeit wird daher auch als „Kooperationsmodell" bezeichnet (vgl. Herbold 2012: 8). Im Gegensatz zu institutionalisierten PPP's besteht bei den rein vertraglichen Formen, die auf den Austausch von abgrenzbaren Leistungen fokussiert sind, eine ganze Reihe verschiedener Arten von Vertragsmodellen, von denen im Nachfolgenden ohne Anspruch auf Vollständigkeit einige von ihnen dargestellt werden sollen.
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