Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Themeneinführung
Quellenlage
Forschungsstand
Vorgehensweise
I. Hauptteil
I.1. Herkunft
I.2. Mögliche Geburtsjahre Ludwigs
I.3. Kindheit
I.4. Jugend in Wien: Ritterliche Erziehung
II. Abschließende Beurteilung
III. Literaturverzeichnis
III.1. Quellenverzeichnis
III.2. Sekundärliteratur
Einleitung
Themeneinführung
Ludwig IV., genannt Ludwig der Bayer, war ab 1314 römisch-deutscher König und später Kaiser des Heiligen Römischen Reichs. Für die bayerische Geschichte gilt er als „Identifikationsfigur“, da er der erste Wittelsbacher auf dem Kaiserthron war.1 Während über seine Zeit als König und Kaiser etliche Quellen vorliegen, bleiben Auskünfte über sein Geburtsjahr, wie auch seine Kindheits- und Jugendgeschichte weitestgehend im Verborgenen. Da sich in Ludwigs jungen Jahren jedoch bereits das Verhältnis zu seinem älteren Bruder Rudolf, sowie zu seinem Neffen Friedrich dem Schönen auszeichnete, ist seine Jugendgeschichte durchaus relevant für das Verständnis seiner Person.
Quellenlage
Über die Kindheit und Jugend des Bayern ist kaum etwas bekannt. Es gibt nur wenige Quellenüberlieferungen die Aussagen über Kindheit oder Jugend Ludwigs zulassen. Bereits die Ermittlung seines Geburtsjahres ist nicht eindeutig möglich. Zwar liegen einige Quellenausschnitte vor, doch widersprechen sich diese inhaltlich, so dass vier mögliche Geburtsjahre zur Debatte stehen. Auf diesen Aspekt wird jedoch in 1.1. näher eingegangen. Auf Grund der spärlichen Quellenlage ist es schier unmöglich, Fakten über Ludwigs Jugendgeschichte zu ermitteln. Die Untersuchung der Quellen lässt lediglich Vermutungen aufstellen, welche jedoch auch in der Forschung vertreten werden.
Forschungsstand
Der politische Werdegang Ludwigs und seine Herrschaftsjahre als König und späterer Kaiser sind sehr gut erforscht und in diesem Bereich ist ein breites Spektrum an Literatur vorhanden. Für die Ermittlung des Geburtsjahres Ludwigs ist der von Waldemar Schlögels verfasste Aufsatz „Beiträge zur Jugendgeschichte Ludwigs des Bayerns“2 aus dem Jahr 2008 fundamental. Seine detaillierte Untersuchung des Geburtsjahres Ludwigs heißt 1282 als am Wahrscheinlichsten. Auf Schlögels Argumentation basieren alle jüngeren Forschungsarbeiten. Über Ludwig den Bayer sind etliche Biographien verfasst wurden, welche auch für diese Ausarbeitung relevant waren. Zu nennen sind an dieser Stelle die in den 1980er-Jahren erschienenen Monographien von Barbara Hundt3 und Gertrud Benker4. Beide Biographien stellen eine umfangreiche Forschung über Ludwigs Leben dar. Im Bezug auf seine Kindheit nehmen sie an, dass Ludwig wohl die übliche mittelalterlich-ritterliche Erziehung erhalten haben müsse, auf welche besonders bei Hundt ausführlich eingegangen wird. Beide Biographien füllen somit die Lücken in Ludwigs Kindheit durch allgemein höfisches Wissen. Die Annahme, dass Ludwig höchstwahrscheinlich die standesgemäße Erziehung erhalten habe, wird außerdem von Martin Clauss5, Heinz Thomas6 und Tobias Appl7 vertreten.
Somit ist Ludwigs Kindheit und Jugend, trotz der eingeschränkten Quellenlage, sehr ausführlich untersucht worden. Auch scheint seine Figur noch heute von großer Relevanz zu sein, da erst 2014 ihm zu Ehren eine Sonderausstellung in Regensburg stattfand.
Weitere präzise Untersuchungen zur allgemeinen ritterlichen Erziehung im Mittelalter finden sich bei Werner Rösener8, Joachim Bumke9, Manred Reitz10 und Karl-Heinz Spiess11. Die höfische Erziehung ist also genauestens erforscht, was eine Eingrenzung der Literatur in diesem Bereich erschwerte.
Vorgehensweise
In den folgenden Seiten dieser Arbeit soll anhand der wenigen Quellen ermittelt werden, was über Ludwigs Geburt, Kindheit und Jugend bekannt ist und ob das nicht vorhandene Wissen über seine Jugend auf allgemein-mittelalterliche Erziehungsmethoden übertragen werden kann. Um eine Wissensgrundlage zu schaffen, wird als erstes in wenigen Sätzen Ludwigs familiäre Herkunft erläutert. Anschließend folgt eine Vorstellung der aktuellen Forschung über Ludwigs Geburtsjahr, auf die sich die weitere Ausarbeitung stützt. Im nächsten Schritt wird Ludwigs Kindheitsgeschichte untersucht, welche mit dem Tod seines Vaters, Ludwig dem Strengen, zu seiner Jugendgeschichte führt. An dieser Stelle werden zwei Quellenausschnitte vorgestellt, auf der die weitere Analyse aufbaut. An dieser Stelle findet zudem eine Teilung der Erziehungsbereiche statt. Vorgestellt werden die geistigen Fähigkeiten, die charakterliche Erziehung sowie die körperlichen Anforderungen. Der ritterliche Erziehungsprozess, welcher ebenfalls analysiert wird, endet für gewöhnlich mit der Schwertleite.
Im abschließenden Fazit dieser Arbeit wird die eingangs erwähnte Fragestellung zu beantworten versucht indem die einzelnen Ergebnisse der Ausarbeitung in Zusammenhang gebracht werden.
I. Hauptteil
I.1. Herkunft
Ludwig II. der Strenge, Pfalzgraf und oberbayerischer Herzog12, stammte aus dem Haus Wittelsbach. In dritter Ehe mit der Königstochter Mechthild aus dem Hause Habsburg, gebar diese ihm zwei Söhne – der jüngere von ihnen war Ludwig der Bayer.13
Somit war Ludwig väterlicherseits Wittelsbacher und pflegte durch seine Mutter zugleich Beziehungen zum Hause Habsburg. Die Wittelsbacher genossen durch ihre bereits 100 Jahre währende Regierung ein hohes Ansehen im Reich.14 Doch auch durch seine Mutter, beziehungsweise durch die Heiratspolitik der Habsburger, verfügte der Bayer über ein verbreitetes Verwandtschaftsnetz, welches sich weit über die deutschen Grenzen hinaus streckte.15
I.2. Mögliche Geburtsjahre Ludwigs
Wie bereits mehrfach angeschnitten, ist das genaue Geburtsdatum Ludwigs nicht überliefert. Doch fehlt nicht nur das Datum seiner Geburt, sondern gar das korrekte Jahr. Zur Auswahl stehen vier mögliche Geburtsjahre: 1282, 1283, 1287. Jedes dieser Jahre kann aus verschiedenen Quellenbelegen erschlossen werden, aber keines kann sicher nachgewiesen werden.16 Martin Clauss folgend sei es keineswegs außergewöhnlich, dass das Geburtsdatum Ludwigs nicht überliefert ist.17 Er gibt an, dass die Menschen im Mittelalter keine Geburtstage feierten und somit auch kein Chronist Interesse an einer Datierung hatte. Weiterhin beschreibt Clauss, dass das Alter eines Menschen im Mittelalter von untergeordneter Bedeutung gewesen sei und dass die Kindersterblichkeit so hoch war, dass die Geburten aus diesem Grund gar nicht dokumentiert worden seien.18
Der Historiker Waldemar Schlögl veröffentlichte 1977 in seinem Artikel „Beiträge zur Jugendgeschichte Ludwigs des Bayern“ eine detaillierte Untersuchung zum Geburtsjahr Ludwigs. Der Reihe nach stellt er die Argumentationen anderer Historiker vor, die ebenfalls Ludwigs Geburtsjahr zu datieren versuchten und widerlegt diese durch weitere wissenschaftliche Untersuchungen.
Der Beitrag Schlögls ist der Grundbaustein der aktuelleren, später erschienenen Forschungsarbeiten über Ludwig den Bayern. Zwar wird auch in der aktuellen Forschung erwähnt, dass vier verschiedene Jahre als Geburtsjahr in Frage kämen, doch wird bei Benker19, Thomas20 und Clauss21 das Jahr 1282 (basierend auf den Untersuchungen Schlögls) als am Wahrscheinlichsten hervorgehoben.
Im Folgenden soll Schlögls Argumentation kurz wiedergegeben werden.22
I.2.1. Geburt in 1287
Der aktuellste Datierungsansatz hierzu stammt von Grundmann, welcher 1287 als das wahrscheinlichste Geburtsjahr Ludwigs angibt. Er stützt seine Angabe mit der Notae Fürstenfeldse, in der es heißt, Ludwig sei beim Tod seines Vaters nur sieben Jahre alt (tantum septennis) gewesen. Durch einfaches Hochrechnen kommt Grundmann also zu dem Schluss dass 1287 das korrekte Geburtsdatum sei. Schlögl widerlegt dies, indem er unter anderem darauf hinweist, dass man nur sagen könne, dass Ludwig zu diesem Zeitpunkt sieben Jahre alt war, wenn sein Geburtstag bereits stattgefunden habe.
I.2.2. Geburt in 1286
Auf der selben Quelle wie oben basierend folgt ein Datierungsversuch von Riezler, der 1286 als Geburtsjahr Ludwigs festlegt. Anders als bei Grundmann wird hier „ tantum septennis “ als sieben abgelaufene Jahre übersetzt, weswegen Riezler ebenfalls durch einfaches Hochrechnen auf 1286 als Geburtsjahr Ludwigs kommt.
I.2.3. Geburt in 1283
Die Annahme, dass Ludwig 1283 geboren sei, wird unter anderem von Lampel vertreten. Die belegende Quelle für diese Annahme ist ein Brief von Herzog Heinrich von Niederbayern an den Erzbischof von Salzburg, welcher rückwirkend auf den 25. Januar 1283 datiert werden kann. In diesem Brief wird eine Geburt erwähnt, welche Lampel für die Geburt Ludwigs hält.
I.2.4. Geburt in 1282
1282 ist, laut Schlögl, das wohl wahrscheinlichste Geburtsjahr. Seine Argumentation beruht zuerst auf einer Urkunde Ludwigs des Strengen für das Zisterzienserkloster Schönau bei Heidelberg vom 7. Dezember 1282. Im Dispositio jener Urkunde werden Mechthild und ihre drei Söhne Ludwig, Rudolf und Ludwig genannt. Ausgehend davon, dass der ältere Ludwig aus zweiter Ehe stammte und bereits früh verstarb, ist der jüngere Ludwig Ludwig der Bayer. Lampel geht davon aus, dass die Urkunde gefälscht sei, was Schlögl als reine Hypothese interpretiert, denn er beweist durch besitzgeschichtliche Erörterung der Urkunde das Gegenteil.23 Danach setzt Schlögl die Schönauer Urkunde mit der Notae Fürstenfeldse in Relation: Ludwig wäre beim Tod seines Vaters vierzehn Jahre alt gewesen. Schließlich erkennt er, dass die Rückrechnung des „tantum septennis“ das siebte Lebensjahr Ludwigs von April 1288 bis April 1289 bedeuten könne.24
Gestützt wird seine Interpretation zudem durch mehrere Beweise anderer Wissenschaftler, die erkannten, dass die mittelalterliche Volljährigkeit teilweise mit bereits 24 Lebensjahren erlangt werden konnte und abhängig von der Willkür des Vormundes war (hier widerlegt er die Aussage Rietzlers, welcher Ludwigs späte Volljährigkeit für unwahrscheinlich hält) – Ludwig war, ausgehend von der Geburt in 1282, beim Erlangen seiner Volljährigkeit 19 Jahre alt.
Weiterhin diskutiert Schlögl die Jahreszeit der Geburt Ludwigs und kommt zu dem Fazit, dass Ludwig im Februar/März 1282 geboren wurde.25
I.3. Kindheit
Über Ludwigs frühen Kindheitsjahre ist nichts bekannt, weswegen fortan Aspekte der allgemein-höfischen Erziehung in die Analyse mit einfließen.
Ludwig blieb wohl bis zum Alter von mindestens sieben Jahren in den Frauengemächern der Burg und verbrachte dort womöglich unbeschwerte Tage, an denen er herumtollen und spielen konnte. Sofern die finanziellen Mittel der Eltern ausreichten, besaßen die Kinder eigenes Spielzeug.26
Die charakterliche und religiöse Erziehung der Kinder lag zunächst in den Händen der Frauen.27 Gang und Gebe waren auch körperliche Strafen bei Fehlverhalten, so erhielten die Kinder im Sinne der „Zunft“ oftmals Prügel.28 Barbara Hundt gibt in ihrer Biographie über Ludwig den Bayern an, dass die Frauen am Hof den Kindern auch Lesen, Schreiben und gute Manieren beibrachten.29 Da die geistige Bildung im Mittelalter jedoch eine untergeordnete Rolle spielte30, ist diese Aussage zu hinterfragen. Waldemar Schlögl hingegen behauptet, Ludwig sei als kleiner Junge von Probst Bertold in Diessen erzogen worden.31 Diese Annahme begründet er damit, dass nur in Diessen Kenntnis über Ludwigs Jugend vorliegt, zudem spricht er von einer deutlichen Bevorzugung Diessens, die durch die Anzahl überlieferter Urkunden deutlich wird.32 Dieser Annahme folgen sowohl Heinz Thomas in seinem 13 Jahre später erschienenen Werk33, als auch Gertrud Benker.34 Ob der Probst Ludwig körperlich oder geistlich erzogen haben soll, wird von beiden nicht näher erläutert. Benkner nimmt außerdem an, dass Ludwig seinen Vater gelegentlich auf die Jagd begleiten durfte.35
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1 http://www.hdbg.de/ludwig-der-bayer/, zuletzt aufgerufen am 07.03.18, 19:10 Uhr.
2 Schlögl, Waldemar: Beiträge zur Jugendgeschichte Ludwigs des Bayern, in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 33, 1977, S. 182-199.
3 Hundt, Barbara: Ludwig der Bayer, Der Kaiser aus dem Hause Wittelsbach, 1282-1347, München 1989.
4 Benker, Gertrud: Ludwig der Bayer, Ein Wittelsbacher auf dem Kaiserthron, 1282-1347, München 1980.
5 Clauss, Martin: Ludwig IV. - der Bayer, Herzog, König, Kaiser, Regensburg 2014.
6 Heinz, Thomas: Ludwig der Bayer (1282-1347), Kaiser und Ketzer, Regensburg, Graz, Wien, Köln 1993.
7 Appl, Tobias: Verwandtschaft – Nachbarschaft – Wirtschaft, Die Handlungsspielräume Ludwigs IV. auf seinem Weg zur Königswahl, in: Wolf, Peter u.a. (Hg.): Ludwig der Bayer, Wir sind Kaiser, Augsburg 2014, S. 51-57.
8 Rösener, Werner: Leben am Hof, Königs- und Fürstenhöfe im Mittelalter, 2008 Ostfildern.
9 Bumke, Joachim: Höfische Kultur, Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter, München 1986.
10 Reitz, Manfred: Das Leben auf der Burg, Alltag, Fehden und Turniere, Ostfildern 2004.
11 Spiess, Karl-Heinz: Familie und Verwandtschaft im deutschen Hochadel des Spätmittelalters, 13. bis Anfang des 16. Jahrhunderts, Stuttgart 1993.
12 Clauss (2014), S. 20.
13 Appl (2014), S. 51.
14 Appl (2014), S.52.
15 Thomas (1993), S. 13.
16 Clauss (2014), S. 24f..
17 Clauss (2014), S. 25.
18 Clauss (2014), S. 25.
19 Benker (1980), S. 44.
20 Thomas (1993), S. 13.
21 Clauss (2014), S. 24f..
22 Schlögl (1977), S. 182-199.
23 Schlögl (1977) S. 190.
24 Schlögl (1977), S. 192.
25 Schlögl (1977), S. 195.
26 Reitz (2004), S. 14.
27 Hundt (1980), S. 45.
28 Hundt (1980), S. 45.
29 Hundt (1980), S .45.
30 Reitz (2004), S. 116.
31 Schlögl (1977), S. 199.
32 Schlögl (1977), S. 198f.
33 Thomas (1993), S. 17.
34 Benker (1980), S. 19.
35 Benker (1980), S.18.