Bildungstourismus: Strukturen und Informationsvermittlung


Hausarbeit (Hauptseminar), 2001

28 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Definitionen

3. Geschichte des Bildungstourismus
3.1 Die Kavaliersreisen oder die „Grand Tour“
3.2 Die romantische Bildungsreise
3.3 Bildungstourismus im Zeitalter der Industriegesellschaft

4. Der moderne Bildungstourismus

5. Strukturen der Studienreise
5.1 Studienreisen als Veranstalterreisen
5.2 Studienfahrten verfügen über ein festes Programm
5.3 Studienreisen werden fachlich qualifiziert geleitet
5.4 Studienreisen als Gruppenreisen
5.5 Studienreisen als Pauschalreisen
5.6 Studienreisen als Urlaubsveranstaltungen
5.7 Studienreisen als Rundreisen
5.8 Studienreisen als Busreisen

6. Struktur des Angebotes
6.1Soziographische Merkmale der Studienreisenden
6.1.1 Das Reiseverhalten der Studienreisenden

7. Struktur der Nachfrage
7.1. Ursachen für die Zunahme der Nachfrage
7.2. Nachfrageprognosen
7.2.1. Nachfrageprognosen für Studienreisen in nahe Entwicklungsländer
7.2.2. Nachfrageprognosen für Studienreisen in ferne Entwicklungsländer
7.2.3. Nachfrageprognosen für außereuropäische Industrieländer

8. Die Produktpalette aktueller Studienreiseformen am Beispiel von Studiosus Reisen
8.1. Die moderne Studienreise
8.2. Studienreisen mit Freizeit-Plus
8.3. Die Studienferien
8.4. Die Studienexpedition
8.5. Die Young Line

9. Nachfrageschwund durch Krisen - Beispiel Türkei

10. Schluss

11. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Bei dem im folgenden behandeltem Thema „Bildungstourismus: Strukturen und Informationsvermittlung“ handelt es sich um ein sehr vielschichtiges Spektrum.

In der Literatur wird der Bildungstourismus heute mit Bildungsreisen gleich gesetzt und diese wiederum mit Studienreisen, welche die neue Form der Bildungsreisen darstellen. Aus diesem Grund liegt der Schwerpunkt auf den Bildungsreisen, beziehungsweise, wie sie heute heißen, Studienreisen. Es wird weiter unterschieden in individuale und pauschale Studienreisen, wobei hier jedoch vor allem die pauschalen Angebote genauer erläutert werden.

Zunächst wird jedoch der Begriff der Bildungsreisen definiert. Im Anschluß hieran wird die Geschichte des Bildungstourismus sowie seine heutigen Formen beschrieben. Exemplarisch wird bei der geschichtlichen Darstellung vor allem genauer auf die Kavaliersreisen, die romantische Bildungsreise sowie auf den Bildungstourismus im Industriezeitalter eingegangen.

Weiter werden die Strukturen dieses Reisetypus erläutert, sowie die Angebots- und Nachfragestruktur. Hierbei werden unter anderem auch zukünftige Trends dieser prognostiziert. Danach werden die soziographischen Merkmale der Studienreisenden erklärt.

Als Beispiel wird zunächst die Produktpalette aktueller Studienreiseformen am Beispiel von Studiosus Reisen beschrieben. Dieses schien geeignet um die vielfältigen Varianten der Studienreisen zu verdeutlichen.

Anschließend wird, am Beispiel der Türkei, die rückgängige Nachfrage nach Studienreisen durch Krisen eines Landes erläutert.

Als literarische Quellen dienten vor allem mehrere Werke von Wolfgang Günter. Unter anderem: Die Geschichte der Bildungsreise, oder: Der moderne Bildungstourismus. Formen, Merkmale und Beteiligte. Weiter wurden beispielsweise Veröffentlichungen von Klaus Dietsch oder Klaus Dieter Hartmann herangezogen, sowie ein Datenband des Studienkreises für Tourismus und Entwicklung und Publikationen der Studiosus Reisen und der FVW im Internet.

2. Definitionen

Nach GÜNTER setzt sich der Bildungstourismus aus den zwei Veranstaltungsformen der „Bildungsreise“ sowie der „Studienreise“ zusammen. Aufgrund der Tatsache, daß beide Formen über eine lange Tradition verfügen, haben sie eine dementsprechende Begriffsgeschichte.

So läßt sich die Bildungsreise bis in das 15 Jahrhundert vor Christus, in Ägypten, zurückverfolgen.

Erst seit Beginn der 60er Jahre dieses Jahrhunderts wurde dann der Begriff der „Studienreise“ auf die touristische Veranstaltung der Bildungsreise übertragen. Seitdem wird sie wie nachstehend charakterisiert.[1]

Um eine einheitliche Definition des Begriffs „Studienreise“ bemühen sich Experten erst seit den 80er Jahren. Dieses schien von der Anbieterseite her notwendig, um sich von Mitbewerbern abzusetzen, welche versuchten ihre Rundreisen mit der Bezeichnung „Studienreise“ aufzuwerten.

Die folgenden Definitionen sollen einen Überblick über die heute gebräuchliche Begriffsverwendung geben.

Eine Studienreise ist eine Informations- und Besichtigungsreise, die in der Regel als eine Gruppenreise unter sachkundiger Führung fachorientiert für Teilnehmer mit bestimmten Bildungsinteressen durchgeführt wird. Ziele von Studienreisen sind historisch beziehungsweise kunsthistorisch, geographisch, volkskundlich, botanisch oder sonstwie bedeutende Orte und Landschaften, Museen, Ausstellungen, wissenschaftlich historische Einrichtungen usw.[2]

Eine Studienreise ist eine Gruppenreise mit begrenzter Teilnehmerzahl, festgelegtem Reiseverlauf sowie deutschsprachiger, fachlich qualifizierter Reiseleitung.[3]

Eine Studienreise ist eine Gruppenreise mit festgelegtem Reisethema, qualifizierter Reiseleitung und entsprechend begrenzter Zahl der Teilnehmer mit möglichst gleichartiger Interessenslage.[4]

Die Studienreise ist eine intelligente Form der Urlaubsreise, die ein intensives Auseinandersetzen mit dem Gastgeberland ermöglicht, indem sie die Vergangenheit nachempfinden läßt, den Bezug zu gegenwärtiger Lebenssituation und Kultur aufzeigt und dieses Erlebnis an Ort und Stelle vermittelt. Dabei versucht sie, die ursprüngliche Situation des Gastlandes zu schonen und - wenn möglich - sogar zu fördern.[5]

3. Geschichte des Bildungstourismus

Wie bereits in Kapitel 2 erläutert reichen die historischen Wurzeln der Bildungsreise bis in das Ägypten des 15. Jahrhunderts vor Christus zurück. Jedoch gewinnt der Bildungstourismus erst im griechisch-römischen Kulturkreis greifbare Konturen. Wichtig für die geschichtliche Entwicklung des Bildungstourismus sind weiter die Vagantenreisen seit dem 12. Jahrhundert, die Handwerkerreisen seit dem 16. Jahrhundert.

3.1 Die Kavaliersreisen oder die „Grand Tour“

Ziel der Kavaliersreisen des 16. Und 17. Jahrhunderts waren die Schauplätze antiker Kultur oder die derer Zeugnisse nämlich Kirchen, Paläste oder Stadtanlagen der Renaissance in Italien, insbesondere Rom[6]. Zu den Teilnehmern zählten junge Adelige, zumeist aus England, Frankreich, Deutschland oder Polen. Diese zwei bis drei Jahre dauernde Reise wurde von ihnen als Abschluß und Höhepunkt ihrer Bildung, als Bewährung in der Fremde, sowie als Brücke zur Weltläufigkeit angesehen.

Die innere Programmgestalt der Kavaliersreise war zweigeteilt. Zum einen waren aristokratische Fertigkeiten zu verfeinern, wie zum Beispiel Auftreten, Fechten, Konversation, Tanzen und Reiten. Zum anderen sollte Wissen erworben oder vertieft werden. Dieses geschah über die Schauplätze antiker Kultur, über die Bauten der Renaissance und des Barock, sowie über das als vorbildhaft geltende Regierungs- und Verwaltungssystem der italienischen Staaten. Die Kavaliersreise wurde tendenziell zu einer Forschungsreise.[7]

3.2 Die romantische Bildungsreise

Die Bildungsreisen des Bürgertums vom 17. bis 19. Jahrhundert, können unter dem Oberbegriff der romantischen Bildungsreise zusammengefaßt werden. Neben den bisherigen Aspekten Kultur und Kunst nahm nun zusätzlich die Natur einen bemerkenswerten Stellenwert ein. Daraus resultierte, daß sich das Interesse nunmehr auch Monumenten zuwandte, welche keine Kunstwerke waren, wie zum Beispiel Burgen und Schloßanlagen. Weiter wurden auch solche Epochen der Geschichte bedeutsam, welche nicht vom humanistischen Bildungskanton umgriffen waren, so zum Beispiel das Mittelalter oder die frühen Hochkulturen des Orients. Naturgefühl und Naturgenuß, das empfindsame erahnen der Geschichte an den Schauplätzen ihrer versunkenen Größe sowie das Erlebnis ursprünglicher Lebensformen und abgeschiedener Landschaften setzte also neue Akzente.[8]

3.3 Bildungstourismus im Zeitalter der Industriegesellschaft

Die industrielle Revolution veränderte nicht nur Struktur und Verhalten der Gesellschaft. Es wurden weiter auch die technischen Voraussetzungen für den Massentourismus geschaffen. So zum Beispiel mit der Eisenbahn oder mit neuen Dampfschiffen. Da diese billige Massentransportmittel darstellten, war so immer mehr Menschen die Chance gegeben, immer größere Räume mit immer größerer Geschwindigkeit zu durchqueren. Somit wurden die Voraussetzungen für die Gründung der ersten Reisebüros geschaffen. Thomas Cook muß nicht nur als Gründer des ersten Reisebüros genannt werden, sondern auch als erster Veranstalter von Bildungsreisen der Neuzeit. Seit 1841 führten seine Unternehmungen zu den bekannten Kunstwerken der Antike. Er nutzte Bahn und Dampfschiffe als Massentransportmittel und verknüpfte diese mit einem Bündel zusätzlicher Leistungen zu einem Gesamtangebot.[9]

Die Bildungsreise im Zeitalter der industriellen Revolution unterschied sich von der „Grand Tour“ der frühen Neuzeit in folgen Merkmalen: Sie dauerte nur noch die kurze Zeitspanne eines Urlaubs, also wenige Wochen, und nicht mehr Monate oder Jahre. Weiter diente sie nun dem Reisevergnügen und somit dem Genuß von Natur und Bildungsgütern, also nicht mehr dem Abschluß der Bildung, der Vorbereitung auf den Beruf oder der Bewährung in der Fremde. Die Bildungsreise beschränkte sich nun nicht länger auf die exklusiven Kreise des Adels und des höheren Bürgertums, sondern bezog auch angehörige mittelständischer Bildungsberufe wie Ärzte, Anwälte, Studienräte oder höhere Beamte mit ein. Ebenfalls entfiel somit die lange Vorbereitungszeit zu Hause, sowie das aktive Studium auf der Reise. Dieses wurde durch die belehrende Unterweisung des Reiseleiters und durch die Perfektion eines Programms, welches keine Sehenswürdigkeit ausließ, ersetzt.[10]

4. Der moderne Bildungstourismus

Bis in die unmittelbare Gegenwart war die Bildungsreise Inbegriff eines besonders niveauvollen und deshalb elitären Reisens. Bis zum Beginn der 60er Jahre tauchte der Begriff in den entsprechenden Veranstalterkatalogen auf, um dann dem Begriff der „Studienreise“ zu weichen. Vor allem ältere Personen bezeichnen eine Veranstaltung dieser Art nach wie vor als „Bildungsreise“. Bei den jüngeren Reisenden hingegen steht eine „Bildungsreise“ heute hingegen für eine „Ausbildungsreise“ (zum Beispiel Auslandspraktikum oder Sprachreise).[11]

Seit der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts verstand man unter einer „Studienreise“ eine wissenschaftliche Forschungsreise. Diese war als Teil, der neuzeitlichen Wende zur Empirie, Instrument akademischer Forschung und Lehre. Sie bewegte sich räumlich oder zumindest thematisch im unbekannten.[12]

Es existieren mehrere Gründe für die Übertragung des Begriffs der „Studienreise“ auf den der „Bildungsreise“ zu Beginn der 60er Jahre, welche ursprünglich keinen Zusammenhang mit der akademischen Forschungs- und Ausbildungsreise besaß. Beispielhaft wäre zum einen die rasche Ausdehnung des Bildungstourismus auf Gebiete und Bereiche, welche keinen räumlichen oder thematischen Zusammenhang mehr mit dem humanistischen Bildungskanton besaßen. Weiter wäre der allgemeine gesellschaftliche Bewußtseinswandel zu nennen. Der als antiquiert empfundene Bildungsbegriff wurde durch pragmatische Größen wie „Können“ oder „Wissen“ ersetzt.

Inhaltlich setzte sich diese neue Form der Bildungsreise, also die Studienreise, zunächst wenig von der vorherigen ab. Sie blieb nach wie vor überwiegend historisch orientiert. Die Schwerpunkte wurden auch weiterhin auf Kunst und Kultur des jeweiligen Landes gesetzt und bereist wurde vorzugsweise der Mittelmeerraum.[13]

Neu war jedoch der Rahmen der Veranstaltung. So vermittelte der Reiseleiter die Informationen nicht mehr oberlehrerhaft, sondern eher als „Animateur mit Hochschulbildung“.[14] Es veränderten sich zunächst also vor allem die Ansprüche an die Reiseleiter. Dieses hatte jedoch zur Folge, daß sich, besonders in den 70er Jahren, die Studienreise auch thematisch änderte und ihr aus allen Gesellschaftsschichten stammende sowie jüngere Teilnehmer zuführte. Hieraus resultierte, daß nun Historie, Kunst und Kultur zugunsten eines neuartigen Interesses an der Gegenwart sowie am Alltagsleben zurücktraten. Dieser Aspekt führte zu neuen „Themenstudienreisen“ , welche sich beispielsweise mit Umwelt, Natur, Frauenfragen oder Sozialem befaßten.[15] Im Trend liegen heute vor allem die Kombination von Urlaub und Bildung, aktivitätsorientierte Studienreisen, wie zum Beispiel Wander- oder Fahrradstudienreisen, sowie der Wandel von der Erkundung eines Landes zur Erkundung einer bestimmten Region. Dieser wird vor allem durch den Trend der kürzeren Reisen bei gleichzeitiger Zunahme der Reisehäufigkeit getragen. Wachsender Beliebtheit erfreuen sich heute aus diesen Gründen vor allem Aufenthalts- oder Kreuzfahrtstudienreisen.[16]

[...]


[1] Vgl.: Günter, Wolfgang (1991): Geschichte der Bildungsreise. In: Handbuch für Studienreiseleiter. 2.Aufl. Starnberg

[2] Vgl. : Leser, Haas, Mosimann, Paesler (1995): Dierke Wörterbuch der Allgemeinen Geographie. 8.Aufl. München

[3] Vgl.: Arbeitsgemeinschaft für Studienreisen (1983)

[4] Vgl.: Albrecht, Kunze (1991), S. 192

[5] Vgl.: Studiosus Reisen (1995): Unternehmensleitbild

[6] Vgl.: Schudt, L. (1959): Italienreisen im 17 und 18.Jahrhundert. München / Wien

[7] Vgl.: Black, J. (1985): The British and the Grand Tour. London

[8] Vgl.: Günter, Wolfgang (1991): Geschichte der Bildungsreise. In: Handbuch für Studienreiseleiter. 2.Aufl. Starnberg

[9] Vgl.: Pudney, John (1955): Alles Inbegriffen. Die Geschichte des Hauses Cook. Stuttgart

[10] Vgl.: Günter, Wolfgang (1991): Geschichte der Bildungsreise. In: Handbuch für Studienreiseleiter. 2. Aufl. Starnberg

[11] Vgl.: Günter, Wolfgang (1991): Der moderne Bildungstourismus. Formen, Merkmale und Beteiligte. In: Handbuch für Studienreiseleiter. Starnberg

[12] Vgl.: Stagl, Justin (1983): Das Reisen als Kunst und Wissenschaft (16.-18. Jahrhundert). In: Zeitschrift für Ethnologie 108. S.30 ff.

[13] Vgl.: Günter, Wolfgang (1991): Der moderne Bildungstourismus. Formen, Merkmale und Beteiligte. In: Handbuch für Studienreiseleiter. Starnberg

[14] Vgl.: Hartmann, Klaus Dieter (1982): Der moderne Bildungstourismus: Formen, Merkmale und Teilnehmerkreise. In: Handbuch für Studienreiseleiter. Starnberg

[15] Vgl.: Ganser, Armin (1989): Studienreisen leicht entrümpelt. In: Süddeutsche Zeitung vom 28.02.1989

[16] Vgl.: Günter, Wolfgang (1991): Der moderne Bildungstourismus. Formen, Merkmale und Beteiligte. In: Handbuch für Studienreiseleiter. Starnberg

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Bildungstourismus: Strukturen und Informationsvermittlung
Hochschule
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen  (Geographisches Institut)
Veranstaltung
Hauptseminar
Note
1,3
Autor
Jahr
2001
Seiten
28
Katalognummer
V51854
ISBN (eBook)
9783638477093
ISBN (Buch)
9783656803485
Dateigröße
593 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bildungstourismus, Strukturen, Informationsvermittlung, Hauptseminar
Arbeit zitieren
Yvonne Schulz (Autor:in), 2001, Bildungstourismus: Strukturen und Informationsvermittlung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/51854

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