Illegale Migration - Ablauf eines potentiellen Flüchtlings-Lebens


Hausarbeit, 2000

31 Seiten, Note: 1 (sehr gut)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Flüchtlingssituation und Abschottungspolitik an den EU- Außengrenzen
2.1 Darstellungsweise von Polizeibehörden über EU- Abschottungspolitik
2.2 Darstellungsweise von Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen über die EU- Abschottungspolitik

3. Die Situation von ('illegalen') MigrantInnen und Flüchtlingen in Deutschland
3.1 Darstellungsweise im Buch "Migration & Illegalität" über die Situation von ('illegalen') MigrantInnen in Deutschland
3.2 Darstellungsweise von Flüchtlingsorganisationen über die Situation von (illegalen) MigrantInnen und Flüchtlingen in Deutschland
3.3 Das Asylverfahren
3.4 Das Flughafenverfahren
3.5 Abschiebehaft und Abschiebemaßnahmen

4. Soziales Sicherungssystem und Beschäftigung 'illegaler' MigrantInnen

5. Fazit zu 'illegale' Migration

6. Literatur

Migration

Illegale Migration

1. Einleitung

Gemäß den Informationen aus dem "Lehrbuch der Soziologie" von Hans Joas ist unter dem Be-griff 'Migration' [<lat. Migratio: Wanderung, Auswanderung] zum einem die grenzüberschreiten-de bzw. internationale Migration und der langfristige Wechsel des eigenen Lebensmittelpunktes zu verstehen. Diese umfaßt die gewaltsame Vertreibung genauso wie die Flucht von Menschen wegen Not, politischen Pogromen oder Umweltkatastrophen. Hinzukommen die ethnische (Rück-)Wanderung oder die Migration aus Gründen besserer Arbeits-, Studien- oder Ausbildungschancen in den Zielregionen. Nach Erkenntnissen aus Joas' Buch hätten zu Beginn des 21. Jahrhunderts insgesamt ca. 120 Mio. Menschen (ca. 2% der Weltbevölkerung) ihren dauerhaften Lebensmittelpunkt außerhalb ihrer Herkunftsnationen gehabt. Iran, Pakistan, die BRD und Tansania hätten in den Jahren 1999/2000 als die wichtigsten Aufnahmeländer von Flüchtlingen gegolten. Derweil habe es weltweit ca. 13 Mio. Flüchtlinge und AsylbewerberInnen gegeben. Im Zeitraum zwischen 1989 - 1998 seien in Westeuropa ca. 4 Mio. Asylanträge gestellt worden. Während in Westeuropa die Flüchtlingszahlen zurückgehe, seien zunehmend die Nachbarregionen von Krisengebieten mit der Flüchtlingsproblematik konfrontiert (Kapitel 19: "Bevölkerung", in: (hrg.) Hans Joas, "Lehrbuch der Soziologie", - Teil IV "Sozialer Wandel und Globalisierung", S. 488).

Nicht zu vergessen ist zum anderen die Binnenmigration. Dazu gehören die Landflucht (Flucht von ländlichen Gebieten in die Stadt), welche zum gegen-wärtigen Zeitpunkt v.a. in Entwicklungsländern überwiegt, sowie die Stadtflucht (Flucht aus dem Stadtgebiet ins Umland), die v.a. in den Industrienationen vor-herrscht. Von der Binnenmigration, welches ebenso Binnenflüchtlinge impliziert, die innerhalb eines Staatsgebietes zur Flucht gezwungen werden, ist eine wesent-lich höhere Anzahl von Menschen betroffen als bei der internationalen Migration ("Glossar", in: (hrg.) Hans Joas, "Lehrbuch der Soziologie", - Teil IV: "Sozialer Wandel und Globalisierung", - Kapitel 19: "Bevölkerung", S. 488).

Nun möchte ich zunächst auf das Vorwort des Juristen Eichenhofer (Prof. für Bürgerl. Recht u. Sozialrecht an der Friedr.-Schiller- Univ. Jena) in dem von ihm herausgegebenen Buch "Migra-tion & Illegalität" eingehen. Dort läßt der Verfasser durchblicken, daß die Begriffe 'illegal' bzw. 'Illegalität' im Bezug auf eingereiste MigrantInnen und Flüchtlinge eigentlich als inkorrekt gelten, da die betreffenden Personengruppen durch adäquate Vokabeln stigmatisiert bzw. aus-erenzt werden. Stattdessen würden für 'illegale' Flüchtlinge folgende Termina als geeigneter erachtet sein: "overstayer" / "visa-overstayer", "irregular", "undocumented", "sans-papiers" ("ohne Papiere"), "undocumented immigrants". Mit diesen Bezeichnungen erhielten die MigrantInnen immerhin eine nach-trägliche Legalisierung. (Eichenhofer: "Einleitung:" - "Illegale, illegaler Aufenthalt und illegale Beschäftigung als Fragen der Migrationsforschung.", in: "Migration & Illegalität", 1999 Osnabrück; S. 11 - 25). Außerdem seien jene Migranten-ruppen abhängig von der Kooperation mit v.a. ethnischen bzw. an der ethnischen Herkunft orientierten Gemeinschaften, die indes nicht immer als ver-trauenswürdig gelten, sowie Hilfsvereinen (bezüglich der alltäglichen Notwendig-keiten wie Kleidung, Unterkunft, Arbeit, Arztbehandlung, Dolmetscher). Die gegensätzlichen Bedürfnisse, - einerseits die Unterstützung durch soziale Gruppen und Netzwerke, um das eigene Überleben zu ermöglichen, und anderer-seits der Zwang zur Anonymität, um wegen ihren rechtlich ungeschützten Status nicht auf-zufallen, führe zu einer - dauerhaft angespannten Situation (Eichenhofer: "Ein-leitung:" - "Illegale, illegaler Aufenthalt und illegale Beschäftigung als Fragen der Migrationsforschung.", in: "Migration & Illegalität", 1999

Osnabrück; S. 11 - 25). (Im übrigen erinnert der Zwang zu einem unauffälligen Verhalten an den Begriff 'Schläfer', der in den vergangenen Jahren im Zusammenhang mit terrorismusverdächtigen Personen verwendet worden war).

Der Buchherausgeber Eichenhofer beschäftigt sich in einem weiteren Kapitel mit dem juristi-schen Aspekt bei der Migration. In diesem Kontext merkt der Verfasser an, daß hinsichtlich Einwanderung und Grenzüberschreitung zu jeder Zeit der Geschichte und seit Bestehen von Grenzen (insbesondere seit der Existenz von Nationalstaaten) eine Klasseneinteilung zwischen Personengruppen, die zu entsprechenden Bewegungen berechtigt und solchen, die dazu nicht berechtigt gewesen seien. (Eichenhofer: 1. Teil: "Illegalität im Migrationsprozeß: rechtl. Rahmenbedingungen, Beschreibungsprobleme und Bestandsaufnahmen" -- "Migration und Recht", 1999 Osnabrück; S. 29 - 40). Im Völkerrecht der Vereinten Nationen, das zur Regelung der zwischen-staatlichen Beziehungen eingeführt worden war, soll zugleich der Schutz individueller Personen (z.B. gegenüber Krieg, Folter, Armut) berücksichtigt sein. Nichtsdestoweniger beinhalte das internationale Rechtssystem unvereinbare paradoxe Resolutionen, wenn z.B. bestimmte Landsleute einerseits das Recht haben, ihr Herkunftsgebiet zu verlassen, andererseits keine langfristige Aufenthaltserlaubnis in einer Exilnation erhielten. Das Privileg auf Einreise ist gemäß des Völkerrechts lediglich für Angehörigen des betreffenden Staates sowie gleichgestellte Personengruppen verbindlich (Eichen-hofer: 1. Teil: "Illegalität im Migrationsprozeß: rechtl. Rahmenbedingungen, Beschreibungsprobleme und Bestands-aufnahmen" -- "Migration und Recht", 1999 Osnabrück; S. 29 - 40).. Diesbezüglich konstatiert Eichenhofer folgendermaßen: "In diesem Kontext besteht ein unausgelöster Widerspruch zwischen dem Recht auf Ausreise, das ein Menschenrecht auf Migration bedeutet, einerseits und den nur begrenzten Rechten auf Einwanderung andererseits. Dieser Widerspruch macht deutlich, daß das Recht auf Ausreise unter der regelmäßig unausgesprochenen Prämisse eines von einem anderen Staat gewährten Rechts auf Einreise steht. Das Recht auf Ausreise wäre also folgenlos, weil wirkungslos, wenn ihm nicht ein Recht auf Einreise gegenüberstünde. Dies bedeutet faktisch, daß die Rechts-entwicklung der Zukunft dahin gehen muß, die Rechte der Ausreise mit den Rechten auf Einreise zu vernetzen." (Zitat, Eichen-hofer: 1. Teil: "Illegalität im Migrationsprozeß: rechtl. Rahmenbedingungen, Beschreibungsprobleme und Bestandsaufnahmen" -- "Migration und Recht", 1999 Osnabrück; S. 39). Gleichwohl sind zusätzliche internationale Verträge zu beachten. Dank der Genfer (Flüchtlings) Konvention ("Magna Charta" des Flüchtlingsrechts), die infolge der zwei Weltkriege des 20. Jahrhunderts im Jahre 1951 gegründet worden war, ist die Asylgewährung von Verfolgten aus religiösen, politischen, ethnischen u.a. Motiven reglementiert. Mit dem internationalen Abkommen, welches unter Aufsicht des UN-Hoch-kommissariats für Flüchstlingswesen steht, ist kein allgemeingültiges Asylrecht in konkreten Nationen, sondern lediglich die Verteilung der Flüchtlinge auf verschiedene Länder festgelegt. Darüber hinaus komme auf die Klärung des Rechtsstatus des Flüchtlings in bezug auf dessen befristeten oder dauerhaften Bleiberecht eine wesentliche Bedeutung zu.

Im "Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge" vom 28.07.1951 von der Genfer Flüchtlingskommission (BGBl. II 1953 S. 559) ist der Artikel 33 (Verbot der Ausweisung und Zurückweisung) zu nennen:

1. "Keiner der vertragsschließenden Staaten wird einen Flüchtling auf irgend-eine Weise über die Grenzen von Gebieten ausweisen oder zurückweisen, in denen sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staats-angehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht sein würde."

Hingegen müsse beachtet werden, daß "auf die Vergünstigung dieser Vorschrift sich jedoch ein Flüchtling nicht berufen (kann), der aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit des Landes anzusehen ist, in dem er sich befindet, oder der eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen seines Verbrechens oder eines besonders schweren Vergehens rechtskräftig verurteilt wurde." (Zitat, Eichenhofer: 1. Teil: "Illegalität im Migrationsprozeß: rechtl. Rahmenbedingungen, Beschreibungsprobleme und Bestandsaufnahmen" -- "Migration und Recht", in: "Migration & Illegalität", 1999 Osnabrück; S. 39)

2. Flüchtlingssituation und Abschottungspolitik an den EU-Außengrenzen

2.1 Darstellungsweise von Polizeibehörden über EU- Abschottungspolitik

Auf der Internet- Seite der Polizei ist hinsichtlich der Ursachen von (illegaler Migration und Schleusungskriminalität nachzulesen: "Bürgerkriege (,) sowie ganz allgemein die Sehnsucht nach einem 'besseren Leben' sind Ursachen für legale, aber auch illegale Migration über die Grenzen in die modernen, leistungs-starken Industriestaaten. Unerlaubte Migration schafft dabei immer die Grundlage für Schleusungskriminalität." ("Kurzlage an den Grenzen der Bundes-republik Deutschland im Jahr 2003" - "1. Vorwort:" , 03.09.2004, in: "Lagebericht 2003 des BGS", Internet-Seite).

Zusätzlich wird die Schleuserkrimnialität wie folgt dargestellt: "(...) Seit Jahren bildet der Kampf gegen die Schleuserkriminalität den Schwerpunkt der grenz-polizeilichen Tätigkeit. Dabei handelt es sich um ein Phänomen, das () in besonderer Weise verabscheuungswürdig ist, da hier Schleuserorganisationen im Interesse des eigenen finanziellen Vorteils skrupellos die Situation ihrer 'Kunden' ausnutzen und diese unter z.T. menschenunwürdigen und lebensgefährlichen Umständen transportieren. (...)" (Internet-Seite: "Lagebericht 2003 des BGS": "Kurzlage an den Grenzen der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2003", 3.09.2004).

Daneben wird auf der Internet- Seite der Polizei bemerkt: "Hervorzuhebende Methoden der Schleusungskriminalität sind Visaerschleichungen, Scheinehen und Schiffsschleusungen. Im Zusammenhang mit Schiffsschleusungen sind besonders relevant die aus dem östlichen Mittel-meerraum (Syrien, Libanon, Türkei) stammenden Schleusungsschiffe. Im Jahr 2002 wurden nach Erkenntnissen der eigens eingerichteten "Zentralen Analyse- und Koordinierungsstelle" beim Bundeskriminalamt fast 60.000 Personen auf rund 700 Schiffen nach Europa geschleust. Hauptsächlich erfolgen die Anlandungen an den Südküsten Italiens,(...)."

Nach Auskunft aus dem BMI- Artikel definiert der am 11. Februar 2002 beim (Europäischen) Rat eingebrachte "Richtlinienvorschlag (...) die Möglichkeit der Mitgliedstaaten, für Opfer von Menschenhandel und - fakultativ - für Personen im Zusammenhang mit Schleusungskriminalität, die mit den Strafverfolgungs-behörden kooperieren, einen kurzfristigen Aufenthaltstitel zu erteilen." (BMI-Artikel , 12.02.2004).

Auf der Internet-Seite werden ebenso intensivierte und vereinheitlichte Kontroll-methoden gemäß den hohen Schengen-Standards an den EU- Außengrenzen empfohlen, um der 'illegalen Migra-tion' und Schleusungsaktivitäten entgegen-zuwirken. Dies impliziert eine "gemeinsame Euro-päische Visumpolitik" welche im Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ) vom 26. März 1995 geregelt ist (BMI-Artikel , 12.02.2004). Die Vereinbarung beinhaltet Listen mit Staaten, deren Landsleute ein Visum benötigen bzw. nicht benötigen als auch standardisierte Visumausweise und -kriterien sowie Aufenthaltstitel. Mittels derartiger Maßnahmen sollen Manipulationen verhindert werden. Zudem würden die neuen Visummarken biometrische Eigenschaften beinhalten (BMI-Artikel , 12.02.2004).

Darüber hinaus befaßt sich die "Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27. Januar 2003" mit der "Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asyl-bewerbern in den Mitgliedstaaten." Demnach seien die Lebensbedingungen von Asylbewerbern in den EU- Nationen aneinander anzupassen, "um unerwünschten Phänomenen wie Sekundärmigration und 'Asylshopping' entgegenzuwirken.(...)" (BMI-Artikel , 12.02.2004).

Dennoch sind BMI- Artikel vorzufinden, die einen weniger grenzpolizeilichen Charakter mit der

Migrations-Thematik pflegen: "(...) Für den Bereich der Asyl- und Flüchtlings-politik gibt es seit dem Vertrag von Nizza (...) einen automatischen Übergang zu qualifizierten Mehrheitsentschei-dungen, wenn die gemeinsamen Regeln und Grundsätze in diesem Bereich festgelegt sind.(...) Ziel der Bundesregierung ist eine ausgewogene europäische Asyl- und Migrationspolitik. Sie muss sich mit den Ursachen von Flucht und Migration ebenso vertieft befassen wie mit der Menschenrechtssituation in den Herkunftsländern. Zu einer solchen Politik gehören die Beseiti-gung oder Minderung von Fluchtursachen, eine aktive Menschenrechtspolitik, wirtschaftliche und entwicklungspolitische Zusammen-arbeit sowie die Förderung demokratischer Strukturen in den betreffenden Ländern. Sie muß ausreichend flexibel sein und den EU- Mitgliedstaaten die Möglichkeit einräumen, besondere Sachverhalte, von denen nicht alle Mitglied-staaten gleicher-maßen betroffen sind, in eigener Verantwortung zu regeln. Nur so können unterschiedliche Zuwanderungssituationen und die unterschiedliche Betroffenheit der Mitgliedstaaten von Wanderungsbewegungen berücksichtigt werden.(...)." (BMI-Artikel , 12.02.2004:).

2.2 Darstellungsweise von Flüchtlings- und Menschenrechts- organisationen über die EU- Abschottungspolitik

Auf einer Homepage- Seite von 'Pro-Asyl' wird zunächst klargestellt, daß die Entwicklung der Europäischen Union für viele EuropäerInnen angesichts weg-fallender Grenzen oder Friedensgarantie als fortschrittlich betrachtet werden dürfe. Andererseits würde die Bewegungsfreiheit von ('illegalen') MigrantInnen und Flüchtlingen eingeschränkt.

Bereits zuvor haben bestimmte Nationen das Etikett "sichere Drittstaaten" (bzw. "sichere Herkunftsstaaten") erhalten. Damit wird die Abschiebung von Flücht-lingen gerechtfertigt, die im Vorfeld von scheinbar gefahrlosen Boden in ein EU- Land zu fliehen gedenken. Gegenüber der erwähnten Regelung moniert der Asyl-experte Wolfgang Grenz von 'amnesty international' am 29. September 2004 bei einem Vortrag in Berlin: "Das Konzept der sicheren Drittstaaten wird es Flücht-lingen fast unmöglich machen, Asyl in Europa zu bekommen. Das widerspricht den Grund-sätzen des internationalen Flüchtlingsrechts".

'Pro Asyl' kritisiert zudem Sanktionsmaßnahmen, mit denen Nachbarstaaten im Falle einer unzureichenden Bewachung der Grenze zum EU-Gebiet zu rechnen hätten (http://www. dietotenhosen.de/proasyl_monat_november.php).

Um eine restriktive Asylpolitik an den Rändern der EU verstärkt betreiben zu können, sind die EU- Außengrenzen in den vergangenen Jahren mit militärischem Charakter aufgerüstet worden. Nach Erkenntnissen von Helmut Dietrich von der "Forschungsgesellschaft Flucht und Migration" wäre allein an der östlichen Demarkationslinie Polens mit 5300 GrenzpolizistInnen deren Anzahl auf das Doppelte gestiegen. (http://www.ffm-berlin.de/deutsch/publik/CILIP%20HD%202003.htm: Dietrich: "Das neue Grenzregime am Bug - Der polnische Osten und die PHARE-Programme"; in: "Bürgerrechte & Polizei/CILIP 73 (3/2002)"). Hinsichtlich der technischen Hilfsmittel, müsse das Projekt 'PHARE 2001' Erwähnung finden. Jenes Aktionsprogramm beinhalte - neben älterer Technologie, die bisher an der vormaligen EU- Grenze zu Westpolen bereits verwendet worden waren, - außerdem u.a. insgesamt ca. 3 Mio. Euro für die Luftaufklärung per Militär-hubschrauber, ca. 25 Mio. Euro für optische Überwachungsinstrumente und zusätzlich ca. 11,5 Mio. Euro für Wärmebild-kameras. Angesichts der Technologiebeschaffung würden zudem die Vertrags-partner und Produktionsfirmen (Motorola, Zeiss) profitieren können. Überdies existier-ten bezüglich der Qualifizierung des Grenzpolizei- Personals gewisse Ausbildungsprogramme (PHARE Horizontal Programme, EU-Odysseus-Programm), an denen das International Centre for Migration Policy Development (ICMPD) und die International Organisation for Migration (IOM) maßgebende Funktionen einnehmen (Dietrich: "Das neue Grenzregime am Bug - Der polnische Osten und die PHARE-Programme"). Weiterhin bezeichnet Dietrich das PHARE-Vorhaben als einen Rückschritt hin zu dem System der Staats-Zollgrenzen des 18. und frühen 19. Jahrhunderts mit zusätzlichen Beeinträchtigungen für die ein-heimische Population (Dietrich: "Das neue Grenzregime am Bug - Der polnische Osten und die PHARE-Programme").

Auch Karl Kopp, Europareferent von Pro Asyl, beschreibt die Flüchtlingssituation und die EU-Abschottungsstrategie an den EU- Außengrenzen, - dies im wesent-lichen mit Blick auf die südlichere Peripherie der EU, angesichts der Erscheinung seiner Publikation in einer Zeitschrift, die vorwiegend Kriegsdienstverweigerung auf dem afrikanischen Kontinent thematisiert (Karl Kopp: "Europa macht dicht", in: (Hrsg.) Connection e.V. und Antimilitaristische Angolanische Menschen-rechtsinitiative e.V. [IAADH], "Das andere Afrika - Widerstand gegen Krieg, Korrup-tion und Unterdückung", April 2005 Offenbach; S. 10 - 11). Darauf bezugnehmend verweist der Autor auf die Flüchtlinge v.a. aus Afrika, welche waghalsige Überfahrten mittels meeresuntaugli-chen (Schlauch)Booten (, die wegen dem damit verbundenen geringeren Aufgriffsrisiko genutzt werden,) über das Mittelmeer unternehmen. Bei adäquaten Überquerungsmanövern seien in den vergangenen 10 Jahren bereits etwa 5000 Menschen ertrunken. Michael Pugh von der Plymouth University habe die jährliche Opferzahl sogar auf 2000 beziffert (Guardian, 9.10.2004); (vgl. Karl Kopp, 2005 Offenbach). Nach Angaben des Schreibers Kopp habe die Todesrate an den EU-Außengrenzen deshalb eine steigende Tendenz, weil Fluchtwege gefährlicher und die Grenz-kontrollen der "Festung Europa" zunehmend undurchlässiger werden würden (Karl Kopp; April 2005 Offenbach).

Im Frühjahr 2004 erhielt die Problematik zusätzliche mediale Aufmerksamkeit, als sich vor der sizilianischen Küste ein Flüchtlingsdrama abspielte und die Crew des deutschen Schiffes 'Kap Anamur' sich zur humanitären Rettungsaktion veranlaßt sah. Doch anstatt die Schiffsbesatzung als Retter anzuerkennen, wurde sie teil-weise als 'Schleuser', 'Schlepper' oder Helfer von 'illegalen Einwanderern' bezichtigt. Selbst vom Gründer der Hilfsorganisation 'Kap Anamur', Rupert Neudeck, waren anscheinend eher abwertende Äußerungen gegenüber den Flüchtlingshelfern zu vernehmen gewesen.

Das zuletzt geschilderte Schicksalsereignis ist von den Innenministern Italiens und der Bundes-republik Deutschland, Pisanu und Schily, zum Anlaß genommen worden, um eine Gesetzes-initiative über die Auslagerung der Asylverfahren in die südlichen "Transitzonen" jenseits der EU-Grenze (Nordafrika) durchzubringen, was später gleichwohl von anderen KollegInnen betref-fend der östlichen Rand-zone (z.B. Ukraine) weitergesponnen worden war (Karl Kopp, April 2005 Offen-bach).

Schily zufolge sollten die Flüchtlinge nach Möglichkeit in der Nachbarschaft ihrer Herkunfts-nation ein Asylrecht erhalten und zu diesem Zwecke durch die EU unterstützt werden. Überdies habe der deutsche Bundesinnenminister bekräftigt, daß "nur in Ausnahmefällen (...) eine Aufna-hme in Europa nach dem Freiwilligkeitsprinzip in Betracht kommen" könne (Karl Kopp: "Europa macht dicht", in: (Hrsg.) Connection e.V. und Antimilitaristische Angolanische Menschenrechts-initiative e.V. (IAADH), "Das andere Afrika - Widerstand gegen Krieg, Korruption und Unterdrückung", April 2005 Offenbach; S. 10 - 11)

Beiläufig möchte ich eine weitere Wortmeldung des 'ai'- Vertreters Grenz anfügen, der das fehlende Revisionsrecht infolge des Schily'schen Gesetzesvorstoß bemängelt: "Dies würde gegen die Standards des internationalen Flüchtlings-rechts verstoßen, wonach es möglich sein muss, gegen eine Ablehnung eine zweite unabhängige Instanz anzurufen," Schließlich erhielten 30 bis 60 Prozent aller in Europa anerkannten AsylbewerberInnen erst in der zweiten Instanz einen positiven Bescheid.

Außerdem gibt der Autor Kopp zu bedenken, daß die Mittelmeeranrainer in Nordafrika, u.a. Libyen, weiterhin als Ursprungsländer von Flüchtlingen und mit typischen vorherrschenden Menschenrechtsverletzungen (Folter, Hinrichtungen, Personenentfernung) gelten. Als Beispiele zu Nordafrika erwähnt der Publizieren-de ebenfalls die Schicksale von Schutzsuchenden, die über das Mittelmeer kommend - an der Südküste Italiens angelandet seien und von der italienischen Regierung wieder zurück in die nordafrikanischen Republiken verfrachtet werden würden. Infolgedessen würden jene Regime, z.B. das von Libyen, dazu angeregt, die Flüchtlinge an die Südgrenze des jeweils eigenen Territoriums weiter zu ver-schicken. Bei einer äquivalenten Maßnahmenabfolge seien schon 18 Flüchtlinge in der Sahara verdurstet. Mittels derartiger Methoden,. bei denen die Regierungen der EU- Länder als Mitschuldige benannt sein müßten, würden die Richtlinien der Genfer Flüchtlingskonvention zur Bedeutungslosigkeit degradiert. Die Staats-aktionen ließen sich überdies gemäß des EU- Vertrages als "Verstoß gegen Grundsätze der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit" (Artikel 6, EU- Vertrag) um-schreiben. (vgl. Karl Kopp: "Europa macht dicht", in: (Hrsg.) Connection e.V. und Antimilitaristische Angolanische Menschenrechts-initiative e.V. (IAADH), "Das andere Afrika - Widerstand gegen Krieg, Korruption und Unterdrückung", April 2005 Offenbach; S. 10 - 11).

Mit der Abschiebung der Flüchtlinge und dem "Outsourcing" des Europäischen Flüchtlingsrechts werde zugleich die Flüchtlingsproblematik durch die EU-Politik in die '3. Welt' >abgeschoben<.

Kopp läßt seinen Eindruck durchblicken, wonach die EU-Asylpolitik anscheinend "nicht den Schutz von Flüchtlingen, sondern den Schutz Europas vor Flüchtlingen" anstrebe (Zitat, Karl Kopp: "Europa macht dicht", in: (Hrsg.) Connection e.V. und Antimilitaristische Angolanische Menschenrechts-initiative e.V. (IAADH), "Das andere Afrika - Widerstand gegen Krieg, Korruption und Unterdrückung", April 2005 Offenbach; S. 10 - 11).

Angesichts dieser Tatsachen kommt der Verfasser zur folgenden Feststellung: "wer es nach Europa schaffen will, muß illegal einreisen." Konsequenterweise seien gefahrenfreie Zugänge für Schutzsuchende sowie ein liberales Asylrecht unabdingbar, um den Vorgaben der Genfer Flüchtlingskonvention gerecht zu werden (Karl Kopp, April 2005 Offenbach).

Darüber hinaus greift der Publizierende die Kritik der europäischen Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen auf, deren zufolge die Europäische Union den Flüchtlingsschutz anscheinend beseitigen wolle und somit "(...) ihre Glaubwürdig-keit in der internationalen Flüchtlings- und Menschenrechtsdebatte" sowie ihre Vorbildfunktion in diesem Aspekt gegenüber andere - als weniger demokratisch geltende - Regiments verlöre (vgl. Karl Kopp: "Europa macht dicht", in: (Hrsg.) Connection e.V. und Antimilitaristische Angolanische Menschenrechts-initiative e.V. (IAADH), "Das andere Afrika - Widerstand gegen Krieg, Korruption und Unterdrückung", April 2005 Offenbach; S. 10 - 11).

In vorwurfsvoller Weise stellt z.B. 'Pro Asyl' folgende Fragen an die Adresse der EU: "Wie viele müssen es noch sein, die ihre Hoffnung auf eine menschenwürdige Existenz an unseren Grenzen mit dem Leben bezahlen? Warum begreifen die europäischen Politiker nicht, dass sie eine humanitäre Verantwortung für Menschen haben, die in ihrer Verzweiflung lebensbedrohliche Gefahren auf sich nehmen? Wann macht Europa endlich Schluss mit seiner grauenvollen Abschottungspolitik?".( http://www.dietotenhosen.de/proasyl_monat_november.php, 22.03.2004)

Anhand der Recherche von Dominik John , dessen Artikel in der Zeitschrift "ak - analyse & kritik" erschien, habe der SPIEGEL am 30. April 2001 eine Publikation mit den Worten "Wer zahlt, kommt rein" tituliert und sich auf "den Handel mit Menschen, die in die reichen EU-Länder drängen" bezogen. Allein in Osteuropa stünden "ein Millionenheer auf die Einreise in den goldenen Westen" bereit. Allerdings würden die Informationen der Nachforschungen von John aus dem Hause des BND entstammen, weshalb die SPIEGEL- Darstellung genauso wie die Motive des Geheimdienstes für die Fahndung in der Migrations- und Flüchtlings-entwicklung zuvörderst hinterfragt werden müßten. (http://www.ffm-berlin.de/ deutsch/publik/ak-bnd.htm: John: "Umzingelt von Feinden", in: ak - analyse & kritik, Zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 452 / 06.07.2001"; )

[...]

Ende der Leseprobe aus 31 Seiten

Details

Titel
Illegale Migration - Ablauf eines potentiellen Flüchtlings-Lebens
Hochschule
Frankfurt University of Applied Sciences, ehem. Fachhochschule Frankfurt am Main  (Fachbereich 4: Soziale Arbeit und Gesundheit )
Veranstaltung
Grundlagensemiar Sozialarbeit
Note
1 (sehr gut)
Autor
Jahr
2000
Seiten
31
Katalognummer
V51893
ISBN (eBook)
9783638477352
ISBN (Buch)
9783638661836
Dateigröße
616 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Dichter Text - einzeiliger Zeilenabstand
Schlagworte
Illegale, Migration, Ablauf, Flüchtlings-Lebens, Grundlagensemiar, Sozialarbeit
Arbeit zitieren
Thorsten Schröder (Autor:in), 2000, Illegale Migration - Ablauf eines potentiellen Flüchtlings-Lebens, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/51893

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