„Erziehung zur Mündigkeit sammelt Vorträge und Gespräche, die von 1959 bis 1969 im Hessischen Rundfunk gesendet wurden. Sie zeigen einen »anderen« Adorno als die meisten seiner Bücher: er wirkt unmittelbarer, kommunikativer, verständlicher; er leitet den Leser […] zum Mitdenken und schließlich zum Selbstdenken an. […]
So handelt es sich […] um eine Dokumentation über die praktischen Bemühungen eines Theoretikers, der nicht darauf verzichten konnte und wollte, seine Kritik am »Betrieb«, am »Ganzen« der erreichbaren Öffentlichkeit vorzutragen. Dabei treten auch ganz konkrete Vorschläge zutage, die geeignet sind, das Bild des bloßen Verneiners zu korrigieren. Das Theorie-Praxis-Verhältnis, das hier praktisch-theoretisch gegeben wird, bestimmt diese Dokumentation, die zugleich das Studium der Arbeitsmethode Adornos auf eine bislang ungewohnte Weise nuanciert. (Kadelbach in Adorno 1971, S. 2-8)
Ausgehend von diesem Zitat werden in der folgenden Hausarbeit, basierend auf den Textgrundlagen von Theodor W. Adorno: „Erziehung nach Auschwitz“ und Erziehung zur Mündigkeit“, die Erziehungsvorstellungen Adornos dargestellt. Zu Beginn dieser Arbeit werden anhand von biographischen Daten das Leben Adornos aufgezeigt und Verbindungen von Biographie und seiner Denkweise gesucht. Anschließend folgt der Schwerpunkt dieser Arbeit, der in der Bearbeitung der beiden Texte Adornos liegt, wobei das Verhältnis von Individuum, Gesellschaft und Bildung berücksichtigt werden soll. Weiterhin wird der Frage nachgegangen, ob und wie die Arbeiten von Adorno zur Erklärung des Phänomens rechtsradikaler Jugendlicher in (Ost)Deutschland beitragen können. Abschließend werden die Ergebnisse der Arbeit zusammenfassend dargestellt und Probleme bei der Bearbeitung der Texte und der Aufgaben kritisch betrachtet.
Ausgehend von der Vorlesung: Einführung in die Soziologie der Bildung und Erziehung sowie der beiden Texte Adornos mit der dazugehörigen Aufgabenstellung stieg das persönliche Interesse an dieser Ausarbeitung.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Darstellung der Biographie Adornos mit Bezug auf die sozialen und individuellen Hintergründe für seine Art des Denkens
3. Adornos Verhältnis von Individuum, Gesellschaft und Bildung
4. Adornos Werke als Erklärungsversuch des Phänomens rechtsradikaler Jugendlicher in (Ost)Deutschland
5. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Erziehung zur Mündigkeit sammelt Vorträge und Gespräche, die von 1959 bis 1969 im Hessischen Rundfunk gesendet wurden. Sie zeigen einen »anderen« Adorno als die meisten seiner Bücher: er wirkt unmittelbarer, kommunikativer, verständlicher; er leitet den Leser […] zum Mitdenken und schließlich zum Selbstdenken an. […]
So handelt es sich […] um eine Dokumentation über die praktischen Bemühungen eines Theoretikers, der nicht darauf verzichten konnte und wollte, seine Kritik am »Betrieb«, am »Ganzen« der erreichbaren Öffentlichkeit vorzutragen. Dabei treten auch ganz konkrete Vorschläge zutage, die geeignet sind, das Bild des bloßen Verneiners zu korrigieren. Das Theorie-Praxis-Verhältnis, das hier praktisch-theoretisch gegeben wird, bestimmt diese Dokumentation, die zugleich das Studium der Arbeitsmethode Adornos auf eine bislang ungewohnte Weise nuanciert. (Kadelbach in Adorno 1971, S. 2-8)
Ausgehend von diesem Zitat werden in der folgenden Hausarbeit, basierend auf den Textgrundlagen von Theodor W. Adorno: „Erziehung nach Auschwitz“ und Erziehung zur Mündigkeit“, die Erziehungsvorstellungen Adornos dargestellt. Zu Beginn dieser Arbeit werden anhand von biographischen Daten das Leben Adornos aufgezeigt und Verbindungen von Biographie und seiner Denkweise gesucht. Anschließend folgt der Schwerpunkt dieser Arbeit, der in der Bearbeitung der beiden Texte Adornos liegt, wobei das Verhältnis von Individuum, Gesellschaft und Bildung berücksichtigt werden soll. Weiterhin wird der Frage nachgegangen, ob und wie die Arbeiten von Adorno zur Erklärung des Phänomens rechtsradikaler Jugendlicher in (Ost)Deutschland beitragen können. Abschließend werden die Ergebnisse der Arbeit zusammenfassend dargestellt und Probleme bei der Bearbeitung der Texte und der Aufgaben kritisch betrachtet.
Ausgehend von der Vorlesung: Einführung in die Soziologie der Bildung und Erziehung sowie der beiden Texte Adornos mit der dazugehörigen Aufgabenstellung stieg das persönliche Interesse an dieser Ausarbeitung.
2. Die Darstellung der Biographie Adornos mit Bezug auf die sozialen und individuellen Hintergründe für seine Art des Denkens
„Theodor W. Adorno, einer der universellsten, facettenreichsten und nicht zuletzt auch einer der umstrittensten deutschen Denker dieses Jahrhunderts, hat mit seinem Werk eine ganze Generation beeinflusst. Als radikaler Kritiker von Kultur und Gesellschaft wurde er zu einem entscheidenden Inspirator der studentischen Protestbewegung der sechziger Jahre.“ (Paffrath 1992, S. 13)
Am 11. September 1903 ist Theodor Ludwig Wiesengrund - Adorno als Sohn eines jüdischen Weingroßhändlers und einer deutschen Sängerin in Frankfurt am Main geboren. Er selbst beschrieb sein familiäres Umfeld als sehr theoretisch, politisch, künstlerisch und vor allem sehr musikalisch. Die Jugend Adornos war einerseits vom Kompositionsunterricht und andererseits von philosophischen Studien geprägt. Daraufhin begann er 1921 mit dem Studium der Philosophie, der Musikwissenschaft und der Psychologie in Frankfurt. Seine akademische Ausbildung war gekennzeichnet durch den in den zwanziger Jahren vorherrschenden Neukantianismus sowie durch die Lehren Husserls. Außerhalb der Hochschule beeinflussten ihn die Schriften von Lukás und Bloch. (vgl. Wiggerhaus 1987) „Auch bei Ardono wurde die Theorie vom Fetischcharakter der Ware und der allgemeinen Verdinglichung in der bürgerlich – kapitalistischen Gesellschaft zum Kern einer kritischen Sicht der Gesellschaft.“ (ebd., S. 15)
Mit einer Arbeit über „Die Transzendenz des Dinglichen und Noematischen in Husserls Phänomenologie“ promovierte Adorno 1924 bei Cornelius in Frankfurt und wurde Doktor der Philosophie. Nach einem zweijährigen Aufenthalt in Wien kehrte er 1927 nach Frankfurt zurück, wo er erste Versuche unternahm, Musik- und Ideologiekritik im Zusammenhang an den Kreis um Marx und Horkheimer zu verbinden. Mit dem Werk „Die Konstruktion des Ästhetischen bei Kierkegaard“ habilitierte Adorno 1930 bei Tillich, wobei diese Arbeit die erste philosophische Veröffentlichung von Adorno im Jahr 1933 darstellt. Die 1931 gehaltene Antrittsvorlesung als Privatdozent für Philosophie beinhaltete die Aktualität der Philosophie mit einer Zustimmung einer deutenden Möglichkeit des dialektischen Materialismus. (vgl. ebd.)
Adorno war Mitarbeiter der „Zeitschrift für Sozialforschung“, die vom Institut für Sozialforschung in Auftrag gegeben wurde. „Adornos im ersten Jahrgang der Zeitschrift erschienener Aufsatz Zur gesellschaftlichen Lage der Musik war seine erste große musiksoziologische und –philosophische Abhandlung und enthielt eine Geschichtsphilosophie und eine Typologie der zeitgenössischen Musik, an denen er zeitlebens festhielt.“ (ebd., S. 18 – 19) Im September 1933 verlor er aufgrund des Entzugs der Lehrbefugnis seine Stellung an der Frankfurter Hochschule. 1935 wurde ihm die Aufnahme an der Reichsschrifttumskammer verweigert und er erhielt ein Verbot, schriftstellerische Arbeiten zu veröffentlichen; mit der Begründung, er sei „[…] „Nichtarier“, der sich nicht „aus der rassischen Gemeinschaft heraus seinem Volk verbunden und verpflichtet“ fühlte und deshalb für die „Verwaltung des deutschen Kulturgutes“ nicht geeignet […].“ (ebd., S. 19)
Von 1934 bis 1937 besuchte er das Merton College in Oxford, um den englischen Doktortitel zu erlangen und um eine akademische Lehrstelle einzunehmen. Aufgrund des wiederhergestellten Kontakts zu Horkheimer siedelte Adorno 1938 mit seiner Frau nach New York, wo er am Institut für Sozialforschung der Columbia University mitarbeitete. 1940 wurde die Finanzierung der Stelle von Adorno eingestellt, da seine vehemente Kritik am US-amerikanischen Rundfunksystem ohne Vorschläge zu Reformen verbunden war. Im Anschluss daran lebte er von 1941 bis 1949 in Los Angeles, wobei die dort entstandene Arbeit den Höhepunkt seines Schaffens darstellt. „Von 1942 bis 1944 arbeitete er mit Horkheimer an einem großen work in progress, von dem 1944 unter dem Titel Philosophische Fragmente erste Proben erschienen […]. 1947 erschienen diese Fragmente, entschärft in der kapitalismuskritischen Terminologie, unter dem Titel Dialektik der Aufklärung […] als gedrucktes Buch.“ (ebd., S. 21) Konsumieren sollte diese Theorie nicht die Masse oder der Einzelne, sondern sie war an einen fiktiven Betrachter als Vermächtnis gerichtet, „[…] damit es doch nicht ganz mit uns untergeht.“ (ebd., S. 22) Ab 1944 arbeitete er in einem Antisemitismus-Projekt am Institute of Social Research; aus dieser Arbeit resultierte das Werk „The Authoritarian Personality“, welches als ein Klassiker der Soziologie angesehen wird.
1949 wurde Adorno an die Philosophische Fakultät der Frankfurter Universität berufen, an der er 1956 zum Doktor der Philosophie und Soziologie ernannt wurde. Dabei wandte er sich vorzugsweise den Lehren der Soziologie zu, bis er schließlich 1959 die Leitung des Instituts für Sozialforschung übernahm.
Neben verschiedenen Auszeichnungen wurde Adorno 1963 zum Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Soziologie gewählt. Am Ende der 60er Jahre rechtfertigte Adorno im Gegensatz zu seinen Studenten die autonome Kunst in Bezug auf die Kulturevolution, was zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen ihm und seinen Studenten führte. Von diesen und weiteren Vorfällen erholte sich Theodor W. Adorno nicht und verstarb am 06. August 1969 an einem Herzinfarkt während eines Urlaubaufenthaltes in der Schweiz. (vgl. ebd.)
Die hier dargestellten biographischen sozialen und individuellen Hintergründe wie das Aufwachsen in einer intellektuellen und in der Herkunft und im Ursprung vielfältigen Familie (jüdischer Vater, protestantische Mutter)[1], die frühe Auseinandersetzung mit philosophischen Werken, die frühe theoretische Bildung durch Freunde und Mentoren (z.B. Horkheimer und Benjamin)[2], die Herrschaft des Nationalsozialismus[3], die häufigen Wohnungswechsel und die damit verbundenen Veränderungen der Arbeitsinhalte prägten zum großen Teil Adornos Denkweise, die sich in seinen Werken widerspiegelt.
[...]
[1] „Die eigene Kindheit und sein eigener Bildungsprozeß stehen Adorno das ganze Leben hindurch unmittelbar vor Augen: bestimmte Familiensituationen, Erfahrungen der Schulzeit. Sie bilden für seine späteren Arbeiten wichtige Bezugspunkte. Das musikalische Elternhaus bietet ihm Erfahrungen, an die er sich zeitlebens zurückerinnert. Sie sind vor allem durch die Mutter, ehemals eine bedeutende Opernsängerin, und seine im gleichen Haushalt lebende Tante, ebenfalls Künstlerin, vermittelt. Beide hatten sich, […] „in der Umsorgung des einzigen Sprosses vereint“. Der Vater, ein Weingroßhändler, spielte „eine geringe eher an den Rand gedrängte Rolle“. Seine Versuche, den „zarten Knaben“ abzuhärten, konnten bei solcher Konstellation nicht greifen.“ (Paffrath 1992, S. 38)
[2] „Erst allmählich erschließt sich, wie stark der Einflluß Benjamins auf Adorno war und wie sehr dieser ihn als Vorbild nahm: die Aphorismen der „Einbahnstraße“, ästhetische Erkenntnisse, philosophisches Denken bis hin zu dem methodischen Vorgehen, Gegenstände überzubelichten, um deren verborgene Konturen sichtbar werden zu lassen.“ (ebd., S. 37)
[3] „Der Einbruch des Faschismus stellt die entscheidende Zäsur im Leben Adornos dar. Entsetzen und Erschütterung über das Geschehen ergreifen ihn und bleiben unmittelbar gegenwärtig. Auf seinem ganzen späteren Werk liegt der Schlagschatten Hitlers. Das Trauma der NS-Zeit und die damit verbundenen Erfahrungen prägen sein gesamtes Denken. Auschwitz als apokalyptisches Grauen, Fanal der letzten Tage der Menschheit: Das ist der Fluchtpunkt, auf den sich die Arbeiten in der zweiten Hälfte seines Lebens beziehen, Grundlage und Motiv seiner Eingriffe, auch in pädagogische Zusammenhänge.“ (ebd., S. 31)
- Arbeit zitieren
- Carola Berg (Autor:in), 2003, Theodor W. Adornos Erziehung nach Auschwitz und Erziehung zur Mündigkeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/51935
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