Die SAPD nach Gotha 1875 - eine Bedrohung für Bismarck?


Seminararbeit, 2005

14 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhalt

I. Einleitung

II. Hauptteil

1. Erläuterungen und historischer Kontext
1.1. Soziale und politische Verhältnisse nach der Reichsgründung und die Rolle Bismarcks
1.2. Der ADAV und Ferdinand Lassalle
1.3. Die Eisenacher SDAP – Karl Liebknecht und August Bebel

2. Die Sozialisten und der monarchische Staat
2.1. Einigung in Gotha - Die Rolle und Forderungen der Sozialisten
2.2. Das Sozialistengesetz – Reaktion auf Bedrohung?

III. Resümee

IV. Bibliographie

Einleitung

„Die deutsche Sozialdemokratie hat ihre politischen Gegner und Kritiker wiederholt mit der Fähigkeit überrascht, auch schwerste Krisen durchstehen zu können und aus ihnen die Kraft zum erfolgversprechenden Neuanfang zu schöpfen.“1

Besonders in ihren Anfängen nach der Revolution von 1848/49 wurde die sozialistische Arbeiterbewegung immer wieder von Rückschlägen und Unterdrückung heimgesucht. Als erklärter Feind der Bourgeoisie und des militaristischen oder monarchischen Staatswesens gerieten die sozialistischen Parteien immer wieder in den Fokus der Regierenden. Besonders nach der Reichsgründung 1871 und zunehmend nach der Vereinigung von ADAV und SDAP 1875 mussten die Arbeitervereinigungen Verfolgung und Hetze hinnehmen. In Anbetracht der vorliegenden historischen Vorgänge und Daten, kann der Eindruck gewonnen werden, dass sowohl Kaiser Wilhelm als auch Otto von Bismarck überzeugt waren, ihren monarchischen, militaristisch geprägten Staat gegen die Sozialdemokraten verteidigen zu müssen.

In der vorliegenden Arbeit soll versucht werden zu erarbeiten, ob und warum die Herrschenden Angst und Misstrauen gegenüber den Sozialdemokraten empfanden. Hat der nach der Reichsgründung 1871 regierende kaisertreue Reichskanzler Otto von Bismarck Grund gehabt, die SAPD zu fürchten? War die Erlassung des Sozialistengesetzes die Reaktion auf eine für ich scheinbare sozialistische Bedrohung?

Die historische Forschung ist sich, insbesondere den Zusammenschluss betreffend, nicht einig. In der ausgewählten Literatur, die zu unterschiedlichen Zeiten in den vergangenen 140 Jahren verfasst wurde, werden verschiedene Zeitangaben für den Einigungsprozesses genutzt. Während manche Autoren, beispielsweise Dieter Groh und Peter Brandt, den Februar 1875 als Grundlage nehmen, gehen andere wie Heinrich Potthoff vom Mai 1875 aus. Doch auch über die genaue Tagesangabe sind sich die Historiker nicht einig. So findet man sowohl den 21. Mai, als auch den 22. Mai 1875 als Eröffnungstag des Gothaer Kongresses. Nach eingehender Recherche werde ich den 22. Mai bis 27. Mai 1875 als zeitlichen Ausgangspunkt benennen. Diese Annahme stützt sich auf das Protokoll der sozialdemokratischen Arbeiterpartei2 über den Programmbeschluss in Gotha. Dieses beginnt folgendermaßen:

A. Vorversammlung: Sonnabend, den 22. Mai, Abends 8 Uhr,...

Um einen möglichst differenzierten Hintergrund über das Thema zu erhalten, wurde zur Recherche zeitgenössische Literatur ebenso genutzt wie die des frühen, mittleren und späten 20. Jahrhunderts. Dabei wurden Werke aus der Bundesrepublik ebenso bedacht wie diejenigen, die in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik verlegt wurden.

Es soll auch versucht werden, die ursprünglichen Quellen der in der Literatur verwendeten Zitate heranzuziehen.

1. Erläuterungen und historischer Kontext

1.1. Soziale und politische Verhältnisse nach der Reichsgründung und die Rolle Bismarcks

Seit 1850 vollzog sich die Industrialisierung in Deutschland in zunehmender Geschwindigkeit. Als Folge der Ausbildung des industriekapitalistischen Systems war die Ausbreitung eines industriellen Proletariats zu erkennen. Die handwerkliche Herstellung wurde durch Großbetriebe ersetzt; eine höhere Produktivität der Arbeiter und eine Intensivierung der Anforderungen waren das Ziel der Fabrikanten. Die zudem schnell steigende Zahl der Bevölkerung führte zu einer Verhärtung des Kampfes um Arbeitsplätze. Doch der industrielle Aufschwung war auch Ursache für die Bildung eines „national geschlossenen Wirtschaftsraumes und schließlich der Reichseinigung 1871 unter preußischer Führung“[1]. Ab 1871 wuchs das Reich zu einer geschlossenen Wirtschaftsgroßmacht heran. Nicht nur die Intensivierung der Industrie, sondern auch die Kriegsausgleichsgelder Frankreichs sorgten für wirtschaftliche Expansion. Allerdings herrschten in den einzelnen Regionen des Reiches unterschiedliche soziale und politische Strukturen. Eine Folge der industriellen Entwicklung hätte auch eine soziale Entwicklung sein müssen, die sich jedoch nicht vollzog. Zum einen gab es noch keine politisch starke Vertretung der Arbeiterschaft, zum anderen führten noch instabile Firmen und die überhitzte Konjunktur zu inflationärer Finanzentwicklung und schließlich zum Gründerkrach von 1873.[2] Viele Betriebe konnten sich in dieser Krise nicht halten, Arbeitslosigkeit und extreme Lohnsenkungen waren die Folge. In diesem sozialen Umfeld schlossen sich nunmehr Tausende von Arbeitern in Interessensverbänden zusammen, da sie erkannten, dass sie in einer organisierten Vertretung besser für ihre Rechte kämpfen konnten.

Otto von Bismarck wurde 1862 zum preußischen Ministerpräsidenten ernannt, um den monarchischen Staat in seiner konservativen Ausrichtung gegenüber dem Parlament zu vertreten. In einem Heereskonflikt, der sich zum Verfassungskonflikt erhärtete und König Wilhelm I. fast zum Rücktritt zwang, suchte der Monarch Hilfe bei dem nicht unbekannten Abgeordneten Bismarck. Bismarck lehnte grundsätzlich jegliche gesellschaftliche Veränderung ab. Sein Ziel war grundlegend definiert: Erhaltung der Macht Preußens und die Einheit des Landes. Nach 1848 erkannte er jedoch, dass eine reaktionäre Politik den Staat isolieren und er seine Politik an die Entwicklungsbedingungen des Staates anpassen müsse.3 Er war sich sehr wohl bewusst, dass das Volk und im Besonderen die Arbeiter die Macht hätten, den preußischen Monarchenstaat zu gefährden. „Unterdrückung revolutionärer, demokratischer und auch liberaler Kräfte im Innern, aggressive Politik nach außen – das waren die Mittel seiner Politik“4. Diese Politik festigte die Grundlagen für den militaristisch ausgerichteten Staat und unterstützte den Kapitalismus in seiner Ausdehnung. Darunter fallen beispielsweise Aktiengesetz, Währungseinheit und die Bildung der Reichsbank

[...]


[1] Lehnert, Detlef: Sozialdemokratie zwischen Protestbewegung und Regierungspartei 1848 – 1983. 1. Auflage.

Frankfurt / Main 1983.

2 Protokolle der sozialdemokratischen Arbeiterpartei. Band II. Bonn 1976.

[1] Klönne, Arno: Die deutsche Arbeiterbewegung. 1. Auflage. Düsseldorf 1980. S.41

[2] Borgmeyer, Wolfgang: Das Wilhelminische Kaiserreich – ein Ausbeuterstaat?. 1. Auflage. Berlin 1994.

3 Zentralinstitut für Geschichte der Akademie der Wissenschaften der DDR (Hrsg.): Das Sozialistengesetz

1878 - 1890. Berlin – Ost 1980.

4 Ebenda. S. 9

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Die SAPD nach Gotha 1875 - eine Bedrohung für Bismarck?
Hochschule
Universität Karlsruhe (TH)  (Geschichte)
Note
2,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
14
Katalognummer
V52070
ISBN (eBook)
9783638478755
ISBN (Buch)
9783638947770
Dateigröße
483 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die SAPD und das Sozialistengesetz: Forderungen, Ursachen und Folgen
Schlagworte
SAPD, Gotha, Bedrohung, Bismarck
Arbeit zitieren
Katrin Spott (Autor:in), 2005, Die SAPD nach Gotha 1875 - eine Bedrohung für Bismarck?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/52070

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